Sonntag, 18. August 2013
Wenn einer eine Reise tut...
...dann kann er was erzählen. Was kann man auf Reisen nicht alles erleben: Wunderliche Mitreisende, einzigartige Sehenswürdigkeiten - oder Reisemitteln, die eher dann fahren, wann sie wollen, aber nicht dann, wann sie sollen.

Die Bahn hat sich nun dafür entschieden, lieber gar nicht mehr zu fahren. Zumindest in Mainz. Seit Tagen verkehren hier kaum noch Züge, weil Fahrdienstleiter im Urlaub und krank sind. Und die anderen schieben so viele Überstunden vor sich her, dass sie es wohl auch nicht mehr lange machen.

Dabei sollte die Bahn doch privatisiert werden. Alles sollte besser werden. Zumindest die Bilanz, weshalb die Bahn anfing zu sparen. Tausende Mitarbeiter wurden entlassen, durch Alter ausgeschiedene Mitarbeiter wurden nicht mehr ersetzt, und die Bilanz der Bahn machte wahre Freudensprünge: Allein im ersten Halbjahr 2013 stand ein Gewinn von einer Milliarde Euro in den Büchern. Was die staatliche Bahn nie geschafft hatte, der praktisch privatisierten Bahn war dies gelungen.

Gut, in Mainz kann man jetzt gerade nicht mit der Bahn fahren und in Berlin hat man 2009 erfahren müssen, dass die Bahn zwar viel Geld sparen kann, wenn sie den regemäßigen Check der S-Bahn in längeren Intervallen ablaufen lässt, allerdings werden die Züge dann so unsicher, dass das Eisenbahn-Bundesamt diese lieber stilllegt, weshalb hunderttausende Berliner monatelang zusehen mussten, wie sie zur Arbeit kamen. Aber zumindest hat man das was zum Erzählen.

Dabei sollte die Privatisierung doch alles besser machen: Bessere Qualität und geringere Preise für die Kunden. Stattdessen stiegen die Preise und die Qualität nahm ab. Und das ist nicht nur bei der Bahn zu beobachten.

Wie kam man überhaupt zu der Annahme, dass ein privatisierter Betrieb, der auch noch Gewinne machen muss, bei geringeren Preisen eine bessere Qualität bereitstellen kann? Weil in den Staatsbetrieben nur faule Sesselfurzer arbeiten, die durchaus das Doppelte leisten können ohne dabei wesentlich aus ihrem Dämmerzustand aufzuwachen?

Die Überprüfung dieser Hypothese hat gezeigt, dass diese nicht ganz korrekt war. Die privatisierten Betriebe schaffen es nur, Gewinne zu erwirtschaften, weil sie die Kosten senken: Sie schmeißen Mitarbeiter heraus, die sie für ein reibungsloses Funktionieren eigentlich bräuchte, sie reduzieren die Löhne und schieben Investitionen in die Infrastruktur auf die lange Bank. Wer nichts ausgibt, kann schließlich mehr einnehmen. Zumindest für einige Zeit.

Und wenn das Unternehmen dann richtig schön gegen die Wand gefahren wurden, dann kann ja wieder der Staat einspringen, um das systemrelevante Unternehmen am Leben zu halten.

Und schon wieder hat man was zum Erzählen.
P.H.