Freitag, 25. August 2017
Bayern des samma mia
Man kann über Bayern vieles sagen, aber besonders hervorheben muss man die den Bayern angeborene Bescheidenheit. Es ist nun einmal so, dass Bayern das schönste Bundesland ist, dass die Schulen hier am besten sind und das Leben am lebenswertesten. Das hat nichts mit Arroganz zu tun.

Und gerade weil das Leben hier am lebenswertesten ist, wollen ja auch so viele Flüchtlinge nach Bayern. Bayern tut alles, um Flüchtlingen und Ausländern allgemein das Leben schwer zu machen (man kann Gesetze ja menschlich oder bayerisch auslegen), doch sie kommen trotzdem. Deswegen braucht Bayern ja auch weiter Grenzkontrollen , was die EU gar nicht einsehen will. Aber die EU ist eben nicht nah am Bürger, wie der bayerische Ministerpräsident gerade noch einmal betont hat.

So weiß die bayerische Staatsregierung auch, dass der Bürger keine Steuern mag, ganz besonders keine Erbschaftssteuern – auch wenn davon nur ganz wenige Bürger überhaupt betroffen wären. Doch das sind ja gerade die wertvollen Bürger, für die Bayern seine Politik macht. Deshalb weigert sich Bayern als einziges Bundesland, die vor kurzem beschlossenen, neuen Regeln zur Erbschaftssteuer umzusetzen. Das könnte noch dazu führen, dass die Reichen im Land ein bisschen Steuern zahlen müssen. Und das will Bayern ganz und gar nicht.

Bayern fühlt sich als Schutzpatron der Reichen. Deswegen hat es auch die geringste Dichte von Steuerprüfern im gesamten Bundesgebiet. Der scheue Millionär soll sich nicht verfolgt fühlen, nur weil er ein paar Millionen an Steuern hinterzieht. Und wenn die Staatskasse dann etwas klamm wird, dann verkauft man auch schon mal staatseigene Sozialwohnungen an Immobilienfirmen – die dann schon einen Weg finden, auf Kosten der Mieter Rendite zu machen. Aber für sozial Schwache schlägt das Herz der CSU eben nicht. Die können ja auch nicht so viel spenden.

So gesehen macht es durchaus Sinn, dass Bayern Flüchtlinge am Betreten des Landes hindern will. Der soziale Sprengsatz, den die CSU legt, könnte sonst noch hochgehen.
J.E.



Sonntag, 13. August 2017
Ablenkung
Alle Jahre wieder kommt es vor, dass ein amerikanischer Präsident in seinem Land politische Hindernisse vorfindet. Dies können wirtschaftliche Probleme sein oder auch eine Sexaffäre. Wie geht ein amerikanischer Präsident am besten mit innenpolitischen Schwächen um? Nun, er lenkt von ihnen ab. Bill Clinton feuerte bei der Lewinsky-Affäre auf den Sudan und Afghanistan, Bush überfiel den Irak, weil er innenpolitisch unter Druck geriet.

Aber niemand hatte einen derartigen Druck zu ertragen wie Donald Trump. „The Donald“, wie er sich manchmal selber bezeichnet, soll mit den Russen konspiriert haben, um die Wahl um amerikanischen Präsidenten zu gewinnen. Ausgerechnet mit den Russen, dem Erzfeind der Amerikaner!

Und die Einschläge kommen immer näher. Der Sonderermittler Mueller hat eine Grand Jury eingesetzt, die nun das Verfahren führt. Die Räume von Trumps Wahlkampfmanager Manafort wurden vom FBI durchsucht. Sein Sohn hatte sich mit einer russischen Anwältin getroffen, um negatives über Hillary Clinton zu erfahren. Immer mehr Menschen aus Trumps Umfeld hatten zweifelhafte Kontakte zu den Russen. Ist Trump ein Präsident von Putins Gnaden?

Die Fragen werden lauter und drängender, und Trump macht das, was viele Präsidenten vor ihm taten: Er lenkt ab. Noch ist es kein Krieg, aber er bereitet ihn vor. Erst wird Nord-Korea bedroht, nun auch Venezuela . Noch kam es zu keinen kriegerischen Handlungen, aber die Szene wurde vorbereitet. Wenn Trump weiter unter Druck bleibt, wird er einen Krieg anzetteln.

Denn Menschen sind für richtige Manager eben nur Zahlen in einem Business Case.
K.M.



Freitag, 28. Juli 2017
Ein angemessenes Verhalten
Nun haben die Autohersteller auch noch ein Kartell gebildet. Dass sie keine Skrupel kennen und Verbrauchswerte schönen, immer größere und schwerer Giftschleudern für den Profit bauen, und ihnen die Umwelt trotz aller anderslautender Beteuerungen am Arsch vorbeigeht, das waren wir ja schon gewohnt. Nun auch noch ein Kartell.

Allerdings überrascht die Reaktion von BMW auf die Selbstanzeige: Wie ein beleidigtes Kind wollen sie nur mit Daimler nicht mehr spielen. „Mit dem will ich nicht mehr, ne!“ ruft BMW heraus, weil Daimler eine Selbstanzeige eingereicht hat, in der auch BMW beschuldigt wird.

Ist es nicht drollig? Da unterhalten sich zwei Verbrecher, und dann ist einer der beiden tatschlich überrascht, dass der andere ein illoyales Arschloch ist? Das Verhalten ist der Situation doch sicherlich nicht angemessen.

Angemessen wäre folgende Szene gewesen: Die Lichter sind gedimmt in dem Büro, in dem Don Krüger, der Pate aus München, Don Zetsche, den Paten aus Stuttgart, empfängt. Mit rauchiger Stimme beginnt Don Krüger leise zu reden: „Don Zetsche? Was tust du der Familie an?“

Don Zetsche windet sich ein bisschen, ganz wohl ist ihm nicht. Ein kleines Bisschen Anstand ist ihm geblieben, auch wenn es ihn zum Glück nicht oft belästigt. „Du musst verstehen, Don Krüger…“ murmelt er.

„Egoismus ist niemals gut“, krächzt Don Krüger mit heiserer Stimme. „Die Familie geht immer vor. Wo wären wir ohne die Familie? Wo wäre das Land ohne die Familie?“ Als von Don Zetsche keine Antwort kommt, spricht Don Krüger weiter: „Aber ich werde Nachsicht mit dir haben. Hier, ein Geschenk: Ein Pferdekopf!“

Das wäre ein angemessenen Verhalten gewesen.
P.H.



Freitag, 14. Juli 2017
Arrogant und heuchlerisch – ist das die deutsche Leitkultur?
Einige Meldungen der letzten Tage, für die maßgeblich Unionspolitiker verantwortlich sind, zeichnen ein nicht gerade freundliches Bild dieser Partei, die sich christlich und manchmal sogar sozial gibt. All dies begann vor einigen Tagen, als der CDU-Generalsekretär Peter Tauber einen Tweet beantwortete. Die CDU hatte gerade ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl vorgestellt, in dem sie Vollbeschäftigung für 2025 verspricht, da fragte jemand, ob das für ihn bedeutete, er habe dann drei Minijobs. Tauber antwortete darauf: „Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“

Einmal abgesehen, dass Tauber Minijobber für Menschen zweiter Klasse hält (weshalb seine christliche Partei diese auf wie den letzten Dreck behandelt), er hat auch noch nicht verstanden, was die jahrelange, asoziale Politik der CDU im Land angerichtet hat. Es ist bei weitem nicht so, dass jeder, der etwas gelernt hat, in diesem Land der niedrigen Arbeitslosigkeit auch einen guten Job bekommt. Wie eine Studie schon 2015 zeigt, hat nur jeder fünfte Minijobber keine Ausbildung. 71 Prozent haben dagegen einen Beruf gelernt, weitere 9 Prozent haben sogar einen Hochschulabschluss. Doch selbst gut ausgebildeten Menschen gibt die Politik in diesem Land keine Chance mehr.

Diese arrogante Haltung haben wir auch den Griechen gegenüber. Eigentlich sind sie faul, chaotisch und unzuverlässig, dennoch helfen wir ihnen in ihrer Notlage großzügig. Wie großzügig, zeigte eine Meldung in dieser Woche: Insgesamt verdiente Deutschland an den Griechenland-Krediten bisher 1, 34 Milliarden Euro. Wenn doch alle nur so selbstlos wären, wie wir Deutschen…

Doch wenn es um wirklich selbstloses Verhalten geht, dann schießt Bayern mal wieder den Vogel ab. Wie jedes Bundesland, so hat auch Bayern zahllose Flüchtlinge aufgenommen. Einige dieser Flüchtlinge haben mittlerweile eine Arbeit gefunden, leben aber noch in der Flüchtlingsunterkunft. Deshalb müssen sie für die Kosten der Unterkunft nun zahlen, was ja erst einmal gerecht ist. Doch kein Land verlangt so viel wie Bayern: 278 Euro kalt pro Monat für ein Mehrbettzimmer mit Gemeinschaftsbad und Gemeinschaftsküche. Auf den Quadratmeter umgelegt sind das mehr als 40 Euro im Monat. So eine hohe Miete zahlt man noch nicht einmal für eine Luxuswohnung in München-Bogenhausen.

Die Rechten, die so gerne eine deutsche Leitkultur fordern, zeigen, wie diese tatsächlich aussähe: Ungerecht und asozial, getrieben von Arroganz und Heuchlerei.

Da bleiben wir doch lieber ohne Leitkultur.
J.E.



Freitag, 30. Juni 2017
Wider den Populisten
Populisten behaupten, sie würden im Namen des Volkes sprechen, doch sie verwechseln ihre eigene Meinung mit der des Volkes. Konservative behaupten, sie würden im Namen des Volkes sprechen, doch sie sind so davon überzeugt, es besser zu wissen, dass sie sich gar keine Mühe machen, den Willen des Volkes zu eruieren.

Die Mehrheit des Volkes hat nichts gegen eine Ehe für alle – die Konservativen haben dennoch ewig versucht, sie zu verhindern, bis die linken Parteien sie nun doch durchgesetzt haben.

Die Mehrheit des Volkes wünscht sich Informationen über die Qualität ihrer Luft , besonders über die Stickoxide, die von den Dieselfahrzeugen ausgestoßen wurden. In Bayern gab es dazu eine großangelegte Untersuchung, doch die Staatsregierung hält diese Informationen trotz eines Gerichtsurteils, dass sie zur Veröffentlichung verpflichtet, zurück – und akzeptiert lieber, auf Steuergeldern eine Strafe zu zahlen.

Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich bessere Möglichkeiten, gegen Unternehmen vorzugehen, die sie um kleinere Beträge betrügen. Helfen könnte hier eine Musterklage , bei der ein Unternehmen exemplarisch verurteilt wird – und dieses Urteil gilt dann für alle Betroffenen, von denen nicht jeder einzeln gegen das Unternehmen vorgehen muss. Doch die Union blockiert das Gesetz zur Musterklage.

Die SPD stellt ein neues Steuerkonzept vor, bei kleinere Einkommen entlastet, höhere hingegen stärker belastet werden (wobei ein kleines Einkommen für einen Single ohne Kinder unter 100.000 Euro liegt – also schon recht hoch). Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM), die für mehr soziale Marktwirtschaft wirbt, aber die Union dabei unterstützt, eine Politik für eine asoziale Marktwirtschaft zu machen, denunziert das Konzept mit der Behauptung, dass der Reichensteuersatz von 42% nun schon bei 62.000 Euro anfange. Das kleine Detail, dass man heute schon ab 54.000 Euro 42% Steuern zahlen muss, wird von der INSM doch glatt übersehen.

Auch wenn die Konservativen vorgeben, im Namen des Volkes zu sprechen, obwohl sie nur ihre eigene Agenda verfolgen, gelten sie doch nicht als Populisten, sondern als ernstzunehmende Demokraten.

Wenn sie nicht gerade wieder „Kinder statt Inder“ fordern oder eine Maut auf Autobahnen, weil die bösen Osterreicher diese ja auch haben.
J.E.



Samstag, 17. Juni 2017
Glauben heißt Vertrauen
Die ARD zeigt eine Themenwoche mit dem Titel „Woran glaubst du?“. Für viele ist die Antwort klar: Sie glauben an einen Gott, wie auch immer sie ihn nennen mögen. Doch glauben sie wirklich an einen Gott?

Wie erfahren die Menschen von Gott? Niemand kann wirklich behaupten, er hätte einen direkten Draht zu Gott. Die Menschen erfahren von ihm aus den heiligen Schriften, der Bibel, der Tora oder dem Koran. Doch diese Schriften wurden nicht direkt von Gott geschrieben, sondern von seinen Propheten. Sie erzählen uns von Moses, Jesus und Mohammed und anderen Propheten, sie berichten uns davon, was diese Menschen gesagt und erlebt haben. So soll Moses die zehn Gebote vom Berg Sinai hinab getragen haben. Anderen Propheten ist Gott direkt erschienen und forderte sie auf, etwas zu tun.

Doch woher können wir wissen, dass Gott diesen Propheten wirklich erschienen ist? Letztlich müssen wir hier den Propheten glauben. Wenn wir an Gott glauben, dann bedeutet das in erster Linie, dass wir seinen Propheten Vertrauen schenken.

Doch können wir dies? Können wir darauf vertrauen, dass uns die Propheten die Wahrheit sagen?

Manch einer mag einwenden, dass dieses Vertrauen doch dem Vertrauen gleicht, dass wir Wissenschaftlern und Ärzten entgegenbringen, die uns von Quantenwelten und kleinen Viren erzählen, Dingen, die wir genauso wenig sehen können wie Gott.

Doch dieser Vergleich hinkt. Quantenteilchen und manche Viren mag kein Mensch sehen können, doch wir können sie mit Maschinen sichtbar machen, mit Rasterkraftmikroskopen, mit Elektronenmikroskopen. Die Aussagen der Wissenschaft sind für jeden prinzipiell überprüfbar. Die Aussagen der Religion über Gott hingegen nicht. Auch mit der kompliziertesten Technik sind wir nicht in der Lage, Gott auch nur im Ansatz zu erkennen.

Wenn wir an Gott glauben, dann vertrauen wir seinen Propheten.

Doch die Geschichte zeigt, dass viele Propheten dieses Vertrauen skrupellos missbraucht haben.
P.H.



Samstag, 10. Juni 2017
Vogelfrei
Überschreiten die Supermärkte nun eine Grenze? Zumindest gibt es nun einen Aufschrei, weil die Kette real eine Gesichtserkennungssoftware einsetzen will.

Dass wir in Supermärkten von Kameras überwacht werden, weil wir alle potentielle Diebe sind, ist ja schon lange nichts Neues mehr. Doch nun will der Supermarkt nicht mehr nur sehen, dass jemand da ist und ob er eventuell etwas klaut. Jetzt will der Supermarkt auch noch wissen, wer in den Laden kommt, was er sich wie lange angesehen hat, was er letztlich gekauft hat, und wie er auf die Werbung reagierte. Der Mensch als gläserner Kunde. Die Privatsphäre ist aufgehoben.

Doch warum regen wir uns auf? Jeder, der im Internet einkauft, ist ein gläserner Kunde. Firmen wie Amazon registrieren jede Bewegung. Sie merken sich, was wir uns angesehen haben, sie merken sich, was wir gekauft haben – und sie richten ihre Werbung danach aus und sagen uns, dass andere Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, sich auch dafür interessierten.

Im Internet werden wir besser überwacht als George Orwell es sich in seiner Dystopie „1984“ noch vorstellen konnte. Und Orwell konnte sich auch nicht vorstellen, dass diese Überwachung von Privatfirmen durchgeführt würde, sondern nahm noch an, dass es dafür den mächtigen Staat braucht. Doch der ist hier noch nahezu harmlos unterwegs.

Warum nun die Aufregung, wenn Supermärkte in der Realität das tun, was Geschäfte in der virtuellen Welt des Netzes schon seit Jahren durchführen? Haben wir die Überwachung im Internet nicht ernst genommen, weil sie ja schließlich „virtuell“ ist und wir die Kameras nicht sehen können?

Vielleicht realisieren wir nun, dass die Bedrohung nicht die Kameras im Supermarkt sind, sondern das skrupellose Sammeln persönlicher Daten der Internetgiganten wie Amazon, Google und Facebook. Verglichen mit denen ist selbst real mit seiner Gesichtserkennung ein harmloses Kind.

Für die Giganten des Internets ist der Mensch nur eine Ware. Rechtlos und vogelfrei.
P.H.



Freitag, 19. Mai 2017
Mia san mia
Aus bayerischer Sicht ist die Welt einfach: Es gibt uns – und den Rest der Welt. Und der ist potentiell feindlich, weshalb man es zwar erträgt, wenn er für ein paar Tage zum Urlaubmachen vorbeikommt, aber, bittschön, länger soll er dann auf keinen Fall bleiben.

Und so greifen die bayerischen Behörden rigoros durch. Ausländer, die die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen wollen, werden in keinem Bundesland so schikaniert wie in Bayern. Flüchtlinge, die vor Krieg und Elend fliehen, werden in Bayern so systematisch behindert wie in keinem anderen Bundesland. Und sie werden in Bayern auch so konsequent abgeschoben, wie in keinem anderen Bundesland.

Allerdings fokussiert sich Bayern bei der Abschiebung nicht so sehr auf potentielle Unruhestifter und Kriminelle, sondern Bayern schiebt mit Vorliebe die wirklich Hilfsbedürftigen ab, wie kleine Kinder oder schwangere Frauen, oder Menschen, die sich gut integriert und schon eine Ausbildung absolviert haben.

Dass man dies am Rande der Legalität tut, stört die bayerischen Behörden nicht. Man will schließlich ein Exempel statuieren. Man will den Menschen zeigen, dass sie in Bayern nicht willkommen sind. Christliche Wert gelten in Bayern nur sonntags während des Gottesdienstes, ansonsten stören sie nur.

Zurück bleiben die Ausländer, vor denen man uns immer gewarnt hat. Wahrscheinlich mit voller Absicht: Sie sollen uns daran erinnern, dass Ausländer nicht zu uns gehören. Mia san mia.

Und alle anderen sind Fremde – und damit Feinde.
K.M.



Samstag, 13. Mai 2017
Die neue Gerechtigkeit
Die neue Steuerschätzung erscheint wie ein Geschenk: Der Staat erwartet Mehreinnahmen in Milliardenhöhe. Und schon wieder werden Forderungen laut, was man mit all dem Geld machen könnte: Brücken und Straßen renovieren, und die immer maroder werdende Infrastruktur reparieren?

Nein, da bevorzugen viele Politiker und Journalisten doch die Steuersenkung. Jeder Bürger will doch jeden Monat mehr von seinem Geld im Geldbeutel haben. Und wenn er reich ist, dann erhält ja auch mehr als ein Armer. Was ja nur gerecht ist: Schließlich sagt schon die Bibel: Wer hat, dem wird gegeben.

Und wer will der Bibel widersprechen?

Das löst dann aber nicht das Problem, dass die Infrastruktur in Deutschland dringend erneuert werden muss. Die Straßen und Brücken sind alt, die Wasserleitungen oft ein halbes Jahrhundert alt und undicht. Mögliche Baustellen gäbe es genug. Doch fehlen die Steuereinnahmen, dann könnte man nur neue Schulden machen. Und das will man ja nicht. Wir haben in Deutschland einen neuen Götzen: Die schwarze Null.

Und damit ist mal kein Unionspolitiker gemeint.

Der Staat darf keine Schulden machen. Auf gar keinen Fall, nie und nimmer. Aber irgendwie muss er die Infrastruktur reparieren. Aber das könnte ja auch Privatunternehmen machen, in diesen ominösen Privaten-Öffentlichen-Partnerschaften, die der Bundesrechnungshof wegen ihrer hohen Kosten gerügt hat.

Doch die Kosten sind egal. Finanziert die Privatwirtschaft die Reparatur der Infrastruktur, dann laufen die Kosten zumindest nicht in öffentlichen Haushalten auf, und man muss dafür keine neuen Schulden machen. Dass die Privatwirtschaft sich dies mit fürstlichen Renditen belohnen lässt, ist dann ja nur gerecht.

Und das Geld kommt letztlich doch vom Bürger. Allerdings nicht aus den Steuern, sondern aus Abgaben, die jeder zahlen muss, der die Infrastruktur benutzen will. Das ist dann auch gerechter: So werden auch die ganz Armen, die noch nicht einmal Steuern zahlen und von Steuersenkungen nichts haben, nicht vergessen.
P.H.



Freitag, 5. Mai 2017
Die unverantwortlichen Verantwortlichen
Das war doch der Witz des Tages: Ausgerechnet Pharmahersteller sorgen durch ihre sorglose Produktion für die Entstehung neuer Krankheiten. Ein Reportteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung hatte aufgedeckt , dass in den Seen in der Nähe von Produktionsstandorten für Antibiotika in Indien die Konzentration dieser Mittel um das Hundertfache über dem empfohlenen Grenzwert liegt, und die Gewässer schon Keime aufweisen, die gegen zahllose Antibiotika resistent sind.

Die europäische Pharmaindustrie ist sich keiner Schuld bewusst. Es würden regelmäßig Kontrollen durchgeführt. Allerdings nach dortiger Gesetzeslage. Und die ist äußerst lasch, sonst würden die Konzerne ja nicht dort produzieren.

Und auch CDU-Gesundheitsminister Gröhe fordert internationale Standards für die Pharmaproduktion. Schuld sind also die Behörden in Indien, die es nicht schaffen, harte Gesetze zu erlassen und diese auch durchzusetzen.

Doch die Auftraggeber aus Europa könnten die Regeln für die Produktion festlegen und dafür sorgen, dass keine „Superbakterien“ geschaffen werden, gegen die bald kein Mittel mehr wirkt. Aber das würde ja den Gewinn schmälern.

Und so sind die eigentlich Schuldigen nicht die Behörden in Indien, sondern die Unternehmen, die nach einer perversen Logik handeln: Solange es nicht offensichtlich illegal ist, machen wir es, auch wenn es offensichtlich unmoralisch ist. Aber so sprudeln wenigstens die Gewinne.

Man kennt das ja schon von der Autoindustrie, die eigentlich die Autos sauberer machen sollte, dabei jedoch nur trickste . So sind moderne Euro 6 Diesel auf der Straße kaum sauberer als Euro 4 Diesel.

Da beschwert sich die Industrie immer über die vielen Regulierungen, die ihr das Leben schwermachen würden. Doch die sind ja nur nötig, weil die Verantwortlichen in der Industrie immer wieder unverantwortlich handeln. Und sie haben auch nicht vor, dies zu beenden. An der Uni lernen sie keine Moral, sondern nur, wie man Geschäftsberichte liest. Das Menschsein wird den Managern abtrainiert.

Und so werden wir auch zukünftig von solchen Fällen lesen.
K.M.