Die Gewinne werden privatisiert...
Die Welt der Krankenversicherung in Deutschland ist ungerecht: Auf der einen Seite gibt es die, die sich gesetzlich versichern müssen und dann mit einer Minimalversorgung leben müssen, auf der anderen Seite stehen die, die sich privat versichern dürfen und dann in den Genuß einer luxuriösen Versorgung kommen können. Vor allem müssen sie dann nicht mehr so lange auf einen Termin beim Arzt ihres Vertrauens warten.

Die Partei der sozialen Gerechtigkeit, die FDP, hat sich nun aufgemacht, diese Ungerechtigkeit zu beenden. Vor einigen Tagen schlug der aktuelle Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor, die private Krankenversicherung für alle zu öffnen und nicht für die Reichen. Schließlich gehe es um die Wahlfreiheit aller Bürger, was schon immer ein Grundsatz liberaler Politik gewesen sei.

Man möchte sich schütteln vor Verwunderung: Die FDP kümmert sich um den kleinen Mann! Und wir dachten immer, die FDP sei die Partei des reichen Prozents der Gesellschaft! Wie man sich irren kann.

Aber vielleicht haben wir uns doch nicht geirrt. Was ist momentan die Situation der privaten Krankenversicherung? Der privaten Krankenversicherung laufen die Kosten davon. Zwar würde sie diese gerne deckeln, so wie dies die gesetzliche Krankenversicherung tut, doch das würde nicht zum Image einer Luxus-Versicherung passen. Also muss man zahlen. Wenn man mehr zahlen muss, dann will man aber auch mehr Beitragszahler haben, besonders die jungen und gesunden, die kaum Kosten verursachen. Doch die verdienen noch nicht genug, als dass sie über die Beitragsbemessungsgrenze kämen und in die Private wechseln könnten - also entfernt man die Grenze, und die Privaten können wieder mehr Beiträge einfahren und höhere Gewinne machen. Denn für junge Menschen lohnt sich die Private: Sie ist billiger als die gesetzliche.

Doch was würde passieren, stärkte man mit dem Vorschlag des Gesundheitsministers die Privaten? Man schwächte die gesetzlichen. Denn diese müssen jeden aufnehmen - und sie werden nun nur noch die versichern, die krank sind, diejenigen, die hohe Kosten verursachen. Die gesetzliche Versicherung würde damit entweder noch teurer, oder sie würde ihre Leistungen drastisch reduzieren. Beides spielte wieder den Privaten in die Hände.

Die Privaten haben aber ein Problem: Sie versichern nicht das Risiko einer Gesellschaft, krank zu werden, sondern sie versichern das persönliche Risiko, krank zu werden; die Privaten sind keine Solidargemeinschaft. Ist man jung, dann zahlt man wenig. Ist man älter und kränker, dann zahlt man umso mehr, allen Versprechungen zum Trotz, dass man in jungen Jahren schon etwas für das Alter anspare. Erlaubt man nun auch ärmeren Bevölkerungsschichten, in die Private zu wechseln, dann werden sie dies in jungen Jahren tun, um dann im Alter in einer Versicherung gefangen zu sein, die sie sich nicht mehr leisten können. Letztlich wird dann der Staat wieder einspringen müssen, um sie um die Gesundheitsversorgung dieser Menschen zu kümmern.

Bahrs Vorschlag ermöglicht also den privaten Krankenversicherungen, mehr Geld zu verdienen - und die dabei entstehenden Kosten später auf den Staat, den Steuerzahler, abzuwälzen. Und zu denen gehören die Versicherungen, die mit zahlreichen Tricks ihre Steuerlast mindern, nur bedingt. Letztlich profitieren von Bahrs Vorschlag nicht die Bürger, sondern die Konzerne und ihre reichen Anteilseigner. Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste werden solidarisiert.

Das passt dann wieder eher in das Bild, das man sich von der FDP macht.
J.E.