Samstag, 21. Dezember 2013
Für mehr Intransparenz
Wir wollen immer mehr wissen. Wie viel Gifte werden eingesetzt, um unsere Nahrung anzubauen, werden unsere Kleider von Kindern genäht oder unsere technischen Gadgets von Arbeitern zu Hungerlöhnen hergestellt? Wir wollen nicht nur in dieser Welt leben, wir wollen wissen, wie wir in ihr leben. Mehr Transparenz in der Politik und in der Wirtschaft täte allen gut. Dann fiele es unseren Mächtigen nicht so leicht, uns zu manipulieren, so wie die Deutsche Bank den Libor-Zins manipulierte.

Andererseits geht die Transparenz manchmal auch zu weit. Wenn der Staat mit seinen Geheimdiensten jedes Detail unseres Lebens überwacht, wie uns Edward Snowden gerade wieder bewusst gemacht hat, dann geht die Transparenz deutlich zu weit. Selbst ein amerikanisches Gericht hat mittlerweile befunden, dass die Datensammelwut der amerikanischen Geheimdienste mit der Verfassung des Landes nicht zu vereinbaren sei. Hier täte etwas mehr Intransparenz sicher gut.

Und auch bei manchen Preisen kann Intransparenz helfen. Was wirft man den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht die hohen Gebühren vor, die jeder Bürger jeden Monat berappen muss? Im Gegensatz dazu ist das Programm der privaten Sender völlig kostenlos. Gut, auch die privaten Sender nehmen Geld ein, nämlich über Werbeeinnahmen. Aber das bezahlt ja die werbetreibende Industrie, die sich das Geld letztlich über die Preise der Produkte von den Verbrauchern holt...

Verwundert sehen wir, dass es wieder einmal die Bürger sind, die auch die privaten Sender finanzieren. Nur ist die Finanzierung diesmal so gut verschleiert, dass sie uns nicht aufregt.

Ähnlich geht es uns mit den Kosten der Energiewende. Diese Kosten werden jedem Bürger über die Ökostromabgabe transparent gemacht. Jeder Bürger kann somit sehen, wie hoch diese sind. Und weil sie so hoch sind, regen wir uns mächtig darüber auf.

Wie besser war es da doch mit Kohle und Kernkraft! Gut, auch diese wurden mit Milliarden subventioniert, und im Fall der Kernkraft wird sich wohl auch der Staat um die Endlagerung des Mülls kümmern müssen. Aber diese Kosten werden ja nicht auf den Bürger umgelegt. Er bezahlt sie nur über die Steuern, ihre Höhe ist damit völlig intransparent - und niemand regt sich auf.

Manchmal kann man Zustimmung eben nur dadurch erreichen, dass man nicht die ganze Wahrheit sagt.
K.M.