Samstag, 25. Januar 2020
Schon wieder geht ein Stück Freiheit verloren
Man scheint ja in Deutschland nicht mehr viel Freiheiten zu haben. Man darf nichts mehr sagen, weil Begriff wie „Schlampe“ oder „blöde Kuh“ neuerdings als Beleidigungen gelten, man hat keine wirkliche Wahl mehr in der Politik, weil alle Parteien plötzlich liberal sind und das Völkische verachten, kurz: Das Leben in Deutschland wird immer unfreier. Und jetzt auch noch das.

Der ADAC hat nun bekanntgegeben, dass er sein grundsätzliches Nein gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen nicht mehr aufrechterhalten wird. Bisher war er vehement gegen ein Tempolimit, weil es weder für das Klima viel bringe noch eine Reduzierung der Unfallzahlen zur Folge habe.

Gut, was viel bringt, kommt immer auf den Bezug an. Relativ zum gesamten Verkehr in Deutschland bringt ein Tempolimit auf Autobahnen für das Klima nicht viel. Allerdings steigt der Verbrauch deutlich, wenn man schneller als 130 km/h fährt, weil die Hersteller den Verbrauch unterhalb dieser Grenze optimieren. Denn fast überall auf der Welt darf man nicht schneller als 130 km/h fahren.

Und dass die Unfallzahlen mit einem Tempolimit nicht zurückgehen würden, ist längst widerlegt: Nach 2002 wurde auf der A24 in Brandenburg auf einem 62 Kilometer langen Stück nur noch 120 km/h fahren, vorher gab es kein Tempolimit. Die Zahl der Unfälle und der Getöteten pro Jahr halbierte sich seitdem, die Zahl der Verletzten sank um mehr als die Hälfte.

Aber das wichtigste Argument für ein Tempolimit dürfte sein, dass viele Autofahrer nicht verstehen, was es bedeutet, wenn man kein Tempolimit hat. Dies bedeutet nur, dass man auf seine Höchstgeschwindigkeit nicht achten muss. Es bedeutet nicht, dass man ein Recht darauf hat, die Höchstgeschwindigkeit auch zu fahren. Doch viele Autofahrer sehen das so, rasen und bedrängen die, die sich erdreisten, bei einem Überholvorgang nur auf 140 km/h zu beschleunigen.

Die Einführung eines Tempolimits wird vor allem dafür sorgen, dass die Menschen sich auf den Autobahnen wieder anständiger benehmen. Und schon wieder geht ein Stück Freiheit verloren…
K.M.



Samstag, 11. Januar 2020
Herrschaft des Unrechts
„Das Unrecht herrscht!“ So hörte man es aus rechtspopulistischen Kreisen, als Deutschland 2015 eine große Zahl Flüchtlinge aufnahm und so eine humanitäre Katastrophe verhinderte. Menschlichkeit ist also Unrecht. Was ist für Rechtspopulisten dann Recht?

Gerade diese Woche brachte zwei Beispiele dafür, wie man sich einen Rechtsstaat im Sinne der Rechtspopulisten vorzustellen hat. Da wurde zum einen der iranische General Soleimani auf Geheiß des US-Präsidenten Trump ermordet. Soleimani war selber für den Tod zahlloser Menschen verantwortlich und sicherlich kein Unschuldsengel. Doch ein Urteil kann erst vollstreckt werden, wenn es eine Verhandlung gab. Trump hat einfach mal entschieden. Er hat dieselben Methoden angewandt, die auch Soleimani zu einem gefürchteten General werden ließen. Er hat sich auf dieselbe Stufe mit Kriminellen gestellt und den Rechtsstaat getötet. Und in Kamp-Lintfort (aber nicht nur da) wird ein Bürgermeister immer wieder von Rechten so massiv bedroht, dass er nun einen Waffenschein beantragt hat, um sich zu schützen. Andere Bürgermeister geben ihr Amt auf, um endlich wieder in Frieden leben zu können. Der Druck aus rechtspopulistischen Kreisen, die keinerlei demokratische Legitimation besitzen, die auch nicht gewählt sind, ist so massiv und skrupellos, dass die Demokratie einknickt.

Recht im Sinne der Rechtspopulisten existiert erst dann, wenn der Rechtsstaat und die Demokratie abgeschafft sind – und die Rechtspopulisten mit dem Recht des Stärkeren und reiner Willkür ihre Machtfantasien ausleben können.

Früher hätte man dies als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet.
J.E.



Sonntag, 22. Dezember 2019
Lasst uns christlich sein!
Es sind die Tage vor Weihnachten, der Geburt Jesus Christus. Was könnte da passender sein, als der Aufruf, dass wir wieder christlich sein sollen. Es ist ja nicht nur zur Weihnachtszeit, dass wir aufgefordert werden, wieder christliche Werte zu leben. Besonders die Rechtspopulisten machen sich ja Sorgen um das christliche Abendland, dessen Ende sie schon gekommen sehen.

Es sind aber auch die Rechtspopulisten, die gegen Ausländer hetzen, sich als Antisemiten erweisen und ihre Gegner am Liebsten ausschalten wollen – oder zumindest mundtot machen wollen. Es sind gerade die Rechtspopulisten, die doch so gar keine Menschlichkeit und Nächstenliebe zeigen – also die eigentlich typischen christlichen Werte.

Allerdings ist dies nur ein scheinbarer Widerspruch. Die Rechtspopulisten fordern nicht, dass wir die theoretischen christlichen Werte leben sollen, sondern die gelebten christlichen Werte. Und die lassen sich einfach mit den Begriffen Hass und Intoleranz umschreiben.

Als die christliche Religion in Europa herrschte, da wurden Andersdenkenden gnadenlos als Ketzer und Hexen verfolgt, gefoltert und getötet. Andersgläubige wurden mit heiligen Kriegen überzogen, um sie zu auszurotten. Die Christen mögen von Nächstenliebe reden, doch gelebt haben sie Hass und Intoleranz.

Und das sind auch die Werte, die nach dem Willen der Rechtspopulisten wieder gelebt werden sollen. Andere – ob sie nun einen anderen Glauben, eine andere Hautfarbe oder andere Ansichten haben – sollen ausgeschaltet werden; sie sind unwerte Lebensformen.

In diesem Sinn des Hasses und der Intoleranz ist der Aufruf der Rechtspopulisten wie der AfD in Deutschland zu verstehen, dass die christlichen Werte wieder gelebt werden sollen.
J.E.



Samstag, 14. Dezember 2019
3 mal 3 ist 6
… das wird man doch wohl noch sagen dürfen. Natürlich darf man das sagen. Es gibt Meinungsfreiheit in unserem Land, auch wenn manch ein Populist bevorzugt aus dem rechten Lager dies in Frage stellt.

Was diesen Populisten dann nicht gefällt, ist der Gegenwind, der ihnen begegnet, wenn sie einige Äußerungen machen, die der Mehrheit, die sie zu vertreten glauben, nicht gefallen. Aber das gehört eben auch zur Meinungsfreiheit.

Wir sollten jedoch aufpassen, dass wir nicht alles als Meinung verstehen. 3 mal 3 ist 6 ist keine Meinungsäußerung, sondern eine mathematische Aussage. Und als solche ist sie schlicht falsch. Diese Aussage ist eine Lüge.

Andere Aussagen, die Menschen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer Sexualität herabsetzen, sind auch keine Meinungen, sondern Beleidigungen – wenn nicht sogar Drohungen.

Jeder kann sagen, was er will. Doch wenn er lügt oder beleidigt, dann muss er mit Gegenwind rechnen. Das wird man doch wohl noch mal sagen dürfen.

Schlimm ist nur, dass die Medien sich von den rechten Populisten bedrängen lassen und immer öfter jede Aussage als Meinung betrachten. Dann versuchen sie, wirren Ideen, glatten Lügen und harschen Beleidigungen genauso viel Platz einzuräumen wie echten Meinungen. Wenn jemand aber behauptet, „das Blut der Deutschen“ sei anders als das der Afrikaner, dann vertritt er keine Meinung, sondern ist ein Idiot. Wenn jemand behauptet, es gäbe keinen Klimawandel, dann lügt er. Man kann sich über die Auswirkungen streiten, die liegen schließlich in der Zukunft. Doch wenn dem einen Prozent Außenseiter in der Diskussion dieselbe Breite eingeräumt wird wie den 99 Prozent, die in ihrer Ansicht übereinstimmen, dann werden die Gewichte falsch gelegt. Es entsteht der Eindruck, als sei die Meinung geteilt, dabei trifft eine Mehrheit auf einen Außenseiter.

Den darf man nicht unterdrücken, man darf ihm seine Meinung nicht verbieten. Man darf aber auch nicht den Eindruck erwecken, als würde diese Meinung von einer großen Masse vertreten. Dann werden Lügen als wahr angesehen und Beleidigungen zur Norm.

Man darf die Meinungsfreiheit nicht missbrauchen, wenn man sie behalten will.
P.H.



Dienstag, 19. November 2019
Der Aberglaube stirbt nicht aus
Am 07.11.2019 traf der bayerische Landtag eine bemerkenswerte Entscheidung: Es sollten Alternativen zu Antibiotika untersucht werden. Das war noch nicht bemerkenswert, schließlich werden durch exzessive Nutzung viele Antibiotika mittlerweile nutzlos. Bemerkenswert war, dass man Explizit auch homöopathische Mittel untersuchen will.

Die Homöopathie ist eine Pseudo-Wissenschaft. Es gibt keine Belege, dass homöopathische Mittel besser wirken als Placebos. Niemand kann überhaupt erklären, wieso Mittel, die so stark verdünnt sind, dass sie letztlich kein einziges Molekül der „Medizin“ enthalten, überhaupt wirken können. Dennoch gehen viele davon aus, dass es sich bei der Homöopathie um eine ernstzunehmende Medizinrichtung handelt.

Nur um zu zeigen, wie unsinnig der Vorgang des Potenzierens ist: Nach dem Glauben der Homöopathen wird ein Medikament umso stärker, je stärker es verdünnt ist. Deshalb wird es zum Beispiel immer stärker in Wasser verdünnt, bis man in einer Probe des Wassers kein Molekül des eigentlichen Medikaments mehr nachweisen kann. Wenn man also ein bisschen Alkohol nach dieser Methode verdünnt, dann enthält man nicht einfach nur Wasser, sondern ein so hochprozentiges Wasser, dass der kleinste Schluck schon dazu führt, dass man besoffen ist. Jedem ist offensichtlich, wie unsinnig das sein muss.

Ein paar Tage später gab es in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel, der sich kritisch mit dieser Entscheidung des Landtages auseinandersetzte und dabei vor allem den Homöopathie-Kritiker Edzard Ernst zitierte. Am 19.11. fanden sich Leserbriefe zu diesem Artikel, in denen Anhänger der Homöopathie Herrn Ernst widersprechen. Und sie tun dies auf einer Weise, die typisch ist für Pseudo-Wissenschaften.

Anhänger der Homöopathie könnten ja einfach wissenschaftliche Studien zitieren, um zu zeigen, dass die Homöopathie wirkt. Doch die gibt es nicht. Also muss man Kritikern anders begegnen: Man greift sie persönlich an (Was treibt Sie eigentlich wirklich an, …einen derart erbitterten Kampf gegen eine altbewahrte Heilmethode wie die Homöopathie zu führen? Profilierungssucht? Geltungsbedürfnis? Rechthaberei? Oder vielleicht Neid auf eine ärztliche Kunst, die Sie nicht beherrschen?). Man beruft sich darauf, dass die Homöopathie „altbewährt“ sei (wie der Aderlass und andere medizinische Methoden, die auch über Jahrhunderte praktiziert wurden). Man greift die Standard-Medizin an (als „goldenes Kalb“, nach dem man sich richten solle). Man zieht die wissenschaftlichen Kriterien in Zweifel („realitätsferne Wissenschaftsargumente“). Man beruft sich auf Einzelfälle („Wer schon einmal erlebt hat“), die keine generelle Regel rechtfertigen.

Die Leserbriefe in der Süddeutschen zeigen schön, wie Pseudo-Wissenschaftler den größten Humbug verbreiten und das auch noch als „wissenschaftliche“ verkaufen. Übrigens, die zitierten Leserbriefe wurden nicht von irgendwelchen Lesern verfasst, sondern von Ärzten mit einem „Dr. med.“.

Dies belegt aber wieder einmal, wieso die Entscheidung der EU, den deutschen Dr. med. nicht als wissenschaftlichen Titel anzuerkennen, gerechtfertigt war.
K.M.



Mittwoch, 13. November 2019
Wissenschaftsnutten
Wissenschaftsnutten? Was soll das sein? Nun, dabei handelt es sich um einige Wissenschaftler, die einen Doktor- oder sogar Professorentitel erhalten haben, diesen jedoch nicht dafür einsetzen, um wissenschaftlich zu arbeiten, sondern um mit Hilfe dieser „Adelung“ Propaganda für die Industrie zu machen.

Nehmen wir ein Beispiel: Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM), eine neoliberale Lobby-Plattform, die von einer Werbeagentur im Auftrag von Arbeitgeberverbänden betrieben wird, wettert gegen alles, was irgendwie sozial sein könnte. Neue soziale Marktwirtschaft bedeutet in ihrer Lesart vor allen, dass sie asozial sein sollte und nur gut für die Reichen.

Im Moment wettert die INSM gegen die Grundrente. Diese sei einfach nur ungerecht. Und sie bekommt Unterstützung von einem bekannten Rentenexperten: Professor Bernd Raffelhüschen. Man kennt ihn schon von der großen Rentendiskussion zum Beginn des 21. Jahrhunderts, als rot-grün dann das Rentenniveau senkte und die Riester-Rente einführte. Die Idee war, dass man an ansteigenden der Rentenzahlung in einigen Jahren um bis zu vier Prozent verhindern wollte – indem die Leute heute schon vier Prozent ihres Einkommens zur Seite legen sollten.

Dass dies sinnvoll ist, hat er Raffelhüschen immer wieder bestätigt. Es hat vor allem zwei Vorteile: Die vier Prozent der Riester-Rente werden vom Arbeitnehmer alleine gezahlt und müssen nicht zur Hälfte vom Arbeitgeber übernommen werden wie bei er gesetzlichen Rente. Und die Riester-Rente ist privatwirtschaftlich organisiert, was „Experten“ wie Herrn Raffelhüschen sehr wichtig war. Denn nur so kann die Versicherungswirtschaft riesige Gewinne damit einfahren. Natürlich wurden diese beiden enormen Vorteile für die Unternehmen nicht thematisiert. Man sprach lieber von „demographischer Gerechtigkeit“ als Grund für die teilweise Umstellung des Rentensystems.

Mit ihren seriösen Titeln als Professor können Wissenschaftsnutten, die sich in den Dienst der Reichen stellen und Propaganda für sie betreiben, somit einen größeren Schaden anrichten als manch ein Terrorist.
J.E.



Samstag, 2. November 2019
Nicht abstumpfen!
Die Älteren unter uns werden sich noch an eine Zeit erinnern können, als es in Deutschland noch kein Privatfernsehen gab. Damals gab es drei öffentlich-rechtliche Sender, deren Programm mittags erst anfing – und in der Nacht endete. Zwischendurch gab es ein Testbild mit einem pfeifenden Geräusch. Man musste tatsächlich mehrere Stunden des Tages überbrücken, ohne Fernsehen schauen zu können.

Aber nicht deshalb waren wir unzufrieden mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Wir waren unzufrieden, weil wir einige Unterhaltungssendungen als zu seicht empfanden, weil wir es für eine Unverschämtheit hielten, dass die Sender alle paar Jahre beliebte Serien wiederholten. Das Programm, so schien uns, bestand fast nur aus Wiederholungen!

Und dann kam das Privatfernsehen. Mit dem Privatfernsehen kamen Reality-Shows, die das schon niedrige Niveau mancher Unterhaltungssendung spielend unterboten; es kam die Dauerrotation von Serien, die ohne unterlassen über Jahre gezeigt werden. Hat man die letzte Folge der letzten Staffel gesendet, dann fängt man eben wieder von vorne an. Nun sind wir abgestumpft, und beschweren und nicht mehr über das Niveau und die ewigen Wiederholungen.

In der Politik kann man gerade etwas ähnliches beobachten. Wie haben wir uns über Politiker beschwert. Sie würde ja ohnehin nicht die Wahrheit sagen, weil sie hin und wieder Wahlversprechen nicht gehalten haben. Sie seien nicht vertrauenswürdig, sie würden nur auf die hören, die das große Geld haben. Wir wollten sie loswerden.

Nun sind wir in einigen Ländern die klassischen Politiker losgeworden. Wir haben sie durch Populisten vom Schlage eines Orban, Erdogan oder Trump ersetzt. Nun regt man sich nicht mehr über gelegentliche Lügen auf, weil diese Politiker permanent lügen. Man weiß, dass sie nicht vertrauenswürdig sind und nur mit dem Großkapital zusammenarbeiten. Das Volk ist ein Lieblingsthema ihrer Reden, doch in ihrer Politik bekommt es nur eine Statistenrolle als Zuschauer, die ihnen zujubeln sollen. Kritik ist nicht mehr erwünscht und wird mit allen Mitteln bekämpft.

Diese Politiker töten die Demokratie. Wollten wir sie wirklich? Oder ist es wie beim Brexit: Man wollte etwas ändern, weil es nicht gefiel, doch niemand erklärte die Alternative. Und die ist schlimmer als das Original.

Doch diesmal dürfen wir nicht abstumpfen!
P.H.



Donnerstag, 17. Oktober 2019
Hass auf Menschen
Am 9. Oktober 2019 war es wieder so weit: Ein Mensch, Stephan B., wollte auf Juden schießen, einfach nur deshalb, weil es Juden waren. Doch das Attentat ging schief. Er konnte die Tür zur Synagoge nicht öffnen. Also schoss er zwei unschuldige Passanten nieder und verletzte dann noch ein paar weitere. Keiner von ihnen war Jude.

Der Mörder mag sich eingeredet haben, dass es ihm darum ging, Juden zu ermorden. Schließlich drängt der rechte Abschaum immer mehr aus seinen Löchern und macht sich erst im Internet und nun auf unseren Straßen breit. Und zur Ideologie der Rechtsradikalen gehört der Hass auf alle Fremde und insbesondere die Juden. Sie wollen ein „reines Volk“ haben, schließlich glauben sie, das Volk zu vertreten.

Doch Stephan B. zeigte, worum es den Rechtsradikalen wirklich geht: Sie trennen nicht zwischen Freund und Feind, wobei der Feind eine andere Hautfarbe, Religion oder was auch immer hat. Sie trennen zwischen sich und den anderen. Sie werden von einem unglaublichen Hass auf Menschen angetrieben. Vordergründig richtet der sich gegen Juden, Moslems oder „Volksverräter“, doch tatsächlich gilt ihr Hass jedem Menschen. Nur Menschen, die ebenso wie sie hassen, werden für einen Moment als gleichwertig und „Freunde“ betrachtet. Alle anderen sind Feinde.

So zögerte Stephan B. keinen Moment, unschuldige Passanten zu ermorden, als sein tatsächliches Ziel nicht zu erreichen war. Es ging ihm darum, Menschen zu töten, denn das ist letztlich das Ziel der Rechtsradikalen. Alle Menschen sind für sie Feinde.

An den Juden zeigt sich dieser Menschenhass zuerst. Doch wenn Juden in einem Land nicht mehr unbesorgt leben können, dann dauert es nicht mehr lange, bis alle Menschen zu Opfern werden.
J.E.



Sonntag, 22. September 2019
Homo sapiens?
Wir bezeichnen uns selbst ganz unbescheiden als homo sapiens, als weiser Mensch; denn schließlich haben wir Kultur und Technik entwickelt, wir haben das Bild der Welt verändert wie keine Spezies vor ihr. Bisher bezeichnete man Erdzeitalter nach geologischen Phänomenen, weil nur diese die Kraft hatten, das Bild der Erde zu verändern, nun denkt man darüber nah, das aktuelle Erdzeitalter nach dem Menschen als Anthropozän zu bezeichnen.

Dies haben wir nur dank unserer überragenden Intelligenz geschafft. Wir sind das weiseste der weisen Lebewesen, weshalb man den modernen Menschen auch schon mal als homo sapiens sapiens bezeichnet.

Doch sind wir wirklich so weise? Wir wissen, dass die Nutzung fossiler Rohstoffe zur Klimakatastrophe führt, weltweit protestieren Tausende dafür, etwas gegen die Klimakatastrophe zu unternehmen – und die meisten folgen diesem Aufruf, indem sie den einfachen PKW durch ein SUV ersetzen. Wir wissen, dass Rauchen schädlich ist, dass auch Passivrauchen gesundheitsschädlich ist – dennoch denkt der Bundesrat gerade über eine Gesetzesinitiative nach, die es Menschen verbietet im Auto zu rauchen, wenn auch Kinder anwesend sind, weil die Raucher selber nicht zu dieser Erkenntnis kommen.

Wir wissen, dass übermäßiger Fleischkonsum gesundheitsschädlich ist, zu tierquälenden Massentierhaltungen führt und der Umwelt schadet – dennoch verfluchen wir die, die uns vorschlagen, doch einen Tag in der Woche ohne Fleisch auszukommen

Viele Probleme, mit denen wir heute zu kämpfen haben, haben wir selber geschaffen, frei nach dem Motto: Fortschritt ist nur das Ersetzen eines Problems durch ein anderes Problem.

Zeigt sich der Mensch hier wirklich als weise?
P.H.



Freitag, 6. September 2019
Wissen statt Glauben
In Zeiten, in denen ein Trump in den USA, ein Johnson in Großbritannien und AfDler in Deutschland Lügen über Lügen verbreiten und die, die die Lügen aufdecken, als Lügner und „Fake News“ beschimpfen, in solchen Zeiten, so möchte man glauben, kann einen nicht mehr überraschen. Aber es geht immer noch schlimmer.

Im US-Staat Tennessee hat eine Schule nun die „Harry Potter“-Romane verboten . Grund: Die Flüche und Zaubersprüche in den Büchern könnten böse Geister heraufbeschwören. Wie war man zu dieser Erkenntnis gelangt? Nun, man hatte Teufelsaustreiber gefragt, und die hätten dies bestätigt…

Manchmal hat man den Eindruck, die Wahrheit liege im Auge des Betrachters; und die Betrachter sind Blinde, die sich über Farben unterhalten. So glaubt Trump, er sein ein großartiger Politiker und Johnson behauptet, die Gespräche mit der EU über den Brexit laufen gut, obwohl gar keine stattfinden. Die Wahrheit wird in den Zeiten solcher Populisten zur Beliebigkeit.

Doch wenn Lügen genauso gut sind wie Wahrheiten, dann ist alles erlaubt. Verbrechen werden zu Wohltaten, Grausamkeiten zu Notwendigkeiten. Es muss Maßstäbe geben, wie man Wahrheit und Lüge unterscheiden kann. Und ein Kriterium ist die Nachprüfbarkeit: Lügen sind Behauptungen, die der Realität widersprechen, wahre Aussagen stimmen mit ihr überein.

Die Sprüche in den „Harry Potter“-Romanen beschwören böse Geister? Wo sind die Belege? Der einzige Beleg sind Behauptungen von Teufelsaustreibern – die einer Profession nachgehen, für deren Sinnhaftigkeit es auch keinen Beleg gibt. Blinde unterhalten sich über Farben.

Der Glaube akzeptiert, was mit seiner Weltanschauung übereinstimmt, das Wissen sucht die Wahrheit. Wollen wir nicht alle Zivilisation aufgeben, dann müssen wir wissen, wir dürfen nicht nur glauben. Glauben können schon Kinder, die noch nichts von der Welt verstehen.

Und ein bisschen weiser als ein Kleinkind sollten Erwachsene doch schon sein…
K.M.