Freitag, 30. Juni 2017
Wider den Populisten
Populisten behaupten, sie würden im Namen des Volkes sprechen, doch sie verwechseln ihre eigene Meinung mit der des Volkes. Konservative behaupten, sie würden im Namen des Volkes sprechen, doch sie sind so davon überzeugt, es besser zu wissen, dass sie sich gar keine Mühe machen, den Willen des Volkes zu eruieren.

Die Mehrheit des Volkes hat nichts gegen eine Ehe für alle – die Konservativen haben dennoch ewig versucht, sie zu verhindern, bis die linken Parteien sie nun doch durchgesetzt haben.

Die Mehrheit des Volkes wünscht sich Informationen über die Qualität ihrer Luft , besonders über die Stickoxide, die von den Dieselfahrzeugen ausgestoßen wurden. In Bayern gab es dazu eine großangelegte Untersuchung, doch die Staatsregierung hält diese Informationen trotz eines Gerichtsurteils, dass sie zur Veröffentlichung verpflichtet, zurück – und akzeptiert lieber, auf Steuergeldern eine Strafe zu zahlen.

Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich bessere Möglichkeiten, gegen Unternehmen vorzugehen, die sie um kleinere Beträge betrügen. Helfen könnte hier eine Musterklage , bei der ein Unternehmen exemplarisch verurteilt wird – und dieses Urteil gilt dann für alle Betroffenen, von denen nicht jeder einzeln gegen das Unternehmen vorgehen muss. Doch die Union blockiert das Gesetz zur Musterklage.

Die SPD stellt ein neues Steuerkonzept vor, bei kleinere Einkommen entlastet, höhere hingegen stärker belastet werden (wobei ein kleines Einkommen für einen Single ohne Kinder unter 100.000 Euro liegt – also schon recht hoch). Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM), die für mehr soziale Marktwirtschaft wirbt, aber die Union dabei unterstützt, eine Politik für eine asoziale Marktwirtschaft zu machen, denunziert das Konzept mit der Behauptung, dass der Reichensteuersatz von 42% nun schon bei 62.000 Euro anfange. Das kleine Detail, dass man heute schon ab 54.000 Euro 42% Steuern zahlen muss, wird von der INSM doch glatt übersehen.

Auch wenn die Konservativen vorgeben, im Namen des Volkes zu sprechen, obwohl sie nur ihre eigene Agenda verfolgen, gelten sie doch nicht als Populisten, sondern als ernstzunehmende Demokraten.

Wenn sie nicht gerade wieder „Kinder statt Inder“ fordern oder eine Maut auf Autobahnen, weil die bösen Osterreicher diese ja auch haben.
J.E.



Samstag, 17. Juni 2017
Glauben heißt Vertrauen
Die ARD zeigt eine Themenwoche mit dem Titel „Woran glaubst du?“. Für viele ist die Antwort klar: Sie glauben an einen Gott, wie auch immer sie ihn nennen mögen. Doch glauben sie wirklich an einen Gott?

Wie erfahren die Menschen von Gott? Niemand kann wirklich behaupten, er hätte einen direkten Draht zu Gott. Die Menschen erfahren von ihm aus den heiligen Schriften, der Bibel, der Tora oder dem Koran. Doch diese Schriften wurden nicht direkt von Gott geschrieben, sondern von seinen Propheten. Sie erzählen uns von Moses, Jesus und Mohammed und anderen Propheten, sie berichten uns davon, was diese Menschen gesagt und erlebt haben. So soll Moses die zehn Gebote vom Berg Sinai hinab getragen haben. Anderen Propheten ist Gott direkt erschienen und forderte sie auf, etwas zu tun.

Doch woher können wir wissen, dass Gott diesen Propheten wirklich erschienen ist? Letztlich müssen wir hier den Propheten glauben. Wenn wir an Gott glauben, dann bedeutet das in erster Linie, dass wir seinen Propheten Vertrauen schenken.

Doch können wir dies? Können wir darauf vertrauen, dass uns die Propheten die Wahrheit sagen?

Manch einer mag einwenden, dass dieses Vertrauen doch dem Vertrauen gleicht, dass wir Wissenschaftlern und Ärzten entgegenbringen, die uns von Quantenwelten und kleinen Viren erzählen, Dingen, die wir genauso wenig sehen können wie Gott.

Doch dieser Vergleich hinkt. Quantenteilchen und manche Viren mag kein Mensch sehen können, doch wir können sie mit Maschinen sichtbar machen, mit Rasterkraftmikroskopen, mit Elektronenmikroskopen. Die Aussagen der Wissenschaft sind für jeden prinzipiell überprüfbar. Die Aussagen der Religion über Gott hingegen nicht. Auch mit der kompliziertesten Technik sind wir nicht in der Lage, Gott auch nur im Ansatz zu erkennen.

Wenn wir an Gott glauben, dann vertrauen wir seinen Propheten.

Doch die Geschichte zeigt, dass viele Propheten dieses Vertrauen skrupellos missbraucht haben.
P.H.



Samstag, 10. Juni 2017
Vogelfrei
Überschreiten die Supermärkte nun eine Grenze? Zumindest gibt es nun einen Aufschrei, weil die Kette real eine Gesichtserkennungssoftware einsetzen will.

Dass wir in Supermärkten von Kameras überwacht werden, weil wir alle potentielle Diebe sind, ist ja schon lange nichts Neues mehr. Doch nun will der Supermarkt nicht mehr nur sehen, dass jemand da ist und ob er eventuell etwas klaut. Jetzt will der Supermarkt auch noch wissen, wer in den Laden kommt, was er sich wie lange angesehen hat, was er letztlich gekauft hat, und wie er auf die Werbung reagierte. Der Mensch als gläserner Kunde. Die Privatsphäre ist aufgehoben.

Doch warum regen wir uns auf? Jeder, der im Internet einkauft, ist ein gläserner Kunde. Firmen wie Amazon registrieren jede Bewegung. Sie merken sich, was wir uns angesehen haben, sie merken sich, was wir gekauft haben – und sie richten ihre Werbung danach aus und sagen uns, dass andere Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, sich auch dafür interessierten.

Im Internet werden wir besser überwacht als George Orwell es sich in seiner Dystopie „1984“ noch vorstellen konnte. Und Orwell konnte sich auch nicht vorstellen, dass diese Überwachung von Privatfirmen durchgeführt würde, sondern nahm noch an, dass es dafür den mächtigen Staat braucht. Doch der ist hier noch nahezu harmlos unterwegs.

Warum nun die Aufregung, wenn Supermärkte in der Realität das tun, was Geschäfte in der virtuellen Welt des Netzes schon seit Jahren durchführen? Haben wir die Überwachung im Internet nicht ernst genommen, weil sie ja schließlich „virtuell“ ist und wir die Kameras nicht sehen können?

Vielleicht realisieren wir nun, dass die Bedrohung nicht die Kameras im Supermarkt sind, sondern das skrupellose Sammeln persönlicher Daten der Internetgiganten wie Amazon, Google und Facebook. Verglichen mit denen ist selbst real mit seiner Gesichtserkennung ein harmloses Kind.

Für die Giganten des Internets ist der Mensch nur eine Ware. Rechtlos und vogelfrei.
P.H.



Freitag, 19. Mai 2017
Mia san mia
Aus bayerischer Sicht ist die Welt einfach: Es gibt uns – und den Rest der Welt. Und der ist potentiell feindlich, weshalb man es zwar erträgt, wenn er für ein paar Tage zum Urlaubmachen vorbeikommt, aber, bittschön, länger soll er dann auf keinen Fall bleiben.

Und so greifen die bayerischen Behörden rigoros durch. Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen wollen, werden in keinem Bundesland so schikaniert wie in Bayern. Flüchtlinge, die vor Krieg und Elend fliehen, werden in Bayern so systematisch behindert wie in keinem anderen Bundesland. Und sie werden in Bayern auch so konsequent abgeschoben, wie in keinem anderen Bundesland.

Allerdings fokussiert sich Bayern bei der Abschiebung nicht so sehr auf potentielle Unruhestifter und Kriminelle, sondern Bayern schiebt mit Vorliebe die wirklich Hilfsbedürftigen ab, wie kleine Kinder oder schwangere Frauen, oder Menschen, die sich gut integriert und schon eine Ausbildung absolviert haben.

Dass man dies am Rande der Legalität tut, stört die bayerischen Behörden nicht. Man will schließlich ein Exempel statuieren. Man will den Menschen zeigen, dass sie in Bayern nicht willkommen sind. Christliche Wert gelten in Bayern nur sonntags während des Gottesdienstes, ansonsten stören sie nur.

Zurück bleiben die Ausländer, vor denen man uns immer gewarnt hat. Wahrscheinlich mit voller Absicht: Sie sollen uns daran erinnern, dass Ausländer nicht zu uns gehören. Mia san mia.

Und alle anderen sind Fremde – und damit Feinde.
K.M.



Samstag, 13. Mai 2017
Die neue Gerechtigkeit
Die neue Steuerschätzung erscheint wie ein Geschenk: Der Staat erwartet Mehreinnahmen in Milliardenhöhe. Und schon wieder werden Forderungen laut, was man mit all dem Geld machen könnte: Brücken und Straßen renovieren, und die immer maroder werdende Infrastruktur reparieren?

Nein, da bevorzugen viele Politiker und Journalisten doch die Steuersenkung. Jeder Bürger will doch jeden Monat mehr von seinem Geld im Geldbeutel haben. Und wenn er reich ist, dann erhält ja auch mehr als ein Armer. Was ja nur gerecht ist: Schließlich sagt schon die Bibel: Wer hat, dem wird gegeben.

Und wer will der Bibel widersprechen?

Das löst dann aber nicht das Problem, dass die Infrastruktur in Deutschland dringend erneuert werden muss. Die Straßen und Brücken sind alt, die Wasserleitungen oft ein halbes Jahrhundert alt und undicht. Mögliche Baustellen gäbe es genug. Doch fehlen die Steuereinnahmen, dann könnte man nur neue Schulden machen. Und das will man ja nicht. Wir haben in Deutschland einen neuen Götzen: Die schwarze Null.

Und damit ist mal kein Unionspolitiker gemeint.

Der Staat darf keine Schulden machen. Auf gar keinen Fall, nie und nimmer. Aber irgendwie muss er die Infrastruktur reparieren. Aber das könnte ja auch Privatunternehmen machen, in diesen ominösen Privaten-Öffentlichen-Partnerschaften, die der Bundesrechnungshof wegen ihrer hohen Kosten gerügt hat.

Doch die Kosten sind egal. Finanziert die Privatwirtschaft die Reparatur der Infrastruktur, dann laufen die Kosten zumindest nicht in öffentlichen Haushalten auf, und man muss dafür keine neuen Schulden machen. Dass die Privatwirtschaft sich dies mit fürstlichen Renditen belohnen lässt, ist dann ja nur gerecht.

Und das Geld kommt letztlich doch vom Bürger. Allerdings nicht aus den Steuern, sondern aus Abgaben, die jeder zahlen muss, der die Infrastruktur benutzen will. Das ist dann auch gerechter: So werden auch die ganz Armen, die noch nicht einmal Steuern zahlen und von Steuersenkungen nichts haben, nicht vergessen.
P.H.



Freitag, 5. Mai 2017
Die unverantwortlichen Verantwortlichen
Das war doch der Witz des Tages: Ausgerechnet Pharmahersteller sorgen durch ihre sorglose Produktion für die Entstehung neuer Krankheiten. Ein Reportteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung hatte aufgedeckt , dass in den Seen in der Nähe von Produktionsstandorten für Antibiotika in Indien die Konzentration dieser Mittel um das Hundertfache über dem empfohlenen Grenzwert liegt, und die Gewässer schon Keime aufweisen, die gegen zahllose Antibiotika resistent sind.

Die europäische Pharmaindustrie ist sich keiner Schuld bewusst. Es würden regelmäßig Kontrollen durchgeführt. Allerdings nach dortiger Gesetzeslage. Und die ist äußerst lasch, sonst würden die Konzerne ja nicht dort produzieren.

Und auch CDU-Gesundheitsminister Gröhe fordert internationale Standards für die Pharmaproduktion. Schuld sind also die Behörden in Indien, die es nicht schaffen, harte Gesetze zu erlassen und diese auch durchzusetzen.

Doch die Auftraggeber aus Europa könnten die Regeln für die Produktion festlegen und dafür sorgen, dass keine „Superbakterien“ geschaffen werden, gegen die bald kein Mittel mehr wirkt. Aber das würde ja den Gewinn schmälern.

Und so sind die eigentlich Schuldigen nicht die Behörden in Indien, sondern die Unternehmen, die nach einer perversen Logik handeln: Solange es nicht offensichtlich illegal ist, machen wir es, auch wenn es offensichtlich unmoralisch ist. Aber so sprudeln wenigstens die Gewinne.

Man kennt das ja schon von der Autoindustrie, die eigentlich die Autos sauberer machen sollte, dabei jedoch nur trickste . So sind moderne Euro 6 Diesel auf der Straße kaum sauberer als Euro 4 Diesel.

Da beschwert sich die Industrie immer über die vielen Regulierungen, die ihr das Leben schwermachen würden. Doch die sind ja nur nötig, weil die Verantwortlichen in der Industrie immer wieder unverantwortlich handeln. Und sie haben auch nicht vor, dies zu beenden. An der Uni lernen sie keine Moral, sondern nur, wie man Geschäftsberichte liest. Das Menschsein wird den Managern abtrainiert.

Und so werden wir auch zukünftig von solchen Fällen lesen.
K.M.



Samstag, 22. April 2017
Reichtum für die Reichen
Die Wirtschaft in Deutschland wächst. Sie wächst so gigantisch und phänomenal wie noch in den letzten Jahrzehnten.

Gut preisbereinigt ist das Wirtschaftswachstum in Deutschland momentan auch nicht höher als Ende der 1990er Jahre , wo unbedingt eine Agenda 2010 durchgesetzt werden musste, um die Wirtschaft anzukurbeln. Aber wir empfinden das Wachstum heute einfach stärker.

Zumindest einige.

Viele jedoch bleiben auf der Strecke. Die EU-Kommission stellt in einem aktuellen Bericht fest: „Die insgesamt günstige Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung der letzten Jahre ist nicht in allen Teilen der Gesellschaft gleichermaßen angekommen“.

Und der Armutsbericht der Bundesregierung stellt eine wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft fest, auch wenn die kritischsten Formulierungen schon gestrichen wurden. So ist nun keine Rede mehr davon, dass hohe Ungleichheit nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt beeinträchtigen, sondern auch das Wirtschaftswachstum dämpfen könne, weshalb die Korrektur von Verteilungsergebnissen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe sei.

Aber was sollen wir uns auch mit solch kleinlicher Kritik an der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands aufhalten. Freuen wir uns doch an ihr!

Selbst wenn die wirtschaftliche Stärke nur dafür genutzt wird, dass die Reichen den Armen ihr Geld wegnehmen.
J.E.



Samstag, 8. April 2017
Die unsichtbare Hand
Der Kapitalismus, bei dem jeder nur an sich denkt, so lehrt uns Adam Smith, ist etwas Gutes; denn auch wenn jeder nur an sich denkt, so werde eine unsichtbare Hand schon dafür sorgen, dass es allen Menschen nachher besser gehe, als wenn sozial engagierte Menschen sich um das Wohl der Menschen kümmern.

Nehmen wir zum Beispiel die Pharmaindustrie. Sie ist Margen gewohnt, die man sonst nur vom Drogenhandel kennt. Nun erhöhen die Krankenkassen den Druck auf die Pharmaindustrie, die Margen sinken, die Industrie verlagert die Produktion in Schwellenländer, wo sie auch schon einmal ausfällt, mit der Folge, dass wichtige Medikamente über Wochen und Monate nicht lieferbar sind. Die Patienten leiden, aber wenigstens bricht die Marge der Pharmaindustrie nicht ein.

Die Autoindustrie verspricht uns die technisch besten Fahrzeuge, doch tatsächlich betrügt sie uns nur. Nun müssen Fahrer von Dieselfahrzeugen mit einem Fahrverbot rechnen, weil auch Fahrzeuge nach Euro-6-Norm auf der Straße nicht sauberer sind als Altfahrzeuge.

Und die verantwortungslosen Zockereien der Banken füllen ganze Bände. Sie haben mit ihrem Handeln die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds gebracht, und fühlen sich immer noch missverstanden. Vielleicht war ihr Ziel, die Weltwirtschaft abstürzen zu lassen, weil nur dann die wirklich großen Gewinne zu machen gewesen wären.

Die Wirtschaft nutzt die Freiheit, die man ihr gibt, rücksichtslos aus. Fast scheint es, als müsse man jedem Manager einen Aufpasser an die Seite stellen, weil er sich sonst verhält wie ein unerzogener Rüpel, der einfach das macht, was ihm Spaß macht, ohne sich um die Konsequenzen seines Handelns zu kümmern.

Egoismus in Maßen mag vorteilhaft für die Wirtschaft zu sein. Ungezügelter Egoismus, wie wir ihn in der neoliberalen Welt erleben, ist es sicher nicht.

Die unsichtbare Hand hilft uns nicht, sie erwürgt uns.
J.E.



Samstag, 25. März 2017
Schützt uns vor den Populisten
Nun hat die CSU sich durchgesetzt: Die PKW-Maut wurde vom Bundestag verabschiedet . Die Ausländermaut der CSU, die nun Infrastrukturabgabe heißt, weil ja wirklich und wahrhaftig niemand Ausländer diskriminieren will, wird nun Realität in Deutschland.

Und warum? Weil sie gerecht ist, wie Verkehrsminister Dobrindt immer wieder betont.

Sie ist gerecht, weil Deutsche und Ausländer diese Maut bezahlen müssen. Auch wenn nur Deutsche dafür die Kfz-Steuer reduziert bekommen.

Und sie ist gerecht, weil Ausländer die Maut für die Autobahn bezahlen müssen, Deutsche hingegen für Autobahnen und die Bundesstraßen. Man möchte ja nicht, dass irgendein Deutscher, der die Autobahnen vielleicht gar nicht nutzt, plötzlich weniger Geld zahlt.

Und vielleicht wird er bald viel, viel mehr Geld zahlen, wenn die Autobahnen privatisiert werden und die Maut dann dazu dient, die Renditen der privaten Autobahngesellschaft zu finanzieren.

Aber erst einmal wurde das für die CSU wichtigste Ziel erreicht: Erst einmal werden die Ausländer gepiesackt, und die fremdenfeindlichen Wähler im Lande können bei der CSU bleiben und müssen nicht zur AfD wechseln.

Hass ist immer noch ein wichtiges Argument im Wahlkampf. Und da jeder Ausländer potentiell kriminell ist, müssen wir vor ihm geschützt werden – oder dürfen ihn ärgern, ohne Strafe befürchten zu müssen.

Doch wer schützt uns vor den Populisten?
J.E.



Samstag, 11. März 2017
Käfighaltung für Gefährder
Die Bewahrerin des deutschen Rechtssystems, die CSU aus Bayern, hat wieder einmal einen Vorschlag eingebracht, der ernsthaft an der Demokratiefähigkeit dieser Partei zweifeln lässt. Allerdings darf man nicht vergessen: Bayern hat damals dem deutschen Grundgesetz nicht zugestimmt. Bayern erduldet es nur.

Bei dem Vorschlag der CSU ging es eigentlich um ein hehres Zielt: Man will die Bevölkerung schützen, und zwar vor islamistischen Gefährdern, die hier einen Terroranschlag verüben könnten. Sie sollen deshalb unbefristet weggesperrt werden können.

Wohlgemerkt: Die Menschen müssen noch nicht einmal ein Verbrechen verübt haben, man vermutet nur, dass sie es vielleicht vorhaben. Die Unschuldsvermutung, ein wichtiger Bestandteil eines demokratischen Rechtsstaats, wird außer Kraft gesetzt.

Natürlich hat die CSU dafür harsche Kritik erfahren. Obwohl diese unberechtigt ist: Wenn wir den Rechtsstaat demontieren und ihn durch eine Diktatur ersetzen, dann haben die Terroristen ja ihr Ziel erreicht und lassen uns in Zukunft in Ruhe. Deutschland wird keine Terroranschläge mehr zu befürchten haben.

Deshalb ist dieser Vorschlag auch zu kurz gegriffen. Wir sollten nicht nur islamistische Gefährder für den Rest ihres Lebens einsperren, sondern auch rechtsradikale Gefährder. Es gibt Dörfer in Ostdeutschland, wo niemand mehr wagt, seine Meinung zu sagen, weil er damit rechnen muss, dass ihm von einem Rechtsradikalen die Schnauze eingeschlagen wird.

Rechtsradikale verüben viel mehr Gewalttaten als Linksradikale oder gar Islamisten, und sie bedrohen Menschen, die etwas tun, was ihnen nicht passt, zum Beispiel nett zu anderen Menschen sein, unverhohlen mit dem Tode. Die Beschimpfung des rechten Packs in den sozialen Medien würden ausgedruckt tausende Bände füllen. Sie erzeugen eine Atmosphäre der Angst, die jede demokratische Aktivität im Keim ersticken soll.

Auch Rechtsradikale sollten als Gefährder gelten und bis zum Rest des Lebens eingesperrt werden.

Allerdings wird dieser Vorschlag bei der CSU nicht auf Gegenliebe stoßen. Man kann ja nicht die eigenen Wähler wegsperren.
J.E.