Selbst disqualifiziert
In den Zeiten des Kalten Krieges waren die Fronten klar: Die Linken waren für die Russen, respektive die Sowjetunion, und haben sie in jedem Fall verteidigt, egal was vorgefallen war, die Rechten waren dagegen.

Doch nun wird Russland seit Jahren von Putin regiert, der keinen Hehl daraus macht, dass er rechte Kräfte unterstützt. So mischte er sich für Donald Trump in die Wahlen in den USA ein, so zählen AfD-Abgeordnete zu seinen guten Freunden. Russland war vielleicht mal das Heimatland der Linken, doch nachdem Oligarchen von Putins Gnaden die Macht übernommen haben, ist es ein erzkapitalistisches, reaktionäres Land geworden.

Neoliberale, kapitalistische Denkweisen haben in den letzten Jahren ohnehin überall an Boden gewonnen. In Deutschland erlebten sie einen Höhepunkt mit der Agenda 2010, die ausgerechnet ein sozialdemokratischer Kanzler vorgestellt hat. Aber er wollte eben der „Genosse der Bosse“ sein – und deswegen brauchte es die Agenda 2010.

Die SPD hat sich damit jedoch ins Aus manövriert, wenn es um soziale Politik gibt. Diese Lücke könnte Die Linke einnehmen und damit eine echte Opposition in Deutschland bieten. Doch dafür muss sie zeigen, dass sie eine demokratische Partei ist, und ihre diktatorischen Wurzeln in der SED überwunden hat.

Eine gute Gelegenheit hätte es nun gegeben, als der russische Oppositionelle Nawalny offensichtlich in Russland vergiftet wurde. Doch reflexhaft nahmen führende Linken-Politiker die russische Führung in Schutz. Der Abgeordnete der Linken Klaus Ernst fragte: „Wem nutzt die Vergiftung Nawalnys? Etwa Putin? War Nawalny so gefährlich, nach 76 Prozent für Putin 2018?“

Dass diese 76 Prozent nicht in einem demokratischen Prozess zustande gekommen sind, scheint Herr Ernst übersehen zu haben. Und tatsächlich ist Nawalny eine der lautesten Kritiker des Putin-Regimes – der immer wieder Misswirtschaft und persönliche Bereicherungen von führenden Politikern aufdeckt. Herr Nawalny ist für Putin eine Gefahr. Für den Putin, der seine Zeit damit verbringt, rechtspopulistische Gruppierungen überall auf der Welt zu unterstützen.

Wieso ihn dann ausgerechnet die Linke unterstützt, bleibt offen. Es scheint, als seien die Automatismen aus der SED-Zeit bei den Linken immer noch aktiv. Und das ist schade; denn Deutschland könnte eine linke Opposition wirklich brauchen.

Doch die Linken haben sich wieder einmal selbst disqualifiziert.
J.E.