Samstag, 13. Juni 2020
Keiner von uns
Der Rassismus hat wieder sein hässliches Gesicht gezeigt. In aller Seelenruhe drückte ein Polizist einem Schwarzen in den USA über acht Minuten die Luft ab, bis er schließlich starb. George Floyd wurde damit zu einem neuen Symbol des Rassismus in den USA. Schlimmer noch: Der Staat zeigte sich recht nachsichtig. Erst wurde keiner der vier beteiligten Polizisten angeklagt, dann zumindest der Haupttäter, und schließlich alle vier. Denn auch unterlassene Hilfeleistung ist ein Verbrechen. Selbst für Weiße.

Der Rassismus in den USA ist ein Teil der Gründungsgeschichte der USA, die als Gesellschaft von Sklavenhaltern begonnen hat. Nach dem Bürgerkrieg wurde die Sklaverei beendet, und es gab sogar Entschädigungen – für die Sklavenhalter, die ihre preisgünstigen Arbeitskräfte verloren hatten, nicht für die Sklaven, die wie Tiere gehalten worden waren.

Eine Aufarbeitung dieser Zeit hat nicht stattgefunden. Erinnerungsstätten wie die Nazi-Erinnerungsstätten in Deutschland, wo Verbrechen als Verbrechen dargestellt werden, gibt es in den USA nicht. Sklaverei war nur eine Episode, kein Verbrechen.

Aber wir sollten auch in Deutschland nicht mit Steinen schmeißen; wir sitzen selber im Glashaus. Hat man einen fremdländisch klingenden Namen, dann bekommt man schlechter einen Job, man hat es schwieriger, eine Wohnung zu bekommen, und man wird bei dunklerer Hautfarbe öfter von der Polizei angehalten.

Schließlich ist er keiner von uns.

Und wir scheinen auch nicht zu wollen, dass er eine von uns wird. Der Hass soll weiterleben. Wir sind schließlich Christen.
J.E.