Wenn wir in der westlichen Welt von christlichen Traditionen und Werten reden, dann meinen wir eigentlich griechische Traditionen und Werte. Die Demokratie entstand in Griechenland, unsere ganze Art des Philosophierens und Denkens kommt aus Griechenland. Griechenland war der Vorreiter der westlichen Welt - und ist es auch heute noch.
Im Westen macht sich die Denkweise des Neoliberalismus immer mehr breit. Dieser fordert einen schwachen Staat, der sich aus dem Leben heraushält, und keine Steuern, besonders nicht für Leistungsträger aka Reiche. Wohin das führt, können wir in Griechenland beobachtet; denn Griechenland ist das Paradies des Neoliberalismus.
Reiche schaffen es dort seit Jahren, keine Steuern mehr zu zahlen, und der Staat ist viel zu schwach, als dass er die Reichen zur Rechenschafft ziehen könnte. Legendär sind die Bilder aus griechischen Finanzämtern, wo sich die Akten am Boden stapeln, weil diese Ämter zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch nicht einmal mit Computern ausgestattet waren. Die Funktion des Staates war nicht mehr gegeben. Stattdessen herrschten Willkür, Vetternwirtschaft und Korruption.
Und wenn man Milliarden nach Griechenland transferierte, um den Griechen zu helfen, dann landete das Geld zumeist auf den Konten der Banken und Reichen, derjenigen, die Griechenland abgewirtschaftet hatten. Die griechische Bevölkerung erhielt nichts davon.
Nun haben die Griechen die Vertreter dieses vorbildhaften Griechenlands abgewählt. Die Partei Syriza bekam die deutliche
Mehrheit der Stimmen. Und der Westen heult auf: Was soll aus Griechenland werden?
Werden die Griechen nun vom Sparkurs abweichen, so wie dies auch die Deutschen in der Krise 2008/2009 taten, um mit staatlichen Investitionen den Fall aufzufangen? Werden die Griechen ihre Schulden nicht mehr abbezahlen, die in den Zeiten der "Hilfe" noch stärker wuchsen als davor? Werden ihnen andere Länder folgen?
Zu wünschen wäre es. Doch die Aufgabe, vor der Syriza steht, ist immens. Es muss eine funktionierende Verwaltung aufgebaut werden, die dem Staat zu seinem Recht verhilft. Und das schafft man nicht nur, indem man mehr Beamte einstellt, sondern vor allem, indem man ihnen die Mittel an die Hand gibt, damit sie ihre Arbeit machen können.
Nach Jahrzehnten der neoliberalen Misswirtschaft ist das eine Herkules-Aufgabe. Wir sollten den Griechen dabei helfen, anstatt ein Wehklagen darüber anzustimmen, dass die Griechen sich von den neoliberalen Wirtschaftszielen abwenden.
Denn das sollte uns wieder einmal als Vorbild dienen.
J.E.
red horse am 31. Januar 15
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