Samstag, 5. August 2023
Es ist nicht zu glauben…
Lässt man die letzte Wahl in den USA Review passieren, dann fallen einige Details auf:

- Nach der Wahl hat Donald Trump den Wahlleiter in Georgia aufgefordert, noch ein paar Stimmen für ihn zu finden, was dieser jedoch verweigerte.

- Zudem wurde die Läge verbreitet, dass die Wahlmaschinen nicht ordnungsgemäß funktionierten. Fox News, das diese Lüge besonders lautstark verbreitete, musste an den Hersteller der Wahlmaschinen mittlerweile 787,5 Millionen Dollar zahlen, um einen Prozess zu vermeiden.

- In Michigan haben 16 Republikaner versucht, sich als Wahlmänner eintragen zu lassen, um für Donald Trump zu stimmen – obwohl dieser gar nicht gewonnen hatte.

- Als das alles nichts half, stürmten Trumps Anhänger das Kapitol, um die Ernennung von Joe Biden zum neuen Präsidenten zu verhindern.

- Da auch das nicht den Erfolg brachte, die Wahl für Donald Trump zu sichern, verfolgen Republikaner umso stärker die Strategie, die Wahlkreise so zuzuschneiden, dass nur sie gewinnen können – doch auch das wurde ihnen nun von einem Gericht verboten, zumindest in North Carolina.

Zugleich gab es zahlreiche Behauptungen, dass die Demokraten die letzte Wahl gefälscht hätten. Bis heute konnte dies jedoch in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden. Dennoch glauben Millionen Amerikaner, dass die Demokraten die Wahl gestohlen und die Republikaner sich fair haben…
K.M.



Donnerstag, 22. Juni 2023
Wer weint denen schon eine Träne nach?
Wir leiden gerade alle mit: Vor ein paar Tagen verschwand der Tauchroboter „Titan“, der ein paar Millionäre (oder waren es Milliardäre?) zum Wrack der Titanic bringen sollte. Fünf Männer waren an Bord, die für dieses Abenteuer etwa eine Viertelmillion bezahlt haben. Als man den Kontakt verlor, wurde die US-amerikanische und kanadische Küstenwache informiert, die sofort eine großangelegte Suche startete. Immerhin steht das Leben von fünf Menschen auf dem Spiel.

Vor gut einer Woche kenterte ein Flüchtlingsboot, das mit etwa 700 Flüchtlingen komplett überfüllt war. Gut hundert Flüchtlinge konnten gerettet werden, die meisten starben wohl in den Fluten. Diese Meldung schaffte es auch in die Nachrichten – aber sie war keine so große Meldung wie das Abenteuer der Millionäre. Es handelte sich hier ja auch um arme Leute. Und irgendwie scheint für die unser Mitgefühl nicht so groß zu sein.

Die Armen sind ja auch Menschen, die erst einmal unsere Hilfe brauchen – und unser Geld will. Ein Millionär verpestet mit seinem Lebensstil zwar die Umwelt (was sucht man auch in 3800 Meter Tiefe, nur um ein Wrack zu sehen?), aber wenigstens will er kein Bürgergeld. Er betreibt allenfalls Steuervermeidung – und erzeugt damit einen Schaden, der höher ist als jede finanzielle Zuwendung, die ein Flüchtling je bekommen könnte. Doch das kreiden wir ihm nicht negativ an, auch wenn es einen immensen Schaden für die Gesellschaft erzeugt.

Im Mittelalter hatte der Adel alles, die Bürger nichts. Wenn man die Geschichte der Menschheit erzählt, dass ist es die Geschichte von Päpsten, Königen und Grafen. Der einfache Mensch kommt nicht vor. Obwohl wir uns seit etwa 2000 Jahren als Christen bezeichnen und seit einigen Jahrzehnten in einer Demokratie leben, kennen wir immer noch den feinen Unterschied zwischen „wichtigen Menschen“ und dem Rest.

Und nur den wichtigen Menschen gilt unsere Aufmerksamkeit. Wer weint den anderen schon eine Träne nach?
K.M.



Freitag, 9. Juni 2023
Gleichbehandlung
Letztes Wochenende kam es in Leipzig zu Demonstrationen von Linken gegen die Verurteilung einer linken Aktivistin, die gewaltsam gegen Rechtsextreme vorgegangen war. Die meisten Demonstranten waren friedlich, doch ein paar Autonome bewarfen die Polizei. Diese griff daraufhin hart durch und kesselte hunderte von Demonstranten für elf Stunden ein. Eine Möglichkeit, zur Toilette zu gehen, gab es nicht. Wasser wurden nach Stunden vom Roten Kreuz bereitgestellt. Alle Eingekesselten haben eine Anzeige wegen Landfriedensbruch bekommen – auch die, die nur friedlich demonstriert haben. Und das war die Mehrheit der Eingekesselten.

Im Jahr 2018 kam es in Chemnitz am Rande einer rechten Demo zu einer Hetzjagd auf Ausländer. Die Polizei wollte davon nichts mitbekommen haben, der damalige Verfassungsschutzpräsident Maaßen leugnete dies anfangs sogar und verlor dann seinen Job, als die Hetzjagd nachgewiesen wurde. Und wie viele gewaltbereite Rechte wurden damals festgenommen? Wurden die Demonstranten gar eingekesselt? Nein. Wieso auch. Die Gewalt ging diesmal ja von Rechten aus. Und das scheint für die Polizei immer noch einen Unterschied zu machen.

Während man Rechte machen lässt, geht man gegen Linke mit aller Härte vor – und befasst sich auch nicht mit der Frage, ob man vielleicht Unschuldige einsperrt. Dieses Vorgehen hat Tradition. Beim G7-Gipfel 1992 in München kesselte die Münchener Polizei friedliche Demonstranten ein und hielt sie stundenlang fest. Später zog die Polizei einzelne Demonstranten gewaltsam aus dem Kessel. Es wurde von Fußtritten und Nierenschlägen berichtet. 480 Personen wurden festgenommen und in Handschellen abgeführt. Zudem wurde Anzeige gegen Nötigung gestellt (die Polizei war ja genötigt worden, Maßnahmen zu ergreifen, wie sie beteuerte), doch es kam zu keiner Verurteilung, Stattdessen wurde den Demonstranten ein Schmerzensgeld zugestanden – in Höhe von 50 D-Mark.

Bei diesen Randbedingungen besteht nun wirklich kein Grund, Rechte und Linke gleich zu behandeln.
P.H.



Freitag, 14. April 2023
Dolchstoßlegende
An diesem Wochenende werden in Deutschland die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet. Gerade Politiker der Union und der FDP sprechen sich dagegen aus. Der bayerische Ministerpräsident Söder bezeichnete dies „als Fehler und als Sünde“. Aber was soll man machen: Die Grünen wollen den Ausstieg, also bekommen sie den Ausstieg. Die Grünen handeln ja nur ideologisch und nicht rational.

Bei all der Kritik der Union und der FDP gegen den Atomausstieg sollte man einen Moment innehalten und sich fragen, wer diesen Ausstieg denn 2011 beschlossen hat? Das war eine Koalition von Union und FDP. Doch nun wollen sie den Grünen die Schuld in die Schuhe schieben. Sollte etwas mit der Energieversorgung schiefgehen: Die Grünen sind schuld!

So wie zum Ende des ersten Weltkrieges die verräterischen Linken den siegreichen Truppen des Deutschen Reiches den Dolch in den Rücken gestoßen haben…

Dabei hatte die Union nicht nur den Atomausstieg beschlossen, sondern sie war es auch, die tatkräftig den Ausbau der erneuerbaren Energien behindert hat, gerade in Bayern. Nun soll die Ukraine-Krise als Grund dienen, um die Kraftwerke weiterlaufen zu lassen. Dabei hat Deutschland innerhalb eines Jahres die Abhängigkeit von russischem Gas abgeschüttelt und andere Lieferanten gefunden. Und auch die Gaspreise sinken wieder.

Die Union und die FDP möchten die Kraftwerke nicht aufgrund der Ukraine-Krise am Netz lassen, sondern weil sie ihren eigenen Atomausstieg wieder umkehren wollen. Deshalb fordert Söder auch nicht ein Weiterlaufen der Kraftwerke bis zum Ende der Krise, sondern bis zum Ende des Jahrzehnts. Die Union will den Ausstieg von ihrem Ausstieg.

Die Probleme der Kernkraft werden dabei verdrängt. Die Technologie ist gefährlich – wenn ein Gaskraftwerk explodiert, dann brennt es lokal, wenn ein Atomkraftwerk explodiert, dann ist die Kacke am Dampfen, wie man im Ruhrgebiet sagt. Und noch niemand weiß, wohin mit dem Atommüll. Das weltweit erste Atommüllendlager wird gerade in Finnland gebaut. Deutschland sucht noch eine Lagerstätte – wobei Söder schon weiß, dass bayerische Gesteinsschichten dafür nicht geeignet sind. So groß ist seine Zustimmung zur Atomkraft dann auch wieder nicht.

Durch die Angstmacherei der Union und FDP vor einem Blackout ist momentan die Mehrheit der Deutschen dafür, die Atomkraftwerke doch länger laufen zu lassen. Allerdings hängt das stark vom Alter ab. Die jungen Leute sind in der Mehrheit dagegen. Denn die müssen sich um den Dreck noch kümmern, wenn die Alten schon längst in ihren Gräbern verrotten.
P.H.



Samstag, 1. April 2023
Leistung muss sich wieder lohnen
Es gibt keine Partei, die so für das Leistungsprinzip steht wie die FDP. Leistung muss sich wieder lohnen, ist das quasi das Motto dieser Partei, die sich immer wieder beschwert, dass die Leistungsträger in dieser Gesellschaft drangsaliert werden – womit die Gesellschaft nur verlieren könne; denn ohne die Arbeit der Leistungsträger würde es uns allen schlechter gehen.

Und da die Leistungsträger erfolgreich sind und viel verdienen, sorgt die FDP dafür, dass es keine Steuererhöhungen für Reiche gibt und dass die Reichen weiterhin der Solidargemeinschaft fernbleiben können, es also keine Bürgerversicherung gibt.

Doch wie definiert man Leistung? Allein durch das Geld, das man erhält? Da dürfte manch ein Erbe ja besonders viel geleistet haben.

Die FDP hat gerade gezeigt, wie sie selber Leistung definiert. Das von ihr geführte Verkehrsministerium erreicht zum wiederholten Male nicht die Ziele zur CO2-Einsparung – und es hat auch nicht vor, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Und was ist die Folge? Man weicht das Ziel auf. Nun gilt es nicht mehr pro Ministerium, sondern nur noch für die gesamte Regierung. Das passt zu dem, was man bei der Credit Suisse beobachten konnte: Durch Misswirtschaft der Manager geriet die Bank so in Schieflage, dass sie von der UBS übernommen werden musste, um das Bankensystem zu stabilisieren. Dennoch wollten sich die Credit Suisse Manager die Boni ausbezahlen, was erst durch die Schweizer Regierung gestoppt wurde.

Keine Leistung erbringen, aber dennoch keine Nachteile erhalten – das ist es, was die FDP sich unter „Leistung muss sich wieder lohnen“ versteht. Es geht nicht darum, dass sich Leistung tatsächlich wieder lohnen soll, sondern dass man unter dem Deckmantel „Leistung“, möglichst viel in die eigene Tasche wirtschaften kann – womit man dann auch nicht aufhört, wenn die Leistung mal nicht stimmt. Dann kann man ja immer noch die Ziele verändern, so dass man nicht als Versager dasteht.

Die FDP ist nicht die Partei der Leistung, sondern die Partei der Versager, die dennoch abkassieren möchten.
J.E.



Samstag, 4. März 2023
Solidargemeinschaft
Die Krankenkassen machen große Verluste. Wie kann man dem entgegenwirken? Nun, einige behaupten, dass man nur die Flüchtlinge loswerden müsste, und alles werde wieder gut. Die ignorieren jedoch, dass die Krankenkosten der Flüchtlinge vom Staat und nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Nun hat sich der Ökonom Bernd Raffelhüschen mit einem neuen Vorschlag zu Wort gemeldet: Die gesetzlich Versicherten sollen einfach 2000 Euro Selbstbehalt zahlen.

Raffelhüschen warb früher dafür, die umlagenfinanzierte Rente durch eine kapitalgedeckte Rente zu ersetzen, womit er als einer der Väter der Riester-Rente gelten kann. Zudem ist er Lobbyist für die „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“, die sich zwar sozial nennt, aber nur die Interessen von Millionären im Auge hat.

Daher wohl auch der Vorschlag, die gesetzlich Versicherten sollen einen Selbstbehalt zahlen. Denn noch höhere Beiträge für die Versicherung müssten ja auch von den Arbeitgebern bezahlt werden – und das kann einem sozialen Menschen wie Raffelhüschen nicht gefallen.

Man könnte natürlich auch dafür sorgen, dass alle Menschen Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden müssen, also auch die gesunden und gutverdienenden. Aber das würde Beamte wie Professor Raffelhüschen treffen und die Millionäre, für die er sich einsetzt. Das kann ihm also auch nicht gefallen.

Dabei ist das deutsche System der gesetzlichen Versicherung für Arme und der privaten für Reiche und Beamte ja nur entstanden, weil Bismarck die Arbeiterbewegung schwächen wollte. Die Arbeitervereine bot ihren Mitgliedern eine rudimentäre Krankenversicherung. Also führte Bismarck eine gesetzliche ein, die alle Arbeiter verpflichtete, Beiträge zu zahlen – in der Hoffnung, dass die Arbeiter dann kein Geld mehr für die Arbeitervereine hätten. Da die Reichen und Beamten auf Seiten das Staates standen, blieben sie außen vor. Dieses System, dass nur eingeführt wurde, um Arbeiter zu schikanieren, haben wir in Deutschland heute immer noch. Und auch nur in Deutschland.

Was spräche dagegen, dass alle Menschen in Deutschland in die Solidargemeinschaft einzahlen? Eigentlich gibt es dafür nur den Grund, dass einige Menschen nicht solidarisch sein wollen. Dieses Verhalten wird von den bürgerlichen Parteien FDP und Union unterstützt, so dass es in Deutschland wohl nie eine wirkliche Solidargemeinschaft geben wird. Die Spaltung der Gesellschaft soll bestehen bleiben.

Es gibt ja schließlich ein paar Profiteure – und die Verlierer werden mit der Lüge abgespeist, dass die Krankenkassen nur Verluste machen, weil sie die Kosten für die Flüchtlinge übernehmen müssen.
K.M.



Samstag, 18. Februar 2023
Das war mal cool
Zur letzten Bundestagswahl hat die FDP sich unter ihrem Parteichef Lindner als die Partei der Coolen inszeniert: Bilder in schwarz-weiß, den Aufbruch versprechend. Dann kam die Bundestagswahl, und die SPD holte die Mehrheit. Eine Ampel-Koalition wurde geschmiedet, weil nach 16 Jahren unionsgeführter Regierung das eingetreten war, was nach Jahrzehnten Unionsregierung immer eingetreten war: Das Land war zum Stillstand gekommen. Nach Kohl war Deutschland zum kranken Mann Europas geworden, nach Merkel war die Infrastruktur in einem desolaten Zustand und die Zukunftsthemen – Digitales, erneuerbare Energien – waren verschlafen oder verhindert worden. Das Land wollte den Aufbruch, und die FDP versprach den Aufbruch.

Dann kam die FDP in die Regierung – und lebte das Gegenteil. Ganz so stimmt die Aussage nicht, die FDP konnte im bürgerlichen Recht einige Freiheiten ermöglichen und ihre Anliegen durchsetzen. Doch die Themen, über die groß diskutiert wurde, zeigten die FDP nicht als coole Aufbruchspartei, sondern als reaktionäre Blockierer: Ein gerechteres Steuersystem und eine Bürgerversicherung – mit der FDP nicht machbar, da dies ihr Stammklientel, die reichen Ein-Prozent verschrecken würde. Tempolimit auf Autobahnen? Für eine Partei, deren Stammwähler ein Auto nur kaufen, wenn es mehr als 400 PS hat, nicht machbar. Ausstieg aus der Atomenergie und Förderung der erneuerbaren? Hier bleibt die FDP lieber konservativ, lässt die Atomkraftwerke länger laufen und behindert so den Ausbau der erneuerbaren Energien; denn wenn der Wind weht, dann werden Windanlagen abgeschaltet, da Atomkraftwerke nicht schnell heruntergefahren werden können. Und das, obwohl selbst Industriebosse wie der Chef des Chemiekonzerns Wacker einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien fordern.

Als man bei der Bundestagswahl die FDP wählte, wollte man den coolen Aufbruch und bekam die Union. Da ist es kein Wunder, wenn die FDP nun bei den Landtagswahlen verliert; denn wenn man konservative Politik will, dann wählen die Bürger lieber das Original, die Union.

Und cool will die FDP ja nicht mehr sein.
P.H.



Samstag, 4. Februar 2023
Drei mal drei ist sechs
Waren das noch angenehmen Zeiten, als Pippi Langstrumpf ihre Abneigung zur Schule in dieser Liedzeile verewigen durfte. Damals verband man mit Schule vor allem einen Eingriff in die gepflegte Pause. Nichts zu lernen, das war damals ein Traum. Nichts zu lernen ist heute ein Alptraum.

Unsere Welt ist nun einmal komplizierter als im Mittelalter, wo man nur der Kirche und den Fürsten gehorchen musste und das technisch komplizierteste Gerät im Haushalt ein Messer war. Wir müssen heute viel mehr lernen, wenn wir uns in dieser Welt zurechtfinden wollen. Sonst werden wir Opfer von Betrügern, die uns wahrmachen wollen, dass eine Impfung das Erbgut verändert und die Erde flach ist. Und außerdem kann man jedes Problem damit lösen, dass man die Ausländer rausschmeißt. Einfache Antworten für simple Gemüter.

Die Welt ist aber nicht einfach. Deswegen müssen wir lernen. Und dafür brauchen wir Lehrer.

Der Lehrerberuf war früher ein Traumberuf: Die Eltern erzogen die Kinder, die Lehrer trichterten ihnen Wissen ein, und dazwischen hatten sie auch noch zwölf Wochen Urlaub.

Heute hingegen überlassen viele Eltern das Erziehen der Kinder den Lehrern, weil sie zu stark damit beschäftigt sind, sich selbst zu verwirklichen, von der Arbeit gestresst sind oder einfach keine Lust haben. Die Schule könnte darauf reagieren, indem sie mehr Personal einstellt. Wenn die Gesellschaft sich ändert, müssen die Strukturen sich anpassen. Man musste ja auch mehr Lehrer einstellen, als Mädchen zur Schule gehen durften. Doch stattdessen reduziert man die Studienplätze für Lehrer und versieht diese mit einem Numerus Clausus, damit auch nicht zu viele auf Lehramt studieren. Regelmäßig setzen sich die Kultusminister zusammen, um den Bedarf an Lehrern zu berechnen, und regelmäßig verrechnen sie sich. Einen besseren Beleg dafür, wie schlecht unser Schulsystem ist, könnte die Kultusminister gar nicht liefern.

Doch nun haben sie einen Ausweg aus der Krise gefunden. Die Lehrer sollen einfach mehr arbeiten. Wenn man nicht genug hat, dann müssen die, die noch da sind, einfach mehr tun. Das ist zwar eine ungewöhnliche Art, Menschen zu motivieren, aber dafür wird sie sicherlich schiefgehen.

Das Thema ist nicht neu. Schon seit Jahren klagen wir über Lehrermangel. Doch es ändert sich nichts. Warum?

Das Thema „Klimawandel“ ist nicht neu. Schon seit Jahren wissen wir, dass wir etwas ändern müssten. Doch es ändert sich nichts. Warum?

Es sieht so aus, als habe Lehrermangel und Klimawandel mehr gemein, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Beide haben ein Problem: Die Folgen sieht man erst in Jahren. Die wirklichen Schäden des Klimawandels werden wir erst in einigen Jahren erleben, heute bekommen wir nur einen Vorgeschmack. Die wirklich Folgen des Lehrermangels und der mangelnden Bildung wird unsere Gesellschaft erst in einigen Jahren erfahren. Bis dahin geht doch alles gut. Wir sind nicht sehr gut darin, langfristige Folgen bei unserem heutigen Handeln zu berücksichtigen.

Noch ist nichts passiert, rief der Selbstmörder, als er beim Sprung vom Hochhaus am zehnten Stock vorbeikam.

Viel Spaß beim Fallen
J.E.



Freitag, 6. Januar 2023
Diktatur der Radikalen
Will man in einer Demokratie etwas entscheiden, dann braucht man eine Mehrheit; so lautet zumindest die gängige Meinung. Und autoritäre Regierungen wie die in Polen, Ungarn oder der Türkei versuchen deshalb auch, Mehrheit zu sichern, indem sie die Medien unter ihre Kontrolle und politische Gegner mit fadenscheinigen Anklagen vor Gericht bringen.

Doch einige findige Demokratiefeinde an rechten Rand des Spektrums haben herausgefunden, dass man gar keine Mehrheit mehr braucht, um sich durchzusetzen. In den USA läuft gerade ein Trauerspiel um die Wahl des Speakers des Repräsentantenhauses. Obwohl die Republikaner hier die Mehrheit haben, gewinnt ihr Kandidat nicht, weil sich eine kleine, radikale Minderheit der Republikaner weigert, ihn zu unterstützen. Und der Speaker braucht zur Wahl die absolute Mehrheit des Hauses. Letztlich wird die Minderheit einen Kandidaten durchsetzen, der ihr genehm ist.

In Schweden regiert die konservative Partei mit der Tolerierung der rechtsextremen Schwedendemokraten. Diese haben nun durchgesetzt, dass Maßnahmen zum Klimaschutz radikal zurückgefahren werden – schließlich glauben Rechtsextreme nicht an den Klimawandel (Rechtsextremismus scheint deshalb so etwas wie eine Religion zu sein – denn die Wissenschaft weiß, dass es ihn gibt).

Und in Israel haben die rechtsextremen Partner der konservativen Likud-Partei durchgesetzt, dass Gesetze geändert werden. So können nun auch Vorbestrafte Minister werden (sonst wäre ein Rechtsextremer nicht Minister geworden) und in Zukunft soll das Parlament mit einfacher Mehrheit Urteil des Obersten Gerichts abändern können, womit die Regierung allmächtig wird – und die Regierung steht unter der Fuchtel der Extremisten.

Obwohl sie keine Mehrheit haben, haben Radikale also einen Weg gefunden, die Politik ihres Lande zu bestimmen.

Allerdings nur, weil ihnen wieder einmal konservative Kräfte dabei behilflich sind…
J.E.



Samstag, 26. November 2022
Andere Maßstäbe
Nun hat die Union dem Bürgergeld in einer abgespeckten Form doch noch zugestimmt, doch vorher war sie sehr unzufrieden damit. Markus Söder, der bayerische Ministerpräsident, war der Ansicht, dass das Bürgergeld sozial ungerecht sei, weil dadurch Nichtarbeiten beinahe so lukrativ wird wie Arbeiten. Man würde die hart arbeitende Bevölkerung deshalb benachteiligen. Das Geld dürfe den Menschen nicht einfach so in den Schoss fallen.

Ein paar Tage später regte sich Markus Söder schon wieder auf. Da war aufgefallen, dass aufgrund der steigenden Immobilienpreise gerade in Oberbayern der Freibetrag der Erbschaftssteuer oftmals nicht ausreicht, damit die Eltern ihr Häuschen steuerfrei an die Kinder vererben können. Nun würden hohe Steuern anfallen. Das fand Herr Söder ebenfalls ungerecht, und so forderte er eine Erhöhung der Freibeträge.

Bei der Erbschaft fällt den Menschen zwar auch Geld in den Schoss ? aber bei diesen Menschen handelt es sich um reichen Menschen, da muss man als Unionspolitiker natürlich ganz andere Maßstäbe anlegen.
J.E.