Zeit für Utopien
Warum stimmten die Briten für den Brexit? Weil sie wirklich mehrheitlich die EU verlassen wollten? Warum wählen so viele in Deutschland die AfD? Weil man sich von ihr wirklich eine Lösung der Probleme erwartet? Warum wählten die Amerikaner Donald Trump zum Präsidenten? Weil man sich erhoffte, dass dieser egozentrische Lügner, für dessen Lügen das Wort alternative Fakten erfunden wurde, wirklich Probleme löst?

Die Antworten sind in allen Fällen „Nein“. Man wählt die Rechtspopulisten nicht, weil man etwas von ihnen erhofft, sondern weil man an der Alternativlosigkeit der etablierten Parteien verzweifelt. Zu Zeiten von Strauß und Wehner waren die Lager noch ordentlich getrennt, auf der einen Seite die unmoralischen Konservativen, auf der anderen Seite die verträumten Spinner. Heute erkennt man keine Unterschiede mehr, die Parteien rückten in die Mitte, die SPD nach rechts, die Union nach links, weil man sich dort das größte Wählerpotential erhofft. Dabei will man niemandem wehtun, und erkennt nicht, dass man alle langweilt. Weil das klare Profil fehlt, fühlt man sich von den Parteien nicht mehr verstanden – und schon gar nicht mehr vertreten.

In diese Lücke stoßen nun die Rechtspopulisten. Sie bieten eine Alternative, auch wenn diese darin besteht, die Demokratie zu zerstören. Aber eingedenk des Frustes gegenüber den formlosen Massen der etablierten Parteien scheint das viele nicht mehr abzuschrecken.

Nur wäre das dann keine Utopie mehr, sondern eine Dystopie.
K.M.