Sonntag, 17. Januar 2016
Angst ist ein schlechter Ratgeber
Silvester war für einige Frauen in Großstädten wie Köln keine Nacht zum Feiern. Hunderte Männer hatten sich zusammengefunden, um sie sexuell zu belästigen, die Polizei stand dem Treiben hilflos gegenüber.

Doch wichtiger noch als die Tatsache, dass Frauen angegriffen wurden, scheint die Tatsache zu sein, dass diese Attacken von Ausländern durchgeführt wurden. Und dies liefert nun rechtsextremen Parteien wie der AFD Nahrung für ihren Hass - und neue Hochs in den Umfragen.

Warum ist es so wichtig, dass es Migranten waren? Weil sie nicht hierhergehören. Wir haben Angst vor Fremden, und wenn wir noch keine haben, dann gibt es genug Scheinheilige, die jeden Anlass nutzen, um uns Angst zu machen.

Doch die meisten Migranten sind keine Verbrecher - und sie sind rechtmäßig hier. Die Regeln der Menschlichkeit und internationale Gesetze verlangen, dass wir uns um sie kümmern. Und wir werden die Menschlichkeit nicht aufgeben, nur weil einige sich daneben benehmen. Diese gehören bestraft. Doch es gibt keine Sippenhaft, die alle Migranten zu Kriminellen macht.

Allerdings setzt sich in den Zeiten des Terrors und der weltweiten Krisen immer mehr die Ansicht durch, dass alle Menschen potentiell kriminell seien (man denke nur an die Vorratsdatenspeicherung, die immer weiter ausgeweitet werden soll) - und nicht nur die Migranten.

Wir vertrauen uns nicht mehr, wir haben Angst. Doch Angst ist kein guter Ratgeber. Angst führt nur zu Gewalt.
K.M.



Samstag, 19. Dezember 2015
Zeit der Besinnung
Es ist Weihnachtszeit, die Zeit der Besinnung, in der man sich an alte Werte erinnert. Aktuell scheint auch die SPD von diesen Erinnerungen eingeholt zu werden, an die gute alte Zeit, als man noch die Partei der Arbeiter und Schwachen war, und nicht die Partei, die den Reichen willfähriger dienen will als die Union (die ja den Vorteil hat, dass sie dazu gehört; die SPD muss sich erst noch beweisen).

Vor den Zeiten der Agenda 2010 und der Hartz-Reformen (benannt nach einem ehemaligen Personalchef von VW, der seinen Betriebsräten Ausflüge in die Puffs dieser Welt finanzierte) war die SPD die einzige Partei, die sich im Gleichklang mit den Gewerkschaften erfolgreich für die Interessen der Arbeiter eingesetzt hat. Dann kamen Schröder und seine Mannen, und die Rechte der Arbeiter wurden immer weiter beschnitten: Die Rente wurde gekürzt, der Niedriglohnsektor etabliert, die paritätische Kostenverteilung in den Sozialsystemen beendet - kurz, die SPD machte eine so neoliberale Politik, dass die FDP in einem Dauerorgasmus verfiel.

Doch nun scheint ein Umdenken einzusetzen. Sigmar Gabriel wurde auf dem SPD-Parteitag mit nur 74,3% wiedergewählt - und das ohne Gegenkandidaten. Das Ergebnis für den Vertreter der Agenda-SPD ist noch schlechter als bei der letzten Wahl. Die SPD scheint der neoliberalen Politik, die Gabriel ganz im Sinne seines Herrchens, dem "Genossen der Bosse" Schröder, verteidigt, überdrüssig zu werden.

Und nun meldet sich sozialdemokratische Ministerpräsidenten Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz zu Wort. Die Krankenkassenbeiträge werden im nächsten Jahr steigen, und die Mehrkosten werden alleine von den Arbeitnehmern zu tragen sein, da der Beitrag der Arbeitgeber gedeckelt wurde. Das ist natürlich ungerecht und sollte geändert werden. Doch wer hat das noch einmal eingeführt?

Bei der SPD will es niemand gewesen sein. Es war wohl Schröder allein.

Aber langsam erwacht die SPD. Langsam versteht sie, dass da irgendjemand eine Politik gemacht hat, die nicht im Sinne der Arbeitnehmer war.

Es wird nur ein böses Erwachen geben, wenn sie feststellt, dass sie es selber war.
P.H.



Samstag, 5. Dezember 2015
Der falsche Krieg
Gestern hat der Bundestag den Kriegseinsatz in Syrien beschlossen. Man ist der Meinung, dass man keine Wahl habe, da nach den Anschlägen in Paris der Terror des "Islamischen Staates" nun auch in Europa angekommen ist. Und irgendwie ist auch eine kleine Euphorie zu spüren. Man will die gut 130 Toten von Paris rächen. Man zieht freudig in den Krieg und hofft auf den großen Sieg. Das hatten wir schon einmal.

Ein paar Tage nach den Anschlägen später begann der Klimagipfel in Paris. Zum wiederholten Male sitzen die führenden Politiker der Welt zusammen, um das Klima zu retten, das durch den hohen Kohlendioxid-Ausstoß von Kohle, Erdöl und Gas massiv bedroht ist. Die Temperaturen steigen, die Stürme werden härter, der Meeresspiegel steigt.

Es gibt Berechnungen der UN, nach denen seit 1995 über 600.000 Menschen weltweit durch Wetterextreme, wie sie durch den Klimawandelt häufiger werden, gestorben sind. Es entstanden Schäden von 250 Milliarden Dollar pro Jahr.

Doch trotz dieser Zahlen, die weit über dem liegen, was der IS je anrichten kann, ist die Euphorie in Paris gering, gegen die Klimakatastrophe zu kämpfen. Nur halbherzig geht man das Thema Klima überhaupt an. Kein Vergleich zum Enthusiasmus, der zur Entscheidung geführt hat, Krieg gegen den IS zu führen.

Den richtigen Krieg zu führen trauen wir uns wohl nicht.
K.M.



Samstag, 21. November 2015
Krieger des Hasses
Wieder Paris. Anfang des Jahres hatten islamistische Terroristen ein Blutbad in den Redaktionsräumen des Satiremagazins Charlie Hebdo angerichtet, nun kamen sie zurück und töten an mehreren Orten über 130 Menschen. Die Welt ist geschockt über so viel Grausamkeit. Und manch einer versucht wieder, den Islam als grausame Religion darzustellen.

Doch genauso könnte man auch das Christentum als grausame Religion darstellen, die Religion Jesus Christus, die die Kreuzzüge, die Inquisition und die Hexenverbrennung hervorgebracht hat. Die Attentate in Paris auf den Islam zurückzuführen, nur weil die Attentäter vorgaben, in seinem Namen zu handeln, geht in die falsche Richtung. Genauso gut könnte man meinen, dass die Rechtsradikalen in Deutschland, die Flüchtlingsheime anzünden und Ausländer verprügeln, für Deutschland prügeln und morden, weil sie vorgeben, für Deutschland zu handeln.

Doch alle das sind nur Ausreden. Weder sind die Islamisten besonders religiös, noch sind die Rechtsradikalen besonders nationalistisch. Es sind einfach nur von Hass geprägte Gewaltmenschen, egoistische, menschenfeindliche Monster, die einen Grund suchen, um ihre sadistischen Tendenzen auszuleben und andere mit in den Abgrund ihrer Menschenfeindlichkeit zu ziehen.

Kein Gott wird ihnen dafür danken, dass sie Seine Schöpfung töten, dass sie Seine Gabe der Menschlichkeit mit Füßen treten.

Diese Menschen versuchen, eine Hölle auf Erden zu errichten, weil sie schon längst in einer leben.

Wir sollten das nicht zulassen.
P.H.



Samstag, 7. November 2015
Im Verborgenen
Man ist ja schnell mit Verschwörungstheorien an der Hand: Eine Gruppe mächtiger Manager und Unternehmer kontrolliert in Wirklichkeit unsere Welt und schreibt ihr die Gesetze vor. Der aktuelle Skandal um die Manipulationen bei Volkswagen scheint dies auch zu bestätigen; denn der eigentliche Skandal ist ja, dass es Manipulationen nicht nur bei Volkswagen gibt, sondern dass praktisch kein Dieselfahrzeug die Grenzwert in der Realität einhält, was allen Beteiligten seit Jahren bekannt ist, ohne dass dagegen etwas unternommen wurde. Das ist auch der Grund, weshalb in unseren Städten trotz Umweltzonen und immer strengerer Grenzwerte die Luft einfach nicht sauberer wird - weshalb die EU-Kommissionen jetzt sogar ein Mahnschreiben an die Bundesregierung verfasst hat.

Diese eklatanten Gesetzesverstöße sind natürlich nur möglich, weil raffgiere Manager die Politik bestimmen. Die Regierung ist nur ein Handlanger der Industrie.

Aber überschätzen wir damit die Macht der Industrie nicht? Sicherlich kann sie viel Einfluss ausüben. Aber in Wirklichkeit will sie doch nur in Ruhe gelassen werden. Sie ruft nach Freiheit und Bürokratieabbau, weil sie ihre dreckigen Spielchen vor den Augen der Öffentlichkeit geheim halten will. Das ist die einzige Verschwörung, die man ihr unterstellen kann. Und deswegen soll es in Handelsabkommen wie dem mit den USA geheime Schiedsgerichte geben, die verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit agieren. Die EU-Kommission will nun aufgrund der zahlreichen Proteste in der Bevölkerung eine öffentliche Schiedsstelle vorschlagen, doch sehen wir mal, ob sie dem Drang der Industrie, im Verborgenen zu agieren, am Ende nicht doch nachgibt.

Deshalb steht auch der öffentliche-rechtliche Rundfunk unter permanentem Beschuss: Er kann unabhängig agieren, anders als die privaten Sender, die dem Verlangen der Industrie nach Verborgenheit viel offener gegenüber stehen - und deshalb Politik und kritische Berichterstattung weitestgehend aus ihrem Programm verbannt haben.

Und weil fast nur noch die öffentlich-rechtlichen Sender über politische Ereignisse berichten und die Industrie kritisieren, werden sie als "Staatsfernsehen" und "Lügenpresse" diffamiert. Bis es bald nur noch Unterhaltung gibt, und die Macht allein im Verborgenen ausgeübt wird.

Damit gräbt sich die Demokratie, die besorgte Bürger doch verteidigen wollen, aber selber ein Grab.
P.H.



Samstag, 24. Oktober 2015
Marktversagen in der Landwirtschaft
Das ZDF-Magazin Frontal 21 berichtete darüber, dass die EU-Kommission im April den Import von 17 Genpflanzen zur Verwendung in Lebens- und Futtermitteln zugelassen hatte. Eigentlich will kaum jemand gentechnisch veränderte Lebensmittel in Europa haben, weil die Auswirkungen auf die Umwelt noch nicht verstanden sind. Während in den USA neue Produkte erst einmal auf den Markt gebracht werden, und dort bleiben, bis zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass sie einen Schaden anrichten, gilt in Europa eigentlich das Vorsorgeprinzip: Die Hersteller sollen erst nachweisen, dass ein Produkt unschädlich ist, bevor es auf den Markt kommen darf. Das ist bei gentechnisch veränderten Pflanzen noch nicht der Fall.

Warum dürfen Firmen dennoch Genpflanzen in die EU einführen? In dem Beitrag wird von Experten immer wieder angeführt, dass man ja keine Wahl habe. Die großen Futtermittelproduzenten der Welt bauen fast nur Genpflanzen an, wollen wir unsere Tiere ernähren, dann müssen wir wohl oder übel diese Pflanzen zulassen.

Das Argument muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Weil Agrarkonzerne praktisch nur noch Genpflanzen anbieten, müssen wir diese zulassen.

Leben wir nicht in einer Markwirtschaft, in der sich Angebot und Nachfrage ausbalancieren? Wenn eine große Nachfrage zu Produkt X besteht, dann werden sich schnell Firmen finden, die es herstellen. Nun besteht in Europa eine große Nachfrage nach gentechnikfreien Lebensmitteln. Und dennoch finden sich keine Firmen, die diese herstellen wollen?

Der Markt funktioniert also nicht. Offensichtlich wird der Markt gestört. Und wer hat die Macht, den Markt zu stören? Nur eine Handvoll multinationaler Konzerne, die sich mit ihrem zumeist gentechnisch veränderten Saatgut eine goldene Nase verdienen, und deshalb wie ein Monopol ihre Interessen durchsetzen und die Nachfrage ignorieren.

Ein solches Verhalten ist ganz klar illegal. Wer seine Marktmacht missbraucht, handelt gesetzeswidrig. Das Kartellamt muss eingreifen, und diese Firmen, die den Markt zerstören, zur Ordnung rufen!

Schließlich leben wir in einer Marktwirtschaft, und nicht in einer Diktatur der Konzerne. Das hoffen wir wenigstens.
J.E.



Samstag, 10. Oktober 2015
Ein Plädoyer für Bayern
Da brüllt er wieder, der bayerische Löwe. Nun wolle man die Grenzen nach Österreich schließen und die Flüchtlinge direkt an der Grenze zurückschicken. Das geschiehe nur aus "Notwehr". Damit positioniert sich Seehofer gegen die Politik der Bundesregierung - und gegen eine Politik, die man als christlich oder rechtstaatlich bezeichnen könnte. Aber das hat in der CSU ja Tradition. Wir erinnern uns an die "Herdprämie" oder die "Ausländermaut". Alles Projekte der CSU, die sich am Rande der Legalität bewegt.

Doch solche Projekte braucht die CSU. Sie muss im Gespräch bleiben, will sie in Deutschland nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken. Und so greift sie Themen auf, die sie garantiert ins Gespräch bringen. Was sie sonst damit anrichtet, interessiert sie nicht. Und sie ist damit erfolgreich: Welcher Ministerpräsident ist so bekannt wie der bayerische?

Polemik gegen die eigene Bedeutungslosigkeit.

Doch die CSU macht noch mehr: Sie geriert sich als Vertreterin der Bayern. Ihre aberwitzigen Vorschläge und Handlungen, um bundesweit im Gespräch zu bleiben, und sei es auch nur als schwarzes Schaf der Familie, geben die Bayern der Lächerlichkeit preis.

Sicher, die CSU kommt immer noch auf eine absolute Mehrheit. Aber was bedeutet das schon in Zeiten, in denen kaum noch einer wählen geht?

Dank der CSU verbindet man mit Bayern Menschen, die man lieber nicht unbeaufsichtigt lassen sollte, weil sie sonst nur Unsinn machen. Das ist natürlich nicht gerechtfertigt. Aber davon profitiert die CSU wieder: So etabliert sich ein gemeinsames Feindbild, nämlich der Rest Deutschlands, Preußen. Und wenn einen schon nicht die Freundschaft verbindet, dann die Erkenntnis, dass man anders ist als die anderen. Und so muss man sich eben zusammenraufen.

Man sollte den Unsinn der CSU nicht den Bayern in die Schuhe schieben. Damit tut man ihnen Unrecht.
K.M.



Samstag, 26. September 2015
Wir brauchen einen Maximallohn
War das ein Kampf, den Mindestlohn in Deutschland einzuführen. Jahrzehntelang hatte sich Deutschland als eines der wenigen Industrieländer geweigert, einen Mindestlohn einzuführen. Erst, als die Auswirkungen der neoliberalen Politik der Regierung Schröder mit der Ausbeutung der Armen nicht mehr zu übersehen waren, wurde Anfang 2015 ein Mindestlohn in Deutschland eingeführt - gegen den Rat der meisten Ökonomen, die auch schon eine kurze wirtschaftliche Eintrübung Ende 2014 auf die bald kommende Einführung des Mindestlohns zurückgeführt hatten.

Stattdessen wuchs die Wirtschaft weiter, die Arbeitslosenzahlen sanken - sogar trotz einer aufziehenden Krise in China - und der Mindestlohn machte sich noch nicht einmal ansatzweise negativ bemerkbar, so wie dies auch alle empirischen Studien der Ökonomen bisher gezeigt hatten, die weder bei Mindestlohnerhöhungen in den USA noch bei der Einführung des Mindestlohns in Großbritannien vor einigen Jahren einen negativen Effekt beobachtet hatten.

Doch es kann nicht sein, dass mehr Geld für die Armen gut für die Wirtschaft ist. Das widerspricht dem egoistischen Weltbild der Neoliberalen, und so hat sich nun auch ein wackerer Kämpfer gegen den Mindestlohn gefunden, der das Haar in der Suppe gefunden hat: Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hat festgestellt, dass "die Beschäftigung seit Jahresbeginn nur wenig stärker gewachsen sei als in den Jahren zuvor."

Die Beschäftigung wächst also nach wie vor, sogar noch stärker als früher, aber nur ein kleines bisschen stärker. Und schuld daran ist nur der böse Mindestlohn. Ja, schafft ihn endlich ab!

Mal abgesehen von dieser eher kabarettistischen Einlage des Arbeitgeberpräsidenten hat der Mindestlohn, der schließlich das Volkseinkommen stärk, keine negativen Auswirkungen. Negative Auswirkungen scheint aber ein zu hohes Einkommen zu haben.

Vor Jahren wuchsen die Gehälter der Bankenmanager in den Himmel - und sie bescherten uns bei dem Versuch, ihre Boni ins Unendliche zu steigern, den größten Wirtschaftscrash der Neuzeit. Und nun folgt ihnen Martin Winterkorn mit seinem VW-Konzern, der Mann, der 2014 mit 15,9 Millionen Euro mit Abstand das höchste Gehalt aller DAX-Vorstände hatte: VW musste zugeben, eine Betrugssoftware entwickelt zu haben, die bei Test den Abgasgehalt der Dieselfahrzeuge reduzierte.

Warum macht man so etwas? Nun, die Reinigung der Diesel-Abgase ist aufwendig und teuer. Baut man die neuste Technik ein, dann werden entweder die Autos teurer, was den Absatz senkt, oder die Marge sinkt. Beides wirkt sich negativ auf die Boni der Top-Manager aus. Und so ist es nur natürlich, dass man, um die Boni zu maximieren, eine Betrugssoftware einbaut, die Zielerreichung vorgaukelt, obwohl man dafür praktisch nichts ausgeben musste. Niemand kann glaubhaft versichern, dass der Vorstand- und Entwicklungschef von VW nichts davon gewusst haben will, dass die Dieselmotoren des Konzerns die gesetzlichen Grenzwerte nicht einhalten - es aber trotzdem wundersamerweise durch die Zulassungstests schaffen.

Der Anreiz, riesige Mengen Geld zu verdienen, senkt die moralischen Schranken. Nach mir die Sintflut, die ich dann auch noch in einer geilen Luxus-Yacht verbringen werde.

Was wir also noch dringender als einen Mindestlohn brauchen, ist ein Maximallohn.
P.H.



Samstag, 19. September 2015
Takeshi's Castle
Ist es nicht spannend, wie die Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern immer neue Wege nach Mitteleuropa finden? Erst kamen sie vor allem über Italien, deren Insel Lampedusa nah vor der afrikanischen Küste liegt, dann begann die EU dort stärker zu kontrollieren, und die Flüchtlinge entdeckten die Balkanroute, die sie über die Türkei und Griechenland nach Mitteleuropa bringen sollte. Nun hat Ungarn seinen Grenzzaun zu Serbien hin fertiggestellt, und setzte auch Tränengas ein, um die Flüchtlinge daran zu hindern, ins Land zu kommen.

Daraufhin haben sich die Flüchtlinge Kroatien zugewandt, und versuchen nun, über Kroatien und Slowenien nach Mitteleuropa zu kommen. Doch auch diese Länder machen ihre Grenzen dicht, weil sie sich dem großen Ansturm der Flüchtlinge nicht gewachsen sehen. Und Deutschland, das Zielland vieler Flüchtlinge, hat auf Druck der CSU schon längst wieder Grenzkontrollen an den bayerischen Grenzen eingeführt.

Doch was immer man auch versucht: Der Leidensdruck bei den Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten ist zu groß. Sie versuchen weiterhin, nach Deutschland zu kommen, egal, welche Knüppel man ihnen zwischen die Beine wirft. Und Deutschland begrüßt die Flüchtlinge, Deutschland gibt sich menschlich - und unternimmt nichts, um den Menschen die Flucht zu erleichtern.

Das erinnert an Takeshi's Castle, die Spielshow aus Japan, in der die Spieler zahllose Hindernisse überwinden mussten, um das Ziel, Takeshi's Castle, zu erreichen. Auch hier mussten die Spieler zahllose, immer wieder neue Hindernisse überwinden, und das Ganze war für die Zuschauer am Fernsehen mindestens so unterhaltsam wie die Flucht der Menschen nach Europa.

Nur war das ein Spiel. Hier geht es um Leben.
K.M.



Samstag, 12. September 2015
Das christliche Weltbild der CSU
Wer in Bayern lebt, der hat es nicht einfach: Die CSU, die sich als Verkörperung der bayerischen Lebensart versteht, ist allgegenwärtig. Mit ihrem christlichen Weltbild glaubt sie sich allen anderen überlegen. Die Partei hat immer recht.

Doch wie sieht dieses christliche Weltbild eigentlich aus? Tausende Menschen suchen Flucht in Deutschland, und Deutschland nimmt diese Menschen freundlich und hilfsbereit in Emfpang. Ein wahres Musterbeispiel an Menschlichkeit. Und was meint die CSU dazu? Sie kritisiert die Flüchtlingspolitik der Regierung. Der ehemalige Bundesinnenminister Friedrich fing an, dann stießen Söder und Seehofer ins selbe Horn. Man wisse ja gar nicht, "wie viele davon Isis-Kämpfer oder islamistische Schläfer" seien. Wahrscheinlich denkt er an die vielen kleinen Kinder, die man auf ganz unmenschliche Art und Weise den Strapazen einer Flucht aussetzte, nur um sie in Deutschland als Kriminelle einzuschleusen.

Sicherlich gibt es unter den Flüchtlingen auch Verbrecher. In jeder Volksgruppe gibt es Verbrecher, Menschen sind so. Doch soll man alle bestrafen, weil ein paar von ihnen Arschlöcher sind? Ist das das christliche Weltbild?

Zugleich feiert die CSU den 100. Geburtstag des langjährigen Vorsitzenden Franz Josef Strauß. Markus Söder durfte auf Spiegel-Online sogar einen Fan-Brief veröffentlichen, unter dem Titel "Sie können seine Größe nicht ertragen", wo er ihn als politisches Vorbild preist.

Franz Josef Strauß war, wir erinnern uns, ein Mann, der es mit Recht und Gesetz nicht so genau nahm. Er ließ missliebige Journalisten des Spiegels verhaften (die Spiegel-Affäre) und steht unter dem begründeten Verdacht der langjährigen und ausführlichen Korruption. Über das von ihm angehäufte Vermögen gibt es bis heute nur Spekulationen. Wilhelm Schlötterer berichtet in seinem Buch "Wahn und Willkür" davon, wie Strauß in den 1980er Jahren den bayerischen Bauern erst versprochen hat, gegen Dumping-Preise für Rindfleisch zu kämpfen - und dann gleich in die DDR flog, um für einen Kumpel tonnenweise billiges Rindfleisch einzukaufen und nach Bayern bringen zu lassen.

Und einen solchen Mann bezeichnet Söder als "Vorbild".

Ist es wirklich Teil des christlichen Weltbilds, Volksgruppen auszugrenzen, weil sich in ihnen kriminelle Kräfte befinden könnten, dann hätte die CSU wohl ein arges Problem.
J.E.