Wie heißt es doch in einem Sprichwort: Was nicht passt, wird passend gemacht. Man könnte manchmal meinen, dass sich dieses Sprichwort auf die Europäische Union bezieht. Aber hier geht es nicht um die "Eurokrise", sondern um das Verhältnis vom Kontinent zum Vereinigten Königreich. Unvergessen die
Schlagzeile der Times vom 22.10.1957: "Dichter Nebel im Ärmelkanal - Kontinent abgeschnitten." Großbritannien und der Kontinent gehören nur formal zum selben Erdteil. Und letztlich ist die Insel der Dreh- und Angelpunkt.
So meldete sich auch der britische Premierminister
James Cameron in dieser Woche zu Wort. Er wünscht sich weniger eine Europäische Union als ein "Netzwerk" von Staaten und will seine Landsleute über den Verbleibt Großbritanniens in der EU abstimmen lassen.
Man kann diese Rede als ein wahltaktisches Manöver verstehen. Gerade in Camerons konservativer Partei wird immer wieder gefordert, die EU doch zu verlassen. Mit der Aussicht, in einigen Jahren ein Referendum über den Verbleib der Insel in der EU zu haben, sind diese Kritiker erst einmal beruhigt, und Cameron erhöhte seine Chancen auf eine Wiederwahl.
Doch Cameron's Rede liegt ein tiefer Riss zugrunde, der zwischen dem Königreich und Kontinentaleuropa geht. Der Riss geht um das Verständnis von Freiheit.
Für die angelsächsischen Länder bedeutet Freiheit vor allem persönliche Unabhängigkeit. Der Staat soll sich gefälligst nicht in das Leben seiner Bürger einmischen, jeder soll das machen können, was er will. Niemand soll auf seinem Weg behindert werden, ganz besonders nicht auf seinem Weg zu unvorstellbarem Reichtum.
An diesem Punkt haken die Kontinentaleuropäer ein und merken an, dass es doch nicht gerecht sein kann, wenn einige wenige viel und viele nichts haben. Die Vorstellung von Freiheit des Kontinents ist geprägt von der französischen Revolution: Liberté, égalité, fraternité. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit stehen gleichberechtigt nebeneinander, Freiheit auf dem Kontinent bedeutet vor allem politische Gleichheit. Die Freiheit des Einzelnen steht nicht über dem Wohl der Gemeinschaft.
Die Angelsachsen betonen das Individuum, die Kontinentaleuropäer die Gemeinschaft. Das passt nicht zusammen. Dennoch soll es passend gemacht werden?
Vielleicht wäre es für Europa wirklich besser, wenn Großbritannien austräte.
K.M.
red horse am 26. Januar 13
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