Freitag, 1. August 2014
Der Kreuzzug der Konservativen
Es herrscht Krieg. Nicht nur im Nahen Osten, an den Grenzen des Russischen Reiches oder irgendwo in Afrika - da erwartet man ja geradezu, dass Krieg herrscht, nein es herrscht Krieg in den westlichen Demokratien.

Erst diese Woche haben die Republikaner in den USA eine neue Waffe aus dem Köcher geholt: Sie haben im Repräsentantenhaus mit ihrer Mehrheit entschieden, den demokratischen Präsidenten Obama zu verklagen. Er habe bei der Gesundheitsreform seine Befugnisse überschritten.

Schon Jahre läuft der Krieg der Rechten gegen die Gesundheitsreform in den USA, die den Amerikaner einer Gesundheitsversorgung näher bringen soll, wie man sie in Europa seit Jahren kennt. Erst zogen sie vor das Oberste Gericht. Als dieses nichts an der Reform auszusetzen hatte, bekämpfen sie nun den Präsidenten direkt. Denn wenn die Welt nicht so ist, wie sie sich die Konservativen vorstellen, dann muss die bekämpft werden. Mit allen Mitteln.

Man kannte das schon von Clinton. Ihn wollte man wegen eines Seitensprungs seines Amtes entheben. Das Verfahren wurde eingeleitet, war dann aber nicht erfolgreich. George W. Bush, der in seinem Kampf gegen Terror sogar die Menschrechte mit Füßen trat, hatte nie so einen starken Gegenwind zu ertragen. Denn die Stärke des Gegenwindes hängt nicht von dem ab, der im Wind steht, sondern vom dem, der bläst.

Die Konservativen leiden offenbar nicht unter einen zu geringen Selbstbewusstsein. Ihre Sache muss richtig sein - sonst würde sie sie ja nicht vertreten. Alle anderen müssen Unrecht haben. Und mit der Macht des rechten Glaubens schlagen sie alle in die Flucht, die anderen Glaubens sind. Ein Kreuzzug gegen Andersgläubige.

Ähnlich geht auch die CSU in Deutschland vor - auch wenn sie, was die Schärfe des Vorgehens angeht, noch etwas von ihrer großen Schwestern jenseits des Atlantiks lernen kann. Wegen der dusseligen Autobahnmaut für Ausländer stellt sie nun die Koalition in Frage. Die Maut muss kommen, sonst wird die Koalition beendet. So stehe das schließlich im Koalitionsvertrag.

Dabei steht im Koalitionsvertrag "Deutschlands Zukunft gestalten" zur Maut:
"Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung wird EU-rechtskonform erfolgen."

Im Koalitionsvertrag geht es um eine Autobahnmaut, nicht um eine Infrastrukturabgabe, die Verkehrsminister Dobrindt vorgestellt hat. Diese betrifft nämlich alle Straßen, was weit über die Anforderung des Koalitionsvertrages hinaus geht. Aber was sollte er machen: Nachher hätten sich die Deutschen, die praktisch nie Autobahn fahren, beschwert, dass sie eine Maut bezahlen sollen. Und das hätte Ärger gegeben...

Dass Dobrindts Vorschlag überhaupt EU-rechtskonform ist, muss sich noch zeigen. Aber der bayerische Löwe brüllt schon mal, dass die Koalition scheitert, wenn sie nicht kommt.

Aber vielleicht will er ja auch nur von eigenen Fehlern ablenken. Dafür waren Kreuzzüge ja schon immer gut.
P.H.