Der Islam ist das schwarze Schaf der monotheistischen Religionen - zumindest wenn man vielen Konservativen glauben kann. Er ist eine Brutstätte von Terror und Gewalt, und ganz besonders muss man das islamische Recht, die Scharia, fürchten, schließlich hat dieses Recht rein gar nichts mit dem Recht zu tun, wie es eine demokratische Gesellschaft lebt.
Bei dieser Kritik an dem Islam vergisst man nur allzu gerne, dass es in Deutschland weite Bereiche der Gesellschaft gibt, in denen das staatliche, demokratische Recht ausgeklammert ist, und allein das Recht der Kirche gilt. Nämlich immer dort, wo auch nur im Entferntesten eine kirchliche Organisation als Arbeitgeber auftritt. Hier gilt plötzlich nicht mehr das Rechtssystem des Staates, sondern allein die Rechtsordnung der Kirche.
Dabei beruft sich die Kirche auf den
Artikel 140 des Grundgesetzes, der aus der Weimarer Verfassung übernommen wurde. Darin heißt es: "Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde." Diese Selbstverwaltung sieht zwar vor, dass die Kirche sich im Rahmen des demokratischen Rechts bewegen soll, doch oft genug ignoriert sie dies einfach mal und beruft sich allein darauf, dass sie ihre Angelegenheiten selbständig verwalten kann. Und der Staat lässt sie gewähren.
So gibt es zwar eine Antidiskriminierungsregelung in der EU, nach der kein Bürger wegen seiner religiösen und politischen Ansichten diskriminiert werden darf, doch
die Kirche hält sich nicht daran und stellt keine Menschen ein, die nicht ihrem Glauben anhängen, oder feuert sogar Menschen, die einen Lebenswandel führen, der den strengen Augen der kirchlichen Sittenwächter nicht genügt. Die Kirche macht sich ihr eigenes Recht - und pfeift auf das geltende staatliche Recht.
Unterstützung findet sie hierbei vor allem bei Politikern der Union, wie ein Beitrag des
ARD-Magazins Panorama zeigte. Wie sagte doch die Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Maria Flachsbarth: "Kirchen und Religionsgemeinschaften bestimmen selber darüber, selbstverantwortlich darüber, wie sie mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen." Deutlicher kann man nicht eingestehen, dass der Staat den Kirchen einen rechtsfreien Raum zugesteht.
Und hier schließt sich der Kreis und erklärt sich, wieso die Konservativen eine so große Angst vor dem Islam haben. Denn wenn die christlichen Kirchen ihr eigenes Recht, ihre eigene "Scharia" leben können, wieso dann nicht auch der Islam? Aber das ginge dann wohl doch etwas zu weit - und kann auch nicht gestattet werden, da ja nur die christliche Kirche die einzige Wahrheit verkündet.
Vielleicht sollten sich auch konservative, christliche Kreise endlich daran gewöhnen, dass wir in Deutschland in einem Rechtsstaat leben - und nicht in einem Kirchenstaat.
P.H.
red horse am 10. November 12
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