Freitag, 5. April 2013
Da war die Empörung groß
Am Donnerstag traten mehrere Medien, unter anderem die Süddeutsche Zeitung, mit einem Coup an die Öffentlichkeit: Man hatte Beweise, wie mehr als 130.000 Reiche weltweit ihr Geld am Fiskus vorbei in Steueroasen geparkt hatten. Geahnt hatte man das ja schon immer - doch nun konnte man nachweisen, mit welch komplizierten Firmenkonstrukten die Reichen ihr Geld vor dem Staat verstecken. Die Empörung auf diesen Bericht war entsprechend groß.

Aber wenn man es doch gewusst hat: Wieso dann die große Empörung? Wieso fordert das Finanzministerium jetzt ein "Steuer-FBI"? Ist man eingeschnappt, weil sich die Reichen haben erwischen lassen? Oder wollte man die Gerüchte, dass die Reichen ihren Reichtum einfach außer Landes haben, einfach nicht wahrhaben?

Rekapitulieren wir doch mal: Die Politik weltweit hatte in den letzten Jahren nur ein Ziel: Die Steuerlast für die Superreichen zu reduzieren. In Deutschland senkte man den Spitzensteuersatz von 53% auf 45% (für Einkommen ab 250.000 Euro). Doch für die ganz Reichen, diejenigen, die gar nicht mehr arbeiten, sondern ihr Geld für sich arbeiten lassen, reduzierte man den Steuersatz der Kapitalertragsteuer sogar auf 25% - auf weniger als die Hälfte.

Hatte man wirklich gehofft, dass die Reichen das Geschenk annehmen und ihr Geld nicht mehr ins Ausland schaffen, sondern nun im Inland zum Discount-Tarif versteuern?

Stattdessen fehlte den Staaten nun das Geld, und sie mussten Schulden machen, sollte der Staat weiterhin seine Aufgaben erfüllen und nicht zu einer Farce verkommen. Und woher kam das Geld, das sich die Staaten liehen?

Woher wohl. Die Staaten hatten es ja gerade erst den Reichen überlassen. Und so hatten die, die ihr Geld zumindest teilweise in Inland versteuert hatten, nun das Geld, um es großzügig dem Staat zu leihen. Gegen entsprechende Zinsen, versteht sich. Und so half der Staat auch noch, dass sich der Reichtum derjenigen, die man mit der Steuerreduzierung schon beschenkt hatte, weiter mehren konnte.

Da ist Empörung sicher angebracht. Doch nicht gegen die skrupellosen Reichen. Die verhalten sich heute so wie schon vor Jahren. Sondern wir sollten uns über die Politiker empören, die es den Reichen noch einfacher machten, ihren Reichtum zu behalten, zu mehren und sich aus der Solidargemeinschaft unseres Staates davonzustehlen.
J.E.



Samstag, 23. März 2013
Wir retten die Falschen!
Nun also Zypern. Wie zuvor schon Irland oder Griechenland, befindet sich nun Zypern am Rande eines Staatsbankrotts und muss von den anderen EU-Ländern gerettet werden. Schließlich will man den Euro retten. Doch wie auch schon bei den anderen Rettungsaktionen vorher geht es weniger um den Euro oder die Menschen der Ländern, sondern alleine darum, die Banken zu retten.

Mit unverantwortlichen Spekulationen und verantwortungslosem Management haben sich auch in Zypern die Banken an den Rand des Konkurses manövriert. Der Staat war mit Bürgschaften eingesprungen, um sie vor dem Bankrott zu bewahren. Gingen die Banken nun Pleite, dann wäre auch der Staat erledigt. Also tut der Staat alles, um die Banken am Leben zu halten. Wenn man seinem Gegenüber ein Messer an die Gurgel halten kann, verhandelt es sich halt leichter.

Doch warum mussten die Banken überhaupt gerettet werden? Kann man sie nicht einfach Pleite gehen lassen?

Die Frage scheint absurd. Schließlich haben wir im Fall der Lehman-Pleite erlebt, was passiert, wenn eine große Bank Pleite geht: Auf einmel vermutet man bei jeder Bank große Risiken im Portfolio, also verleiht keiner Bank einer anderen mehr Geld. Der Interbankenmarkt trocknet aus, und in der Folge stehen auch der Realwirtschaft keine Kredite mehr zur Verfügung. Die Wirtschaft landet in der Rezession.

Also versucht man alles, um zu verhindern, dass sich Banken misstrauen könnten, und hält sie am Leben, wie groß ihre Verfehlungen auch sein mögen. Zusätzlich springt die Zentralbank ein, und stellt den Banken als "Lender of Last Resort", als "Kreditgeber der letzten Zuflucht" unbegrenzte Liquidität zur Verfügung, damit nur die Realwirtschaft nicht austrockne.

Die Idee einer Zentralbank als "Lender of Last Resort" geht auf den englischen Geschäftsmann Walter Bagehot zurück, der sie 1873 in seinem Buch "Lombard Street: A Description of the Money Market" veröffentlichte. Allerdings sah Bagehot vor, dass die Zentralbank im Fall einer Krise die Zinsen anheben solle, damit sich nur diejenigen Geld besorgen, die es wirklich brauchen, und dass die Zentralbank das Geld direkt an die produzierenden Unternehmen ausschütten sollte, damit diese weiterarbeiten können.

Heute reduziert die Zentralbank die Zinsen und schüttet das Geld an die Banken aus - die das billige Geld prompt nutzen, um weiter zu spekulieren und die Risiken ihrer Geschäfte noch weiter zu erhöhen. Anstatt den Opfern des Missmanagements der Banken zu helfen, stellt man den Tätern noch billiges Geld zur Verfügung, damit sie ihr Unwesen weiterhin profitabel betreiben können.

Es lohnt sich eben, wenn man die Regierungen der Welt mit seinem Geld und seinen Leuten unterwandert hat...
J.E.



Samstag, 2. März 2013
Auch eine Art von Self-Service...
Es war eine Revolution auf dem Lebensmittelmarkt, als nach dem zweiten Weltkrieg das in den USA erfundene System der Selbstbedienung mit Läden wie Aldi auch in Deutschland Einzug hielt. Nun wurden die Kunden nicht mehr bedient, fleißige Hände wogen den Zucker ab oder füllten die Milch in mitgebrachte Behältnisse, sondern die Waren lagen fein säuberlich abgepackt in Regalen, und die Kunden brauchten sie nur noch in den Einkaufswagen zu legen. Der Einkauf wurde zeitlich optimiert, die Geschäfte brauchten weniger Personal - und die Waren wurden billiger.

Wie schaffen wir mit dieser Einleitung die Überleitung zu einer Volksabstimmung, die an diesem Sonntag in der Schweiz stattfinden wird? Der Ausgangspunkt für diese Abstimmung sind exorbitant hohe Gehälter oder Abfindungen von Managern, wie der Bonus von 71 Millionen Schweizer Franken, die der Chef der Credit Suisse einstrich, oder die Abfindung von 72 Millionen Schweizer Franken, die der ehemalige Chef von Novartis bekam. Dagegen geht die Initiative "gegen die Abzockerei" mit ihrer Volksabstimmung vor. Und nun der Clou: Die Volksabstimmung will erreichen, dass die Gehälter und anderen Vergütungen der Top-Manager in der Hauptversammlung von den Aktionären beschlossen werden! Das muss man sich mal vorstellen: Die Eigentümer wollen doch tatsächlich darüber entscheiden, was ihre Angestellten verdienen sollen!

Kein Wunder, dass sich die Manager darüber aufregen; und so haben wir die Kurve zur Einleitung geschafft: Bisher konnten die Manager ihre Gehälter praktisch selber festlegen. Ein Job im Vorstand bedeutete Selbstbedienung an den Geldtrögen der Konzerne. Nur führte diese Art der Selbstbedienung erstaunlicherweise nicht zu einer Senkung der Kosten...

Natürlich war es nicht so, dass die Vorstände ihr Gehälter wirklich selber festlegen konnten. Sie müssen ihr Gehalt mit dem Aufsichtsrat aushandeln. In dem allerdings auch wieder Top-Manager sitzen, die mit ihrem Aufsichtsrat (wieder Top-Manager) ihre Gehälter aushandeln. Und damit verhandeln die Top-Manager mit sich selber - und sind dabei gar nicht so hart, als wenn sie mit Gewerkschaften verhandeln.

Etwas mehr Gerechtigkeit und etwas weniger Egoismus bei den Gehältern unserer Top-Manager, die ihre Firmen offensichtlich als Selbstbedienungsläden à la Aldi verstehen, schaden der Firma sicherlich nicht. Es hilft aber der Gesellschaft, die unter der aufgehenden Schere zwischen arm und reich zu zerbrechen droht. Hoffen wir also, dass die Schweizer sich richtig entscheiden - und der Rest der Welt seine Lehren daraus zieht.
J.E.



Samstag, 2. Februar 2013
Wasser marsch!
Die EU ist mal wieder tätig geworden. Diesmal hat der EU-Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz eine Richtlinie verabschiedet, bei der sich die Verbraucher in Europa nicht wirklich geschützt fühlen. Diese Richtlinie legt fest, wie bei der Privatisierung der Wasserversorgung zu verfahren ist. Zwar wird keine Kommune gezwungen, ihre Wasserversorgung zu privatisieren - das gilt allerdings nur, wenn die kommunalen Betriebe auch mehr als 80% des Umsatzes mit Wasser machen. In München beispielsweise bieten die Stadtwerke aber auch Strom und Gas an und wären deshalb doch gezwungen, die Wasserversorgung europaweit auszuschreiben und zu privatisieren. Man kann dieser Vorgabe nur mit dem Trick entkommen, dass ein eigener Betrieb gegründet wird, der sich nur um die Wasserversorgung kümmert. Der läge dann mit Sicherheit über der 80%-Grenze der EU.

Aber wäre eine privatisierte Wasserversorgung nicht besser? Immerhin kümmern sich dann nicht mehr irgendwelche sesselfurzenden Beamten um das Wasser, sondern unternehmerisch denkende Betriebe. Die Qualität der Wasserversorgung sollte steigen, die Preise sollten sinken.

In Portugal hat man dies schon in einigen Kommunen getestet, hier sollen mit den Erlösen aus der Privatisierung die Schulden bezahlt werden - und die Preise für das Wasser stiegen deutlich an. Der Markt ist also doch ineffektiver als der Staat?

Das muss nicht sein. Das Problem ist nur, dass die Privatisierung von Staatsbetrieben noch lange keinen Markt schafft. In einem Markt sind alle Marktteilnehmer Preisnehmer, niemand hat die Macht, den anderen den Preis vorzuschreiben. Gibt es in einer Branche ein Monopol, dann existiert kein Markt. Die Wasserversorgung ist jedoch ein Monopol. Nur weil man es privatisiert, schafft man noch lange keinen Markt. Man legt nur die Monopolmacht in private Hände - die dann versuchen, den maximalen Gewinn daraus zu pressen. So wird die Infrastruktur vernachlässigt und die Preise steigen, um die Renditen für die Investoren zu erhöhen. Der Staat hat sich noch mit einer schwarzen Null zufriedengegeben, schließlich sind die Wasserkonsumenten auch Wähler, die darf man nicht verschrecken. Ein Unternehmen braucht diese Rücksicht nicht mehr zu nehmen, und kann seine Monopolstellung gnadenlos ausnutzen.

Der fast schon zwanghafte Trieb einiger neoliberaler Politiker, alles privatisieren zu wollen, kann für den Verbraucher nur Vorteile bringen, wenn dabei ein Markt entsteht. Entsteht jedoch nur ein privates Monopol, dann leidet der Verbraucher auf jeden Fall. Und dann sollte der Staat zum Schutze seiner Bürger derartige Privatisierung nicht erlauben, sondern im Gegenteil verbieten.
J.E.



Freitag, 28. Dezember 2012
Schlussverkauf
Das Jahr geht zu Ende, und nachdem man vor den Feiertagen noch versucht hatte, möglichst viel an den kaufwilligen Kunden zu verdienen, gehen nun auch die Preise nach unten. Die Geschäfte möchten die Läger leerräumen, alles, was selbst verzweifelte Letzte-Minute-Geschenkekäufer nicht mitgenommen haben, soll nun verramscht werden.

In dieser besinnlichen Zeit meldet sich auch unser Bundeswirtschaftsminister, Philipp Rösler, mit einem Positionspapier zu Wort. In diesem schlägt Herr Rösler vor, dass der Bund seine Beteiligungen an Unternehmen wie der Bahn, der KfW-Förderbank, der Telekom oder der Deutschen Post verkaufen solle. Ziel dieser Verkaufsaktion soll sein, den ausgeglichenen Bundeshaushalt nicht erst 2016, sondern schon früher zu erreichen.

Nur: Wenn der Bund heute seine Beteiligung an Unternehmen verkauft, dann fehlen ihm in Zukunft die Einnahmen aus den Gewinnen dieser Unternehmen. Auch wenn man dank der Verkaufserlöse in einem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt erreichen kann - in den folgenden Jahren wird dieses Ziel nur umso schwerer zu erreichen sein.

Nach der aktuellen Gesetzeslage ist das aber auch kein Problem: Der Staat darf keine Schulden mehr machen, und wenn er weniger Geld einnimmt, dann soll er halt weniger ausgeben, kurz: Er soll sich zurückziehen. Röslers Plan, die Bundesbeteiligungen zu verkaufen, ist nur ein weiteres Mosaiksteinchen in dem Plan der FDP, den Staat zu entmachten. Er soll sich aus dem Leben der Menschen und ganz besonders aus der Wirtschaft zurückziehen. Der Markt werde schon alles richten, schließlich lenkt ihn eine "unsichtbare Hand", wie Adam Smith dies beschrieb. Der Markt ist unerreichbar effektiv.

Das dies nur ein Mythos ist, wissen alle, die sich mit dem "effektiven" Markt beschäftigt haben. Sich selbst überlassen muss ein Markt versagen, da er in Anarchie versinkt. Die Privatisierung von Staatsunternehmen mag wie ein Königsweg erscheinen, um die Versorgung der Bürger zu verbessern, doch er endet in einem Durcheinander, in der die meisten mehr zahlen, und nur einige wenige kassieren. Deshalb kauft auch Neuseeland, das bis in die 1990er Jahre fleißiger als alle anderen Länder der Erde seine Staatsbetriebe privatisiert hat, diese nun nach und nach wieder zurück. Denn überlässt der Staat der Privatwirtschaft das Feld, dann stirbt die Gemeinschaft.

Die FDP hängt jedoch immer noch dem Märchen vom effektiven Markt an, schließlich profitiert von den Privatisierungen ihre Klientel, die richtig Reichen; denn ist der Staat erst einmal geschwächt, dann hindert niemand sie daran, immense Reichtümer anzuhäufen. Was mit dem Rest der Bevölkerung geschieht, ist dieser Klientelpartei völlig schnuppe. Sie bietet den Staat im Schlussverkauf an und verramscht ihn wie kalten Kaffee.

Da kann man nur hoffen, dass die nächste Bundestagswahl eher das Aus für die FDP als für unseren Staat bedeutet.
J.E.



Samstag, 17. November 2012
Der Selbstmord der privaten Altersvorsorge
Es ist ein Dauerbrenner: Die Rente in Deutschland. Konnte Norbert Blüm noch verkünden: "Die Rente ist sicher", so glaubt dies heute keiner mehr. Doch dies liegt weniger daran, dass Norbert Blüm in den 1980er Jahren Unsinn erzählt hat, sondern vielmehr daran, dass die Politik sich in den letzten zwei Jahrzehnten große Mühe gegeben hat, die Rente zu zerstören.

Einen Meilenstein dazu hat die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder gelegt, als sie beschloss, das Rentenniveau auf unter 50% des durchschnittlichen Nettoverdienstes zu senken. Ziel war es, einen Anstieg des Rentenbeitrags zu verhindern, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Stattdessen sollten die Arbeitnehmer sich privat absichern - denn daran müssen sich die Arbeitgeber ja nicht beteiligen. Die Riester-Rente war geboren - und Lebensversicherungen wurden wieder attraktiver.

Doch die Umwandlung des umlagefinanzierten Rentensystems, bei dem die Beiträge der Arbeitnehmer direkt in den Taschen der Rentner wandern, die davon ihren Lebensunterhalt bestreiten, in ein kapitalgedecktes Rentensystem brachte neue Probleme mit sich: Auf einmal wurde das von den Arbeitnehmern angesparte Geld nicht mehr von den Rentnern für den Konsum ausgegeben, sondern es verschwand in riesigen Pensionsfonds, die weltweit nach Anlagemöglichkeiten suchen. Doch so, wie eine Ware, die es im Überfluss gibt, billiger wird, so wird auch Geld, das es im Überfluss gibt, billiger. Der Preis des Geldes sind die Zinsen. Und diese sanken in den letzten Jahren ins Bodenlose. Dieser Effekt wurde durch die Finanzkrise (auch hier suchten riesige Geldmengen nach Anlagemöglichkeiten und fanden sie in wertlosen Hypothekenderivaten) noch verstärkt.

Nur: Was erwirtschaftet eine Rentenversicherung, wenn die Zinsen ins Bodenlose stürzen? Richtig: Kaum noch Überschüsse. Und so sanken die Garantiezinsen der Lebensversicherungen von 4% im Jahre 1994 auf heute 1,75%. Doch auch wenn der Garantiezins heute schon niedriger ist als die Inflationsrate (auch bei der Riester-Rente wird ja nur garantiert, dass das eingezahlte Geld wieder ausgezahlt wird - der Garantiezins beträgt also 0%) - und das angesparte Geld somit jedes Jahr weniger wert wird - besteht immer noch die Gefahr, dass viele Rentenversicherungen, die heute die hohen Garantiezinsen der Vergangenheit erwirtschaften müssen, in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Deshalb hat der Staat den Versicherungsunternehmen erst erlaubt, eine Zinszusatzreserve zu bilden - und nun erlaubt er den Versicherern auch noch, die Bewertungsreserven nicht an an die Versicherten ausschütten zu müssen. Unter dem Strich bedeutet das weniger Geld für die Versicherten.

Mit diesen Maßnahmen kann die private Altersvorsorge zwar noch etwas länger überleben. Doch am Ergebnis führt kein Weg vorbei: Eine erfolgreiche private Altersvorsorge schaufelt so viel Geld in den Kapitalmarkt, dass die Renditen unter die Inflationsrate sinken. Eine kapitalgedeckte Altersvorsorge sorgt nur dafür, dass das angesparte Kapital langsam wegschmilzt.

Die private Altersversorgung begeht Selbstmord auf Raten. Da bis zu ihrem Tod einige Konzerne jedoch einen großen Reibach machen, wird die Politik wohl weiterhin die private Altersvorsorge bewerben. Denn wer Geld hat, bestimmt die Regeln - und die Bürger sind die Dummen.
J.E.



Samstag, 15. September 2012
Monetäres Methadon
Schon seit geraumer Zeit können Drogensüchtige vom Staat Methadon bekommen. Ihre Sucht verlieren sie dadurch nicht, allerdings reduziert das Programm die Schäden, die mit gewöhnlicher Drogensucht verbunden sind, wie Beschaffungskriminalität oder die Übertragung von ansteckenden Krankheiten bei der gleichzeitigen Benutzung von Spritzen. Gerade bei Heroinabhängigen haben die staatlichen Methadon-Programme große Erfolge zu verzeichnen. Die Abhängigen können ihre Sucht leben, ohne der Gesellschaft zu schaden.

Seit einigen Jahren gibt es auf den Weltmärkten jedoch eine weitere Drogen, die die immense Schäden anrichtet: Billiges Geld. Das Monster hat seinerzeit der FED-Guru Alan Greenspan in die Welt gesetzt, der blind den Märkten vertraute und offensichtlich der Ansicht war, dass es nicht genug billiges Geld geben könnte - immerhin erreichten die FED-Zinsen unter seiner Ägide ungeahnte Minimalrekorde.

Der Ausgang der Geschichte ist bekannt: Dank des billigen Geldes des Drogenbarons Greenspan bildeten sich mehrere Blasen in der Wirtschaft wie der Internethype und die Hypothekenblase in den USA. Letztere wird allgemein für die aktuelle Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht, obwohl ihr Grund eher in den endlosen Spekulationen zu suchen ist, die die weltweiten Banken mit den Hypotheken ihrer Kunden anzettelten.

Wie auch immer, die Junkies des leichten Geldes wurden von den meisten Staaten als systemrelevant eingestuft, die Staaten verschuldeten sich, damit diese ihre Geschäfte weiterführen konnten und um die von ihnen in den Abgrund getriebene Wirtschaft am Leben zu halten. Aus der Hypothekenkrise wurde die Schuldenkrise der Staaten - und die Junkies und Drogenhändler waren wieder einmal aus dem Schneider und taten so, als ginge sie diese besondere Art der Beschaffungskriminalität nichts an.

Als Rettung gegen die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld sehen die Politik und die Notenbanken ausgerechnet die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld. So als würde der Drogensumpf austrocknen, wenn man ihn immer neu flutet. Anfangs waren vor allem die Notenbanken der USA und Großbritanniens hier aktiv, seit neustem mischt auch die EZB bei der Drogenausgabe kräftig mit. Der deutsche Bundesbankpräsident Weidmann warnt zwar davor, "dass Notenbank-Finanzierung süchtig machen kann wie eine Droge" (so in einem Spiegel-Interview), doch welcher Süchtiger ist schon rationalen Argumenten zugänglich?

Viel lieber beschafft man immer mehr Drogen - und freut sich dann auch, als das Bundesverfassungsgericht die Drogenbeschaffung über den europäischen Stabilitätspakt nicht behinderte. Der Drogen und Aktienindex DAX schoß nach der positiven Entscheidung des Gerichts zumindest deutlich in die Höhe.

Die Finanzwirtschaft lebt auf Droge. Und schadet damit der Realwirtschaft und unserer Gesellschaft.

Da können wir nur hoffen, dass wir bald ein monetäres Methadon finden, um die Schäden für unsere Gesellschaft zu reduzieren.
J.E.



Sonntag, 9. September 2012
Unsere demente Regierung
Bei einer Demenz, so lehrt uns Wikipedia, ist vor allem das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Demente Personen können sich nicht mehr an das erinnern, was sie in den letzten Wochen, Monaten oder Jahren getan oder erlebt haben, obwohl ihnen Erinnerungen aus ihrer Jugend noch gut präsent sind.

Nun hat unsere Sozial- und Arbeitsministerin, Ursula von der Leyen, eine Entdeckung gemacht, die an der intellektuellen Leistungsfähigkeit unserer Regierung zweifeln lässt. Dass Bundearbeitsministerium hat nämlich berechnet, dass selbst Normalverdiener mit einem Gehalt von 2500 Euro im Monat mit Altersarmut rechnen müssen, weil die staatliche Rente im Jahr 2030 viel zu gering sei. Große Verwunderung bei der Politik. Sollte die staatliche verordnete Rentenkürzung tatsächlich dazu führen, dass die Rentner weniger Geld im Portemonnaie haben?

Kleine Rückblende: In selten gesehener Eintracht haben die rotgrüne Bundesregierung in einer großen Koalition mit der schwarzgelben Opposition Anfang der 2000er Jahre das Rentensystem umgestellt. Das staatliche Rentenniveau soll von heute etwa 51% des Nettolohns auf 43% des Nettolohns im Jahr 2030 sinken. Begründet wurde dies damit, dass man der jungen Generation nicht zumuten könne, im Umlageverfahren immer größere Anteile ihres Einkommens in die Rentenkasse einzahlen zu müssen. Stattdessen sollten sich die Menschen, und auch die jüngere Generation, lieber privat versichern und ihr eigenes Vermögen ansparen.

Das klingt ja erste einmal vernünftig. Nur: Die Armen haben kaum genug zum Leben - und sicher nicht genug, um ein Vermögen fürs Alter anzusparen. Bei ihnen wird nur gekürzt. Auch teilten sich früher Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Kosten für die Rente - nun zahlt der Arbeitnehmer allein. Die Rentenreform stürzte die Armen in bittere Armut und hatte nur für Arbeitgeber und Versicherungen Vorteile. Mit dieser Reform hat die rotgrüne Koalition die Konservativen rechts überholt - weshalb diese der Reform wohl auch so problemlos zugestimmt haben. Und nun wundern sie sich, was sie da beschlossen haben.

Gibt es irgendwo ein nettes Pflegeheim, wo man unsere dementen Politiker pflegen lassen kann - bevor sie weiteren Schaden anrichten können?
J.E.



Samstag, 25. August 2012
Wir retten die Wirtschaft
Waren das nicht hehre Worte nach der Bankenkrise? Mit riesigen Geldmengen im im Milliardenbereich sollte die Wirtschaft der von der Finanzkrise betroffenen Länder gerettet werden. Der damalige US-Finanzminister Paulson machte damals zur Rettung der amerikanischen Wirtschaft im ersten Schritt sogar sagenhaft 700 Milliarden US-Dollar flüssig.

Damit die Wirtschaft wieder in Schwung kam, brauchte es Geld von den Banken, also wurden die Hilfsmittel im wesentlichen den Banken zur Verfügung gestellt, die sonst aufgrund ihrer grenzenlosen Zockerei der Reihe nach insolvent gegangen wären. Die einzelnen Hypothekennehmer, die die Krise ebenfalls in die Privatinsolvenz und Armut stieß, wurden mit ihrem Schicksal allein gelassen. Denen wollte der US-Finanzminister nicht helfen. Und so, wie die USA es vormachten, taten es alle Länder der Welt.

Alle Länder der Welt? Nein, ein besonders hart von der Finanzkrise getroffenes Land im nördlichen Atlantik verfolgte die genau entgegengesetzte Taktik . In Island ließ der Staat die Banken pleite gehen oder übernahm sie, damit die Geldversorgung der Bevölkerung gesichert war. Gleichzeitig wurde die Staatsanwaltschaft gegen die Banker aktiv, mehr als hundert Verfahren laufen in dem kleinen Land, das selber kaum mehr als 300.000 Einwohner hat - und man half den Hypothekennehmern, damit diese ihre Kredite weiter bezahlen konnten.

Und was sind die Folgen, dieses unerhörten Vorgehens? Während die US-Wirtschaft wohl nur mit mageren 1,5 Prozent in diesem Jahr wachsen und die Eurozone sogar nur stagnieren wird, wächst die Wirtschaft in Island um satte 4 Prozent.

Wie kann das sein, wo doch die USA und die Länder der Eurozone so viel Geld in die Wirtschaft investiert hat? Vielleicht, weil die Wirtschaft einfach nichts produziert, wenn es keine Kunden gibt, die die Waren erwerben könnten?

Und so steckt die Wirtschaft, und hier im konkreten die Finanzwirtschaft, das Geld lieber in Spekulationen mit Rohstoffen und Aktien - während die Wirtschaft real weiter vor sich hin siecht. Vielleicht hatte Keynes doch nicht so ganz unrecht, als er meinte, man kann eine Wirtschaft nur dann wieder in Schwung bringen, wenn man die Nachfrage in Schwung bringt.

Aber Keynes ist für unsere neoliberalen Politikern, die sich fast nur von den Wölfen der Finanzwelt beraten lassen, natürlich ein rotes Tuch. Und so retten wir weniger die Wirtschaft - als vielmehr die Konte der Spekulaten.
J.E.



Samstag, 30. Juni 2012
Verschwörung gegen Europa?
Verschwörungstheorien sind ja gerade in den USA sehr beliebt. So soll die CIA mit der Mafia verantwortlich für die Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy sein. Die CIA habe auch wieder ihre Finger bei den Attentaten vom 11. September 2001 im Spiel gehabt. Und die Mondlandung habe nie stattgefunden, sondern sei nur in einem Fernsehstudio produziert worden.

Dass Verschwörungstheorien jedoch nicht nur in den USA gerne gemocht werden, zeigte ausgerechnet die altehrwürdige ARD in der Sendung Plusminus vom 27.06.2012. Hier wurde die Frage aufgeworfen, wieso die angelsächsischen Rating-Agenturen vor allem kontinentaleuropäische Länder und Banken im Visier haben, obwohl doch die Schuldensituation und gesamtwirtschaftliche Situation in den USA und Großbritannien kaum besser als in Griechenland sei.

Fast habe man den Eindruck, die Krise sei inszeniert, so auch der Wirtschaftsprofessor Max Otte, der schon früh vor dem Crash von 2007/2008 gewarnt hatte. Denn die im Vergleich zu den USA und UK schlechte Bewertung kontinentaleuropäischer Länder führe zum einen dazu, dass die Zinsen für Staatsschulden immens stiegen, und zum anderen sänken die Aktienkurse und machten kontinentaleuropäische Unternehmen vergleichsweise billig.

An hohen Zinsen für Staatsanleihen und der Möglichkeit, gut laufende Unternehmen billig übernehmen zu können, verdienen vor allem Hedge-Fonds aus den angelsächsischen Ländern. Stutzig macht nur, dass sich auch die Rating-Agenturen im Besitz solcher Hedge-Fonds befinden. Ein Schelm, wer böses dabei denkt...

Auch wenn Verschwörungstheorien zumeist mehr über den wirren Geisteszustand des Verkünders als über die tatsächlichen Zustände in der Welt aussagen - man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als trieben die Hedge-Fonds mit ihren völlig unkontrolliert einsetzbaren Milliardenvermögen ein schmutziges Spiel auf Kosten der kontinentaleuropäischen Länder. Und immer noch traut sich keiner, der internationalen Finanzmafia die Stirn zu bieten.
J.E.