Edward
Snowden hat eine richtige Lawine losgetreten, als er im Sommer des Jahres 2013 zu berichten begann, wie die NSA und andere Geheimdienste uns belauschen. All dies natürlich nur, um das Land vor
Terroristen zu schützen, wie der Chef der NSA immer wieder betont.
Ins gleiche Horn stieß der britische Premierminister
David Cameron, der bei einem EU-Gipfel diese Woche die Aktionen der Geheimdienste verteidigte. Zugleich griff er diejenigen scharf an, die die illegalen Aktivitäten der Geheimdienste aufdecken. "Das hilft unseren Feinden", sagte er.
Doch dann platzte die Bombe: Auch das Handy der Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde abgehört. Der Grünen-Abgeordnete
Hans-Christian Ströbele fragte empört: "Was für Terroristen hat man versucht, mit dem Handy der Kanzlerin zu orten?" Barack Obama behauptete anfangs noch, von der ganzen Sache nichts gewusst zu haben, doch nun scheint es so, als habe er schon
seit Jahren davon gewusst.
Doch das eigentlich Schockierende ist nicht, dass Geheimdienste auch ihre Freunde ausspionieren. Geheimdienstler müssen wahrscheinlich eine ausgeprägte Paranoia mitbringen, damit sie ihren Job machen können. Das eigentlich Schockierende ist, dass man diesem Treiben keine Grenzen setzt. Die Geheimdienste scheinen machen zu können, was sie wollen.
Der englische Premier erteilt seinem Geheimdienst carte blanche und kümmert sich nicht darum, ob alles, was dieser tat, auch wirklich rechtens ist. Stattdessen werden diejenigen angegriffen, die diese Missstände aufklären wollen.
Und auch der amerikanische Präsident erklärt Snowden zum Staatsfeind und scheint keine Probleme damit zu haben, befreundete Staatschefs ausspionieren zu lassen. Wenn es wirklich nur um dem Kampf gegen den Terrorismus ginge, mag dies noch eine kleine Rechtfertigung für das Verhalten der Geheimdienste sein. Doch ihr tatsächliches Handeln kann damit schon lange nicht mehr gerechtfertigt werden.
Und selbst wenn es nur um den Kampf gegen den Terrorismus ginge, dann müssen wir aufpassen, dass wir die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit nicht überschreiten. Denn was haben wir von einem Sieg gegen den Terrorismus, wenn wir dabei unser eigenes Haus zerstört haben?
Patrick Süskind beschrieb dies eindrucksvoll in seinem Buch "Das Parfum". Jean-Baptiste Grenouille schafft das perfekte Parfum, ein Parfum, das bei allen, die es einatmen, ein unvergleichliches Gefühl der Liebe erzeugt. Zum Ende beträufelt er sich mit dem Parfum und wird von den Menschen, die ihn sehen, wahrhaft verschlungen. Alle wollen sie einen Teil von ihm besitzen. Mit Dolchen, Äxten und Messern zerteilten sie seinen Körper, bis "jede Faser vom Erdboden verschwunden war".
Doch sie zeigten keine Reue nach ihrer Tat. "Sie waren außerordentlich stolz. Sie hatten zum ersten Mal etwas aus Liebe getan."
Wollen wir hoffen, dass die Liebe unserer Geheimdienste für unsere Demokratie nicht so weit geht.
P.H.
red horse am 27. Oktober 13
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