Samstag, 27. Oktober 2012
Bananenrepublik
Anfang Oktober hatten wir einen kleinen Beitrag darüber geschrieben, wie Firmen offensichtlich Gesetze zu ihrem Nutzen bei der Bundesregierung bestellen können. Dachten wir damals noch, damit habe die Demokratie in Deutschland einen Tiefpunkt erreicht, dann wurden wir jetzt eines besseren belehrt.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete am Mittwoch, dass der CSU-Sprecher Hans Michael Strepp in der heute-Redaktion des ZDF angerufen hatte, um einen Beitrag über den SPD-Landesparteitag zu verhindern, auf dem die SPD ihren Kandidaten für die Landtagswahl in Bayern nominierte. Erst soll das ganz nur ein Missverständnis gewesen sein, doch dann trat Herr Strepp von seinem Posten zurück - und niemand in der CSU will geahnt haben, dass der Pressesprecher der CSU derart mit den freien Medien reden würde.

Heute sieht es aber nicht so aus, als sei das Vorgehen des CSU-Pressesprechers wirklich so einmalig gewesen. So wurde nun publik, dass der Bayerische Rundfunk einen für Herrn Söder (damals Umweltminister in Bayern) kritischen Bericht nach einem Anruf seiner Sprecherin zurückgezogen hatte.

Wir wussten ja, dass unsere Presse nicht so frei ist, wie wir sie gerne hätten. Private Medien stehen unter der Vormundschaft großer Konzerne, deren Lenker gerne mal Politik machen - wenn sie denn nicht ganz darauf verzichten und die Bürger durch endlose Unterhaltungsshows gänzlich von der Politik entfremden. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk kommt regelmäßig unter Druck, auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Scharfmacher der Parteien regelmäßig zurückpfeift und daran erinnert, dass wir in Deutschland eben kein Staatsfernsehen haben, so wie dies noch in der DDR der Fall war. Doch diese Versuche der direkten Einflussnahme auf das Programm - und offensichtlich teilweise sogar erfolgreich - hätten wir wohl doch nicht für möglich gehalten.

Wer einen Wagen fahren will, braucht einen Führerschein, wer Stromkabelverlegen will, muss eine Ausbildung zum Elektriker absolvieren. Doch wer politisch in unserem Lande tätig werden will, braucht wohl nur eine große Klappe. Vielleicht sollte man bei unseren Politikern einen Gesinnungstest machen, und sie daraufhin testen, ob sie die Grundregeln demokratischen Handelns überhaupt verstehen.

Aber vielleicht reicht es ja auch nur, wenn in Bayern die CSU mal eine Pause von der Macht nimmt. Sie scheint den Eindruck zu haben, ihr gehöre das Land und sie könnten sich alles erlauben - als sei Bayern eine Bananenrepublik. Warum sonst fallen gerade CSU-Granden mit einem derart demokratiefeindlichen Verhalten auf?
K.M.