Sonntag, 11. Juli 2021
Die Rückkehr des Absolutismus
Den Absolutismus kennen wir eigentlich nur aus Geschichtsbüchern. Ludwig XIV. von Frankreich war wohl der bekannteste absolutistische Herrscher überhaupt. Über Jahrzehnte lag alle Macht im Staate in seinen Händen. Sein Wort entschied, allgemein gültige Gesetze, die seine Macht hätten einschränken können, gab es nicht.

Heute gibt es in Mitteleuropa nur noch einen absolutistischen Herrscher: Den Papst. So könnte man meinen. Doch tatsächlich sind die absolutistischen Herrscher auch in Mitteleuropa wieder auf dem Vormarsch. Sie heißen Google, Facebook, Apple und Amazon, kurz GAFA.

Diese Konzerne haben es geschafft, innerhalb weniger Jahre eine unglaubliche Macht in ihren Händen zu bündeln. Dabei folgten sie einem einfachen Credo: Einfach mal machen. Sie machen einfach Dinge ? und überlassen es dann dem Staat herauszufinden, ob ihre Handlungen wirklich legal sind. Der tut sich damit schwer, nicht nur, weil die Konzerne neue Technologien benutzen, sondern weil sie ihre Aktivitäten über den Erdball verteilen, so dass ein Staat diese nur schwere nachverfolgen kann.

Langsam wird er aktiv und versucht, mit dem Kartellrecht ihre Aktivitäten in Schranken zu weisen. Doch tatsächlich sind die Konzerne schon so stark, dass sie die Meinung von Menschen beeinflussen, Märkte dominieren und ihr eigenes Recht sprechen können. Sie sind die neuen absolutistischen Herrscher, die sich scheinbar an keine Regel zu halten brauchen. Sie können mit den Staaten ihre eigenen Steuersätze festlegen und entscheiden, welche Meinung auf ihren Plattformen gesagt werden kann.

Das Internet wurde mal als großer Freiraum für die Demokratie gesehen, weil jeder hier seine Meinung sagen kann. Doch heute entscheidet GAFA, welche Meinung gesagt werden kann ? nach eigenen Regeln, die nicht demokratisch bestimmt wurden.

Die Europäer setzten ihre absolutistischen Herrscher irgendwann ab und änderten das System, um selber Freiheiten zu erhalten. Es sieht so aus, als müsse man seine Freiheit heute wieder der Hand gieriger Herrscher entreißen, die doch offiziell gar nicht als Herrscher auftreten.
J.E.



Samstag, 26. Juni 2021
Nichts sehen
Gestern hat der Bundesrat dem Lieferkettengesetz zugestimmt, das nun in Kraft treten kann. Die Idee dahinter ist, dass deutsche Unternehmen sicherstellen sollen, dass ihre Produkte nicht durch Ausbeutung von Menschen und Umwelt in den Entwicklungsländern entstehen.

Heute ist es oftmals noch so, dass viele Menschen in den armen Ländern unter erbärmlichen Bedingungen arbeiten müssen, dass oftmals Kinder arbeiten müssen, und dass die Umwelt gnadenlos zerstört wird, nur damit wir billige Produkte haben und die Industrie große Gewinne einfahren muss.

Dass soll nun verhindert werden. Allerdings nimmt die Union natürlich Rücksicht auf Unternehmen: Diese müssen nur bei direkten Zulieferern aktiv werden, die gesamte Lieferkette ist nicht in ihrem Blick. Schließlich soll das Gesetz ja keine Arbeit verursachen. Und damit de facto auch nicht wirken.

Da haben es die Unternehmen wieder einmal geschafft, ihre Gewinne durch aktive Lobbyarbeit zu sichern. So ist halt die Welt: Die Mächtigen sorgen schon dafür, dass ihnen niemand Probleme bereitet.

Aber können wir die Schuld nur auf die Unternehmen schieben? Sicherlich haben sie durch ihre Lobbyarbeit das Gesetz stark verwässert und praktisch unbrauchbar gemacht. Doch hätten wir uns ein wirksames Gesetz wirklich gewünscht? Lieben wir es nicht, billige Produkte zu kaufen ? die eben deshalb billig sind, weil die Unternehmen die Produktion in Gebiete verlegt haben, wo die Mitarbeiter erbärmliche Arbeitsbedingungen haben und die Umwelt nicht geschützt werden muss?

Vor einigen Jahren hat sich ein Kabarettist auf einen Markt gestellt und T-Shirts verkauft. Er verkaufte sie mit dem Slogan: Besonders billig, da durch Kinderarbeit hergestellt. Die Menschen rissen ihm die preisgünstigen T-Shirts förmlich aus der Hand.

Mitleid mit anderen ist nicht unsere Stärke. Aber wenn wir nicht wissen, wie unsere Produkte entstehen, dann müssen wir uns wenigstens kein schlechtes Gewissen machen.
K.M.



Freitag, 11. Juni 2021
Unter falscher Flagge
Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür, und nicht nur Politiker machen sich Sorgen um das Wohl der Menschen. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) macht sich Sorgen, dass eine von den Grünen geführte Bundesregierung alles nur schlechter für die Deutschen machen würde. Die Steuern würden steigen, die Bürokratie würde zunehmen, der Staat würde sich immer stärker in das Leben der Menschen einmischen, kurz: Die Freiheiten der Menschen würden beschnitten. Aktuell zeigt die INSM dies durch eine Fotomontage , in der sie Frau Baerbock wie dereinst Moses mit zwei Gesetzestafeln versehen darstellt, auf denen derartige ?Horrorforderungen? der Grünen zu lesen sind.

Es ist schon rührend, wie die INSM sich um das Wohl der Bürger sorgt. Man bedenke: Die INSM nennt sich Initiative, dabei ist es keine politische Initiative, sondern eine Werbeplattform, die von einer Werbeagentur im Auftrag der Arbeitgeberverbände geschaffen wurde. Sie gibt vor, die Interessen der Bürger vertreten, macht jedoch nur Werbung im Sinne der Arbeitgeber und verfolgt allein eine neoliberale Agenda.

In diesem Sinne geht sie davon aus, dass es allen gut gehen wird, wenn die Arbeitgeber nur frei handeln können. Man muss nur die Steuern senken (für die Reichen), die Bürokratie abbauen (damit man ungestörter die Umwelt verschmutzen kann) und den Staat aus allem heraushalten (Arbeitnehmerrechte, Lieferkettengesetz und was dem Staat nicht noch alles einfällt, um die Arbeitgeber zu drangsalieren!), und schon wird Deutschland zu einem Paradies werden.

Solche Zeiten gab es schon. Sie wurden als Manchester-Kapitalismus bezeichnet und sorgten für die Armut breiter Massen. Die soziale Marktwirtschaft brachte den Menschen Vorteile, weil sie den Arbeitgebern eben nicht mehr alles durchgehen ließ, sondern ihnen Grenzen setzte.

Aber wer ohnehin nur Propaganda betreibt und unter falscher Flagge segelt, um unter dem Deckmantel der Sorge für die Bürger Privilegien für die Reichen zu erlangen, muss sich um solche Feinheiten auch nicht mehr kümmern.
J.E.



Samstag, 29. Mai 2021
Es geht schon wieder los
Der Ausländer hat es nie leicht ? was etwas verwundert, schließlich ist jeder Mensch Ausländer fast überall auf der Welt.

Aber schnell hat man seine Urteile über Ausländer gebildet: Der Grieche ist faul, der Moslem ist ein Terrorist, und der Schwarze ist kriminell. Und wenn einem dann Rassismus vorgeworfen wird, beruft man sich auf die Meinungsfreiheit: Das wird doch wohl noch sagen dürfen!

Doch wo ist die Grenze zwischen Kritik, die von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, und Rassismus? Eine ganz einfache Regel lautet: Wenn man einer ganzen Gruppe von Menschen eine Eigenschaft zuschreibt, dann ist das Rassismus. Ein bestimmter Grieche mag faul sein ? doch wenn man das allen unterstellt, dann ist das Rassismus. Ein bestimmter Moslem mag ein Terrorist sein ? doch wenn man das allen unterstellt, dann ist das Rassismus. Ein bestimmter Schwarzer mag kriminell sein ? doch wenn man das allen unterstellt, dann ist das Rassismus. Schließlich sind ja auch nicht alle Deutschen Nazis, nur weil manch ein Deutscher Deutschland nur liebt, wenn es sich in ein totalitäres Gefängnis verwandelt.

Der Rassismus nimmt wieder zu. Und damit nimmt auch der Antisemitismus wieder zu. Die Zahl der antisemitischen Straftaten erreichte 2020 einen neuen Höchststand seit Beginn der Zählung im Jahr 2001. Lange hielt man sich damit gerade in Deutschland zurück, heute scheinen die Dämme der Anständigkeit zu bröckeln. Es geht wieder los.

Doch vielleicht war es auch nie weg.
P.H.



Samstag, 15. Mai 2021
Das Wunder von Berlin
Das war kaum zu glauben: Vor zwei Wochen erst hat das Bundesverfassungsgericht das aktuelle Klimaschutzgesetz als nicht verfassungskonform eingestuft, weil es zu viele Lasten auf die nachfolgenden Generationen verschieben würde, womit diese in ihren Freiheiten eingeschränkt seien, und schon wurde ein neues Klimaschutzgesetz von der Regierung verabschiedet, dass mehr Lasten für die aktuelle Generation vorschreibt, und deshalb die Klimaziele deutlich nach vorne schiebt.

Man könnte von einem Wunder von Berlin sprechen, doch man muss sich klarmachen: Dieses Klimaschutzgesetz setzt sich nur Ziele. Wie diese Ziele erreicht werden sollen, dass wird dann irgendwann mal festgelegt. Und wenn die Ziele nicht erreicht werden, dann muss man sich zur Strafe auf den Hosenboden setzen, und wirklich, wirklich hart nachdenken, wie man sie erreichen kann.

Das Klimaschutzgesetz ist ein Klimawunschgesetz. Wir wünschen uns, dass wir das Klima schützen, und wir geben uns diese Ziele. Aber wir lassen offen, wie wir sie erreichen wollen.

Als die rot-grüne Regierung 1998 an die Macht kam, gab es zum Klimaschutz eine riesige Aufbruchstimmung: Alternative Energien wurden gefördert, Deutschland wurde zum Vorzeigeland nicht nur für die Nutzung von alternativen Energien, sondern auch für die Entwicklung und Produktion der dafür nötigen Technologien. Dann kam die CDU an die Regierung, und die erinnerte sich daran, dass die Befürworter alternativer Energien ja gar nicht zu ihren Stammwählern gehören. Seitdem dümpelt das Thema vor sich hin, Deutschland hat seine Vorreiterrolle längst verloren und kämpft eher darum, nicht den Anschluss zu verlieren.

Nun soll alles wieder besser werden? Deutschland soll aus seinem Dornröschenschlaf erwachen?

Das wäre tatsächlich ein Wunder. Aber wo gibt es schon Wunder?
K.M.



Freitag, 30. April 2021
Hegels Philosophie
Letztes Jahr jährte sich der 250. Geburtstag Hegels, dieses Jahr der 190. Todestag. Hegel wird allgemein als großer Philosoph gesehen, wie viele Bücher zeigten, die anlässlich seines Geburtstags erschienen waren, doch andere, wie Schopenhauer, hielten ihn für einen Scharlatan. Wer liegt mit seiner Einschätzung richtig?

Betrachten wir nur eines von Hegels Hauptwerken ?Die Wissenschaft der Logik?. In diesem Werk will Hegel die ?toten Gebeine der Logik? wieder mit Leben füllen. Was meint er damit? Nun, die Logik ist eine alte philosophische Richtung, die in der Antike vor 2500 Jahren entstand und sich zur Aufgabe gesetzt hatte, die formalen Regeln für das Nachdenken festzulegen. Seit der Antike stehen diese Regeln fest, und die Logik hat sich kaum noch verändert. Hegel will die Logik mit einem neuen Leben füllen. Sie soll sich nicht nur mit der Form des Denkens befassen, sondern auch mit dem Inhalt des Denkens.

Was meint Hegel damit? Dafür müssen wir wieder in die Antike reisen. Die Philosophen erkannten damals, dass es zwei Arten gibt, die Welt zu erkennen: Die Sinne und das Nachdenken. Die Sinne unterliegen jedoch Sinnestäuschungen, also beschlossen die Philosophen, die Welt allein durch das Nachdenken zu erkennen. Diese Art der Philosophie bezeichnete man später als Metaphysik.

Nun überspringen wir einige Jahrhunderte Philosophie und landen bei Kant. Der fragte sich, ob man die Welt allein durch Nachdenken erkennen kann. Er kam in seinem Buch ?Die Kritik der reinen Vernunft? zu dem Ergebnis, dass das nicht möglich ist. Man braucht die Erfahrung, sonst kann man sich alles Mögliche ausdenken, hat jedoch keine Möglichkeit zu erkennen, welche dieser Ideen korrekt ist. Nach Kants grundlegender Kritik war die Metaphysik tot.

Hegel wusste das. Doch er mochte diesen Gedanken gar nicht. Eine Philosophie ohne Metaphysik war für ihn wie ein Tempel ohne Allerheiligstes. Also definierte er die Logik um. Sie sollte sich nun auch mit dem Inhalt des Denkens befassen, also mit dem, was man bisher als Metaphysik bezeichnet hatte. So konnte er unter dem Namen Logik weiterhin Metaphysik betreiben, ohne den seit Kant geächteten Begriff benutzen zu müssen.

Was soll man von einem solchen Vorgehen halten? Ist es eines Philosophen würdig? Wer mehr zu Kants Kritiken und der Reaktion nachfolgender Philosophen wie Hegel auf diese Kritik erfahren möchte, dem sei Der Alleszermalmer von meinem Kollegen Peter Hauser ans Herz gelegt.
J.E.



Mittwoch, 21. April 2021
Mehr Freiheit für mich!
Jeder von uns will frei sein und einfach das tun, wonach ihm der Sinn steht. Aber ist das ohne Einschränkungen möglich? Was passiert, wenn einer nur das tut, was er will ? er sich dabei aber nicht darum kümmert, wie sein Handeln auf andere wirkt? Ganz einfach: Dann wird er die Freiheit anderer einschränken. Grenzenlose Freiheit für den einen ist Unfreiheit für den anderen.

Man denke nur an die Querdenker, die Freiheit von Masken fordern und von den Corona-Regeln zum Schutz anderer. Damit erhöhen sie sicherlich ihre persönliche Freiheit, doch wenn dadurch andere krank werden, dann schränken sie deren Freiheit massiv ein.

Und das ist noch nicht alles: Andere Meinungen lassen diese fundamentalistischen Kämpfer für die Freiheit auch nicht gelten. Nirgendwo werden Journalisten so massiv bedroht, nirgendwo in Deutschland wird die Pressefreiheit so massiv eingeschränkt wie auf Demonstrationen der Querdenker. Diese Einschränkungen der Pressefreiheit sind so massiv, dass die Organisation ?Reporter ohne Grenzen? die Pressefreiheit in Deutschland nicht mehr als gut einstuft.

Wenn mehr Freiheit für mich nur aus skrupellosem Egoismus gefordert wird, dann stirbt dabei eben die Freiheit der anderen ? und damit letztlich für alle.
P.H.



Samstag, 17. April 2021
Wie es euch gefällt
Seit einigen Tagen hält die K-Frage Deutschland in Atem: Wer wird Kanzlerkandidat der Union? Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet und der CSU-Vorsitzende Markus Söder bewerben sich beide um den Posten. Zeit, mal einen Blick auf den Kandidaten Söder zu werfen.

Man würde gerne beschreiben, wofür Söder eigentlich steht. Doch tatsächlich steht er für keine politische Idee. Er kann genauso gut für wie auch gegen die Atomkraft sein, meinen, dass der Islam zu Deutschland gehört, um dann jedoch Kreuze in den Ämtern aufzuhängen, oder auch in anderen Fällen gegensätzlichen Meinungen vertreten ? je nachdem, welche gerade politisch opportun erscheint. Söder steht eigentlich nur für eine Idee: Macht. Ihm geht es darum, an die Macht zu kommen, alles andere ist ihm egal. Da richtet er seine Fahne nach dem Wind.

Nun könnte man meinen, dass Demokratie doch so funktioniert: Die Politik soll gefälligst das umsetzen, was die Mehrheit für richtig hält. Nur wird hier der Wind, nach dem manch ein Politiker sich richtet, nicht durch Wahlen erzeugt, sondern durch Umfragen. Und Umfragen können, je nachdem, wie die Fragen gestellt sind, fast jedes Ergebnis erzeugen. Sie können einen Politiker nicht legitimieren. Das kann nur eine Wahl.

Bei der Wahl muss der Wähler jedoch wissen, wofür ein Politiker steht. Wenn er vor der Wahl für eine Politik stand, und deswegen gewählt wurde, nach der Wahl jedoch eine andere Politik betreibt, die die Wähler nicht gewünscht haben, dann ist das keine Demokratie, sondern Wahlbetrug; denn der Wunsch des Wählers wurde ignoriert.

Die Gefahr, dass die Wähler betrogen werden, ist beim Opportunisten Söder besonders groß. Der scheint nur seinen eigenen Vorteil zu kennen. Er verspricht zwar eine Politik, wie sie dem Wähler gefällt, doch tatsächlich handelt er nur zu seinem Vorteil.

Ob uns das auf Dauer gefallen wird, ist fraglich.
J.E.



Samstag, 3. April 2021
Für mehr Transparenz
Was ist der Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur? Man kann viele Unterschiede aufzählen, von der Pressefreiheit über die Meinungsfreiheit bis zur Mitbestimmung. Ein wichtiger Punkt ist jedoch die Transparenz: Ein Diktator entscheidet einfach mal, und niemand weiß, wie er zu dieser Entscheidung gekommen ist. Die Entscheidungen in einer Demokratie hingegen sollten transparent sein. Deswegen sind die Sitzungen der Parlamente ja auch öffentlich.

Lobbyisten, vor allem der Wirtschaft, jedoch versuchen, diese Transparenz zu verhindern. Sie wollen ja gerade nicht, dass die Bevölkerung merkt, wie Gesetze entstanden sind ? und zu wessen Vorteil. Deshalb ist es ein großer Schritt, dass die Bundesregierung nun ein Lobbyregister einführen will, um diese Transparenz zumindest teilweise herzustellen. Man soll sehen, wann die Wirtschaft sich zu stark in die Gesetzgebung eingemischt hat.

Übrigens hat Joseph Stiglitz, der 2001 den Wirtschaftsnobelpreis für seine Arbeiten erhielt, gezeigt, dass Intransparenz in der Wirtschaft zu einem Marktversagen führt. Wenn Kunden nicht erkennen können, wie ein Produkt hergestellt wurde, und wie seine Qualität ist, dann kann kein fairer Marktpreis ermittelt werden. Nicht nur in der Demokratie, auch in der Wirtschaft ist Intransparenz also schädlich.

Schade nur, dass gerade die Wirtschaft so wenig Interesse daran hat, Transparenz zu fördern.
P.H.



Sonntag, 21. März 2021
Mit Gott
Wofür brauchen wir die Religion? Damit sie uns die Welt erklärt? Nein, diese Aufgabe hat heute die Wissenschaft übernommen, die darin auch deutlich erfolgreicher ist als es die Religion je wahr.

Brauchen wir sie für die Moral? Denn ohne Gott gäbe es keine Moral, wie Dostojewski gemeint hat?

Mehrere Politiker der christlichen Union sind in den letzten Tagen zurückgetreten, weil sie ihr politisches Mandat doch etwas zu eng mit unternehmerischen Aktivitäten verknüpft hatten. Oder anders gesagt: Sie haben sich korrumpieren lassen. Das kann auch Politikern anderer Parteien passieren, aber irgendwie trifft es Politiker der christlichen Union besonders häufig. Und schwarze Kassen hat man bei der Union nicht nur deshalb so gerne, weil die Farbe dieser politischen Organisation schwarz ist.

Die Pflegebranche sollte einen Mindestlohn einführen. Der Gesetzgeber wollte ihn nicht vorgeben, stattdessen sollten sich die Tarifparteien auf einen einigen, den der Staat dann für alle Pflegeunternehmen verpflichtend machen wollte. Die Einigung kam zustande, doch die großen Arbeitgeber der Kirchen, Caritas und Diakonie, mussten noch zustimmen. Sie verweigerten die Zustimmung ? die Caritas offen, die Diakonie sagte dann nichts mehr, weil die Caritas es ja schon abgelehnt hatte. Als kirchliche Unternehmen besitzen sie Privilegien. Gewerkschaften haben bei ihnen nichts zu melden. Hätten sie der Einigung zugestimmt, dann hätten Gewerkschaften indirekt Einfluss bei ihnen bekommen. Sie wollten keinen Präzedenzfall schaffen. Und so müssen viele Pfleger*innen weiter mit Hungerlöhnen leben.

Früher fragte man sich, welcher Priester vielleicht Kinder missbraucht haben könnte. Heute könnte man sich eher fragen, welcher Priester dies nicht getan hat. Endlos ist die Zahl der Kinderschänder in den Kirchen, wie auch gerade das Erzbistum Köln eingestehen musste. Alles im Namen Gottes.

Mit Gott an seiner Seite, so scheint es, braucht man eben keine Moral mehr.
J.E.