Schnitt - danke!
Man hatte in den letzten Wochen den Eindruck, einen Krimi zu beobachten. Beinahe jeden Tag gab es Neuigkeiten zum Rettungsschirm für Griechenland. Entweder gab es in Griechenland großangelegte Streiks, oder die Troika aus Vertretern der Europäischen Kommission, Europäischen Zentralbank und Internationalem Währungsfond war mit den Sparergebnissen der griechischen Regierung nicht zufrieden, oder man hörte verwundert, dass die griechische Regierung das Gelände des alten Athener Flughafens nicht verkaufen könnte, weil es mangels Grundbüchern unklar sei, ob es wirklich komplett dem Staat gehöre...
In der Nacht zum 27.10.2011 gab es in diesem Thriller einen erneuten Höhepunkt. Die Regierungschefs der Euro-Zone haben sich auf
einen Schuldenschnitt für Griechenland von 50% geeinigt. Vor Wochen noch war dies undenkbar, nun mit einem Male wurde es beschlossen. Verwundert reibt man sich die Augen.
Und was sagen die Banken? Immerhin müssen sie ihr Milliardenengagement doch nun zur Hälfte abschreiben. Hören wir, was Josef Ackermann, seines Zeichens nicht nur Chef der Deutschen Bank, sondern auch Präsident des internationalen Bankenverbands (IIF), und damit oberster Repräsentant der Finanzbranche und an allen Gesprächen beteiligt, dazu zu sagen hat: „
Wir sind sehr zufrieden mit der erreichten Einigung.“ Die Banken sind zufrieden damit, die Hälfte ihres Einsatzes zu verlieren?
Nun, wie sich zeigt, ist das auch völlig in Ordnung; schließlich ist die Hälfte von nahezu Null noch nicht einmal genug, um sich davon in München ein Eis kaufen zu können. Von den etwa 45 Milliarden Euro, mit denen deutsche Institutionen in griechischen Staatsanleihen investiert sind, liegen nur noch etwa 5 Milliarden bei den privaten Banken, gut 40 Milliarden befinden sich mittlerweile in öffentlicher Hand - also bei uns Steuerzahlern. Vor Monaten war das Verhältnis noch deutlich ungünstiger für die privaten Banken. Aber damals wollte die Regierung ja auch auf keinen Fall einen Schuldenschnitt. Hatten wir da nicht vor kurzem was
vermutet?
Und das Schönste kommt, wie immer, zum Schluss: Ein Schuldenschnitt von 50% muss nicht immer einen Verlust bedeuten. Es ist nur ein Verlust, wenn man die Staatsanleihe zu einem Preis eingekauft hat, der über 50% des Nennwertes lag. Das haben die griechischen Staatsanleihen jedoch längst hinter sich. In den letzten Wochen wurden sie nur noch für etwa 35% des Nennwertes verkauft - hätte man da zugeschlagen, können man sie jetzt für 50% verkaufen, und hätte ein hübsches Sümmchen eingefahren. Und nun raten Sie mal, was
einige Banken in den letzten Wochen getan haben. Kein Wunder, dass Herr Ackermann so zufrieden mit der Einigung ist...
Noch kann keiner sagen, ob der Krimi um Griechenlands Schulden mit der Entscheidung zum Schuldenschnitt ein Ende gefunden hat. Allerdings lässt sich jetzt schon sagen, dass der Krimi immer mehr zu einer schwarzen Komödie mutiert.
J.E.
red horse am 28. Oktober 11
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Gegen die "Auswüchse" des Kapitalismus
Am letzten Samstag, dem 15.10.2011, folgten viele Menschen in Europa dem Beispiel der Amerikaner. Dort hatte sich die Wut gegen die Zockerei der Banken derart ausgestaut, dass eine Bewegung mit dem Namen "Occupy Wall-Street" regen Zulauf findet und schon fast an die legendären Montagsdemos in Leipzig vor der Wende erinnert - vielleicht dereinst mit einem ähnlichen Erfolg.
Die deutschen Demonstrationen fanden unter dem Titel
"Besetzt Frankfurt" statt. In Frankfurt hatte man sogar Zelte vor der Europäischen Zentralbank aufgeschlagen. Nachdem eine Zeltstadt auf dem Kairoer Tahrir-Platz schon umwerfenden Erfolg hatte (verzeiht das Wortspiel), können wir der Frankfurter Version nur einen vergleichbaren Erfolg wünschen.
Etwas verwundert jedoch die Forderung der Demonstranten. Sie will die
"Auswüchse des Kapitalismus" stoppen. Wovon genau reden die Demonstranten da?
Der Kapitalismus ist in seinem Kern ein menschenverachtendes Wirtschaftssystem. Es gelten die von Herbert Spencer verbreiteten Gesetzes des sozialen Darwinismus, des Kampfes eines jeden gegen jeden (was nichts mit dem biologischen Darwinismus zu tun hat, der viel humaner ist). Arbeiter werden ausgebeutet, die Armen werden ärmer und die Reichen werden reicher. Der Kapitalismus braucht keine Demokratie. Wie Chile unter Pinochet oder das heutige China zeigen, floriert er auch in totalitären Systemen.
Doch in keinem klassischen Industrieland der Erde (Zweifel mögen im Fall der USA angebracht sein) herrscht heute wirklich Kapitalismus. Nach den Erfolgen der Arbeiterbewegung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich in allen Industrieländern ein demokratisches System der Wirtschaft etabliert, dass durch zahlreiche Maßnahmen wie eine progressive Einkommensteuer oder soziale Sicherungssysteme versucht, die Grausamkeiten des kapitalistischen Systems zu mildern. In Deutschland läuft dieses Wirtschaftssystems unter dem Markennamen "soziale Marktwirtschaft", doch auch wenn die Engländer, Franzosen oder Japaner ihr Wirtschaftsystem nicht so nennen - es ist im Grunde kein Kapitalismus, sondern eine soziale Marktwirtschaft.
Damit könnte alle Welt zufrieden sein. Doch die pseudowissenschaftliche Ideologe des Neoliberalismus setzt alles daran, die Uhr wieder zurück zu drehen. All die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft, die alle Menschen eines Landes am Wohlstand des Landes teilhaben ließ und die Grausamkeiten des Kapitalismus milderten, werden heute unter Schlagworten wie "Eigenverantwortung" und "Freiheit" in Frage gestellt - und sorgen damit für die Ungerechtigkeiten, gegen die die Protestanten zu Recht auf die Straße gehen.
Mit ihrem Protest sind die Demonstranten also nicht dafür, die "Auswüchse" des Kapitalismus zu reduzieren - denn der Kapitalismus ist nie und nimmer sozial -, sondern sie sind dagegen, dass neoliberale Ideologen die Solidargemeinschaft immer weiter zerschlagen und die Menschen dem Egoismus und der Gier einer Minderheit wieder schutzlos ausgeliefert sind. Kurz, sie sind dagegen, dass unser System der sozialen Marktwirtschaft gegen ein System des Kapitalismus ausgetauscht wird, das auch ohne "Auswüchse" menschenverachtend ist.
J.E.
red horse am 16. Oktober 11
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Privatsphäre - für die richtigen Bürger
Da war die Aufregung diese Woche groß: Wie der Chaos Computer Club mitteilte, setzt die Polizei doch tatsächlich sogenannte Trojaner ein, kleine Computerprogramm, die unbemerkt Informationen über den infizierten Computer nach außen kommunizieren. Man kennt so etwas schon vom Banking: Trojaner wurden gerne von Kriminellen eingesetzt, um die Zugangsdaten auszuspähen. Nun späht auch der Staat. Das darf er unter bestimmten Bedingungen auch, wenn es darum geht Verbrechen aufzuklären.
Nur konnte der "Bundestrojaner" wohl deutlich mehr, als die Polizei erlaubt. So fertigte er alle paar Minuten einen Screenshot an und überwachte auch die Tastatureingaben. Zudem ermöglichte es der Bundestrojaner, andere Programme einzubinden, die die Kamera oder das Mikrofon des Rechners aktivierten und so eine Überwachung des Raums ermöglichten, in dem sich der Rechner befand.
Da dieses illegale Vorgehen unserer "Sicherheitsbehörden" nun öffentlich geworden war, musste man etwas tun. Und so beschloss der Innenminister Bayerns - hier war der Trojaner am häufigsten eingesetzt worden - die Nutzung dieses Programms bis auf weiteres einzustellen. Man wolle das Ergebnis der
Prüfung durch den bayerischen Datenschutzbeauftragten abwarten.
Nun gut, könnte man meinen, staatliche Behörden haben Mist gebaut, das wurde aufgedeckt, die Behörden halten sich jetzt zurück, und alles ist wieder in Ordnung, die Demokratie funktioniert, sie schützt die Privatsphäre des Menschen.
So könnte man meinen, wenn nicht Report Mainz in seiner Sendung vom 11.10.2011 über
die geplante Änderung des Beschäftigtendatenschutzgesetzes berichtet hätte. Da der Bundestrojaner die Gemüter so erhitzte, ging diese Meldung im Blätterwald unter und erreicht im Google News kaum 10 Treffer, während der Bundestrojaner spielend auf einige Tausend kommt.
In der Vergangenheit gab es bei der Telekom und der Deutschen Bahn Vorfälle, wo Verbindungs- oder Kontendaten von Mitarbeitern abgeglichen wurden. Bei anderen wie dem Discounter Lidl wurden die Mitarbeiter gleich per Video überwacht. All diese Aktionen waren verboten oder spielten sich im rechtlichen Graubereich ab. Um jetzt Klarheit zu schaffen, was sich ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gegenüber denn nun erlauben kann und was nicht, soll das Beschäftigungsdatenschutzgesetz geändert werden - und all die Aktionen, die bisher verboten waren, werden mit einem Male legal.
So ist es nun möglich, dass Arbeitgeber "unter bestimmten Voraussetzungen die Inhalte von E-Mails ihrer Arbeitnehmer auswerten, mehr Videoüberwachungsmaßnahmen am Arbeitsplatz zur Qualitätssicherung installieren und vor allem großflächige, verdachtsunabhängige Datenabgleiche, sogenannte Screenings, über alle Beschäftigten vornehmen" dürfen, wie Report Mainz in einer
Presse-Mitteilung schrieb.
Sollte dies Gesetz werden, dann dürfte der Arbeitgeber tiefer in die Privatsphäre seiner Mitarbeiter eindringen als dies der Staat darf. Aber das ist eben das neoliberale Grundverständnis unserer Zeit: Wenig Rechte für den Staat, viel Rechte für den Bürger. Zumindest für die richtigen Bürger, die wo die Macht im Lande haben, weil ihr Konto gut gefüllt ist...
K.M.
red horse am 14. Oktober 11
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Die Euro-Rettung ... für die Banken
Wir haben in Europa ein riesiges Problem: Staaten wie Griechenland oder Portugal haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und sind nun so verschuldet, dass sie, wären sie ein Unternehmen, in die Insolvenz gehen müssten. Doch es scheint erklärter politischer Wille zu sein, kein Mitgliedsland des Euroraumes in die Insolvenz gehen zu lassen - der Euro hätte seinen Ruf als Pleitewährung weg und würde vielleicht nicht mehr richtig ernst genommen. Also gründet man Hilfsfond nach Hilfsfond und stockt momentan den Rettungsschirm für die armen Länder deutlich auf. Der deutsche Bundestag gab erst
Ende September seine Zustimmung dazu.
Doch die Euro-Rettung, also die Hilfen für die überschuldeten Mitgliedsstaaten des Euro, hat noch einen zweiten Aspekt: Praktisch alle europäischen Großbanken (an die nicht-europäischen denken wir mal nicht) haben in der Vergangenheit Unmengen von Staatsanleihen von diesen überschuldeten Ländern gekauft - schließlich war die Rendite hoch. Diese Staatsanleihen verlieren aber nun an Wert - und sollte Griechenland oder ein anderes Land gar Pleite gehen, wären sie völlig wertlos. In diesem Fall würde auch die Bank, die ihr Geld dereinst großzügig in diesen Anleihen angelegt hat, nicht mehr lange leben.
Und so erleben wir gerade das gleiche Szenario wie nach der Lehman-Pleite: Die Banken unterstellen sich gegenseitig, dass sie zu viele schlechte Papiere im Portfolio haben, dass das Risiko eines Bankrotts zu groß ist - und deshalb leihen sie sich gegenseitig kein Geld mehr, sondern parken das Geld lieber bei der Zentralbank, die nun händeringend alles tut, um wieder
Geld in den Finanzmarkt zu pumpen.
Eine beliebte Maßnahme dabei ist das schon seit geraumer Zeit laufende Anleihenkaufprogramm. Während die EZB und die diversen Rettungsschirme - also wir Steuerzahler - immer mehr Staatsanleihen der Krisenländer übernehmen, stoßen die Banken diese Papiere im großen Stil ab. So haben europäische Banken schon in der Vergangenheit im großen Stil
griechische Anleihen verkauft, und sie entledigen sich auch allgemein, wie die deutschen Banken,
der Anleihen aller potentiellen Krisenländer.
Während man den Bürgern also erzählt, dass mit den diversen Rettungsschirmen schon alles gut wird und niemand in die Insolvenz gehen muss, glauben die Banken eher, dass die Staatsanleihen der Krisenländer bald nichts mehr wert sein werden. Warum sonst sollten sie sich gegenseitig wegen des Staatsanleihen-Portfolios misstrauen und auf Teufel komm raus versuchen, die Staatsanleihen los zu werden?
Wir haben es hier wohl mit einem ziemlich hinterhältigen Spiel zu tun: Während die Politiker sich auf der Bühne um die Rettungsschirme streiten - die auf Dauer nichts retten werden, also keine Insolvenz vermeiden werden - doch mit ihrem Getöse für eine laute Ablenkung sorgen, schaffen die Banken hinter der Bühne ihren Müll zur Seite, den sie wieder einmal in der Hoffnung angehäuft haben, große Renditen mit ihm erwirtschaften zu können, ganz so, als handele es sich bei unseren Banken um Mitgliede der neapolitanischen Mafia.
Es ist also wieder das gleiche Spiel: Wenn Banken sich verspekulieren, dann muss der Steuerzahler eintreten. Nur hat man nach der letzten Finanzkrise gelernt, dass der Wähler es nicht goutiert, wenn man Banken das Geld direkt in den Hintern schiebt - also erlaubt man ihnen nun, sich das Geld heimlich zu holen, während man die Bevölkerung mit dem Trauerspiel "Wir retten den Euro" ablenkt.
Ist es nicht eine Ironie der Geschichte, dass wir dieses hinterhältige, undemokratische Vorgehen gerade jetzt erleben, wenn das Mutterland der Demokratie im Fokus steht?
J.E.
red horse am 06. Oktober 11
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Die Milchmädchenrechnung der Frau von der Leyen
Da soll man doch mal sagen, die mehrmals täglich stattfinden Talk-Shows hätten keine interessanten Beiträge mehr zu bieten. Zum Ende der gestrigen (2.10.2011) Talk-Runde bei Günther Jauch zum Thema "Alte an die Arbeit! Können wir uns Rentner noch leisten?" kam es zu einem bemerkenswerten Wortwechsel zwischen der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau von der Leyen, auf der einen Seite und dem Historiker Götz Aly und dem Politiker Oscar Lafontaine auf der anderen Seite. Ausgangspunkt war die Vorstellung des Schweizer Rentenmodells in einem kurzen Filmbeitrag. Herr Aly und Herr Lafontaine befürworteten dieses Modell auch für Deutschland, Frau von der Leyen kanzelte es als "Milchmädchenrechnung" ab.
Worum geht es? Die Schweiz hat vor einigen Jahren ein
3-Säulen-Modell aus dem klassischen Umlageverfahren, beruflicher Vorsorge und privater Vorsorge eingeführt. Besonders der schweizerische Ansatz für die klassische Rentensäule führte zu dieser lebhaften Diskussion. Hier gibt es zwei markante Unterschiede zur Situation in Deutschland: Bei der schweizerischen Rente zahlen alle ein, und es gibt keine Beitragsbemessungsgrenze.
In Deutschland ist es so, dass sich die Wohlhabenden vor der Solidargemeinschaft drücken können. Selbstständige, Beamte (hier interessieren natürlich nur die gutverdienenden Beamten) und die, die nur von ihrem Vermögen leben, müssen gar nicht erst in die Rentenkasse einzahlen, die gutverdienenden Angestellten, die dennoch einzahlen müssen, zahlen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 5500 Euro im Monat, jeder weiterer Verdienst wird nicht zur Finanzierung der Rente herangezogen.
Die Schweiz hat diese Schlupflöcher geschlossen. Hier muss jeder zahlen, egal wie er sein Geld verdient, egal wie viel er verdient. Die älteren Herren der Runde hielten dies für eine gute Idee und forderten die Einführung des Schweizer Modells auch in Deutschland. Frau von der Leyen lehnte dies ab, mit der Begründung, dass dies eine Milchmädchenrechnung sei; denn wenn mehr Leute einzahlten, dann hätten auch mehr Leute Anspruch auf Rente, unter dem Strich ändere sich nichts.
Hm, dem mag man erst einmal nicht widersprechen, wenn es da nicht ein kleines Detail zur schweizerischen Rente gäbe, das auch im Filmbeitrag angesprochen wurde: Die maximale Rente liegt bei gut 2000 Franken. Egal wie viel man einzahlt, man bekommt nur die maximale Rente. In dem Filmbeitrag wurde dies am Beispiel eines Gutverdieners gezeigt, der jedes Jahr 100.000 Euro in die Rentenkasse einzahlt - am Ende jedoch nur knapp 22.800 Euro Rente pro Jahr in der Schweiz bekommt. Das Schweizer Modell sorgt also für eine gewollte Umverteilung von oben nach unten.
Damit ist Frau von der Leyens Einwand, die Vergrößerung der Zahl der Beitragszahler verändere nichts am System und sei nur eine Milchmädchenrechnung, natürlich vom Tisch; denn es wird nicht nur die Zahl der Beitragszahler vergrößert, die Zahl der Beitragszahler wird gerade um den Personenkreis vergrößert, der besonders viel verdient - doch dieser Kreis erhält dann nicht eine entsprechend hohe Rente, sondern nur einen maximalen Betrag. Es kommt also deutlich mehr Geld ins System.
Wie kommt Frau von der Leyen dann dazu, von einer Milchmädchenrechnung zu sprechen? Als Süddeutscher möchte man das Schulsystem des Nordlichtes von der Leyen beschuldigen. Doch wahrscheinlich ist der Grund viel banaler: Frau von der Leyen betreibt eine rücksichtslose Klientelpolitik, die darin besteht, ein paar Prozent Gutverdiener davor zu schützen, sich in die Solidargemeinschaft einbringen zu müssen. Wieso das zum Wohle des Volkes ist, kann man nur schwer verstehen.
K.M.
red horse am 03. Oktober 11
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Wer regiert hier eigentlich?
Am 29. September 2011 hat der Bundestag die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms beschlossen, um, wie es überall heißt,
die Märkte zu beruhigen.
Bei diesen Märkten handelt es sich natürlich um die Finanzmärkte - kein anderer Markt unserer Wirtschaft, sei es nun der Markt für Autos, Kaugummis oder Düsenjets - verhält sich derzeit so pubertär wie der Finanzmarkt. Er tut einfach, was er will, keine Regierung der Welt scheint in er Lage zu sein, dieses widerspenstige Kind zähmen zu können.
Wir müssen uns aber auch eingestehen, dass wir unser Kind "Finanzmarkt" sehr verzogen haben. Eine Aufsicht, was die Banken da mit zahllosen Derivaten und anderen "Massenvernichtungswaffen" (so die
Investmentlegende George Soros) so trieben, gab es praktisch nicht. Und wenn sich das Kind dann ungezogen benahm und seine Nachbarn bedenkenlos schädigte - dann haben wir ihm hier und da noch die eine oder andere Milliarden zugesteckt, damit es weitermachen konnte.
Und die Finanzmärkte machten weiter. Die Spekulanten und Zocker zogen mit ihren Billionen von Land zu Land und investierten nur dort, wo man hohe Rendite erwartete, sprich, wo die Sozialsysteme angebaut, die Rechte der Arbeiter beschnitten und die Löhne gesenkt wurden. Der amerikanische Journalist Thomas L. Friedman beschreibt diesen Vorgang in seinem Buch
"The Lexus and the olive tree" so: Unter rein ökonomischen Gesichtspunkten "testen" die Spekulanten die Effizienz der Wirtschaftspolitik. Länder, die nach den Kriterien der Spekulanten gut abschneiden, behalten das Geld, aus den anderen Ländern wird es abgezogen.
Die Folge dieses Vorgehens ist, dass die Staatslenker unserer Welt in der permanenten Angst leben, dass die Spekulanten eines Tages abziehen könnten - und deshalb Gesetze verabschieden, die im Sinne der Spekulanten sind, die die "Finanzmärkte beruhigen".
Wir mögen in den demokratischen Industrieländern zwar alle paar Jahre zur Wahl gehen, doch die eigentlichen Herrscher, die verzogenen Kinder der Finanzwirtschaft, stehen gar nicht zur Wahl. Es wird Zeit, dass die erwachsenen Staaten ihren Kindern wieder Grenzen aufzeigen. Der Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte in der
Debatte im Bundestag: "Die demokratische legitimierte Politik setzt die Regeln. Wir wollen besser regulierte Märkte". Man kann nur hoffen, dass es ihm ernst mit dieser Ankündigung war.
J.E.
red horse am 30. September 11
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Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit
Der Papst war mal wieder in Deutschland. Es war ein Ereignis erster Güter, selbst der Einbruch des Dax um mehrere Prozent, der sonst die Nachricht des Tages gewesen wäre, war nur noch eine Meldung unter vielen. John Lennon behauptete einmal, die Beatles seien größer als Jesus. Nun, der Papst ist es sicherlich.
Doch man jubelte dem Papst nicht nur zu, es gab auch
kritische Stimmen. Der Tübinger Theologe Hans Küng kritisierte, dass der Papst zwar "ein offenes Ohr und ein hörendes Herz" versprochen habe, tatsächlich "habe das Oberhaupt der katholischen Kirche aber mit versteinertem Herz auf die Reformanliegen der meisten deutschen Christen reagiert". Der Vorsitzende der Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche, Bischof Gerhard Ulrich, sagte, er sei "vom Ergebnis der Gespräche und der Ansprache Benedikts ernüchtert".
Der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, warf der Kirche vor, dass "innerkirchliche Kritik zu schnell als illoyal und ungehorsam hingestellt wird, statt zu sehen, dass sie aus Sorge erfolgt." Und Hans Küng fügte noch hinzu: "Wo dieser Papst ist, da ist Vergangenheit."
Offensichtlich hatten sich die protestantischen Kirchenfürsten und die katholischen Kritiker der Amtskirche mehr vom Papst zu den Themen Zölibat, Abendmahl oder Umgang mit Geschiedenen versprochen, als dieser dann bereit war zuzugestehen.
Aber mal ehrlich: Hatten diese Kritiker des Papstes wirklich erwartet, er würde sich bewegen? Verstehen die Kritiker des Papstes denn nicht, dass sie es nicht mit einem Politiker zu tun haben, sondern mit einem Kirchenfürsten?
Konrad Adenauer hatte das Glaubensbekenntnis des Politiker einmal so formuliert: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern." Denn ein Politiker vertritt nur Meinungen - und die ändert er schon mal wie eine Fahne im Wind, wenn er sich Vorteile davon verspricht.
Doch der Papst ist ein Kirchenfürst. Er ist der Nachfolger Petrus, der Fels, auf den die Kirche gebaut wurde, die selbst die Mächte der Unterwelt nicht überwältigen werden, wie es im Matthäus-Evangelium (16, 18) heißt. Er verkündet keine Meinungen, sondern die Wahrheit, wie sie in den heiligen Schriften offenbart wurden. Reduzierte er seine Wahrheiten zu einfachen Meinungen - ja, worauf sollten sich die Gläubigen denn dann noch verlassen können? Stimmt es dann wirklich, dass die Bösen in die Hölle und die Guten in den Himmel kommen? Gibt es überhaupt noch ein Leben nach dem Tod?
Der Papst muss darauf beharren, dass er die Wahrheit sagt und nichts als die Wahrheit, sonst versetzt er dem Glauben den Todesstoß. Er kann seine Aussagen deshalb nicht nach Moden ausrichten wie ein Politiker. Allen Kritikern, die in ihrer Naivität glauben, der Papst würde sich doch noch "bewegen", möchte man deshalb zurufen: "Verbringt Eure Zeit sinnvoller als darauf zu warten, dass der Fels zum Propheten kommen wird."
P.H.
red horse am 28. September 11
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