Samstag, 28. Oktober 2023
In nur zwei Jahren
Es ist schon erstaunlich, wie schnell die Ampel-Koalition Deutschland in nur zwei Jahren abgewirtschaftet hat. Nach sechzehn Jahren Union war Deutschland in Top-Form, heute jedoch pfeift Deutschland aus den letzten Löchern.

Man nehme nur die Energieversorgung. Die Preise sind deutlich gestiegen, weil Russland die Lieferung von billigem Öl über Nord-Stream eingestellt hat – und die Ampel-Koalition anstatt die alternativen Energien auszubauen auf billiges Gas aus Russland gesetzt hatte. Die Straßen in Deutschland sind baufällig und müssen überall repariert werde. Die Züge in Deutschland sind so unzuverlässig wie schon lange nicht mehr – Dobrindt konnte zu Recht darauf hinweisen, dass zu seiner Zeit die Züge viel pünktlicher waren und es auch so geblieben wäre, obwohl er nichts in die Infrastruktur investiert hätte. Auch im Bereich der Digitalisierung ist Deutschland noch nicht einmal mehr Mittelmaß, und das schon seit Jahren. Häufig fehlen Medikamente – und dass auch schon seit Jahren. Und die Zahl der der Asylanten ist heute zwar nicht so hoch wie vor sieben, acht Jahren, doch Deutschland bricht heute unter ihrer Zahl zusammen.

Die Ampel hat es tatsächlich geschafft, Jahrzehnte falscher Politik in nur zwei Jahren zu realisieren. Das hätte die Union nie geschafft.

Sie hat dafür tatsächlich Jahrzehnte gebraucht…
J.E.



Samstag, 14. Oktober 2023
Eine neue Dolchstoßlegende
Die Dolchstoßlegende entstand nach dem Ersten Weltkrieg. Die konservativen Kräfte hatten Deutschland an den Rand des Zusammenbruchs gebracht, wollten aber die Verantwortung für den Zusammenbruch und die Niederlage nicht übernehmen. Also übergaben sie die Macht an die Linken, die SPD, um sich der Verantwortung zu entledigen. Die SPD musste die Niederlage eingestehen – und die konservativen Kräfte propagierten, dass die Linken den tapferen Soldaten in den Rücken gefallen seien. Ohne den feigen Dolchstoß der Linken hätte die deutsche Armee gewonnen – so aber hätten die Linken die Niederlage herbeigeführt.

Die Strategie, das eigene Versagen anderen in die Schuhe zu schieben, ist auch heute noch bei den Konservativen beliebt. Die Konservativen haben in den 1980er Jahren eine neoliberale Politik etabliert, die dafür sorgte, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderging, so wurden zum Beispiel Sozialwohnungen privatisiert, die nun als Eigentumswohnungen an Gutbetuchte verkauft werden. Auch beschlossen konservative Parteien – CDU und FDP – 2011 den Atomausstieg, ohne sich allerdings um einen adäquaten Ausbau der erneuerbaren Energien zu kümmern. Stattdessen setzte man auf billiges Gas aus Russland. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine brach dieser Plan zusammen. Die Energie wurde deutlich teurer. Doch wer war schuld an der Misere? Natürlich nicht die konservativen Parteien, die dieses Szenario zu verantworten haben, sondern die Linken, insbesondere die Grünen. Denen schiebt man nun alles in die Schuhe, was in 16 Jahren konservativ geführter Regierung so alles schiefgelaufen ist. Sie werden von konservativen Kreisen deshalb als „Gefahr für Deutschland“ verleumdet.

Denn was würde passieren, wenn die Grünen an die Macht kämen und ihre Politik durchsetzen würden? Sie würden nicht nur ihre Ideen zum Umweltschutz durchsetzen, sondern auch noch ihre soziale Politik. Sie würden die Besteuerung für Reiche erhöhen und für Arme reduzieren, sie würden eine Bürgerversicherung einführen, um auch die Reichen angemessen an der Finanzierung des Sozialstaates zu beteiligen. Kurz: Sie würden die neoliberalen Träume der Konservativen zerstören.

Und das kann man nicht zulassen. Deshalb muss man die Grünen mit allen Mitteln bekämpfen. Und sei es mit Lügen, Hass und Hetze.
P.H.



Mittwoch, 4. Oktober 2023
Sündenböcke
Friedrich Merz hat für Aufregung gesorgt. In der Sendung „Welt-Talk“ hatte er gesagt: „Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300 000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“

Tatsächlich ist es ein großes Problem, dass viele Deutsche keine Termine bei vielen Ärzten bekommen, zumindest keinen schnellen. Der Grund sind jedoch nicht die Flüchtlinge, die, wie Merz andeutet, von den Ärzten bevorzugt werden. Grund sind die Privatpatienten, die von den Ärzten bevorzugt werden.

In Deutschland herrscht immer noch eine Zwei-Klassen-Medizin. Es gibt die Privatpatienten, die Reichen und Beamten, und die Kassenpatienten, das Fußvolk. Die einen bekommen eine luxuriöse Behandlung, die anderen müssen sehen, wie sie behandelt werden. Man könnte dies einfach ändern, wenn man eine Bürgerversicherung einführte, eine Versicherung für alle, doch auf Privilegien für Reiche und Beamte will gerade die Union nicht verzichten.

Also wird flugs behauptet, dass die Ursache des Problems nicht bei einer Politik liege, die die Reichen bevorzugt, sondern bei den Migranten. Die sind schließlich die Ursache für alle Probleme, mit denen die Bürger zu kämpfen haben – und nicht etwa eine Politik, die die meisten Bürger benachteiligt, weil sie Privilegien für Reiche beibehalten möchte.

Der Graben verläuft nicht zwischen Deutschen und Migranten, er verläuft zwischen Reichen und Ärmeren. Doch diesen Graben möchte man nicht überwinden. Also müssen die Migranten als Sündenböcke herhalten.
K.M.



Samstag, 30. September 2023
Die Janusköpfigkeit der FDP
Nächste Woche sind Wahlen in Bayern und Hessen. In beiden Landtagen muss die FDP befürchten, die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr zu schaffen. Auch wenn sie diese schaffen sollte: Wie schon bei den vorhergehenden Wahlen, wird sie wohl deutlich verlieren. Es sieht so aus, als könne sie seit der Bundestagswahl keine Wahl mehr gewinnen. Die FDP ist der Ansicht, dies liege daran, dass sie ihre Themen im Bund nicht durchsetzen könne. Tatsächlich dürfte es daran liegen, dass die FDP ihre Themen zu gut durchsetzt.

Zur Bundestagswahl hat die FDP sich als progressive Partei dargestellt, als Partei des Aufbruchs, als Partei der Veränderung. Nach sechzehn Jahren Merkel-Regierung, in der die CDU alles auf ein „Weiter-so“ setzte, um bloß niemanden zu verschrecken, war dies von den Wählern gewünscht. Also wählte sie die FDP.

Nun sitzt die FDP in der Regierung – doch was macht sie? Sie sorgt dafür, dass schädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg, Steuerfreiheit für Kerosin, etc. beibehalten werden. Sie hat sich als Blockade-Partei etabliert, die jede Veränderung behindert. Das Klimageld wird erst in Jahren ausgezahlt, wenn überhaupt, das Heizungsgesetzt wurde so verwässert, dass es kaum noch wirkt, die Transformation zum elektrischen Verkehr wurde von ihr mit dem Hinweis auf „Technologieoffenheit“, der auch den Verbrennermotor am Leben halten soll, behindert, und das Verkehrsministerium muss nun keine CO2-Ziele mehr erreichen, weil es dazu eh keine Lust hat.

Neben der Blockade steht die FDP natürlich auch für Klientelpolitik. Höhere Steuern für Reiche werden blockiert, gleichzeitig werden Subventionen für Hausbesitzer ausgesprochen, die sich eine Solaranlage mit Speicher kaufen wollen – wobei diese sicher nicht zu dem Ärmsten der Gesellschaft gehören. Damit es den Ärmsten aber nicht besser geht, wurde die Kindergrundsicherung behindert.

Die FDP verkaufte sich als progressive Partei, betreibt aber nun eine hochgradig reaktionäre Politik. Doch eine reaktionäre Partei, die nur die Interessen der Allerreichsten vertritt, wird nicht genug Stimmen bekommen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Das sollte selbst der FDP klar sein. Warum sie sich dennoch wundert, bleibt ein Rätsel.
J.E.



Samstag, 2. September 2023
Auf der Suche nach der Wahrheit
Gibt es so etwas wie Wahrheit? Immerhin gibt es viele Gruppierungen, die der Presse, den Politikern und der Wissenschaft vorwerfen, zu lügen.

Evangelikale Gruppen, die behaupten, dass die biblische Schöpfungsgeschichte korrekt ist und die Evolutionstheorie falsch, werfen den Wissenschaftlern vor zu lügen, weil doch der zweite Hauptsatz der Thermodynamik festlege, dass Unordnung zunehmen müsse – so etwas wie geordnetes Leben also ohne göttliches Einschreiten gar nicht möglich ist. Dabei wird geflissentlich ignoriert, dass diese Regel für ein geschlossenes System gilt, aber nicht für ein offenes wie die Erde, die permanent riesige Mengen Energie von der Sonne enthält.

Einige behaupten, dass es in Deutschland tatsächlich nur 15 Millionen Menschen gibt, die tatsächlich Steuern zahlen (alle anderen sind Rentner, Kinder, arme Menschen, die mehr Staatsleistung erhalten als Steuern zahlen, auch wenn sie hart arbeiten, oder Staatsbedienstete, die von Steuern leben und eigentlich nichts leisten), weshalb es nicht möglich sei, eine Million Flüchtlinge aufzunehmen, denn die 15 Millionen seien ja jetzt schon überfordert. Man müsse die Grenzen dicht machen. Wer das nicht einsehe, sei ein „ökonomischer Analphabet“ . Und da die 15 Millionen schon überfordert seien, müsse man für diese auch die Steuern senken, sonst würden sie als gesuchte Fachkräfte in Ländern mit niedrigen Steuern abwandern. So verbindet man geschickt Rassismus mit der Forderung nach niedrigen Steuern, was beides Lieblingsprojekte rechtsextremer Parteien sind.

Es wird nur übersehen, dass diese Rechnung einige Lücken hat, abgesehen davon, ob die verwendeten Zahlen wirklich stimmen, denn diese werden nicht genauer belegt. So berücksichtigt sie nur die Einkommenssteuer, aber keine anderen Steuern. Dann zeigt sich ein komplett anderes Bild, denn jeder zahlt Mehrwertsteuer, und auch Unternehmen zahlen steuern. Aber dann würden die Steuereinnahmen auf viel breiteren Schultern stehen – und die Schlussfolgerungen wären ziemlich fraglich. Aber wenn man schon auf der Suche nach der Wahrheit ist, dann will man sich von der Realität nicht unnötig einengen lassen…
P.H.



Samstag, 19. August 2023
Bayern wird benachteiligt
Alle Welt ist neidisch auf Bayerns Erfolg. Deshalb wird Bayern permanent benachteiligt. So muss Bayern den höchsten Beitrag zum Länderfinanzausgleich zahlen (der heute indirekt über die Umsatzsteuer beglichen wird), weshalb die Regeln nur ungerecht sein können. Allerdings wurden die unter dem damaligen Finanzminister Söder ausgehandelt – und Bayern vergisst, dass es erst in den 1990er Jahren vom Nehmer- zum Geberland wurde. Erst seitdem bemerkt es auch, dass es ungerecht ist, wenn starke Länder für schwache zahlen sollen.

Aber Bayern vergisst nicht nur das. Bayern vergisst auch, dass es in den Bundesregierungen gerne Posten besetzte, die viele Subventionen bewegen können, wie das Verkehrsministerium. Ministerpräsident Söder hat deshalb auch den damaligen Verkehrsminister Scheuer gelobt, dass er viele Geld nach Bayern bringt – andere Bundesländer haben dann eben weniger.

Der Strommarkt ist auch eigenartig: Der Strompreis wird deutschlandweit festgelegt und durch den teuersten Produzenten bestimmt. Länder wie Schleswig-Holstein, die schon mehr Strom aus billiger Windenergie produzieren, als sie verbrauchen, müssen dadurch einen deutlich höheren Preis zahlen, als wenn es lokale Strompreise gäbe. Allerdings müssen für die Windenergie die Stromnetze ausgebaut werden, was Geld kostet. Diese Kosten werden dann lokal auf den Strompreis aufgeschlagen. Deshalb zahlt man in Schleswig-Holstein, obwohl man hier den billigsten Strom produziert, mehr für den Strom als in Bayern, welches mit den teuersten Strom produziert. Das möchte man nun ändern und auch die Strompreise lokal festlegen. Dagegen läuft Bayern natürlich Sturm.

Das arme Land wird eben immer nur benachteiligt.
J.E.



Samstag, 5. August 2023
Es ist nicht zu glauben…
Lässt man die letzte Wahl in den USA Review passieren, dann fallen einige Details auf:

- Nach der Wahl hat Donald Trump den Wahlleiter in Georgia aufgefordert, noch ein paar Stimmen für ihn zu finden, was dieser jedoch verweigerte.

- Zudem wurde die Läge verbreitet, dass die Wahlmaschinen nicht ordnungsgemäß funktionierten. Fox News, das diese Lüge besonders lautstark verbreitete, musste an den Hersteller der Wahlmaschinen mittlerweile 787,5 Millionen Dollar zahlen, um einen Prozess zu vermeiden.

- In Michigan haben 16 Republikaner versucht, sich als Wahlmänner eintragen zu lassen, um für Donald Trump zu stimmen – obwohl dieser gar nicht gewonnen hatte.

- Als das alles nichts half, stürmten Trumps Anhänger das Kapitol, um die Ernennung von Joe Biden zum neuen Präsidenten zu verhindern.

- Da auch das nicht den Erfolg brachte, die Wahl für Donald Trump zu sichern, verfolgen Republikaner umso stärker die Strategie, die Wahlkreise so zuzuschneiden, dass nur sie gewinnen können – doch auch das wurde ihnen nun von einem Gericht verboten, zumindest in North Carolina.

Zugleich gab es zahlreiche Behauptungen, dass die Demokraten die letzte Wahl gefälscht hätten. Bis heute konnte dies jedoch in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden. Dennoch glauben Millionen Amerikaner, dass die Demokraten die Wahl gestohlen und die Republikaner sich fair haben…
K.M.



Donnerstag, 22. Juni 2023
Wer weint denen schon eine Träne nach?
Wir leiden gerade alle mit: Vor ein paar Tagen verschwand der Tauchroboter „Titan“, der ein paar Millionäre (oder waren es Milliardäre?) zum Wrack der Titanic bringen sollte. Fünf Männer waren an Bord, die für dieses Abenteuer etwa eine Viertelmillion bezahlt haben. Als man den Kontakt verlor, wurde die US-amerikanische und kanadische Küstenwache informiert, die sofort eine großangelegte Suche startete. Immerhin steht das Leben von fünf Menschen auf dem Spiel.

Vor gut einer Woche kenterte ein Flüchtlingsboot, das mit etwa 700 Flüchtlingen komplett überfüllt war. Gut hundert Flüchtlinge konnten gerettet werden, die meisten starben wohl in den Fluten. Diese Meldung schaffte es auch in die Nachrichten – aber sie war keine so große Meldung wie das Abenteuer der Millionäre. Es handelte sich hier ja auch um arme Leute. Und irgendwie scheint für die unser Mitgefühl nicht so groß zu sein.

Die Armen sind ja auch Menschen, die erst einmal unsere Hilfe brauchen – und unser Geld will. Ein Millionär verpestet mit seinem Lebensstil zwar die Umwelt (was sucht man auch in 3800 Meter Tiefe, nur um ein Wrack zu sehen?), aber wenigstens will er kein Bürgergeld. Er betreibt allenfalls Steuervermeidung – und erzeugt damit einen Schaden, der höher ist als jede finanzielle Zuwendung, die ein Flüchtling je bekommen könnte. Doch das kreiden wir ihm nicht negativ an, auch wenn es einen immensen Schaden für die Gesellschaft erzeugt.

Im Mittelalter hatte der Adel alles, die Bürger nichts. Wenn man die Geschichte der Menschheit erzählt, dass ist es die Geschichte von Päpsten, Königen und Grafen. Der einfache Mensch kommt nicht vor. Obwohl wir uns seit etwa 2000 Jahren als Christen bezeichnen und seit einigen Jahrzehnten in einer Demokratie leben, kennen wir immer noch den feinen Unterschied zwischen „wichtigen Menschen“ und dem Rest.

Und nur den wichtigen Menschen gilt unsere Aufmerksamkeit. Wer weint den anderen schon eine Träne nach?
K.M.



Freitag, 9. Juni 2023
Gleichbehandlung
Letztes Wochenende kam es in Leipzig zu Demonstrationen von Linken gegen die Verurteilung einer linken Aktivistin, die gewaltsam gegen Rechtsextreme vorgegangen war. Die meisten Demonstranten waren friedlich, doch ein paar Autonome bewarfen die Polizei. Diese griff daraufhin hart durch und kesselte hunderte von Demonstranten für elf Stunden ein. Eine Möglichkeit, zur Toilette zu gehen, gab es nicht. Wasser wurden nach Stunden vom Roten Kreuz bereitgestellt. Alle Eingekesselten haben eine Anzeige wegen Landfriedensbruch bekommen – auch die, die nur friedlich demonstriert haben. Und das war die Mehrheit der Eingekesselten.

Im Jahr 2018 kam es in Chemnitz am Rande einer rechten Demo zu einer Hetzjagd auf Ausländer. Die Polizei wollte davon nichts mitbekommen haben, der damalige Verfassungsschutzpräsident Maaßen leugnete dies anfangs sogar und verlor dann seinen Job, als die Hetzjagd nachgewiesen wurde. Und wie viele gewaltbereite Rechte wurden damals festgenommen? Wurden die Demonstranten gar eingekesselt? Nein. Wieso auch. Die Gewalt ging diesmal ja von Rechten aus. Und das scheint für die Polizei immer noch einen Unterschied zu machen.

Während man Rechte machen lässt, geht man gegen Linke mit aller Härte vor – und befasst sich auch nicht mit der Frage, ob man vielleicht Unschuldige einsperrt. Dieses Vorgehen hat Tradition. Beim G7-Gipfel 1992 in München kesselte die Münchener Polizei friedliche Demonstranten ein und hielt sie stundenlang fest. Später zog die Polizei einzelne Demonstranten gewaltsam aus dem Kessel. Es wurde von Fußtritten und Nierenschlägen berichtet. 480 Personen wurden festgenommen und in Handschellen abgeführt. Zudem wurde Anzeige gegen Nötigung gestellt (die Polizei war ja genötigt worden, Maßnahmen zu ergreifen, wie sie beteuerte), doch es kam zu keiner Verurteilung, Stattdessen wurde den Demonstranten ein Schmerzensgeld zugestanden – in Höhe von 50 D-Mark.

Bei diesen Randbedingungen besteht nun wirklich kein Grund, Rechte und Linke gleich zu behandeln.
P.H.



Freitag, 14. April 2023
Dolchstoßlegende
An diesem Wochenende werden in Deutschland die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet. Gerade Politiker der Union und der FDP sprechen sich dagegen aus. Der bayerische Ministerpräsident Söder bezeichnete dies „als Fehler und als Sünde“. Aber was soll man machen: Die Grünen wollen den Ausstieg, also bekommen sie den Ausstieg. Die Grünen handeln ja nur ideologisch und nicht rational.

Bei all der Kritik der Union und der FDP gegen den Atomausstieg sollte man einen Moment innehalten und sich fragen, wer diesen Ausstieg denn 2011 beschlossen hat? Das war eine Koalition von Union und FDP. Doch nun wollen sie den Grünen die Schuld in die Schuhe schieben. Sollte etwas mit der Energieversorgung schiefgehen: Die Grünen sind schuld!

So wie zum Ende des ersten Weltkrieges die verräterischen Linken den siegreichen Truppen des Deutschen Reiches den Dolch in den Rücken gestoßen haben…

Dabei hatte die Union nicht nur den Atomausstieg beschlossen, sondern sie war es auch, die tatkräftig den Ausbau der erneuerbaren Energien behindert hat, gerade in Bayern. Nun soll die Ukraine-Krise als Grund dienen, um die Kraftwerke weiterlaufen zu lassen. Dabei hat Deutschland innerhalb eines Jahres die Abhängigkeit von russischem Gas abgeschüttelt und andere Lieferanten gefunden. Und auch die Gaspreise sinken wieder.

Die Union und die FDP möchten die Kraftwerke nicht aufgrund der Ukraine-Krise am Netz lassen, sondern weil sie ihren eigenen Atomausstieg wieder umkehren wollen. Deshalb fordert Söder auch nicht ein Weiterlaufen der Kraftwerke bis zum Ende der Krise, sondern bis zum Ende des Jahrzehnts. Die Union will den Ausstieg von ihrem Ausstieg.

Die Probleme der Kernkraft werden dabei verdrängt. Die Technologie ist gefährlich – wenn ein Gaskraftwerk explodiert, dann brennt es lokal, wenn ein Atomkraftwerk explodiert, dann ist die Kacke am Dampfen, wie man im Ruhrgebiet sagt. Und noch niemand weiß, wohin mit dem Atommüll. Das weltweit erste Atommüllendlager wird gerade in Finnland gebaut. Deutschland sucht noch eine Lagerstätte – wobei Söder schon weiß, dass bayerische Gesteinsschichten dafür nicht geeignet sind. So groß ist seine Zustimmung zur Atomkraft dann auch wieder nicht.

Durch die Angstmacherei der Union und FDP vor einem Blackout ist momentan die Mehrheit der Deutschen dafür, die Atomkraftwerke doch länger laufen zu lassen. Allerdings hängt das stark vom Alter ab. Die jungen Leute sind in der Mehrheit dagegen. Denn die müssen sich um den Dreck noch kümmern, wenn die Alten schon längst in ihren Gräbern verrotten.
P.H.