Die unsichtbare Hand
Der Kapitalismus, bei dem jeder nur an sich denkt, so lehrt uns Adam Smith, ist etwas Gutes; denn auch wenn jeder nur an sich denkt, so werde eine unsichtbare Hand schon dafür sorgen, dass es allen Menschen nachher besser gehe, als wenn sozial engagierte Menschen sich um das Wohl der Menschen kümmern.

Nehmen wir zum Beispiel die Pharmaindustrie. Sie ist Margen gewohnt, die man sonst nur vom Drogenhandel kennt. Nun erhöhen die Krankenkassen den Druck auf die Pharmaindustrie, die Margen sinken, die Industrie verlagert die Produktion in Schwellenländer, wo sie auch schon einmal ausfällt, mit der Folge, dass wichtige Medikamente über Wochen und Monate nicht lieferbar sind. Die Patienten leiden, aber wenigstens bricht die Marge der Pharmaindustrie nicht ein.

Die Autoindustrie verspricht uns die technisch besten Fahrzeuge, doch tatsächlich betrügt sie uns nur. Nun müssen Fahrer von Dieselfahrzeugen mit einem Fahrverbot rechnen, weil auch Fahrzeuge nach Euro-6-Norm auf der Straße nicht sauberer sind als Altfahrzeuge.

Und die verantwortungslosen Zockereien der Banken füllen ganze Bände. Sie haben mit ihrem Handeln die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds gebracht, und fühlen sich immer noch missverstanden. Vielleicht war ihr Ziel, die Weltwirtschaft abstürzen zu lassen, weil nur dann die wirklich großen Gewinne zu machen gewesen wären.

Die Wirtschaft nutzt die Freiheit, die man ihr gibt, rücksichtslos aus. Fast scheint es, als müsse man jedem Manager einen Aufpasser an die Seite stellen, weil er sich sonst verhält wie ein unerzogener Rüpel, der einfach das macht, was ihm Spaß macht, ohne sich um die Konsequenzen seines Handelns zu kümmern.

Egoismus in Maßen mag vorteilhaft für die Wirtschaft zu sein. Ungezügelter Egoismus, wie wir ihn in der neoliberalen Welt erleben, ist es sicher nicht.

Die unsichtbare Hand hilft uns nicht, sie erwürgt uns.
J.E.