Samstag, 2. März 2013
Auch eine Art von Self-Service...
Es war eine Revolution auf dem Lebensmittelmarkt, als nach dem zweiten Weltkrieg das in den USA erfundene System der Selbstbedienung mit Läden wie Aldi auch in Deutschland Einzug hielt. Nun wurden die Kunden nicht mehr bedient, fleißige Hände wogen den Zucker ab oder füllten die Milch in mitgebrachte Behältnisse, sondern die Waren lagen fein säuberlich abgepackt in Regalen, und die Kunden brauchten sie nur noch in den Einkaufswagen zu legen. Der Einkauf wurde zeitlich optimiert, die Geschäfte brauchten weniger Personal - und die Waren wurden billiger.

Wie schaffen wir mit dieser Einleitung die Überleitung zu einer Volksabstimmung, die an diesem Sonntag in der Schweiz stattfinden wird? Der Ausgangspunkt für diese Abstimmung sind exorbitant hohe Gehälter oder Abfindungen von Managern, wie der Bonus von 71 Millionen Schweizer Franken, die der Chef der Credit Suisse einstrich, oder die Abfindung von 72 Millionen Schweizer Franken, die der ehemalige Chef von Novartis bekam. Dagegen geht die Initiative "gegen die Abzockerei" mit ihrer Volksabstimmung vor. Und nun der Clou: Die Volksabstimmung will erreichen, dass die Gehälter und anderen Vergütungen der Top-Manager in der Hauptversammlung von den Aktionären beschlossen werden! Das muss man sich mal vorstellen: Die Eigentümer wollen doch tatsächlich darüber entscheiden, was ihre Angestellten verdienen sollen!

Kein Wunder, dass sich die Manager darüber aufregen; und so haben wir die Kurve zur Einleitung geschafft: Bisher konnten die Manager ihre Gehälter praktisch selber festlegen. Ein Job im Vorstand bedeutete Selbstbedienung an den Geldtrögen der Konzerne. Nur führte diese Art der Selbstbedienung erstaunlicherweise nicht zu einer Senkung der Kosten...

Natürlich war es nicht so, dass die Vorstände ihr Gehälter wirklich selber festlegen konnten. Sie müssen ihr Gehalt mit dem Aufsichtsrat aushandeln. In dem allerdings auch wieder Top-Manager sitzen, die mit ihrem Aufsichtsrat (wieder Top-Manager) ihre Gehälter aushandeln. Und damit verhandeln die Top-Manager mit sich selber - und sind dabei gar nicht so hart, als wenn sie mit Gewerkschaften verhandeln.

Etwas mehr Gerechtigkeit und etwas weniger Egoismus bei den Gehältern unserer Top-Manager, die ihre Firmen offensichtlich als Selbstbedienungsläden à la Aldi verstehen, schaden der Firma sicherlich nicht. Es hilft aber der Gesellschaft, die unter der aufgehenden Schere zwischen arm und reich zu zerbrechen droht. Hoffen wir also, dass die Schweizer sich richtig entscheiden - und der Rest der Welt seine Lehren daraus zieht.
J.E.