Die Ökonomen feiern sich selber
Heute ist es wieder soweit: Am 10. Dezember werden in Stockholm die Nobelpreise verliehen. Alfred Nobel hatte diesen Preis für herausragende Leistungen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Medizin, Literatur oder für den Frieden gestiftet. 1968 hatte die Schwedische Reichsbank anläßlich ihres 300-jährigen Bestehens einen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften eingeführt. Allerdings muss die Frage erlaubt sein: Handelt es sich bei den Wirtschaftswissenschaften um eine Wissenschaft, oder ist es doch eher ein künstlerisches Fach wie die Literatur?

Die meisten Gewinner dieses Nobelpreises kamen aus den USA. Und gerade in den USA nahmen 1929 und 2007 die größten Wirtschaftskrisen der Neuzeit ihren Ausgangspunkt. Als Medizin gegen diese Krisen verordnen uns Wirtschaftswissenschaftler, die Nachfrage anzukurbeln - gleichzeitig aber zu sparen und Schulden abzubauen. Sie plädieren für niedrigere Steuern, weil die gut fürs Wachstum seien - und zugleich erlebten die USA und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die höchsten Wachstumsraten, obwohl der Spitzensteuersatz damals bei 93% bzw. 56% lag - höher als zu je einer anderen Zeit. Und wenn man wirklich wissen will, wie sich die Wirtschaft entwickelt, dass muss man sein Geld auf die Aussagen irgendeines Außenseiters setzen, weil der Mainstream garantiert die falsche Prognose abliefert.

Betrachtet man diese Erfolgsbilanz der Wirtschaftswissenschaften, dann hätten sie sicherlich einen Karnevalsordern verdient - "Wider den tierischen Ernst" des Aachener Karnevalsvereins wäre dafür doch prädestiniert - aber sicher keinen Preis für herausragende wissenschaftliche Leistungen. Also handelt es sich bei den Wirtschaftswissenschaften um eine Kunstform? Nun, dichten scheinen die Vertreter dieser Zunft ja wirklich gut zu können... Aber für Literatur gab es ja schon einen Preis - warum brauchte es dann einen weiteren Preis für die Wirtschaftswissenschaften?

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Wirtschaftswissenschaften die Wissenschaft nicht nur im Wort führen wollten, sondern dass sie das Bedürfnis hatten, wirklich ernst genommen zu werden. Und welcher Preis hat wissenschaftlich mehr Prestige als der Nobelpreis? Also spendierte ein typischer Sponsor dieser sogenannten Wissenschaft, eine Bank, flugs einen Nobelpreis, den man unter Seinesgleichen verleihen konnte, und schon wurde die Astrologie zur Astronomie und ein Wirtschaftswissenschaftler konnte sich als richtiger Wissenschaftler fühlen.

Doch auch dieses Kaisers neue Kleider verdecken das Elend nicht wirklich...
J.E.