Samstag, 5. Juli 2014
Wer lebt, ist schon verdächtig
Der Feind lauert überall. Und das Schlimme ist: Man sieht einem Verbrecher selten an, dass er ein Verbrecher ist. Nur wenige haben einen kalten Blick und ihr Gesicht ist von Narben zahlreicher Kämpfe entstellt. Die meisten kleiden sich in teuren Anzügen wie Banker. Und viele von ihnen sind Banker.

Aber was ist mit dem ganzen Rest, den man nicht identifizieren kann? Man muss ihn überwachen. Den ganzen Rest. Die ganze Bevölkerung. Das war schon der Stasi bewusst.

Die NSA tut gerade alles, um der Stasi als totalitäres Überwachungsorgan den Rang abzulaufen. Diese Woche wurde bekannt, dass die NSA neben der Bundeskanzlerin auch einen deutschen Programmierer gezielt ausspäht, der sich mit Verschlüsselungssoftware beschäftigt. Denn wer etwas verbergen will, muss doch auch etwas zu verbergen haben. Wehret den Anfängen!

Und zugleich weiß nun jeder, dass man sich gar nicht erst verdächtig verhalten soll, wenn man nicht auf die Liste der potentiellen Staatsfeinde kommen will. Die Demokratie wird nicht abgeschafft. Man setzt nur die unter Druck, die doch tatsächlich die von der Demokratie versprochenen Freiheiten ausleben wollen.

Und manchmal geht selbst der Staat in die Irre. Statt der NSA zu danken, dass sie uns vor der Demokratie und denen beschützt, die diese schamlos ausnützen, setzt der deutsche Staat auch noch einen Untersuchungsausschuss ein, der das Verhalten der NSA untersuchen soll. Als wenn die Polizei des Planeten eine Überwachung bräuchte!

Deshalb hat die NSA gleich mal dafür gesorgt, dass diese Fehlgeleiteten überwacht werden. Sie hat sich mit Hilfe eines BND-Mitarbeiters über die geheime Arbeit des Ausschusses informieren lassen. Schließlich kann man nicht zulassen, dass ein paar fehlinformierte Politiker allein aus Publicity-Gründen die gute Arbeit der NSA beschädigen.

Der demokratische Staat ist das Beste, was uns passieren konnte. Und wir verteidigen dieses Paradies, selbst wenn wir es mit einem Bombenteppich belegen müssen.

Wie hieß es schon bei Dante? Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
P.H.