Wer ist der Feind?
Bei der Eröffnungssitzung des Thüringer Landtags am letzten Donnerstag ging es turbulent zu. Der Alterspräsident der AfD versuchte, den Abgeordneten das Mikrofon abstellen zu lassen, weil er sich durch ihre Kommentare gestört fühlte, und er weigerte sich, Anträge der Abgeordneten anzunehmen, weil sie nicht seinem Willen entsprachen. Der Chef bin ich, ist die Denkweise der AfD. Dass eine Demokratie anders funktioniert, kommt dieses Faschisten nicht in den Sinn. Das Verfassungsgericht hat der AfD aber nun ins Stammbuch geschrieben, wie man sich demokratisch zu verhalten habe. Man kann aber davon ausgehen, dass sie diese Lektion nicht lange behalten wird.

Die AfD sieht sich als einzige Opposition in diesem Land. Das erscheint auf den ersten Blick lachhaft, gibt es in der Ampelregierung mit der FDP doch sogar eine Oppositionspartei in der Regierung, die erst Gesetze aushandelt, um sie dann zu torpedieren, zuletzt wieder bei der Rentenreform.

Doch die FDP ist eine Opposition im Rahmen der demokratischen Spielregeln. Die AfD steht in Opposition zur Demokratie. Und dann hat sie natürlich Recht, dass sie die einzige Opposition in diesem Lande ist. Wer die Demokratie loswerden will, soll die AfD wählen.

Doch wer ist für die bürgerlichen Parteien – FDP, Union, Freie Wähler – und das Selbstdarstellungsbündnis BSW der größte Feind? Die faschistische AfD? Nein: Die Grünen.

Die Grünen sind eine Partei, die die Probleme unserer Zeit angehen will, während andere sie lieber verdrängen wollen. Schließlich wissen sie, dass es bei den Wählern nicht gut ankommt, wenn man Opfer von ihnen verlangt. Kein Kind räumt sein Zimmer gerne auf. Also will man die Wähler gewähren lassen, die Zukunft interessiert nicht, und die Grünen werden zum Feindbild Nummer 1 stilisiert. Wer Probleme lösen will, wird zum Feind, wer die Demokratie zerstören will, ist nur lästig. Ganz im Sinne des großen Vorsitzenden der CSU – Franz Josef Strauß –, der Folter einmal als „unfeine Behandlung“ bezeichnet hatte.

Solange man nur selber an die Macht kommt – und das versuchen die bürgerlichen Parteien mit ihrem Kampf gegen die Grünen und eine Politik, die Veränderungen fordert – ist es egal, ob die Demokratie dabei unter die Räder gerät. Der Feind steht dort, wo er meinem Machtanspruch im Wege steht.
P.H.