Der Wert des Geldes
Fragt man, welchen Wert das Geld hat, dann bekommt man die unterschiedlichsten Antworten. Ein Dagobert Duck, der für sein Leben gerne in Geld schwamm, wird Geld den höchstmöglichen Wert zuweisen. Eine Weissagung der
Cree-Indianer besagt hingegen: "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." Unterschiedlicher kann man den Wert des Geldes wohl nicht einschätzen.
Doch wie schätzen wir heute, in unserer westlichen Zivilisation den Wert des Geldes ein? Spontan würde man sagen: Hoch. Ohne Geld ist man ein Nichts. Wenn man sich kein Auto leisten kann, keine anständige Kleidung, hin und wieder ausgehen und regelmäßig in den Urlaub fahren kann, dann gehört man einfach nicht dazu. Dann vegetiert man in seiner Sozialwohnung vor sich hin, während draußen das Leben spielt. Wenn man überhaupt eine Wohnung hat.
Andererseits sagen uns die Ökonomen, dass der Preis eines Produktes umso höher ist, je begehrter es ist und je kleiner sein Angebot ist. Deshalb kostet Gold, dessen letzte Reste die Bergbauunternehmen gerade aus dem Boden kratzen, auch so viel. Der Preis des Geldes ist der Zinssatz, den man dafür nimmt. Der Zinssatz ist jedoch Westen mittlerweile auf historisch niedrigem Stand, endgültig gilt dies, seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Woche den
Leitzins auf 0,25% gesenkt hat. Geld, so sagt uns dies, ist nichts mehr Wert. Das Angebot ist viel zu groß und die Nachfrage vernachlässigbar.
Auf der einen Seite haben wir also die Bürger dieses Landes, die oft nicht wissen, wovon sie leben sollen, die jeden Cent gebrauchen können, weshalb sie aus der Not heraus auch bereit sind, exorbitant hohe Überziehungskredite zu zahlen, und auf der anderen Seite stehen die Kunden der EZB, die Banken Europas, die gar nicht mehr wissen, wohin mit dem vielen Geld, weshalb der Zins für sie gegen Null geht. Und die Banken sind keine anonymen Behörden, sondern hinter ihnen stehen Investoren, denen das Geld aus der Nase quillt.
Da ist sie wieder, die Zweiteilung der Gesellschaft. Auf der einen Seite die Reichen, die dem Geld keinen Wert mehr beimessen, auf der anderen Seite die Armen, die auf jeden Cent angewiesen sind. Und wenn die SPD, die Grünen und die Linke dann fordern, man solle die Steuern für die Reichen erhöhen, die dem Geld eh keinen Wert mehr beimessen, dann schreien Union und FDP unisono auf, dass dies doch unverschämt sei.
In Monty Pythons Film "Der Sinn des Lebens", gab es einen Gourmand, der den Mund nicht voll genug bekommen konnte. Schließlich explodierte der Vielfraß. Eine Explosion bahnt sich auch in unserer Gesellschaft an, die diese widersprüchlichen Kräfte nicht ewig wird aushalten können.
J.E.
red horse am 08. November 13
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Wir töten, was wir lieben
Edward
Snowden hat eine richtige Lawine losgetreten, als er im Sommer des Jahres 2013 zu berichten begann, wie die NSA und andere Geheimdienste uns belauschen. All dies natürlich nur, um das Land vor
Terroristen zu schützen, wie der Chef der NSA immer wieder betont.
Ins gleiche Horn stieß der britische Premierminister
David Cameron, der bei einem EU-Gipfel diese Woche die Aktionen der Geheimdienste verteidigte. Zugleich griff er diejenigen scharf an, die die illegalen Aktivitäten der Geheimdienste aufdecken. "Das hilft unseren Feinden", sagte er.
Doch dann platzte die Bombe: Auch das Handy der Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde abgehört. Der Grünen-Abgeordnete
Hans-Christian Ströbele fragte empört: "Was für Terroristen hat man versucht, mit dem Handy der Kanzlerin zu orten?" Barack Obama behauptete anfangs noch, von der ganzen Sache nichts gewusst zu haben, doch nun scheint es so, als habe er schon
seit Jahren davon gewusst.
Doch das eigentlich Schockierende ist nicht, dass Geheimdienste auch ihre Freunde ausspionieren. Geheimdienstler müssen wahrscheinlich eine ausgeprägte Paranoia mitbringen, damit sie ihren Job machen können. Das eigentlich Schockierende ist, dass man diesem Treiben keine Grenzen setzt. Die Geheimdienste scheinen machen zu können, was sie wollen.
Der englische Premier erteilt seinem Geheimdienst carte blanche und kümmert sich nicht darum, ob alles, was dieser tat, auch wirklich rechtens ist. Stattdessen werden diejenigen angegriffen, die diese Missstände aufklären wollen.
Und auch der amerikanische Präsident erklärt Snowden zum Staatsfeind und scheint keine Probleme damit zu haben, befreundete Staatschefs ausspionieren zu lassen. Wenn es wirklich nur um dem Kampf gegen den Terrorismus ginge, mag dies noch eine kleine Rechtfertigung für das Verhalten der Geheimdienste sein. Doch ihr tatsächliches Handeln kann damit schon lange nicht mehr gerechtfertigt werden.
Und selbst wenn es nur um den Kampf gegen den Terrorismus ginge, dann müssen wir aufpassen, dass wir die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit nicht überschreiten. Denn was haben wir von einem Sieg gegen den Terrorismus, wenn wir dabei unser eigenes Haus zerstört haben?
Patrick Süskind beschrieb dies eindrucksvoll in seinem Buch "Das Parfum". Jean-Baptiste Grenouille schafft das perfekte Parfum, ein Parfum, das bei allen, die es einatmen, ein unvergleichliches Gefühl der Liebe erzeugt. Zum Ende beträufelt er sich mit dem Parfum und wird von den Menschen, die ihn sehen, wahrhaft verschlungen. Alle wollen sie einen Teil von ihm besitzen. Mit Dolchen, Äxten und Messern zerteilten sie seinen Körper, bis "jede Faser vom Erdboden verschwunden war".
Doch sie zeigten keine Reue nach ihrer Tat. "Sie waren außerordentlich stolz. Sie hatten zum ersten Mal etwas aus Liebe getan."
Wollen wir hoffen, dass die Liebe unserer Geheimdienste für unsere Demokratie nicht so weit geht.
P.H.
red horse am 27. Oktober 13
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Abgesang auf die Demokratie
Nichts geht mehr in den USA. Seit einer Woche schon
steht die Verwaltung still: Öffentliche Parks und Museen haben geschlossen, die Gesundheitsbehörde FDA und die Umweltbehörde EPA arbeiten wie viele andere Behörden nur mit einer Notbesetzung - und sind damit eigentlich nicht mehr in der Lage, ihren Job zu machen. Und all das nur, weil es dem amerikanischen Parlament nicht gelingt, einen Haushalt zu verabschieden.
Ganz so stimmt das natürlich nicht: Der Senat, von den Demokraten dominiert, würde schon wollen. Auch das Repräsentantenhaus, von den Republikanern dominiert. Allerdings beharren die Republikaner darauf, dass Obamas Reform der Krankenversicherung, die es allen Amerikanern ermöglichen soll, einen Versicherungsschutz zu erhalten, aufgeschoben, wenn nicht sogar aufgehoben wird.
Dabei waren die Gegner schon vor das Oberste Gericht gezogen, weil sie dachten, dass die Reform gegen die Verfassung sei - doch sie unterlagen; dabei hatten die Gegner die letzte Präsidentschaftswahl zur Abstimmung über die Reform erhoben - und Obama hat die Wahl mit großen Vorsprung gewonnen.
Nachdem den Gegnern nun keine demokratischen Mittel mehr offen stehen, nehmen sie also das ganze Land als Geisel und versuchen, die Regierung zu erpressen. Die Gegner, das sind noch nicht einmal alle Republikaner. Mitt Romney, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, hatte in seiner Zeit als Gouverneur in Massachusetts sogar eine ähnliche Gesundheitsreform eingeführt wie später Präsident Obama auf Bundesebene. Die Gegner, das sind der radikale Flügel der Republikaner, der sich "Tea Party" nennt, nach der Bostoner Tea Party, bei der Amerikaner englischen Tee als Zeichen des Aufbegehrens zurück ins Meer geschmissen hatten, was schließlich zur Unabhängigkeit der USA führte.
Die Tea Party gibt sich als Grassroot-Bewegung, die die kleinen Leute unterstütze, doch finanziert wird sie von Großindustriellen wie den Koch-Brüdern, die einen hunderte Milliarden Dollar schweren Konzern besitzen. Die Tea Party hievte damals den jetzigen Führer der Republikaner, John Boehner,
mit ins Amt - und so kann er sich jetzt nicht gegen sie stellen, auch wenn die Tea Party noch nicht einmal innerhalb der Republikaner die Mehrheit stellt. Deshalb ließ Boehner bis heute keine Abstimmung über den Haushalt im Repräsentantenhaus zu - denn dann würden zahlreiche Republikaner mit den Demokraten stimmen, um diese Farce endlich zu beenden, und die Tea Party hätte verloren.
Die Tea Party verfolgt einzig ein Ziel: Den Staat schwächen. Den Amerikaner ginge es besser ohne den Staat. Eine staatliche Krankenversicherung widerspricht dieser Einstellung natürlich völlig. Und es ist auch einsichtig, dass es Menschen besser gehen würde, wenn sie nicht zum Arzt können - besonders den Reichen, die das bezahlen müssten. Und so versucht die Tea Party, der republikanischen Partei und damit der ganzen Nation ihre Meinung aufzuzwingen.
Damit sieht man, wes Geistes Kind die Tea Party ist: Sie hat mit Demokratie nichts am Hut, sondern versucht, in den USA eine Oligarchie zu etablieren, in der eine Minderheit der Mehrheit vorschreibt, wie sie zu leben habe.
K.M.
red horse am 08. Oktober 13
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We want to believe
Das war also die
Bundestagswahl 2013. Die Union ist der große Sieger und erreicht fast die absolute Mehrheit, die FDP ist zum ersten Mal seit dem Bestehen der Bundesrepublik nicht mehr im Bundestag vertreten und die linken Parteien dümpeln vor sich hin. Nur weil die "Alternative für Deutschland" und die FDP es nicht in den Bundestag geschafft haben, stellen sie im Bundestag die Mehrheit. Stimmenmäßig wurden sie von den Konservativen geschlagen.
Die FDP beharrt trotzig darauf, dass es ein großes Wählerpotential für liberale Themen gebe, schließlich sei Freiheit doch im Interesse eines jeden Bürgers. Dies mag stimmen. Doch die FDP hat sich in den letzten Jahren zu sehr darauf beschränkt, nur Freiheit für die Reichen einzufordern - und gemessen an diesem Wählerpotential sind die erhaltenen 4,8% immer noch sehr schmeichelhaft.
Die Union kann ihr Glück kaum fassen: Fast 8% mehr Stimmen als vor vier Jahren. Dabei hat sich die Union Mühe gegeben, jede Aussagen zu vermeiden. Ihr einziges Statement: Wählt Mutti, mit ihr geht es uns gut. Und wie die Politik dann aussieht, das entscheidet Mutti nach Bauchgefühl. Schließlich hat sie im Osten erleben müssen, dass Planwirtschaft keine Zukunft hat. Der Markt verlangt schnelle Reaktionen. Und so glaubt die Union, sie wurde aufgrund ihrer Politik gewählt, dabei hat sie gar keine. Und vor den Realitäten in dieser Gesellschaft, der zunehmenden Armut, der immer größer werdenden Schere zwischen arm und reich, verschließt sie lieber die Augen. Und mit ihr wohl die Wähler, die hoffen, dass diese Realität verschwindet, wenn sie die wählen, die nicht daran glauben.
Die SPD hatte große Themen. Die Ausbeutung der Arbeiter nimmt in unserer Gesellschaft immer mehr zu, die Ungerechtigkeiten steigen. Die Politik, so scheint es, kümmert sich nur noch um die Reichen - und so kann die Union ungestraft behaupten, die SPD wolle höhere Steuern (mit dem Unterton: Für alle), obwohl die SPD dies nur für Reiche fordert. Aber andere Teile der Bevölkerung existieren für die Union augenscheinlich nicht.
Das Problem der SPD ist jedoch: Sie hat viele Ungerechtigkeiten der heutigen Zeit, das Wachstum des Niedriglohnsektors, der Leiharbeit, der Altersarmut und so weiter mit ihrer Politik selber verschuldet. Nun wendet sie sich mit Grausen von den Geistern ab, die sie mit Gerhard Schröder rief. Doch noch scheint ihr das niemand zu glauben: Anteilsmäßig wählen
weniger Arbeiter die SPD als die CDU. Hat die SPD sich wirklich gewandelt? Ist sie wieder bereit, sich um die Anliegen der Arbeiter zu kümmern - und nicht nur um die der Reichen und Mächtigen wie unter Schröder?
Vielleicht könnte man diese Fragen klar beantworten, wenn es über Jahre eine klare Politik in der SPD gäbe. Doch die Verantwortlichen halten sich dort nur noch kurz, sobald es eng wird, kneifen sie, und ein anderer soll übernehmen. Ohne Durchhaltevermögen werden sie jedoch niemanden von ihrer Politik überzeugen. Sie mögen glauben, dass sie nur einen netten Herrn für das Amt des Kanzlers nominieren müssen, und dann würde er schon gewählt. Das wird jedoch nur geschehen, wenn man über Jahre an seinen Taten sehen konnte, dass er für dieses Amt auch geeignet ist. Schließlich soll er ein Land führen und keinen Konzern, wo man sich nach einigen Jahren des Herumpfuschens mit einem goldenen Fallschirm zur Ruhe setzen kann - und dann schon der Staat einspringt, um die Probleme zu lösen. Als Kanzler muss man gezeigt haben, dass man Probleme lösen kann.
Mutti löst zwar auch keine Probleme, sonder schleppt sie mit sich herum. Aber zumindest hat sie das Land noch nicht an die Wand gefahren. Und das reicht heute schon, um die Regierung zu leiten.
K.M.
red horse am 28. September 13
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Die Gewinne werden privatisiert...
Die Welt der Krankenversicherung in Deutschland ist ungerecht: Auf der einen Seite gibt es die, die sich gesetzlich versichern müssen und dann mit einer Minimalversorgung leben müssen, auf der anderen Seite stehen die, die sich privat versichern dürfen und dann in den Genuß einer luxuriösen Versorgung kommen können. Vor allem müssen sie dann nicht mehr so lange auf einen Termin beim Arzt ihres Vertrauens warten.
Die Partei der sozialen Gerechtigkeit, die FDP, hat sich nun aufgemacht, diese Ungerechtigkeit zu beenden. Vor einigen Tagen schlug der aktuelle Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor, die private Krankenversicherung
für alle zu öffnen und nicht für die Reichen. Schließlich gehe es um die Wahlfreiheit aller Bürger, was schon immer ein Grundsatz liberaler Politik gewesen sei.
Man möchte sich schütteln vor Verwunderung: Die FDP kümmert sich um den kleinen Mann! Und wir dachten immer, die FDP sei die Partei des reichen Prozents der Gesellschaft! Wie man sich irren kann.
Aber vielleicht haben wir uns doch nicht geirrt. Was ist momentan die Situation der privaten Krankenversicherung? Der privaten Krankenversicherung laufen die Kosten davon. Zwar würde sie diese gerne deckeln, so wie dies die gesetzliche Krankenversicherung tut, doch das würde nicht zum Image einer Luxus-Versicherung passen. Also muss man zahlen. Wenn man mehr zahlen muss, dann will man aber auch mehr Beitragszahler haben, besonders die jungen und gesunden, die kaum Kosten verursachen. Doch die verdienen noch nicht genug, als dass sie über die Beitragsbemessungsgrenze kämen und in die Private wechseln könnten - also entfernt man die Grenze, und die Privaten können wieder mehr Beiträge einfahren und höhere Gewinne machen. Denn für junge Menschen lohnt sich die Private: Sie ist billiger als die gesetzliche.
Doch was würde passieren, stärkte man mit dem Vorschlag des Gesundheitsministers die Privaten? Man schwächte die gesetzlichen. Denn diese müssen jeden aufnehmen - und sie werden nun nur noch die versichern, die krank sind, diejenigen, die hohe Kosten verursachen. Die gesetzliche Versicherung würde damit entweder noch teurer, oder sie würde ihre Leistungen drastisch reduzieren. Beides spielte wieder den Privaten in die Hände.
Die Privaten haben aber ein Problem: Sie versichern nicht das Risiko einer Gesellschaft, krank zu werden, sondern sie versichern das persönliche Risiko, krank zu werden; die Privaten sind keine Solidargemeinschaft. Ist man jung, dann zahlt man wenig. Ist man älter und kränker, dann zahlt man umso mehr, allen Versprechungen zum Trotz, dass man in jungen Jahren schon etwas für das Alter anspare. Erlaubt man nun auch ärmeren Bevölkerungsschichten, in die Private zu wechseln, dann werden sie dies in jungen Jahren tun, um dann im Alter in einer Versicherung gefangen zu sein, die sie sich nicht mehr leisten können. Letztlich wird dann der Staat wieder einspringen müssen, um sie um die Gesundheitsversorgung dieser Menschen zu kümmern.
Bahrs Vorschlag ermöglicht also den privaten Krankenversicherungen, mehr Geld zu verdienen - und die dabei entstehenden Kosten später auf den Staat, den Steuerzahler, abzuwälzen. Und zu denen gehören die Versicherungen, die mit zahlreichen Tricks ihre Steuerlast mindern, nur bedingt. Letztlich profitieren von Bahrs Vorschlag nicht die Bürger, sondern die Konzerne und ihre reichen Anteilseigner. Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste werden solidarisiert.
Das passt dann wieder eher in das Bild, das man sich von der FDP macht.
J.E.
red horse am 31. August 13
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Wenn einer eine Reise tut...
...dann kann er was erzählen. Was kann man auf Reisen nicht alles erleben: Wunderliche Mitreisende, einzigartige Sehenswürdigkeiten - oder Reisemitteln, die eher dann fahren, wann sie wollen, aber nicht dann, wann sie sollen.
Die Bahn hat sich nun dafür entschieden, lieber gar nicht mehr zu fahren.
Zumindest in Mainz. Seit Tagen verkehren hier kaum noch Züge, weil Fahrdienstleiter im Urlaub und krank sind. Und die anderen schieben so viele Überstunden vor sich her, dass sie es wohl auch nicht mehr lange machen.
Dabei sollte die Bahn doch privatisiert werden. Alles sollte besser werden. Zumindest die Bilanz, weshalb die Bahn anfing zu sparen. Tausende Mitarbeiter wurden entlassen, durch Alter ausgeschiedene Mitarbeiter wurden nicht mehr ersetzt, und die Bilanz der Bahn machte wahre Freudensprünge: Allein im ersten Halbjahr 2013 stand ein Gewinn von
einer Milliarde Euro in den Büchern. Was die staatliche Bahn nie geschafft hatte, der praktisch privatisierten Bahn war dies gelungen.
Gut, in Mainz kann man jetzt gerade nicht mit der Bahn fahren und in Berlin hat man 2009 erfahren müssen, dass die Bahn zwar viel Geld sparen kann, wenn sie den regemäßigen Check der S-Bahn in längeren Intervallen ablaufen lässt, allerdings werden die Züge dann so unsicher, dass das
Eisenbahn-Bundesamt diese lieber stilllegt, weshalb hunderttausende Berliner monatelang zusehen mussten, wie sie zur Arbeit kamen. Aber zumindest hat man das was zum Erzählen.
Dabei sollte die Privatisierung doch alles besser machen: Bessere Qualität und geringere Preise für die Kunden. Stattdessen stiegen die Preise und die Qualität nahm ab. Und das ist nicht nur bei der Bahn zu beobachten.
Wie kam man überhaupt zu der Annahme, dass ein privatisierter Betrieb, der auch noch Gewinne machen muss, bei geringeren Preisen eine bessere Qualität bereitstellen kann? Weil in den Staatsbetrieben nur faule Sesselfurzer arbeiten, die durchaus das Doppelte leisten können ohne dabei wesentlich aus ihrem Dämmerzustand aufzuwachen?
Die Überprüfung dieser Hypothese hat gezeigt, dass diese nicht ganz korrekt war. Die privatisierten Betriebe schaffen es nur, Gewinne zu erwirtschaften, weil sie die Kosten senken: Sie schmeißen Mitarbeiter heraus, die sie für ein reibungsloses Funktionieren eigentlich bräuchte, sie reduzieren die Löhne und schieben Investitionen in die Infrastruktur auf die lange Bank. Wer nichts ausgibt, kann schließlich mehr einnehmen. Zumindest für einige Zeit.
Und wenn das Unternehmen dann richtig schön gegen die Wand gefahren wurden, dann kann ja wieder der Staat einspringen, um das systemrelevante Unternehmen am Leben zu halten.
Und schon wieder hat man was zum Erzählen.
P.H.
red horse am 18. August 13
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Gelddrucken für Fortgeschrittene
Die Zentralbanken haben ein beneidenswertes Privileg: Sie dürfen Geld drucken. Wollten Sie das zu Hause ebenfalls machen und mit ihren Kunstwerken beim Bäcker bezahlten, dann stände recht bald die Polizei bei ihnen vor der Tür. Und nicht nur, weil sie Sie mit dem selber gedruckten Geld den Urheberschutz der Zentralbanken verletzt haben.
Niemand außer den Zentralbanken hat das Recht, Geld zu drucken, und das aus gutem Grund: Je mehr Geld in einer Wirtschaft zur Verfügung stände, desto weniger wäre es wert. Druckte man nach Belieben Geld, dann stiege die Inflation - und die hübschen Scheine wären nichts mehr wert. Deshalb nimmt man Geldfälschern ihre Arbeit so übel.
Doch nicht nur die Geldmenge bestimmt den Wert des Geldes, auch die Umlaufgeschwindigkeit. Wenn man hundert Euro besitzt, und diese zum Ende des Monats ausgibt, und der neue Besitzer sie ebenfalls erst zum Ende des nächsten Monats ausgibt, dann wechseln über das Jahr gesehen 1200 Euro den Besitzer. Geben die Besitzer das Geld jedoch schon am Ende der nächsten Woche aus, dann sind es 5200 Euro. Je größer die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, desto mehr Geld sitzt im System.
Ein wichtiger Beschleuniger im System des Geldes sind die Banken. Leider dürfen sie Geld nicht drucken. Sie dürfen es sich jedoch leihen und wieder verleihen - und mit den Zinsgewinnen Geld verdienen. Die Banken bringen in erster Linie kein Geld in Umlauf, sondern Schulden. Je mehr Schulden Kreditnehmer bei einer Bank jedoch machen können, desto mehr Geld kommt in Umlauf. Deshalb hat der Gesetzgeber festgelegt, dass eine Bank nur ungefähr das Zehnfache des Eigenkapitals als Kredite vergeben darf. Das schränkt die Aktivitäten einer Bank natürlich ein.
Deshalb erfand man vor einigen Jahren die
Kreditderivate. Nun konnten die Banken die von ihnen vergebenen Kredite als Wertpapiere verkaufen, womit die Kredite nicht mehr in den eigenen Büchern standen, und man wieder Luft hatte, weitere Kredite zu vergeben. Das Spiel ließ sich endlos weiterdrehen. Plötzlich schufen die Banken mit ihren Krediten nicht die zehnfache Geldmenge, sondern ein Vielfaches davon. Dank der Kreditderivate konnten sie endlich ihr eigenes Geld drucken.
Bis dann die Wirtschaft unter dem vielen Geld zusammenbrach.
Nun schwor die Politik, dass sie die Banken härter an die Leine nehmen wolle, und solche Aktivitäten zukünftig nicht mehr möglich sein. Gut, bisher ist nicht viel geschehen, aber "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste" und so suchten sich die Geldhäuser andere Geldquellen, die beinahe so sicher waren wie Gelddrucken. Besonders kreativ war hier Goldman Sachs, die auch schon bei den Kreditderivaten eine unrühmliche Rolle gespielt hatten.
Goldman Sachs kaufte in den USA riesige Läger für Aluminium auf; denn die Ökonomie sagt, dass die Preise steigen, wenn ein Produkt knapp wird. Nun kann Goldman Sachs das Aluminium nicht einfach zurückhalten und den Preis künstlich in die Höhe treiben. Damit würde es seine Quasi-Monopolstellung ausnutzen, und dass könnte die Politik auf den Markt rufen, weil es wieder mal der Wirtschaft schadet. Und tatsächlich gibt es in den USA eine Vorschrift, dass die Aluminiumläger 3000 Tonnen Aluminium täglich ausliefern müssen, damit kein künstlicher Engpass entsteht. Und das macht Goldman Sachs, von denen man manchmal den Eindruck haben könnte, es handele sich um eine kriminelle Vereinigung mit Banklizenz, auch: Sie liefern 3000 Tonnen Aluminium täglich aus. Und lassen sie von LKWs in andere Aluminiumläger fahren, wo sie dann einige Tage später wieder zurück ins ursprüngliche Lager gekarrt werden. Warteten die Kunden bisher einige Tage auf ihre Aluminiumlieferung, beträgt die Lieferzeit heute bis zu
16 Monate. Und die Preise für das Metall steigen, was Goldman Sachs doppelt freut: Denn raten Sie mal, wer auf steigende Aluminium-Preise gewettet hat...
Schöner kann es auch nicht sein, sein eigenes Geld zu drucken.
J.E.
red horse am 02. August 13
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Rückzug...?
Schon vor einigen Wochen hatte Monsanto die Öffentlichkeit mit der Mitteilung überrascht, dass sie den Kampf um den europäischen Gentechnik-Markt
aufgeben wollen. Der Widerstand in Europa sei einfach zu groß. Nun hat Monsanto mehrere Anträge auf Zulassung in Europa
zurückgezogen, und scheint die Ankündigung wahrzumachen.
Wir erinnern uns: Monsanto wurde 1901 als Chemiekonzern in Missouri
gegründet. Berüchtigt wurde das Unternehmen vor allem deshalb, weil Monsanto es geschafft hatte, mit dreckigen Chemikalien gut Geld zu verdienen: War es nun das mittlerweile verbotene PCB, dessen Gefährlichkeit Monsanto jahrzehntelang verschwieg, war es der Süßstoff Aspartam, dessen Gefährlichkeit von Monsanto immer heruntergespielt wurde, oder war es als Lieferant von "Agent Orange", dem Entlaubungsmittel, das die US-Armee in Vietnam einsetzte - und mit dem darin enthaltenen Dioxin gleich Hunderttausende Menschen vergiftete.
Wahrhaft legendär wurde Monsanto jedoch, als sich das Unternehmen der Gentechnik zuwandte, und sein Chemiegeschäft weitestgehend aufgab. Das erste Produkt, welches Monsanto auf den Markt brachte, war ein gentechnisch gewonnenes Rinderwachstumshormon, das die Kühe dazu brachte, mehr Milch zu produzieren. In Zeiten der Überproduktion brauchte das eigentlich niemand, aber es kam in den USA trotzdem auf den Markt. Dieses Hormon produziert einen Wachstumsfaktor im Tierkörper, der auch beim Menschen Krebs erzeugt. In Europa wollte man von dem Zeug deshalb nichts wissen. Aber die Amerikaner sind ja nicht solche Waschlappen.
Als nächstes wandte sich Monsanto den Nutzpflanzen zu. Eine Soja-Pflanze, die gegen ein Monsanto Herbizid resistent ist, wurde der zweite Kassenschlager für den Konzern. Wieder gehen die Amerikaner davon aus, dass diese transgene Sojapflanze nicht gesundheitsschädlich ist. Dabei zeigen Fütterungsversuche, dass diese künstlichen Pflanzen
Krebs verursachen. In Europa will man den Anbau deshalb auch nicht zulassen, obwohl dieses Zeug als Tierfutter importiert werden darf.
Nun hat Monsanto dem großen Widerstand aus Europa also nachgegeben und zieht sich zurück.
Nur: Zugleich treten die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA in eine heiße Phase. Einer der Punkte ist, dass die Standards und Regulierungen aneinander angepasst werden, wobei für die USA-Regierung gerade das Thema Biotechnologie
eine große Bedeutung hat.
Zieht sich Monsanto also nur zurück, um jemand anderen für seine Interessen kämpfen zu lassen?
Wir müssen wachsam bleiben.
K.M.
red horse am 20. Juli 13
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Liebe Geheimdienste
viel hatte man an Euch in den letzten Tagen zu kritisieren. Zuerst wurde bekannt, dass die Amerikaner mit dem Programm Prism unzählige Emails überwachen, dann hörte man, dass die Engländer mit dem Programm Tempora
dasselbetun - passenderweise befindet sich ein Internetknoten, der Europa mit den USA befindet, auf ihrem Gebiet. Schließlich mussten auch die Franzosen die Hosen runterlassen, und ebenfalls zugeben, dass ihr
Auslandsnachrichtendienst DGSE die Kommunikation im Internet überwacht. Und als wärt Ihr Geheimdienste mit der ganzen elektronischen Information nicht schon mehr als ausgelastet, fotografiert die
US-Post für die Geheimdienste den Empfänger und Sender jedes mit ihr verschickten Briefes - 160 Milliarden Sendungen allein im Jahr 2012.
All das natürlich nicht aus Willkür. Und deshalb sollt Ihr hier auch nicht kritisiert werden, sondern auch mal gelobt. Die Arbeit, das Geld, die Ressourcen, die Ihr in die lückenlose Überwachung der Bürger investiert, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. All das nur, um uns vor Terroristen zu schützen, damit nicht wieder ein 9/11 passiert, bei dem 3000 Menschen an einem Tag das Leben verloren. Gut, auf amerikanischen Straßen kommen jeden Monat mehr Menschen ums Leben, aber das ist ja nicht von einem durchgeknallten Irren so gewollt! Das sind einfach Kollateralschäden unseres Lebensstils.
Wie viele 9/11 Ihr mit Eurer lückenlosen Überwachung schon verhindert habt, kann man gar nicht abschätzen. Dafür Danke! Unser Leben ist sicherer geworden - und wird mit jedem Tag sicherer. Der wer traut sich noch, kritische Gedanken zu veröffentlichen, wenn diese jahrelang gespeichert und eines Tages gegen ihn verwendet werden können? Die Menschen werden endlich ruhig und gefolgsam sein, und man muss ihnen die Freiheit noch nicht einmal nehmen. Aus Vorsicht, werden sie auf sie verzichten.
Gleichgeschaltet und unkritisch wird die Welt endlich so sicher sein, wie sie nur selten war. In Deutschland war es wahrscheinlich das letzte Mal unter Hitler so sicher. Bald wird die ganze Welt diese Sicherheit kennenlernen - und bis auf ein paar unverbesserliche Querdenker auch schätzen lernen.
Dafür gebührt Euch Dank, liebe Geheimdienste.
P.S.: Nur um ganz sicher zu gehen, wird es am Ende dieses Post kein Namenskürzel geben. Man weiß ja nie...
red horse am 05. Juli 13
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Als Tiger gestartet...
War das 2009 eine Sensation: Kaum ein Jahr im Amt, schon hatte man dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama den
Friedensnobelpreis verliehen. Und er hatte ja auch so viel vor: Er wollte die Atomwaffen abrüsten, er wollte dem Nahen Osten die Hand zum Frieden reichen, er wollte den Schandfleck Guantanamo schließen, er wollte mehr Demokratie wagen in einem Land, das nach 9/11 die Demokratie schamhaft versteckt hatte.
Und diese Woche war er in Deutschland. Endlich durfte er seine
große Rede vor dem Brandenburger Tor halten, vor dem auch schon J.F. Kennedy und Ronald Reagan standen. Doch statt einer großartigen Rede, gab es nur einen schalen Aufguss seines schon 2009 gegebenen Versprechens, die Atomwaffen abrüsten zu wollen. Über die Schließung von Guantanamo verlor er kein Wort mehr. Vielleicht ist es ihm peinlich, wie wenig er hier erreicht hat.
Und dann wurde auch noch aufgedeckt, dass die USA mit dem Programm
PRISM elektronische Medien der ganzen Welt überwachen - und von den Freunden gerade Deutschland im Fokus steht. Obwohl mit dem Überwachungsprogramm keine Amerikaner ausspioniert werden sollen, gehen sie dem enggestrickten Netz der Spione auch
in die Falle - und verharren dann dort. Warum sollte man auch wieder hergeben, was man einmal bekommen hat?
Wo ist nun der Präsident, der mehr Demokratie wagen wollte, der mit den selbstherrlichen und unredlichen Handlungsweisen der Bush-Administration brechen wollte? Als Tiger gestartet...
Vielleicht war die Rede am Brandenburger Tor, auch wenn sie keinen bleibenden Eidnruck hinterließ, dennoch symbolhaft: Obama trat dort hinter zentimeterdickem Glas auf. So nah scheint er den Menschen überall auf der Welt zu sein.
P.H.
red horse am 21. Juni 13
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