Samstag, 15. März 2014
Die Wahl fällt auf Hoeneß
Morgen sind Kommunalwahlen in Bayern. Aber abgesehen von einigen störend im Wege herumstehenden Plakaten bekommt man wenig davon mit. Christian Ude, seit 21 Jahren Oberbürgermeister in München, wird am Sonntag nicht mehr gewählt werden. Er kann aus Altersgründen nicht mehr antreten. Deswegen hatte er sich ja Ende 2013 als Ministerpräsident beworben - den Job kann man auch noch im Greisenalter ausüben.

Die neuen Bewerber für den Posten des Oberbürgermeisters kennt man kaum. Aber es interessiert auch nicht wirklich. Denn diese Woche hatte München ein wirkliches Spektakel zu bieten: Die Gerichtsverhandlung um die Steuerhinterziehungen von Uli Hoeneß. Laut Anklage sollte er 3,5 Millionen Euro hinterzogen haben. Am ersten Verhandlungstag diese Woche Montag ließ Hoeneß die Bombe platzen: Er gesteht Steuerhinterziehungen von 18,5 Millionen Euro ein.

Einen Tag später berichtet eine Steuerfahnderin, dass sie gar auf 27,2 Millionen Euro kommt. Am Donnerstag dann das Urteil: 3 Jahre und 6 Monate Haft, mittlerweile spricht man von 28,5 Millionen Euro hinterzogenen Steuern. Und am Freitag teilt Hoeneß mit, dass er alle seine Ämter beim FC Bayern München aufgibt, auf eine Revision verzichtet und ins Gefängnis gehen will. Man zollt ihm dafür Respekt.

Ob man einem Mann, der fast 30 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat, der dies damit zu entschuldigen suchte, dass er fünf Millionen Euro für die gute Sache gespendet hatte (das Geld war ja hinterzogen - und gehörte ihm deshalb gar nicht), der sich nur deshalb - und ganz offensichtlich überhastet - selber angezeigt hat, weil der Stern im schon auf den Fersen war, ob man einem solchen Mann Respekt zeugen sollte, mag die Geschichte zeigen.

Doch was der Fal Hoeneß zeigt, ist die Verlogenheit unserer Politik. Seit Jahren baut sie die Steuerfahndung konsequent ab. Kritische Steuerfahnder werden konsequent kaltgestellt. Die Folge ist, dass viele Betriebe nur alle paar Jahrzehnte genauer geprüft werden - manche nur einmal in einhundert Jahren. Das ganze wird dann auch noch als "Standortvorteil" verkauft, frei nach dem Motto: Lasst Euch in unserem Ländle nieder, ob Ihr auch Steuern zahlt, interessiert uns eigentlich nicht. Damit schafft es Deutschland auf einem internationalen Ranking der Steueroasen immerhin auf Rang acht - und steht damit noch vor klassischen Steuerparadiesen wie Jersey, den Marshall-Inseln oder den Bahamas.

Wenn dann aber einige Personen wie Uli Hoeneß dieses Angebot wahrnehmen, dann ist das Geschrei groß: Wie kann er nur?!

Die Politik sollte aufhören, ein Paradies für Steuerkriminelle zu errichten - um sich dann scheinheilig darüber aufzuregen, dass manche doch tatsächlich ihre Steuern hinterziehen.

Damit wieder zur Wahl am morgigen Tag: Wen sollte man wählen? Ob links oder rechts - alle Parteien tragen ihre Schuld daran, dass Deutschland in Sachen Steuern ein Unrechtsstaat ist. Eigentlich sollte die Wahl deshalb am morgigen Sonntag auf den Biergarten fallen.

Aber wahrscheinlich wird's regnen.
J.E.



Samstag, 1. März 2014
Ärtzemangel
Es gibt zu wenige Ärzte in Deutschland. Zwar ist die Zahl der Ärzte in Deutschland von 92.000 im Jahr 1990 auf 144.000 heute gestiegen, und der Reinertrag pro Praxis liegt heute bei 166.000 Euro, doch zugleich ist es vor allem auf dem Land immer schwieriger, einen Arzt zu finden. Die jungen Ärzte leben halt viel lieber in der Stadt, und auf dem Land muss man auch noch so oft Hausbesuche machen, die nur mit lächerlichen Beträgen entlohnt werden.

Was soll man tun? Die Politik ist gefordert.

Genau genommen ist es nicht die Politik. In Deutschland haben die niedergelassenen Ärzte ein Monopol auf die Patientenversorgung. Die Krankenhäuser dürfen nur die Patienten in Krankenhäusern behandelt werden, die akut krank sind oder von den Ärzten überwiesen wurden. Im Gegenzug haben sich die Ärzte verpflichtet, landesweit eine ausreichende Versorgung sicherzustellen. Diese Verantwortung liegt bei den kassenärztlichen Vereinigungen.

Aber was sollen die machen? Die Bezahlung auf dem Land ist eben zu unattraktiv, kein Arzt will deshalb aufs Land ziehen.

Gute Frage. Wer ist denn für die Bezahlung der Ärzte zuständig? Man wundert sich: Ebenso die kassenärztliche Vereinigung. Diese bekommt das Budget von den Krankenkassen überwiesen und darf es dann nach eigenen Regeln an die Ärzte verteilen. Wenn die Bezahlung der Ärzte auf dem Land ungerecht ist, dann kann die kassenärztliche Vereinigung das ganz einfach ändern. Aber sie verlangt lieber mehr Geld, damit das Durchschnittseinkommen der Ärzte weiter steigt - wovon vor allem die Ärzte in der Stadt profitieren.

Jetzt wird es aber besonders bizarr: In den Städten gibt es schon viel zu viele Ärzte. In manchen Stadtteilen Münchens gibt es, wie ein Kabarettist mal meinte, sogar mehr Kardiologen als Menschen mit Herz. Aber haben Sie mal versucht, einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen? Sie müssen Monate warten. Sogar in den Städten. Obwohl es hier mehr Fachärzte gibt also sonst wo in Europa.

Das ARD-Magazin "Kontraste" hat dieses Rätsel gelöst: Da Ärzte pro besuchtem Patient pro Quartal entlohnt werden, lassen die Fachärzte viele ihrer Patienten eben quartalsweise zu "Nachuntersuchungen" antanzen. Die Untersuchungen sind schnell erledigt, aber die Ärzte bekommen wieder Geld, als hätten sie den Patienten tatsächlich behandelt. Bei Urologen sind fast ein Drittel aller Patienten Dauerpatienten, die einmal im Quartal vorbeischauen, bei denen man nichts feststellt, aber schon mal einen Termin für eine Untersuchung im nächsten Quartal ausmacht.

So füllt man sich den Terminkalender mit "Patienten", die kerngesund sind, aber für die die Kassen und die Versicherten trotzdem zahlen. Und wer wirklich krank ist, muss dann wochenlang auf einen Termin beim Facharzt warten.

Und was macht die kassenärztliche Vereinigung? Sie fordert mehr Ärzte in den Städten.

Ein Arzt war früher einmal eine angesehene Person, die sich um das Wohl ihrer Patienten und weniger um das Wohl ihres Geldbeutels gekümmert hat. In diesem Sinne fordern auch wir mehr Ärzte für Deutschland.
K.M.



Freitag, 14. Februar 2014
Gentechnik ist sicher! Irgendwie...
Sollte man bisher gedacht haben, dass in einer Demokratie Dinge nur geschehen, wenn die Mehrheit dafür ist, so hat uns die EU diese Woche eines Besseren belehrt. Der Genmais 1507 der Firma Pioneer Dupont wird wohl in der EU zugelassen, weil sich keine Mehrheit fand, die gegen die Zulassung votierte (Deutschland, als eines der Länder mit den meisten Stimmen, wusste nicht so recht, wie es sich verhalten sollte - die Unionsparteien waren nicht so richtig dagegen - also enthielt man sich - und stimmte so de facto für die Zulassung).

Die Umweltverbände kritisieren dies. Gentechnik wird von ihnen als Frankenfood bezeichnet, nach dem Doktor Frankenstein, der einen Menschen schuf, indem er verschiedene Teile von Leichen zusammen nähte. Und ähnlich funktioniert auch Gentechnik: Man bringt unterschiedliche Gene zusammen und schaut, was passiert.

Es passiert schon nichts, sagen die Befürworter der Gentechnik. Diese Genmaissorte zum Beispiel produziert ein Insektengift mit dem Namen Bt, das von dem Bakterium Bacillus thuringiensis produziert wird. Da der Genmais sein eigenes Insektengift produziert, braucht man weniger Chemie. Und hat nicht Rachel Carson, die mit ihrem Buch "Silent Spring" die Welt vor den Giften der Landwirtschaft warnte, selber angeregt, Bt-Toxine als umweltfreundlichen Toxine einzusetzen?

Doch, das hat sie. Aber es war nie die Rede davon, die Gifte rund ums Jahr zu produzieren, sondern nur punktuell einzusetzen, wenn die Pflanzen von Schädlingen bedroht sind. Dank der Gentechnik tötet das Gift nun dauerhaft die Insekten unserer Umwelt. Aber man darf das nicht zu eng sehen: Es gibt doch genug von ihnen.

Dann haben die Gegner der Gentechnik Angst davor, dass die fremden Gene auf andere Pflanzen überspringen können. Sprechen Sie mal einen Biologen darauf an, wie wahrscheinlich das ist. Der wird Ihnen sagen, dass es Quatsch sei. Und dann vielleicht noch beruhigend hinzufügen, dass dies in der Natur doch etwas ganz normales sei. Und tatsächlich hat man veränderte Gene schon in zahlreichen wildlebenden Pflanzen gefunden. Aber, Sie ahnen es, auch von denen gibt es ja genug.

Was ein Gen macht, wenn es irgendwo in der DNA eingebaut wird, weiß keiner so genau. Die Biologen erzählen uns, dass das Gen an genau der richtigen Stelle eingebaut wird und dort nur das Protein erzeugt, was es erzeugen soll. Aber leider klappt das nur bei einer von mehreren Tausend Pflanzen so chirurgisch präzise, was auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass die Gene an kleine Metallkügelchen befestigt und dann mit einer "Gen-Kanone" in den Zellkern geschossen werden - wo sie eben irgendwo eingebaut werden. Und zumeist an den falschen Stellen.

Und nun fällt den Biologen auf, dass die Gentechnik, die Wissenschaft der DNA, vielleicht doch nicht alles über die Vererbung zu erzählen weiß, und man die Epigenetik benötigt; denn man hat gesehen, dass nicht alle vererbten Merkmale durch weitervererbte DNA erklärt werden können. Aber nichts Genaues weiß man nicht, es ist halt noch ein weites, unerschlossenen Land.

Man weiß halt nur, dass die Gentechnik ganz sicher, also hundetprozentig, nicht schädlich für den Menschen und unsere Umwelt ist.

Schließlich weiß man ja auch, dass ein Schlachtfeld nichts gesundheitsschädlich ist. Man darf sich eben nur nicht dort aufhalten, wo die Bomben explodieren...
P.H.



Samstag, 1. Februar 2014
Wir geben nichts!
War das nicht ein erfreulicher Auftakt für die große Koalition? Kaum im Amt, schon wird eine große Rentenreform beschlossen. So steigt für Frauen, die vor 1992 Kinder bekommen haben, die sogenannte Mütterrente. Und man kann nun doch schon mit 63 Jahren in Rente gehen - allerdings nur für ältere Jahrgänge. Wer nach 1964 geboren wurde, darf erst mit 65 in den Ruhestand. Mit einigen weiteren Geschenken an die Rentner summieren sich die Kosten für das Paket bis 2020 auf 60 Milliarden Euro. Doch die Finanzierung ist erst einmal sicher: Eigentlich hätten zum Jahreswechsel die Beiträge von 18,9 auf 18,3 Prozent des Bruttolohns sinken müssen, doch mit dem Blick auf die Geschenke für die Rentner hat die Große Koalition dies vor Weihnachten noch mit einem Eilgesetz verhindert. Die Steuern werden nicht erhöht, das ist dieser Regierung wichtig. Beiträge und Abgaben hingegen schon.

Zugleich geistern eigenartige Meldungen durch den Blätterwald. So hat der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle gerade erst verkündet, dass ab dem nächsten Schuljahr in Bayern 830 Lehrerstellen wegfallen sollen. Aber da folgen diese nur dem guten Beispiel des Unterrichts: Der fällt wegen Lehrermangels immer noch häufig in Bayern aus.

Und manch einer Uni wird geraten, wegen Geldmangel doch einfach ein paar Studienfächer abzuschaffen. So soll nach einem Vorschlag des Wissenschaftsrats die Universität des Saarlandes keine "akademische Grundversorgung" mehr bereitstellen, stattdessen sollen sich Studenten sich irgendwo in der "Großregion" (sprich: Rheinland-Pfalz) ausbilden lassen. Und diese Vorschläge wurden nicht nur der Universität des Saarlandes gemacht, sondern auch anderen Universitäten in Deutschland. Schließlich muss man sparen.

Fällt Ihnen hier auch ein Muster auf? Die Renten werden erhöht, hierfür ist genug Geld da, bei der Ausbildung der Jugend hingegen spart man. Wie die Jugend dann später einmal die Beiträge für die Rentenversicherung bezahlen soll, wenn sie schlecht ausgebildet wurde und deshalb nur Hilfsarbeiterjobs ausüben kann, scheint niemanden zu interessieren. Warum auch? Die Wahlen werden beim nächsten Wahlgang entschieden, und der ist garantiert irgendwo in den nächsten Monaten. Und entschieden wird er von den Alten: Sie stellen die größte Gruppe - und sind auch die aktivsten Wähler. Die jungen Generationen kann man mit seiner Politik ruhig verschrecken, solange es den Alten gut geht.

Und schließlich wählt man ja, um seine eigenen Interessen vertreten zu wissen. Wir sind doch keine Samariter.
J.E.



Samstag, 18. Januar 2014
Was ist eine angemessene Strafe?
Wie sollte man einen Mörder bestrafen? Die Bibel fordert "Auge um Auge, Zahn um Zahn", und auch die meisten Gesellschaften haben oder hatten den Tod des Mörders als geeignete Strafe vorgesehen.

In den meisten westlichen Ländern hat man die Todesstrafe in den letzten Jahrzehnten abgeschafft. Dass ein Mensch einem anderen Menschen das Leben nimmt, kann niemand verantworten, auch nicht als Strafe auf ein Vergehen. Und sollte man sich geirrt und den Falschen hingerichtet haben, dann kann dieser Fehler nicht mehr korrigiert werden. Der Rächer wurde zum Mörder.

Dies ist auch in den USA der Fall. Bis 2007 waren schon 15 Leute, die in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung gewartet hatten, aufgrund neuer DNA-Beweise freigesprochen worden. Wie viele Unschuldige noch in den Todeszellen der USA warten, und wie viele Unschuldige schon hingerichtet wurden, weiß niemand genau.

Dennoch wird in den USA weiter hingerichtet. Und wenn nach mehreren Jahrzehnten bestimmte Chemikalien für die Todesspritze nicht mehr hergestellt werden oder von ihren europäischen Herstellern nicht mehr für den Einsatz bei Exekutionen zugelassen werden, dann probiert man eben einen anderen Giftcocktail aus. Ein solcher Giftcocktail hat diese Woche zu einem minutenlangen Todeskampf eines verurteilten Mörders geführt.

Grausame Bestrafungen sind in den USA zwar verfassungswidrig, aber die Todesstrafe gilt dort in den USA per se nicht als grausam. Nur wenn es zu lange dauert, bis der Verurteilte verendet, kommt in den USA eine Diskussion auf, ob das nicht vielleicht doch grausam war. Doch prinzipiell wird die Todesstrafe nicht in Frage gestellt.

Warum sollte sie auch in einem Land in Frage gestellt werden, dessen Bürger auf das Recht pochen, eine Waffe besitzen zu dürfen? Warum sollte sie in einem Land in Frage gestellt werden, in dem allein in großen Städten wie Chicago und New York pro Jahr so viele Menschen ermordet werden wie in ganz Deutschland? Was man als grausam betrachtet, ist relativ. In einem wilden Land erscheint einem eben vieles selbstverständlich, was man in einem zivilisierten Land als unmenschlich empfinden würde.

Die Bestrafung eines Mörders mit dem Tod spiegelt nicht die Schwere seiner Tat wieder, sondern ist allein ein Zeichen für die Grausamkeit, die in dem Land herrscht. In einem Land, in dem das Leben als Überlebenskampf gesehen wird, den nur die Stärksten gewinnen, kommt es auf ein paar Opfer mehr oder weniger eben nicht an.

Und wenn die dann auch noch qualvoll verenden, ist es eigentlich auch egal.
P.H.



Samstag, 4. Januar 2014
Das C in unserem Namen
Die Welt ist global. Viele unserer Waren werden in Billiglohnländern hergestellt. Unsere Kleidung kommt fast nur noch aus Asien, wo Menschen 12, 14 oder 16 Stunden am Tag arbeiten, und dennoch weniger als 100 Euro im Monat verdienen. In Kambodscha schuften die Menschen für 80 Dollar im Monat in der Textilindustrie, damit wir Hosen und Pullover für einige Euros kaufen können - und die Konzerne Milliarden Gewinne machen. Nun begehren die Menschen auf, und fordern einen Lohn von 160 Dollar im Monat. Und der Staat greift ein, im eigenen Interesse, und im Interesse der Menschen im reichen Westen. So starben nun drei Menschen, als die Polizei in Kambodscha auf die Demonstranten schoss.

Man stelle sich mal vor, wir würden den Menschen in Asien, die für uns die Kleidung herstellen, menschenwürdige Löhne bezahlen? Dadurch könnte ein Pullover glatt ein oder zwei Euro mehr kosten! Wer soll das denn bezahlen?

Dass wir nicht die Probleme der Welt lösen können, hat auch die CSU diese Woche klar gemacht. Seit Anfang des Jahres 2014 dürfen sich nun auch Bulgaren und Rumänen frei in Europa bewegen. Und sofort malt die CSU (schließlich sind bald Kommunalwahlen in Bayern und Europawahlen) das Gespenst der schnorrenden Armen an die Wand, die nur nach Deutschland kommen, um es sich hier im sozialen Netz bequem zu machen. "Wer betrügt, der fliegt", so heißt es in einem Papier der CSU zur neuen Freizügigkeit der Bulgaren und Rumänen.

Dabei ist es in Europa längst Gesetz, dass man nicht einfach in ein anderes Land reisen kann, um dort Sozialhilfe zu kassieren. Doch das scheint die CSU nicht zu interessieren. Sie will noch einmal deutlich machen, dass Deutschland nicht der Zahlmeister der Welt sein kann. Die gut ausgebildeten Rumänen und Bulgaren nehmen wir gerne, so wie wir auch die billige Kleidung aus Asien nehmen. Doch Armutsasylanten aus und Lohnerhöhungen in diesen Ländern sollen bitte unterbleiben. Schließlich soll es uns weiter gut gehen.

Wie hat Papst Franziskus in seinem Angelusgebet zum Neujahr gesagt? Jeder Einzelne müsse sich aktiv dafür einsetzen, "damit die Welt eine Gemeinschaft aus Geschwistern wird, die einander respektieren, in ihren Unterschieden akzeptieren und füreinander Sorge tragen."

Zum Glück können wir als Bewohner eines christlichen Landes diesen Quatsch getrost ignorieren.

Und erst recht die Mitglieder einer C-Partei.
P.H.



Samstag, 21. Dezember 2013
Für mehr Intransparenz
Wir wollen immer mehr wissen. Wie viel Gifte werden eingesetzt, um unsere Nahrung anzubauen, werden unsere Kleider von Kindern genäht oder unsere technischen Gadgets von Arbeitern zu Hungerlöhnen hergestellt? Wir wollen nicht nur in dieser Welt leben, wir wollen wissen, wie wir in ihr leben. Mehr Transparenz in der Politik und in der Wirtschaft täte allen gut. Dann fiele es unseren Mächtigen nicht so leicht, uns zu manipulieren, so wie die Deutsche Bank den Libor-Zins manipulierte.

Andererseits geht die Transparenz manchmal auch zu weit. Wenn der Staat mit seinen Geheimdiensten jedes Detail unseres Lebens überwacht, wie uns Edward Snowden gerade wieder bewusst gemacht hat, dann geht die Transparenz deutlich zu weit. Selbst ein amerikanisches Gericht hat mittlerweile befunden, dass die Datensammelwut der amerikanischen Geheimdienste mit der Verfassung des Landes nicht zu vereinbaren sei. Hier täte etwas mehr Intransparenz sicher gut.

Und auch bei manchen Preisen kann Intransparenz helfen. Was wirft man den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht die hohen Gebühren vor, die jeder Bürger jeden Monat berappen muss? Im Gegensatz dazu ist das Programm der privaten Sender völlig kostenlos. Gut, auch die privaten Sender nehmen Geld ein, nämlich über Werbeeinnahmen. Aber das bezahlt ja die werbetreibende Industrie, die sich das Geld letztlich über die Preise der Produkte von den Verbrauchern holt...

Verwundert sehen wir, dass es wieder einmal die Bürger sind, die auch die privaten Sender finanzieren. Nur ist die Finanzierung diesmal so gut verschleiert, dass sie uns nicht aufregt.

Ähnlich geht es uns mit den Kosten der Energiewende. Diese Kosten werden jedem Bürger über die Ökostromabgabe transparent gemacht. Jeder Bürger kann somit sehen, wie hoch diese sind. Und weil sie so hoch sind, regen wir uns mächtig darüber auf.

Wie besser war es da doch mit Kohle und Kernkraft! Gut, auch diese wurden mit Milliarden subventioniert, und im Fall der Kernkraft wird sich wohl auch der Staat um die Endlagerung des Mülls kümmern müssen. Aber diese Kosten werden ja nicht auf den Bürger umgelegt. Er bezahlt sie nur über die Steuern, ihre Höhe ist damit völlig intransparent - und niemand regt sich auf.

Manchmal kann man Zustimmung eben nur dadurch erreichen, dass man nicht die ganze Wahrheit sagt.
K.M.



Sonntag, 8. Dezember 2013
Verständnisfragen
Papst Franziskus ist immer wieder für eine Überraschung gut. Aber was soll man auch von einem Mann erwarten, der es als erster in der 2000jährigen Geschichte der Kirche gewagt hat, sich nach Franz von Assisi zu benennen, einem Heiligen, der die Armut predigte? Nun hat er sein Apostolisches Schreiben "Evangelii gaudium" (Freude des Evangeliums) veröffentlicht, in dem er ungewohnte Töne anschlägt.

So glaubt Franziskus nicht, "dass man vom päpstlichen Lehramt eine endgültige oder vollständige Aussage zu allen Fragen erwarten muss, welche die Kirche und die Welt betreffen." Auch sollen die Kirchenfürsten auf die Gläubigen hören und sich nicht "überlegen fühlen, weil sie bestimmte Normen einhalten oder weil sie einem gewissen katholischen Stil der Vergangenheit unerschütterlich treu sind". Dem Papst ist "eine 'verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist."

Das sind ganz neue Töne aus einer Kirche, die sich für den Wahrer der ewigen Wahrheiten hält, die von sich behauptet, Stellvertreter Christi auf Erden zu sein und damit das Recht habe, in Gottes Namen zu sprechen. Aus den Höhen des Olymp zurück auf die Erde - es wird interessant sein zu beobachten, wie lange die Kirchenfürsten den Weg des Papstes mitgehen; denn keiner verzichtet gerne auf Privilegien.

Doch gerade das wird nötig sein. Dostojewski behauptete, dass ohne Gott alles möglich sei, dass es keine Moral mehr gebe. Diese Ansicht vertritt auch die Kirche, die sich als Hüterin der Moral versteht, weshalb wir gottlos auch mit unmoralisch gleichsetzen. Doch bei all den Schweinereien, die sich gerade katholische Priester erlaubt haben, muss man sich fragen, ob nicht gerade mit Gott die Unmoral regiert.

Wie wissen wir denn eigentlich, was Gott will? Wir hören es von Propheten, die behaupten, dass sie ihre Aussagen von Gott haben. Die erste Frage muss sein: Können wir den Propheten glauben? Oder behaupten sie einfach nur, mit Gott in Kontakt zu sein, obwohl sie sich alles, was sie predigen, nur ausgedacht haben?

Die zweite Frage ist noch kritischer: Haben die Propheten Gott richtig verstanden? Immerhin ist Gott allmächtig und allwissend, er steht so weit über dem Menschen wie der Mensch über dem Hund. Und können wir behaupten, dass ein Hund uns immer richtig versteht? Es müssen also große Zweifel daran bestehen, dass die Propheten, sollten sie ihre Worte von Gott empfangen haben, diese auch richtig verstanden haben. Das menschliche Gehirn ist einfach nicht in der Lage, die Unendlichkeit Gottes zu begreifen.

Dennoch stellen die Propheten es so da, als kämen ihre Worte von Gott, dabei können sie uns nur ihre Interpretationen der göttlichen Offenbarung mitteilen, letztlich also geben sie ihre Worte als die Gottes aus. Die Worte der Propheten werden zu Gottes Wort - und die Gläubigen sollen das bloß nicht in Frage stellen.

Es ist diese Arroganz, mit der die Propheten der Religion und die Gründer der Kirche sich auf eine Stufe mit Gott stellten, an der die Kirche heute noch krankt. Will die Kirche menschlich werden, dann muss sie sich von Grund auf ändern.

Dafür kann man Papst Franziskus nur viel Kraft wünschen.
P.H.



Samstag, 23. November 2013
Der Preis des Lebens
Das Menschenleben, so hört man immer wieder, sei das wertvollste Gut. Wie wertvoll es ist, haben vor einigen Jahren ein paar Forscher errechnet. Sie kamen darauf, dass der Preis eines Deutschen bei ungefähr 2,3 Millionen Euro liege, ein Preis, den im Übrigen auch die EU bei Kosten-Nutzen-Analysen etwa zur Verkehrssicherheit ansetzt.

Noch nicht einmal dreimal so viel, ganze 6,5 Millionen Euro, brachte die deutsche Bundesregierung auf , um den Menschen auf den Philippinen zu helfen, die unter den Folgen eines der schwersten Taifune seit Menschengedenken leiden. Dabei kamen bisher mehr als 4000 Menschen um, 22.000 gelten noch als vermisst und gut eine Millionen Menschen sind obdachlos.

Damit geht es den Filipinos aber noch gut. Die Menschen aus Südostasien, die auf den Baustellen für die Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2022 in Katar schuften, werden wie Sklaven gehandelt, deren Tod keine größere Bedeutung zu haben scheint als der Tod eines Huhns. Darüber empört man sich zwar, doch man unternimmt keine wirklichen Maßnahmen dagegen, besonders nicht solche, die Geld kosten könnten.

Großzügiger zeigte sich Deutschland bei dem Klimagipfel in Warschau: Für den Anpassungsfonds, der Projekte und Programme zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern finanzieren soll, hat Deutschland 30 Millionen Euro bereitgestellt. Die Schäden des Klimawandels sind wahrscheinlich um ein Vielfaches höher, aber wer kann das schon beweisen? Und wer soll das bezahlen? Immerhin geben wir ja schon Milliarden aus, um den Klimawandel erst einmal zu verursachen!

Was ist ein Menschenleben wert? Offensichtlich mehrere Millionen in den reichen Ländern - und keinen Pfifferling in den armen Ländern. Dort gibt es schließlich auch viel zu viel Leben, das Angebot verdirbt den Preis.

Aber wir arbeiten ja daran, dass sich das ändert.
J.E.



Freitag, 8. November 2013
Der Wert des Geldes
Fragt man, welchen Wert das Geld hat, dann bekommt man die unterschiedlichsten Antworten. Ein Dagobert Duck, der für sein Leben gerne in Geld schwamm, wird Geld den höchstmöglichen Wert zuweisen. Eine Weissagung der Cree-Indianer besagt hingegen: "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." Unterschiedlicher kann man den Wert des Geldes wohl nicht einschätzen.

Doch wie schätzen wir heute, in unserer westlichen Zivilisation den Wert des Geldes ein? Spontan würde man sagen: Hoch. Ohne Geld ist man ein Nichts. Wenn man sich kein Auto leisten kann, keine anständige Kleidung, hin und wieder ausgehen und regelmäßig in den Urlaub fahren kann, dann gehört man einfach nicht dazu. Dann vegetiert man in seiner Sozialwohnung vor sich hin, während draußen das Leben spielt. Wenn man überhaupt eine Wohnung hat.

Andererseits sagen uns die Ökonomen, dass der Preis eines Produktes umso höher ist, je begehrter es ist und je kleiner sein Angebot ist. Deshalb kostet Gold, dessen letzte Reste die Bergbauunternehmen gerade aus dem Boden kratzen, auch so viel. Der Preis des Geldes ist der Zinssatz, den man dafür nimmt. Der Zinssatz ist jedoch Westen mittlerweile auf historisch niedrigem Stand, endgültig gilt dies, seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Woche den Leitzins auf 0,25% gesenkt hat. Geld, so sagt uns dies, ist nichts mehr Wert. Das Angebot ist viel zu groß und die Nachfrage vernachlässigbar.

Auf der einen Seite haben wir also die Bürger dieses Landes, die oft nicht wissen, wovon sie leben sollen, die jeden Cent gebrauchen können, weshalb sie aus der Not heraus auch bereit sind, exorbitant hohe Überziehungskredite zu zahlen, und auf der anderen Seite stehen die Kunden der EZB, die Banken Europas, die gar nicht mehr wissen, wohin mit dem vielen Geld, weshalb der Zins für sie gegen Null geht. Und die Banken sind keine anonymen Behörden, sondern hinter ihnen stehen Investoren, denen das Geld aus der Nase quillt.

Da ist sie wieder, die Zweiteilung der Gesellschaft. Auf der einen Seite die Reichen, die dem Geld keinen Wert mehr beimessen, auf der anderen Seite die Armen, die auf jeden Cent angewiesen sind. Und wenn die SPD, die Grünen und die Linke dann fordern, man solle die Steuern für die Reichen erhöhen, die dem Geld eh keinen Wert mehr beimessen, dann schreien Union und FDP unisono auf, dass dies doch unverschämt sei.

In Monty Pythons Film "Der Sinn des Lebens", gab es einen Gourmand, der den Mund nicht voll genug bekommen konnte. Schließlich explodierte der Vielfraß. Eine Explosion bahnt sich auch in unserer Gesellschaft an, die diese widersprüchlichen Kräfte nicht ewig wird aushalten können.
J.E.