Samstag, 15. September 2012
Monetäres Methadon
Schon seit geraumer Zeit können Drogensüchtige vom Staat Methadon bekommen. Ihre Sucht verlieren sie dadurch nicht, allerdings reduziert das Programm die Schäden, die mit gewöhnlicher Drogensucht verbunden sind, wie Beschaffungskriminalität oder die Übertragung von ansteckenden Krankheiten bei der gleichzeitigen Benutzung von Spritzen. Gerade bei Heroinabhängigen haben die staatlichen Methadon-Programme große Erfolge zu verzeichnen. Die Abhängigen können ihre Sucht leben, ohne der Gesellschaft zu schaden.

Seit einigen Jahren gibt es auf den Weltmärkten jedoch eine weitere Drogen, die die immense Schäden anrichtet: Billiges Geld. Das Monster hat seinerzeit der FED-Guru Alan Greenspan in die Welt gesetzt, der blind den Märkten vertraute und offensichtlich der Ansicht war, dass es nicht genug billiges Geld geben könnte - immerhin erreichten die FED-Zinsen unter seiner Ägide ungeahnte Minimalrekorde.

Der Ausgang der Geschichte ist bekannt: Dank des billigen Geldes des Drogenbarons Greenspan bildeten sich mehrere Blasen in der Wirtschaft wie der Internethype und die Hypothekenblase in den USA. Letztere wird allgemein für die aktuelle Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht, obwohl ihr Grund eher in den endlosen Spekulationen zu suchen ist, die die weltweiten Banken mit den Hypotheken ihrer Kunden anzettelten.

Wie auch immer, die Junkies des leichten Geldes wurden von den meisten Staaten als systemrelevant eingestuft, die Staaten verschuldeten sich, damit diese ihre Geschäfte weiterführen konnten und um die von ihnen in den Abgrund getriebene Wirtschaft am Leben zu halten. Aus der Hypothekenkrise wurde die Schuldenkrise der Staaten - und die Junkies und Drogenhändler waren wieder einmal aus dem Schneider und taten so, als ginge sie diese besondere Art der Beschaffungskriminalität nichts an.

Als Rettung gegen die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld sehen die Politik und die Notenbanken ausgerechnet die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld. So als würde der Drogensumpf austrocknen, wenn man ihn immer neu flutet. Anfangs waren vor allem die Notenbanken der USA und Großbritanniens hier aktiv, seit neustem mischt auch die EZB bei der Drogenausgabe kräftig mit. Der deutsche Bundesbankpräsident Weidmann warnt zwar davor, "dass Notenbank-Finanzierung süchtig machen kann wie eine Droge" (so in einem Spiegel-Interview), doch welcher Süchtiger ist schon rationalen Argumenten zugänglich?

Viel lieber beschafft man immer mehr Drogen - und freut sich dann auch, als das Bundesverfassungsgericht die Drogenbeschaffung über den europäischen Stabilitätspakt nicht behinderte. Der Drogen und Aktienindex DAX schoß nach der positiven Entscheidung des Gerichts zumindest deutlich in die Höhe.

Die Finanzwirtschaft lebt auf Droge. Und schadet damit der Realwirtschaft und unserer Gesellschaft.

Da können wir nur hoffen, dass wir bald ein monetäres Methadon finden, um die Schäden für unsere Gesellschaft zu reduzieren.
J.E.