George Orwell hat in seinem Roman „1984“ das Neusprech vorgestellt, die offizielle Sprache der undemokratischen Regierung, bei der Worte ihren Sinn komplett in Gegenteil verändert haben.
Die Rechtspopulisten werfen der Regierung vor, sie sei undemokratisch. Erstaunlicherweise sind es aber die Rechtspopulisten, die derzeit ein Neusprech entwickeln.
So ist „Gutmensch“, also ein guter Mensch, mittlerweile eine Beleidigung. Der gute Samariter, der von Jesus als leuchtendes Beispiel vorgestellt wurde, wird in den Augen der Rechtspopulisten zu einem Kriminellen.
Cancel Culture wird Linken vorgeworfen, wenn sie beleidigende, rassistische oder diskriminierende Aussagen unterdrücken – denn schließlich gehören Beleidigungen für Rechte zur freien Meinungsäußerung. Wenn aber Rechte Bücher in Bibliotheken verbieten, Vorlesungen von
trans-Personen in Bibliotheken verhindern, Menschen wegen ihrer Aussagen so bedrängen, dass sie sich zurückziehen oder – die älteren werden sich erinnern – sich aus dem Programm der ARD ausklingt, weil die Sendung nicht den Qualitätsanforderungen der bayerischen Bevölkerung genüge, dann ist das keine Cancel Culture, sondern gelebter Anstand. Das ist nicht verwerflich. Dass man keine Beleidigungen mehr sagen darf, hingegen schon.
Viele glauben, dass der Staat gleichgeschaltet sei und die Rechtspopulisten die einzige Opposition seien. Dieser Eindruck entsteht vor allem deshalb, weil sie Regierung, die Medien und große Teile der Gesellschaft sich gegen die Lügen der Rechtspopulisten wenden. Diese sind keine Opposition in der Demokratie, sondern zur Demokratie. Gerade Ostdeutsche, die in ihrer Jugend gelernt haben, dass man dem Staat nicht trauen kann, trauen nun auch dem demokratischen Staat nicht – und öffnen damit den Faschisten alle Tore, damit diese „die Wende vollenden“ und die linke Diktatur durch eine rechte ersetzen.
Verkehrte Welt. Aber das passiert, wenn Worte ihre Bedeutung verlieren.
K.M.
red horse am 26. Oktober 24
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