Freitag, 19. Dezember 2014
Die gespaltene Münze
Der Kapitalismus, so lehrt uns schon Adam Smith im 18. Jahrhundert, ist vor allem so erfolgreich, weil er Arbeitsteilung nutzt. Es ist nicht mehr ein Handwerker, der ein ganzes Produkt herstellt, sondern unterschiedliche Arbeiter führen unterschiedliche Produktionsschritte durch, die dann in einem Produkt münden. So kann man viel mehr Güter herstellen, als wenn jeder das gesamte Produkt herstellen würde.

Diese Arbeitsteilung, die Produktion genormter Produkte am Fließband, war sicherlich ein Erfolgspfeiler der modernen Wirtschaft. Ohne sie wären die Produkte, die wir benutzen, viel teurer und viele von uns könnten sich nur einen Bruchteil von ihnen überhaupt leisten.

Aber wie es so oft der Fall ist, wenn eine Idee auf einem Gebiet erfolgreich war, versucht man diese Idee auf anderen Gebieten anzuwenden, wo sie eigentlich mehr schaden als nutzen. Nachdem der Kapitalismus die Arbeitsteilung eingeführt hatte, teilten die Volkswirtschaften ab dem Zeitalter der Globalisierung, welches um 1980 Fahrt aufnahm, die Wirtschaft in Konsumenten und Produzenten. Bisher hatte die Bevölkerung eines Landes die Produkte, die sie herstellte, auch weitestgehend selber konsumiert, finanziert aus den Einkünften, die sie bei der Produktion erhielt. Nun kam man auf die Idee, die Produktion in ferne, billige Länder zu verlagern, und diese Produkte dann nur noch vor Ort konsumieren zu lassen. Wie ein Konsument, der nicht produziert, Geld für den Konsum erhalten sollte, blieb ein Rätsel. Die steigenden Arbeitslosenzahlen und sinkenden Einkommen zeigten, dass dieses Rätsel nicht wirklich gelöst wurde.

Das Internet, welches um das Jahr 2000 anfing, unsere Welt zu dominieren, machte eine weitere Spaltung alltäglich: Die Aufspaltung zwischen Kunde und Nutzer.

Wenn man ein Auto kaufte, dann war man zugleich der Kunde des Herstellers wie auch der Nutzer des Produkts. Doch schon das Privatfernsehen verdiente sein Geld nicht durch die Zuschauer, sondern durch die werbetreibende Industrie. Die Zuschauer sind die Nutzer, die Industrie die Kunden. An den Kunden richtet man das Programm aus, was deshalb seicht und kritiklos ist - man könnte ja sonst die werbetreibende Industrie vergraulen.

Dieses Prinzip hat das Internet nun zum Lebensprinzip erhoben: Alles ist "umsonst". Schließlich leben die Internetfirmen ja von der Werbung (die letztlich auch der Bürger zahlt, aber das läuft eher indirekt und wird deshalb nicht wahrgenommen). Die Nutzer des Internets sind die Bürger, die Kunden sind die werbetreibende Industrie. An ihren Bedürfnissen richtet sich das Internet aus. Und ob das wirklich immer im Sinne der Nutzer ist, kann man bezweifeln.

Denn wenn man die zwei Seiten einer Münze trennt, erhält man nur wertlosen Schrott.
J.E.



Freitag, 5. Dezember 2014
Ein Abgesang
Eigentlich hätte es ein Anlass zur Feier sein können: Vor 125 Jahren, im Jahr 1889, war unter Reichskanzler Bismarck in Deutschland die gesetzliche Rentenversicherung eingeführt worden, die erste ihrer Art weltweit, die erstmals auch den Armen der Gesellschaft eine gewisse Grundsicherung im Alter garantierte.

Doch die Situation ist nicht feierlich. Anstatt eine finanzielle Sicherheit im Alter zu bieten, müssen immer mehr Menschen in Deutschland mit Altersarmut rechnen. Die gesetzliche Rente allein, auf die sich viele verlassen, bietet kein sanftes Ruhekissen nach einem Leben voller Arbeit.

"Daher bin ich überzeugt, dass sich künftig nur durch eine Mischung gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge eine angemessene Absicherung im Alter aufbauen lässt", sagte Merkel in Berlin, anlässlich der 125-Jahr-Feier zur Rente. Die gesetzliche Rente vermag nicht mehr zu leisten, was sie einmal leisten sollte.

Doch war der Sinn der Rente wirklich, den Bürgern eine finanzielle Absicherung im Alter zu geben? Als Bismarck die Sozialversicherungen in Deutschland einführte, da lag ihm das Wohl der Arbeiter nicht sonderlich am Herzen. Vielmehr wollte er der immer stärker werdenden Arbeiterbewegung die Mitglieder abspenstig machen, indem er den Staat als soziales Organ etablierte. Das funktionierte zwar nicht, bescherte den Deutschen aber die Kranken- und Rentenversicherung.

Wie schon zu Bismarcks Zeiten, so war es lange die Regel, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber anteilig an den Sozialkosten beteiligten. Doch in der Krankenversicherung ist der Anteil der Arbeitgeber und eingefroren, zukünftige Steigerungen fallen alleine zu Lasten der Arbeitnehmer. Und in der Rentenversicherung senkt man das Rentenniveau immer weiter ab, damit die Beiträge nicht steigen. So wurde das Erfolgsmodell gesetzliche Rente, die die große Depression in den 1920er Jahren und zwei Weltkriege überstanden hat, zu einer kraftlosen Hülle, die selbst in Zeiten des Wirtschaftswachstums nicht mehr stark genug ist, Armut zu verhindern. Die Rente war sicher, bis die Politik sie verstümmelte.

Bismarck wollte mit der Rente die Arbeiter gewinnen. Das scheint heute nicht mehr nötig zu sein. Die Arbeiterbewegung ist schwach und machtlos. Und so fährt man die Errungenschaften des Sozialstaates, die den Arbeiter an die Gerechtigkeit des Staates glauben lassen sollten, immer weiter zurück.

Auf die Schwachen nimmt man keine Rücksicht.
J.E.



Freitag, 21. November 2014
Rechtsfreier Raum
Manchmal wundert man sich, worauf man als Deutscher alles stolz sein soll. Doch worauf man stolz sein kann - und worüber man sich auch freuen kann - ist die Tatsache, dass man in Deutschland in einer Demokratie lebt, einer Staatsform, in dem das Volk (oder seine Vertreter) Gesetze machen, die dann für alle gelten. Wir leben nicht in einer Diktatur, wo eine kleine Clique von Mächtigen sich eigene Regeln macht.

Nun ja, wenn man hört, welchen Einfluss Lobbygruppen in Deutschland auf das Gesetzgebungsverfahren nehmen, dann kann man sich manchmal schon fragen, ob wir in Deutschland wirklich in einer Demokratie leben. Sollte es dennoch wackere Deutsche geben, die an dieser Behauptung festhalten, so wurden sie nun vom Bundesverfassungsgericht bitter enttäuscht.

Seit geraumer Zeit tun wir uns in der Demokratie mit den Kirchen schwer, diesen eigenartigen Organisationen, die vom Geistigen reden und auf das Körperliche schielen. Seit es Kirchen gibt, geht es darum, welche Macht sie in der realen Welt haben sollen, oder ob sie sich auf allein die geistige Welt beschränken sollen. Jesus hat sich klar dazu geäußert: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist, hat er gesagt. Doch so ganz ohne weltliche Macht wollten die Mächtigen der Kirche nicht sein.

Das bekannteste Beispiel, wo dieser Streit zwischen Kirche und Staat eskalierte, war der Streit zwischen König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Dieser endete im Jahreswechsel 1076/1077 mit dem Gang nach Canossa, wo sich der König dem Papst unterwarf. Die Kirche hatte gezeigt, wer die wirkliche Macht im Staate hat.

Und selbst heute ist es noch so, dass die Kirche ihre eigenen Regeln machen kann, und der Staat tut nichts dagegen, mit höchstrichterlichen Segen. So hat ein katholisches Krankenhaus einem Arzt gekündigt, weil der nach einer Scheidung noch einmal geheiratet hat. Das widerspricht zwar nicht den weltlichen Gesetzen, aber den Gesetzen der katholischen Kirche. In unteren Instanzen hatte der Arzt noch Recht bekommen, und wir hatten Vertrauen in den Rechtstaat. Doch das Bundesverfassungsgericht hat nun entscheiden, dass Gerichte das "kirchliche Selbstverständnis" nur eingeschränkt überprüfen dürfen.

Die Kirche ist in Deutschland ein rechtsfreier Raum. Widersprechen ihre Regeln den staatlichen Gesetzen, dann haben sie trotzdem Geltung. Das Bundesverfassungsgericht ging erneut nach Canossa.

Was bedeutet dies nun in der Praxis? Wenn Sie Kinder schlagen wollen, Ihre Ehefrau rechtlos halten und sonst ihre eigenen Regeln machen wollen, dann gründen Sie am besten eine Kirche.

Aber nennen Sie diese dann bloß nicht islamisch. Geben Sie ihr lieber einen christlichen Namen. Das erweckt dann zumindest den Eindruck, als seien Sie auf der Seite der Guten - auch wenn nur die Verpackung anders, der Inhalt jedoch gleich ist.
P.H.



Freitag, 7. November 2014
Gesundheitsrisiko
Die Krankheit Ebola wütet schon seit Monaten in Afrika. Erste Fälle gab es selbst in Europa und den USA. Doch über die Krankheit in Afrika hat man die Krankheit in Europa vergessen. Damit ist nicht die Schwäche der europäischen Wirtschaft gemeint, sondern das parasitäre Geschäftsmodell des EU-Landes Luxemburg.

Wie Journalisten zahlreicher internationaler Medien in einer beispiellosen Zusammenarbeit herausfanden, hat Luxemburg in großem Stil internationalen Konzernen dabei geholfen, Steuern zu vermeiden. Die Gewinne, die internationale Firmen irgendwo machten und dort hätten versteuert werden müssen, wurden einfach nach Luxemburg umgeleitet - wo sie mit lächerlich kleinen Steuersätzen von unter einem Prozent versteuert wurde. Da es sich hierbei aber um Abermilliarden Euro handelt, blieb genug übrig, damit Luxemburg das reichste Land Europas werden konnte, was das Pro-Kopf-Einkommen angeht (mit 110.000 Dollar ist es mehr als doppelt so groß wie das deutsche mit 44.000 Dollar).

Die Milliarden, die den europäischen Ländern beim Aufbau der Infrastruktur und des Gemeinwesens fehlen, konnten dank der luxemburgischen Großzügigkeit die Firmen in die eigene Tasche stecken - mit einer kleinen Korruptionsbeihilfe an den luxemburgischen Staat.

Aber wir sollten ehrlich bleiben: Wir erwecken gerade den Eindruck, dass das Verhalten der Verantwortlichen in Luxemburg und der internationalen Konzerne illegal war. Das war es natürlich nicht. Wenn ein Staat die Gesetze so strickt, dass Steuervermeidung legal wird, dann war das Verhalten der Firmen völlig legal. Käme Deutschland morgen auf die Idee, Banküberfälle zu legalisieren, dann hätten wir schnell einen neuen, blühenden Geschäftszweig.

Und so haben die Konzerne, die aufgrund der Aufdeckung ihrer Machenschaften nun in er Kritik stehen, natürlich recht, wenn sie sich darauf berufen, dass ihr Verhalten legal war. Dies gilt allerdings nicht, wie sie ebenfalls sagen, für den Diebstahl der Daten, der die Aufdeckung dieses Skandals erst ermöglicht hat. Die Journalisten sollte man an den Pranger stellen, nicht die rechtschaffenden Unternehmen.

Ein Wirtschaftssystem, das unmoralisches Handeln belohnt, kann nicht ganz richtig sein. Aber zum Glück hat die EU-Kommission im Fall Luxemburg die Untersuchung aufgenommen. Und sie wird den Fall mit aller Härte angehen.

Immerhin wird sie von Jean-Claude Juncker geleitet, dem Mann, der als Regierungschef das Luxemburger Modell ins Leben rief. Er kennt schließlich die Details am besten.

Und er hat auch die größte Erfahrung damit, sein eigenes Handeln zu legalisieren.
J.E.



Freitag, 24. Oktober 2014
Ruhe bewahren
Man kennt die US-Amerikaner als wehrhaftes Volk. Bis an die Zähne bewaffnet trotzen sie den Feinden, die mal die Briten sind, die ihre Kolonie wiederhaben wollen, mal die Regierung, die ihr Leben einschränken will, und seit einigen Jahren die Moslems, die radikalen Islamisten, die "das Land der Freien", wie es in der Nationalhymne heißt, als den Teufel identifiziert haben, der ihren totalitären Ideologien im Wege steht.

Von den Kanadiern, den kleinen Nachbarn der US-Amerikaner, hat man verhältniswenig mitbekommen. Auch sie engagieren sich im Krieg gegen Ungerechtigkeiten, doch sie treten weniger martialisch auf als ihre südlichen Nachbarn. Manchmal scheinen die Kanadier die entspannten Nachbarn eines cholerischen Hausbesitzers zu sein.

Doch nun könnte diese Ruhe und Entspanntheit in Gefahr sein. Am 23.10. drang ein Bewaffneter in das Parlamentsgebäude in Ottawa ein und schoss um sich. Ein Soldat starb, bevor der Täter selber erschossen werden konnte.

Bisher war das Parlamentsgebäude kaum bewacht. Das Volk konnte relativ ungehindert zu seinen Vertretern vordringen. Doch nun werden Fragen gestellt, ob man das Gebäude in Zukunft nicht besser bewachen sollte. Nun werden Fragen gestellt, ob man sich in Kanada, ähnlich wie dies die USA schon tun, nicht auf einen permanenten Kampf gegen einen terroristischen Feind im Inneren einstellen sollte.

Doch täte man dies, dann hätten die Terroristen gewonnen; denn der Kampf gegen den Terrorismus, so wie ihn die USA führen, setzt Mittel ein, die man sonst nur aus totalitären Staaten kennt. Anstatt die Freiheit zu preisen und mehren, wird die Freiheit eingeschränkt, um sie zu verteidigen. Der Kriegszustand wird permanent, und die Demokratie verliert.

Als der Terrorist Anders Behring Breivik im Juli 2011 in Norwegen 77 Menschen tötete, war das Land geschockt. Doch es hat sich sein Verhalten nicht von einem radikalen Irren vorschreiben lassen. Die Norweger haben ihr friedliches Land nicht in eine militärische Festung verwandelt, in dem Glauben, damit die Freiheit zu bewahren. Das Leben ging weiter, denn das ist die größte Niederlage der Terroristen.

Hoffentlich sehen das auch die Kanadier so.
P.H.



Freitag, 10. Oktober 2014
Die Festung Europa unter Beschuss
Wenn man an eine Festung denkt, dann stellt man sich so etwas wie die Stadt Carcassonne in Südfrankreich vor, eine Burg mit massiven Mauern, weit oben auf einem Hügel, über dem Elend der Welt gelegen.

So ähnlich stellen sich auch viele Europäer Europa vor. Eine Festung, umgeben von Nordsee, Atlantik, Mittelmeer und den slawischen Steppen, die sich von den Problemen der Welt abnabeln und ihre Reichtum für sich genießen kann. Doch diese Festung Europa merkt nun, dass sie in einer globalisierten Welt nicht nur ihre Produkte gut verkaufen kann, sondern auch mit den Problemen der Welt konfrontiert wird.

So kommen immer mehr Flüchtlinge vor allem aus Afrika nach Europa. Italien wird von den Flüchtlingsmassen geradezu überschwemmt und lässt die Flüchtlinge ohne ordentliche Registrierung einfach weiterreisen, weil Italien mit den Mengen überfordert ist – und es der europäischen Maxime folgt, dass die Probleme kleiner werden, wenn man sie nicht mehr sieht.

Seit Monaten schon wütet die meist tödlich verlaufende Krankheit Ebola in Westafrika. Tausende Menschen starben an der Krankheit, aber Europa und die USA störte das Ganze nicht so sehr. Westafrika ist weit weg, und auch wenn dort Tausende sterben, so sah sich die WHO erst nach Monaten genötigt, den Notstand auszurufen. Nun ist eine Krankenschwester in Madrid erkrankt – und mit einem Male macht man sich richtig Sorgen.

Und dann steht auch noch die extremistische IS-Organisation vor den Grenzen der Türkei. Die grenznahe, kurdische Staat Kobane befindet sich fast in den Händen der IS. Sollten die IS-Kämpfer weitermarschieren, wären sie in kurzer Zeit in der Türkei. Nun gehört die Türkei zwar nicht zu Europa, weil die religiöse Moral nicht mit der Europas vereinbar ist (gute Moslems steinigen unliebsame Frauen als Ehebrecherin, während gute Christen unliebsame Frauen als Hexen verbrennen). Allerdings gehört die Türkei zur NATO, und damit ist ihr Schicksal an das Europas gebunden. Wird die Türkei in einen Krieg verwickelt, dann wird auch Europa mit hineingezogen. Damit steht die IS-Armee aber vor den Toren Europas.

Eine globalisierte Welt könnte so schön sein, wenn man nur seine Produkte und Waffen verkaufen könnte und sich sonst um nichts kümmern müsste. Aber die Welt ist eben etwas komplizierter und nicht für Egoisten gemacht.
K.M.



Samstag, 27. September 2014
Für mehr Diskriminierung in der Wirtschaft
Die Überschrift mag verwundern. Kann man wirklich mehr Diskriminierung fordern? Gibt es nicht sogar - und das völlig zu Recht - ein Gesetz, welches sich gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts, der Hautfarbe oder der Religion fordert? Nun gut, bei Religion ist das Gesetz etwas nachsichtig, immerhin sollen die christlichen Unternehmen in Deutschland die Möglichkeit haben, Andersgläubige auszugrenzen.

Aber erst einmal ist Diskriminierung unmenschlich und sollte mit allen Mitteln bekämpft werden. Ohne Wenn und Aber.

Aber... keine Regel ohne Ausnahme.

Am gestrigen Freitag hat die EU-Kommission voller Stolz das mit Kanada ausgehandelte Freihandelsabkommen CETA vorgestellt. Natürlich enthält dieses Abkommen auch einen Passus über geheime Schiedsgerichte, die verhandeln sollen, wenn Unternehmen meinen, dass sie im Partnerland benachteiligt, also diskriminiert würden. Und dies könnte bei der Kennzeichnung für die kanadischen Ölsande passieren.

Die Förderung des Öls aus Kanadas Sanden ist hochgradig umweltschädlich. Die EU hat deshalb ins Gespräch gebracht, dass diese Öle besonders gekennzeichnet werden, damit der Kunde weiß, was er hier kauft. Das schmeckt den Ölunternehmen natürlich gar nicht. Nachher kauft niemand diese Öle, nur weil sie so umweltschädlich hergestellt werden. Die Ölindustrie fühlt sich von der EU diskriminiert - und wäre damit potentiell einer der ersten Kandidaten, die mal die Effektivität der geheimen Schiedsgerichte ausprobieren könnten. Frei nach dem Motto: Wenn ich meinen Müll nicht verkaufen kann, dann soll der Staat mich doch bitte dafür entschädigen.

Das erinnert an die Debatte über die Kennzeichnung von Gen-Nahrung. In der EU wird gentechnikfreie Nahrung gekennzeichnet. In den USA ist dies verboten. Die Kennzeichung sei irreführend und erwecke den Eindruck, dass Gentechnik ein erhöhtes Risiko berge als nicht gentechnisch veränderte Nahrung, so der Industrieverband der Gentechniker. Deshalb wolle man den Verbraucher nicht verunsichern und verzichtet lieber auf die Kennzeichnung. Sie sei diskriminierend.

Doch der Verbraucher würde schon gerne wissen, welche Nahrung gentechnisch verändert ist und welche nicht. Und er würde schon gerne wissen, welche Produkte umweltschädlich hergestellt werden, und welche umweltschonend. Hält uns die Industrie diese Information vor, dann stört sie den Markt.

Ein Markt kann nur funktionieren, er kann nur frei einen fairen Preis finden, wenn alle Informationen allen bekannt sind. Hält eine Seite wichtige Informationen zurück, dann muss ein Markt versagen. Für diese Erkenntnis bekam der amerikanische Ökonom Joseph Stiglitz im Jahr 2001 den Nobelpreis. So neu ist die Erkenntnis also nicht.

Mit ihrer Forderung gegen Diskriminierung wollen die Unternehmen also ein Marktversagen herbeiführen, von dem alleine sie profitieren. Wenn die Kunden dumm gehalten werden, kann man ihnen jeden Preis abnehmen. Fair ist der sicherlich nicht.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir in der Wirtschaft endlich mehr Diskriminierung haben.
J.E.



Samstag, 13. September 2014
In Go(l)d We Trust
Der amerikanischen Zentralbank ist einmal, so geht die Geschichte, ein peinlicher Fehler unterlaufen: Anstatt "In God We Trust" auf die Dollarscheine zu drucken, habe man "In Gold We Trust" auf die Geldscheine gedruckt. Der Fehler fiel auf, und man habe die Scheine schnell vernichtet.

Schließlich hat Jesus Christus während seiner Zeit auf Erden eine klare Trennlinie zwischen religiösen und weltlichen Dingen gezogen. In Matthäus 22:21 heißt es: "So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!" Weltliche Dinge haben in der Welt der Religion nichts zu suchen.

Nur scheinen gerade die Gralshüter der Religion damit wenig anfangen zu können - im Gegenteil. So zeigte die ARD Anfang dieser Woche eine beeindruckende Reportage, in der Journalisten versucht haben, den Reichtum der Kirchen in Deutschland zu ermitteln. Doch während Konzerne ihre Bilanzen offenlegen müssen, kann die Kirche ihre Vermögen verschleiern. Und sie ist sich nicht zu schade, dieses Vermögen mit Hilfe von Briefkastenfirmen und anderen Tricks zu verbergen. So ist es nicht möglich, das Vermögen der Kirche in Deutschland anzugeben. Man kann es nur auf mehrere Milliarden Euro schätzen.

Die weltlichen Besitztümer scheinen der Kirche am Herz zu legen. Die Vatikanbank soll in den 1980er Jahren im Besitz eines Unternehmens gewesen sein, welches auch Kondome herstellte. Als dies öffentlich wurde, verkaufte die Kirche, die Verhütung verteufelt, diese Firma flugs an ein anderes Unternehmen. Welches auch der Kirche gehörte...

"Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt", wie es in der Bibel heißt. Der Reichtum der Kirche stehe nicht im Widerspruch zu dieser religiösen Aufforderung zur Armut, wie Spötter meinen. Dadurch, dass sie den Reichtum der Welt aufsammele, ermögliche sie schließlich vielen Menschen den Weg in den Himmel...

Aber um weltlichen Reichtum und Macht geht es nicht nur den christlichen Kirchen. Auch den islamischen Fanatiker, die eine von der Religion bestimmte Welt anstreben, geht es nur um weltliche Macht. So hat die ISIS den Kampf im Irak und Syrien noch nicht gewonnen, aber schon einmal ein Kalifat ausgerufen. Nicht die Seelen der Menschen interessieren diese "Religiösen", nur der schnöde Mammon zählt.

In God we trust, in Gold we trust. Einen wirklichen Unterschied gibt es hier nicht.
P.H.



Samstag, 30. August 2014
Der Geburtstag
Dieser Tage begehen wir einen Geburtstag. Genau genommen sind es sogar zwei Geburtstage: Der Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und der Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren.

Sicherlich gibt es schönere Gründe für eine Feier. Doch uns Menschen scheint dies zu genügen - und so feiern wir diesen "Geburtstag" entsprechen.

Die Ukraine versucht, sich aus dem Machtbereich Russlands zu entfernen - und bezahlt dafür. Separatisten im Osten der Ukraine bekämpfen die Regierung in Kiew. Erst vermutete man nur, dass Russland die Separatisten mit Waffen belieferte, nun scheinen russische Truppen direkt in den Konflikt einzugreifen. Es häufen sich die Berichte, dass russische Soldaten in die Ukraine einmarschiert sind. Die Ostukraine wird sogar schon als Neurussland bezeichnet. Geschichte wiederholt sich.

Gleichzeitig kämpft die islamistische Terrorgruppe ISIS weiter für ihren Traum eines Kalifats im Nahen Osten. Millionen Menschen sind im Irak und Syrien auf der Flucht vor einer Miliz, die sich gottesfürchtig und religiös gibt und damit zeigt, dass Religion nichts mit Menschlichkeit zu tun hat. Um das höhere Ziel eines reinen Gottesstaates zu erreichen, werden die Rechte der Menschen mit Füßen getreten. Das Leben eines Menschen ist weniger wert als das eines streunenden Hundes. Für Gott scheint der Mensch nichts anders als eine Kakerlake zu sein. Das Leid der Schützengräben und der Terror der "Übermenschen" waren nicht nur eine schreckliche Episode in der menschlichen Geschichte.

Zugleich beschossen sich für Wochen die Truppen Israels und der Hamas im Gaza-Streifen. Seit einigen Tagen gibt es einen Waffenstillstand, der tatsächlich noch hält. Doch wir können schon jetzt prophezeien, dass es wieder zur kriegerischen Auseinandersetzungen kommen wird.

Geburtstage feiert man schließlich regelmäßig.
P.H.



Freitag, 15. August 2014
Ich glaube an die Deutsche Bank...
Es war im Jahr 1978 als Marius Müller Westernhagen mit seinem Lied "Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz" seinen ersten großen Hit hatte. Eine Liedzeile blieb in Erinnerung: "Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die zahlt aus in bar."

Die Deutsche Bank und Geld sind eng verwoben. Was soll man von einer Bank auch anderes erwarten? Doch die Deutsche Bank scheint noch einen Schritt weiter zu gehen. Für sie ist Geld nicht nur Mittel zum Zweck, es ist der ganze Grund ihres Daseins. "Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles", wie es in Goethes Faust heißt. Und ganz besonders das Handeln der Manager der Deutschen Bank.

So gibt es keinen Finanzskandal in den letzten Jahren, bei dem die Deutsche Bank nicht irgendwie beteiligt war. Waren es nun die fragwürdigen Hypotheken-Geschäfte oder die Manipulation des Libor. Überall, wo Geld zu machen war, hatte die Deutsche Bank ihre Hände im Spiel. Und wenn es eben dreckiges Geld war, dann war man auch nicht zu pingelig. Denn wie sagte schon der römische Kaiser Vespasian? "Geld stinkt nicht". Es ist völlig egal, aus welcher Ecke es kommt, Hauptsache ist, es kommt.

Moral scheint bei der Deutschen Bank ein eher esoterischer Begriff zu sein, mit dem man sich nicht weiter beschäftigt. Diese Einstellung scheint bis in den Vorstand zu reichen - und im Allgemeinen stinkt ein Fisch ja auch vom Kopf her. Jedenfalls will die Staatsanwaltschaft nun Anklage gegen den Vorstandsvorsitzenden Jürgen Fitschen wegen versuchten Prozessbetrugs im Kirch-Fall erheben. Ebenfalls wird untersucht, Fitschens Vorgänger Breuer und Ackermann anzuklagen. Zumindest Ackermann weiß ja schon, wie so ein Gerichtsverfahren abläuft.

Gerüchteweise ist die Deutsche Bank momentan weltweit in 1000 Prozessen verstrickt. Zumeist hat sie versucht, ihre Kunden zu eigenen Vorteilen über den Tisch zu ziehen. Verkaufte die Deutsche Bank Drogen, dann wäre die Justiz schon längst gegen sie als kriminelle Organisation eingeschritten. Aber solange es nur ums Geld geht...

Deshalb sollte man an die Deutsche Bank glauben. Sie wird nicht untergehen. Unkraut vergeht nicht.
J.E.