Missbrauch der Justiz
Donald Trump hat die Wahl verloren. Eigentlich; denn er hat zu wenige Stimmen. Aber noch hat er seine Niederlage nicht eingestanden. Er scheint zu versuchen, das Ergebnis noch drehen zu wollen, weil er behauptet, das betrogen wurde. Doch glaubt er wirklich, dass er dies schafft, wo jetzt sogar die Wahlbeauftragten versichert haben, dass es keinen Betrug gab?

Vielleicht verfolgt er aber auch einen ganz anderen Plan: Bevor das Wahlkomitee zusammentreten kann, müssen die Bundesstaaten die Wahlergebnisse zertifiziert haben, damit am 14. Dezember das Electoral College den Präsidenten stimmen kann. Wenn nun ein Bundesstaat die Wahlergebnisse nicht rechtzeitig zertifizieren kann, weil es durch Rechtsstreitigkeiten zu Verzögerungen kommt, dann kann die Regierung des Bundesstaates die Mitglieder für das Electoral College bestimmen. Und das scheint Trumps Plan zu sein: Die kritischen Staaten werden nämlich von Republikaner regiert. Wenn die die Wahlmänner festlegen dürfen, dann könnte Trump Präsident bleiben, obwohl er national weniger Stimmen als Biden bekommen hat – und auch rechnerisch weniger Wahlmänner bekommen sollte.

Die Justiz zu missbrauchen, um seinen Willen durchzusetzen, ist eine alte Taktik von Trump. Wer ihm nicht passt, wurde verklagt. Und der Architekt Andrew Tesoro hat erzählt, dass er von Trump einen Auftrag für 140.000 Dollar übernommen hatte. Als er den Auftrag erledigt hatte und sein Geld wollte, bot Trump ihm letztlich 25.000 Dollar an. Er könne natürlich klagen und würde wahrscheinlich gewinnen – doch das würde lange dauern und viel Geld kosten. Wolle er sich das wirklich antun? Der Architekt wollte nicht und gab sich mit den 25.000 Dollar zufrieden.

Auch in Deutschland wird versucht, Kritiker mit Hilfe der Justiz mundtot zu machen und seinen Willen durchzusetzen – auch wenn man gar nicht im Recht ist. Bekannt wurde der Fall eines Homöopathie-Herstellers, der eine Kritikerin der Homöopathie auf Unterlassung verklagen wollte. Sie hatte nämlich behauptet, dass die Homöopathie nicht wirksamer sei als ein Placebo. Das stimmt zwar, der Hersteller empfand dies aber als geschäftsschädigend – und drohte mit einem Gerichtsverfahren. Nur aufgrund der öffentlichen Empörung verzichtete er letztlich darauf.

Die Apfelbauern in Südtirol setzen viele Pestizide ein. Als einige Kritiker dies öffentlich machten, verklagten diese die Kritiker. Sie sollte ihre Kritik zurücknehmen, sie sei geschäftsschädigend.

Die Justiz soll eigentlich Recht schaffen. Doch da die Verfahren langwierig und teuer sind, wird die Justiz nur zu oft als Drohmittel eingesetzt, um Gegner einzuschüchtern, vor allem Gegner, die als schwächer eingeschätzt werden, weil hinter ihnen eben keine große Organisationmit Dutzenden Anwälten steht. Dieser Missbrauch der Justiz schadet jedoch dem Ansehen des Rechtsstaates.
J.E.