Mit Gott
Wofür brauchen wir die Religion? Damit sie uns die Welt erklärt? Nein, diese Aufgabe hat heute die Wissenschaft übernommen, die darin auch deutlich erfolgreicher ist als es die Religion je wahr.
Brauchen wir sie für die Moral? Denn ohne Gott gäbe es keine Moral, wie Dostojewski gemeint hat?
Mehrere
Politiker der christlichen Union sind in den letzten Tagen zurückgetreten, weil sie ihr politisches Mandat doch etwas zu eng mit unternehmerischen Aktivitäten verknüpft hatten. Oder anders gesagt: Sie haben sich korrumpieren lassen. Das kann auch Politikern anderer Parteien passieren, aber irgendwie trifft es Politiker der christlichen Union besonders häufig. Und schwarze Kassen hat man bei der Union nicht nur deshalb so gerne, weil die Farbe dieser politischen Organisation schwarz ist.
Die Pflegebranche sollte einen Mindestlohn einführen. Der Gesetzgeber wollte ihn nicht vorgeben, stattdessen sollten sich die Tarifparteien auf einen einigen, den der Staat dann für alle Pflegeunternehmen verpflichtend machen wollte. Die Einigung kam zustande, doch die großen Arbeitgeber der Kirchen, Caritas und Diakonie, mussten noch zustimmen. Sie verweigerten die
Zustimmung ? die Caritas offen, die Diakonie sagte dann nichts mehr, weil die Caritas es ja schon abgelehnt hatte. Als kirchliche Unternehmen besitzen sie Privilegien. Gewerkschaften haben bei ihnen nichts zu melden. Hätten sie der Einigung zugestimmt, dann hätten Gewerkschaften indirekt Einfluss bei ihnen bekommen. Sie wollten keinen Präzedenzfall schaffen. Und so müssen viele Pfleger*innen weiter mit Hungerlöhnen leben.
Früher fragte man sich, welcher Priester vielleicht Kinder missbraucht haben könnte. Heute könnte man sich eher fragen, welcher Priester dies nicht getan hat. Endlos ist die Zahl der Kinderschänder in den Kirchen, wie auch gerade das
Erzbistum Köln eingestehen musste. Alles im Namen Gottes.
Mit Gott an seiner Seite, so scheint es, braucht man eben keine Moral mehr.
J.E.
red horse am 21. März 21
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Unsinnige Forderung
Anfang der Woche haben Frauen der Bewegung ?Maria 2.0?
sieben Thesen an die Türen katholischer Kirchen geschlagen. Gut, sie haben sie nicht mit einem Nagel festgeschlagen, wie dereinst Martin Luther, sondern sie haben sie festgeklebt, damit sie auch ja nichts beschädigen. Aber es ging ja nur darum, an dieses historische Vorbild zu erinnern.
In diesen Thesen haben die Frauen, kurz gesagt, mehr Mitsprache und mehr Rechte in der katholischen Kirche gefordert. Im Fernsehen gab es eine Szene zu sehen, in der ein Mann sich im schönen München-Perlach darüber aufgeregt hat: ?Gleiche Rechte für Frauen? Hallo? Überlegt?s mal wo Euer Platz ist.?
Auch wenn diese Anmerkung politisch nicht korrekt ist, so hat der Mann im Kern nicht ganz Unrecht. Natürlich ist damit nicht gemeint, dass die Frauen keine gleichen Rechte wie Männer haben sollten. Zumindest in der Gesellschaft. In der katholischen Kirche ist das ganz etwas anderes. Hier wurden Frauen seit Jahrtausenden diskriminiert, und das auch noch mit Verweis auf die Bibel. Wie kann die Kirche dann hingehen und den Frauen nun gleiche Rechte einräumen? Dann müsste sie ja eingestehen, dass sie sich all die Zeit geirrt hat. Und wenn die Kirche sich bei diesem Thema geirrt hat ? ja, wo denn dann noch? Sie wäre mit einem Male völlig unglaubwürdig.
Deshalb ist die Forderung der Bewegung ?Maria 2.0? nach Gleichberechtigung in der katholischen Kirche eine unsinnige Forderung. Wenn die Frauen etwas ändern wollen, dann müssen sie es ihrem Vorbild beim Anschlagen der Thesen gleichtun ? und eine neue Kirche gründen.
K.M.
red horse am 27. Februar 21
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Don?t kill the messenger
Wir können es nicht mehr hören. Das Coronavirus ist gefährlich, wir sollten zu Hause bleiben, Geschäfte bleiben geschlossen, Reisen sind nicht möglich. Wie schön wäre doch eine Welt ohne Virus!
Sicherlich wäre es gut, wenn man sich das Leben einfach machen könnte. Aber meistens bringt das nichts, wie ein alter Witz zeigt. Ein Betrunkener sucht in der Nacht im Licht einer Straßenleuchte seinen Schlüssel. Ein Polizist hilft ihm. Minutenlang suchen sie erfolglos, dann fragt der Polizist: ?Sind Sie sicher, dass Sie den Schlüssel hier verloren haben?? ? ?Nein, verloren habe ich ihn da drüben. Aber hier ist es heller.?
Wir können die Realität gerne ausblenden. Es wird uns aber in der Regel nichts bringen. Wir können leugnen, dass es ein Coronavirus gibt, wir können sagen, dass es, sollte es das Virus doch geben, nicht schlimmer ist als eine Grippe. Allein die Tatsache, dass das Virus trotz Lockdown mehr Tote verursacht hat als eine Grippe in einem normalen Jahr, sollte uns von dem Gegenteil überzeugen. Doch manche suchen lieber dort, wo es heller ist.
Und wenn man ihnen sagt, dass sie an der falschen Stelle suchen, dann werden sie wütend. Der Politiker und Arzt
Karl Lauterbach wollte in einem Impfzentrum in Leverkusen mithelfen. Nach massiven Drohungen riet die Polizei ihm davon ab. Schon lange muss er mit Morddrohungen leben, weil er schlicht die Wahrheit über das Virus und seine Gefährlichkeit sagt. So wie viele andere Virologen, die mit Recht vor dem Virus warnen. Gibt es eigentlich auch Morddrohungen gegen Corona-Leugner?
Doch auch wenn man alle Virologen, die vor dem Virus warnen, umbringen würde ? es würde nichts an der Gefahr ändern. Im Gegenteil, da nun keiner mehr warnt, würden die Menschen alle Vorsicht fahren lassen und das Virus könnte so richtig wüten und täglich tausende umbringen ? allein in Deutschland.
Deshalb gilt: Don?t kill the messenger.
K.M.
red horse am 20. Februar 21
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Traditionen, auf die man stolz sein kann
Wir in Europa sind stolz auf unsere christlichen Traditionen. Sie machen Europa zu einem so lebenswerten Fleck, anders als viele andere Flecken der Erde, auf die wir nur mit Mitleid blicken können.
Doch was zeichnet das Christentum aus? Wenn man die katholische Kirche betrachtet, dann scheint dazu auf jeden Fall Kindesmissbrauch zu gehören – und der unbedingte Wille, dieses Verbrechen unter den Teppich zu kehren. Zahllos sind die Beispiele des Kindesmissbrauchs in der Kirche. Das
Kloster Ettal schließt nach einem Skandal sein Internat, die Kölner verlassen in Scharen die katholische Kirche, weil der Kölner Erzbischof
Woelki kein Interesse an der Aufklärung des Skandals zu haben scheint.
Betrachtet man die Vergangenheit des christlichen Europas, dann gehören zur christlichen Tradition auch die Tradition des Folterns und Tötens, wie sie uns von der Inquisition vorgelebt wurde. Doch diese Tradition lebt fort: Auch heute liefern wir Hilfesuchende an Folterer aus, wenn wir
Flüchtlinge völlig illegal ohne Asylverfahren an unseren Grenzen zurückweisen. Was man einmal liebgewonnen hat, gibt man eben nicht schnell auf.
Europa versteht sich als christliche Region. Von Menschlichkeit war nie die Rede. Und das ist eine Tradition, auf die man doch wohl stolz sein kann.
J.E.
red horse am 07. Februar 21
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Der feine Unterschied
Die Impfungen gegen Covid-19 laufen an, und viele fragen sich, ob man sich impfen lassen sollte. Die meisten Wissenschaftler und Politiker sind dafür. Einige, wie der neue US-Präsident Joe Biden, haben sich auch schon medienwirksam impfen lassen.
Doch es gibt auch Stimmen, die gegen eine Impfung warnen. So behaupten einige, dass mit dem Impfstoff ein Mikrochip in den Körper eingepflanzt werden soll, der dann die Kontrolle über das Gehirn übernimmt und uns zu ferngesteuerten Robotern macht. Wie allerdings ein Mikrochip die Blut-Hirn-Schranke überwinden soll, um ins Gehirn zu gelangen – was selbst Viren nicht schaffen –, bleibt offen. Und wie dieser Chip funktionieren soll, denn dafür bräuchte er eine Technologie, die es noch gar nicht gibt, ist auch unklar. Es wird schon möglich sein. Schließlich kann man bei Star Trek die Menschen auch beamen.
Andere sind davon überzeugt, dass die Impfung unsere Gene verändert. So hält der brasilianische Präsident Bolsonaro es für möglich, dass die Impfung jemanden in ein
Krokodil verwandeln kann, weshalb man sich nicht impfen lassen sollte. Warum jedoch jemand die Menschen in Krokodile verwandeln soll, sagt Bolsonaro nicht. Der Dramatiker Eugène Ionesco hat mal ein absurdes Theaterstück geschrieben, in dem Menschen sich in Rhinozerosse verwandeln. Vielleicht hat Bolsonaro da was verwechselt.
Aber vielleicht sollten die, die sich mit solchen Argumenten gegen eine Impfung wenden, auch nur verstehen, dass die Ausgeburten ihrer Fantasie nicht Realität sind. Zwischen Fantasie und Realität gibt es einen feinen Unterschied. Und der ist noch nicht einmal so klein.
K.M.
red horse am 24. Januar 21
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Recht und Ordnung
In der Politik, so sollen wir glauben, gelten einfache Gleichungen: Links = Chaos und Rechts = Ordnung. Das behaupten vor allem Menschen aus dem weit rechten Spektrum der Politik, die sich als Vertreter für Recht und Ordnung sehen.
Deshalb erschien es so unglaublich, was man im August in
Berlin und am 06. Januar in
Washington erleben musste: Rechte wollten das Parlament erstürmen, wie irgendwelche Chaoten. In Berlin waren sie nicht erfolgreich, in Washington wüteten die Rechten für einige Stunden, bis die Polizei sie endlich vertrieb. Was aber hat dieses gewaltsame Eindringen in Parlamente mit Recht und Ordnung zu tun?
Dabei muss man jedoch darauf achten, was man mit Worten meint. Eine Wohnung mit Potential ist ja auch meistens deshalb eine Wohnung mit Potential, weil sie baufällig ist.
Reden Rechte von „Recht und Ordnung“, dann meinen sie nicht das demokratische Recht und die demokratische Ordnung, die gleichermaßen für alle gelten, sondern sie meinen ihr Recht und ihre Ordnung. Ein überzeugter Rechter glaubt sich immer im Recht. Ist jemand anderer Meinung, dann ist dieser automatisch im Unrecht – und der Rechte kann machen, was er will. Nichts ist ihm wichtiger als der Glaube an die eigene Überlegenheit.
Deshalb sind diese Überfälle auf die Parlamente in den Augen der Rechten auch durch das Recht gedeckt. Durch ihr Recht.
P.H.
red horse am 08. Januar 21
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Nestbeschmutzer
Das war mal ein ruhiges Sylvester. So wenig geknallt wie dieses Jahr wurde noch nie. Das hatte ja auch einen Grund: Feuerwerk durfte vor Sylvester nicht verkauft werden. Nur die, die noch ein paar Reste im Keller hatten, konnten dieses Jahr überhaupt knallen. Und deshalb gab es noch eine Besonderheit: Noch nie waren die Straßen am Neujahrstar so sauber wie in diesem Jahr. Denn diesmal gab es keine Reste, die die Feierwütigen zurückgelassen haben, weil in ihren Augen die Erde ja nicht mehr als eine Müllkippe ist, auf der man seinen Dreck ruhig liegenlassen kann.
Das neue Jahr verspricht, besser zu werden. Dank der Impfungen werden die Beschränkungen wohl bald aufgehoben werden, und dann können wir wieder reisen. Im letzten Jahre haben wir es vermisst, auch wenn wir gemerkt haben, dass wir es gar nicht unbedingt brauchen. Und wir wissen auch, dass es für die Umwelt nicht gut ist. Aber wir haben halt einen speziellen Blick auf die Erde, bei dem wir keine Rücksicht auf sie nehmen müssen. Wir sind halt alle feierwütig.
Zum Glück ist es aber noch nicht so weit, dass wir unsere Geschäfte im eigenen Bett verrichten. Dann würde wohl auch dem Letzten klar werden, was die Stunde geschlagen hat.
J.E.
red horse am 02. Januar 21
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Der freie Markt regelt alles zum Guten
Für Ökonomen ist der Markt beinahe eine göttliche Kraft, die nur das Gute will und dafür sorgt, dass es allen Menschen besser geht – wenn nur der böse Staat sich nicht immer einmischen würde. Deshalb geht es den Menschen in den Industrieländern heute gut, weil die Nachfrage der Arbeitgeber nach qualifizierten und motivierten Arbeitskräften dafür gesorgt hat, dass soziale Sicherungen aufgebaut wurden und die Löhne stiegen. Ohne den Staat, so das Mantra der vor allem neoliberalen Ökonomen, herrsche bald das Paradies auf Erden.
Tatsächlich?
Ein Blick in die Geschichte zeigt ein ganz anderes Bild. Die Krankenversicherung in Deutschland wurde von Bismarck eingeführt, um die Arbeitervereine zu schwächen. Die boten ihren Mitgliedern nämlich eine rudimentäre Krankenversicherung an. Bismarck zwang die Arbeiter (und nicht die Beamten und Selbstständigen, die dem Staat ja schon treu waren) in die Krankenversicherung, damit sie kein Geld mehr hätten, um die Arbeitervereine zu unterstützen. Er wollte mit der Einführung der Krankenversicherung nicht den Arbeitern etwas Gutes tun, sondern die Arbeiterbewegung im Gegenteil schwächen, was ihm dann jedoch nicht gelang. Die von ihm eingeführte merkwürdige Teilung der Krankenversicherung haben wir in Deutschland jedoch bis zum heutigen Tage beibehalten.
Der nächste große Schritt für besser Arbeitsverhältnisse war das
Stinnes-Legien-Abkommen von 1918. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Abschaffung der Monarchie befürchteten viele Unternehmer die Verstaatlichung der Unternehmen. Um das zu verhindern traf sich der Arbeitgeberführer Hugo Stinnes mit dem Gewerkschaftsführer Carl Legien. Dieser kannte die Befürchtungen der Unternehmer. Im Versprechen, dass die Unternehmen nicht verstaatlicht würden, rang er den Unternehmern viele Zugeständnisse ab, die wir heute für selbstverständlich halten – und die, in den Legenden der Ökonomen, die Arbeitgeber den Arbeitnehmern freiwillig zugestanden hatten, weil die Arbeitgeber motivierte Mitarbeiter suchten. Dazu gehörte die Anerkennung der Gewerkschaften als Vertreter der Arbeiterschaft, das Regeln der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge, die Einführung von Betriebsräten und der 8-Stundentag.
Einige dieser Leistungen wurden dann auch von Arbeiterbewegungen in anderen Ländern erkämpft, andere gibt es dort jedoch immer noch nicht. Wahrscheinlich müssen die Arbeiter dort nicht so stark motiviert werden wie die Arbeiter in Deutschland.
Oder die Geschichte vom Markt, der alles zum Guten regelt, ist nur ein Märchen.
P.H.
red horse am 12. Dezember 20
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Die Taktik der AfD
Die AfD ist, wenn man genauer hinschaut nicht eine Partei, sondern tatsächlich besteht sie aus zwei Parteien: Da ist zum einen die neoliberale Gruppe um Jörg Meuthen, Alice Weidel und Beatrix von Storch, und zum anderen die faschistische Gruppe um Björn Höcke. Beiden Gruppen ist gemeinsam, dass sie eine Politik vertreten, die bei der Mehrheit der Menschen nicht sonderlich beliebt ist: Die Faschisten wollen letztlich die Demokratie abschaffen, die Neoliberalen unterstützen eine Politik, die nur Reichen Vorteile bringt, der Mehrheit des Volkes jedoch nur Nachteile.
Und beide haben noch etwas gemeinsam: Sie wollen den Staat schwächen, wenn nicht sogar ihn abschaffen. Die Faschisten wollen den demokratischen Staat abschaffen, weil er ihrer Machtgelüsten im Wege steht; die Neoliberalen wollen den demokratischen Staat schwächen, weil er die Freiheiten der Reichen einschränkt.
Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützt die AfD jeglichen Unmut der Bevölkerung und fokussiert ihn gegen den Staat und seine Repräsentanten. Als Flüchtlingen nach Deutschland kamen, wurde von einem Unrechtsstaat gefaselt und von einem Plan, die deutsche Bevölkerung auszutauschen. Nun in der Corona-Krise kämpft man gegen sinnvolle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie und macht aus einem Infektionsschutzgesetzt, das die Freiheiten der Gesundheitsminister einschränkt, ein Ermächtigungsgesetzt, dass die Freiheiten der Bürger einschränken soll – die ja in einer „Merkel-Diktatur“ leben. Bei den Demonstrationen laufen deshalb nicht von ungefähr Corona-Leugner und Neonazis nebeneinander: Die einen sind sauer auf den Staat – die anderen wollen diese Wut für ihre Zwecke ausnutzen.
Mit dieser Taktik, die Unmut der Bevölkerung aufzugreifen und gegen den Staat zu richten, lenkt die AfD zum einen von ihren eigentlichen Zielen ab, die beide ziemlich unpopulär sind, und zugleich schwächt sie den Staat, um sie dennoch erreichen zu können.
Da bleibt uns nur noch eins: Widerstand! Widerstand!
P.H.
red horse am 22. November 20
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Missbrauch der Justiz
Donald Trump hat die Wahl verloren. Eigentlich; denn er hat zu wenige Stimmen. Aber noch hat er seine Niederlage nicht eingestanden. Er scheint zu versuchen, das Ergebnis noch drehen zu wollen, weil er behauptet, das betrogen wurde. Doch glaubt er wirklich, dass er dies schafft, wo jetzt sogar die
Wahlbeauftragten versichert haben, dass es keinen Betrug gab?
Vielleicht verfolgt er aber auch einen ganz anderen Plan: Bevor das Wahlkomitee zusammentreten kann, müssen die Bundesstaaten die Wahlergebnisse zertifiziert haben, damit am 14. Dezember das Electoral College den Präsidenten stimmen kann. Wenn nun ein Bundesstaat die Wahlergebnisse nicht rechtzeitig zertifizieren kann, weil es durch Rechtsstreitigkeiten zu Verzögerungen kommt, dann kann die Regierung des Bundesstaates die Mitglieder für das Electoral College bestimmen. Und das scheint Trumps Plan zu sein: Die kritischen Staaten werden nämlich von Republikaner regiert. Wenn die die Wahlmänner festlegen dürfen, dann könnte Trump Präsident bleiben, obwohl er national weniger Stimmen als Biden bekommen hat – und auch rechnerisch weniger Wahlmänner bekommen sollte.
Die Justiz zu missbrauchen, um seinen Willen durchzusetzen, ist eine alte Taktik von Trump. Wer ihm nicht passt, wurde verklagt. Und der Architekt
Andrew Tesoro hat erzählt, dass er von Trump einen Auftrag für 140.000 Dollar übernommen hatte. Als er den Auftrag erledigt hatte und sein Geld wollte, bot Trump ihm letztlich 25.000 Dollar an. Er könne natürlich klagen und würde wahrscheinlich gewinnen – doch das würde lange dauern und viel Geld kosten. Wolle er sich das wirklich antun? Der Architekt wollte nicht und gab sich mit den 25.000 Dollar zufrieden.
Auch in Deutschland wird versucht, Kritiker mit Hilfe der Justiz mundtot zu machen und seinen Willen durchzusetzen – auch wenn man gar nicht im Recht ist. Bekannt wurde der Fall eines Homöopathie-Herstellers, der eine Kritikerin der Homöopathie auf
Unterlassung verklagen wollte. Sie hatte nämlich behauptet, dass die Homöopathie nicht wirksamer sei als ein Placebo. Das stimmt zwar, der Hersteller empfand dies aber als geschäftsschädigend – und drohte mit einem Gerichtsverfahren. Nur aufgrund der öffentlichen Empörung verzichtete er letztlich darauf.
Die Apfelbauern in Südtirol setzen viele Pestizide ein. Als einige Kritiker dies öffentlich machten,
verklagten diese die Kritiker. Sie sollte ihre Kritik zurücknehmen, sie sei geschäftsschädigend.
Die Justiz soll eigentlich Recht schaffen. Doch da die Verfahren langwierig und teuer sind, wird die Justiz nur zu oft als Drohmittel eingesetzt, um Gegner einzuschüchtern, vor allem Gegner, die als schwächer eingeschätzt werden, weil hinter ihnen eben keine große Organisationmit Dutzenden Anwälten steht. Dieser Missbrauch der Justiz schadet jedoch dem Ansehen des Rechtsstaates.
J.E.
red horse am 13. November 20
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