Tschüss, Europa!
Ende Mai hat man es nun beschlossen, einen weiteren Sargnagel für das, was für uns mal Europa war: Das Schengenabkommen, welches uns grenzenlose Reisefreiheit zwischen den Unterzeichnerstaaten garantierte,
wurde eingeschränkt. Nun können Länder ihre Grenzen wieder kontrollieren, etwa wenn zu viele Flüchtlinge ins Land kommen. Und ausgerechnet Deutschland war die treibende Kraft hinter der Reform.
Deutschland, das war einmal eins der Gründungsmitglieder der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, aus der sich die EU entwickelte. Nachdem es Deutschland geschafft hatte, in zwei verheerenden Kriegen praktisch alle seine Nachbarn zu überfallen, wollte sich dieses Land endlich in Europa integrieren. Es gab seine Grenzen auf, es gab seine Währung auf. Und als Deutscher freute man sich, dass man ohne Probleme nach Frankreich oder Spanien konnte und dort noch nicht einmal Geld umtauschen musste. Europa war nicht länger ein Fleckenteppich, Europa war Wirklichkeit geworden.
Doch nun erscheint Europa der deutschen Politik immer lästiger zu werden. So hat man die Drittstaatenregelung eingeführt, nach der Asylbewerber in dem Land Asyl beantragen sollen, das sie als erstes nach der Flucht aus der Heimat betreten haben - und sich dann gefreut, dass Deutschlands nur eine EU-Außengrenze zur Schweiz hat, aus der wenig Asylbewerber zu erwarten sich. Doch Italien wollte mit dem afrikanischen Flüchtlingsproblem nicht alleine gelassen werden. Also schickte es die Asylanten nach Deutschland. Und das will nun wieder die Grenzen dicht machen können. Was sollen wir schließlich mit den italienischen Asylanten?
Deutschland hat eine starke Wirtschaft - und profitiert von seinem Hinterland, Ländern wie Polen, Ungarn und der Tschechei, in denen es billig vorproduzieren lassen kann, um dann im Inland Fertigprodukte für den billigen Export herzustellen. Da Deutschland auch keine Kolonien hatte, hat es schon früher als andere Länder auf eine starke Exportwirtschaft gesetzt. Nun hilft diese lange Erfahrung und die billige Produktion in Osteuropa Deutschlands Wirtschaft und macht sie noch stärker. Historische und geographische Zufälle haben Deutschland in eine Sonderposition in Europa gebracht. Doch statt dankbar darüber zu sein, schauen wir auf die faulen Südländer herab, die diese positiven Randbedingungen nicht hatten.
Mit seiner starken Wirtschaft hat Deutschland Ungleichgewichte in Europa verschärft. Doch statt nun auf Ausgleich zu setzen, setzt es auf Konfrontation. Sollen die Südländer doch zusehen, wie sie alleine fertig werden! Geld bekommen sie von uns nicht! Lieber sollen sie sparen, dann wird schon alles gut!
Und das behauptet Deutschland, obwohl es selber mit Kurzarbeit während der Krise die Staatsausgaben massiv erhöht hat - und in den1930er Jahren mit der Sparpolitik während der Depression die Wirtschaftskrise noch verstärkt hat.
Doch Deutschland sieht sich nicht mehr als Teil Europas. Wurde Deutschland nicht in die EWG gezwungen, weil die Franzosen die erstarkende deutsche Wirtschaft kontrollieren wollten? Was haben wir denn schon von Europa?
Unsere Exporte können wir auch in andere Länder verkaufen. Und auf Freunde, die nur schnorren, kann man getrost verzichten.
Nur: Deutschland wird auch immer älter - und damit schwächer. Man sollte seine politische Richtung nicht aus der augenblicklichen Stärke definieren. Doch das scheint unserer Regierung nicht bewusst zu sein. Und so sagen wir Europa leise Servus.
Schade, es war schön, solange es gedauert hat.
K.M.
red horse am 14. Juni 13
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Drohnendes Unheil
Da wollte Deutschland mal ganz groß mitspielen, und hat Millionen in
die Entwicklung einer Drohne mit Namen "Euro Hawk" investiert, eines Flugkörpers, der ferngesteuert durch die Gegend fliegt, den Feind ausspioniert - und ihn gegebenenfalls umbringt. Es braucht keinen Soldaten mehr, um den Feind zu töten - und es braucht kein Gericht mehr, um jemanden zu verurteilen.
Die Amerikaner haben es vorgemacht. Und wie man diese Woche erfahren durfte, leiten sie diese Aktionen von Deutschland aus - kein Wunder, dass der kleine Bruder dasselbe Spielzeug haben wollte. Von
Stuttgart und Ramstein aus leiten die US-Militärs ihre Drohnen, die vor allem in Afrika fliegen und dort gezielt Terroristen töten. Wie die Amerikaner jemanden als Terrorist identifizieren? Das ist ganz einfach. Allerdings können Zivilisten dies nicht verstehen. Weshalb man auch keine Gerichte damit belästigt, den potentiellen Terroristen zu verurteilen.
Nach dem Angriff auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 haben die Amerikaner das Rechtssystem umgeschrieben. Vorher gab es Feinde in einem Krieg, für die die Genfer Konventionen galten, und es gab Verbrecher, die von einem ordentlichen Gericht abgeurteil wurden. Die
Amerikaner schufen danach die Gruppe der "feindlichen Kämpfer", die weder als Verbrecher noch als Kriegsgegner gelten, und bei denen man auch ungestraft "alternative Verhörtechniken" anwenden kann, die der Rest der Welt als Folter bezeichnet. Eingekerkert wurden diese feindlichen Kämpfer in dem Militärcamp Guantanamo auf Kuba - einer amerikanischen Festung in einem kommunistischen Land. Welcher Ort wäre besser geeignet, um internationales Recht außer Kraft zu setzen?
Zwar hat der amerikanische Präsident Obama versprochen, diesen Ort der Schande, an dem die Amerikaner alle ihre demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien über Bord geworfen haben, zu schließen. Doch die Mehrheit der Amerikaner scheint mit Demokratie nicht mehr viel am Hut zu haben - und ist
vehement dagegen.
Wogegen wendet sich noch einmal der Krieg der islamistischen Terroristen? Gegen die Freiheit in der westlichen Welt, gegen die Demokratie, die Menschenrechte.
Es sieht ganz so aus, als hätten sie gewonnen.
K.M.
red horse am 01. Juni 13
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Steueroase Deutschland
Der Kampf gegen Steuersünder scheint eine der größten Aufgaben der deutschen Politik zu sein. Vor allem die Schweizer fallen immer wieder unangenehm auf, weil sie es deutschen Reichen erlauben, ihr Geld ungestraft vor dem deutschen Fiskus zu verbergen. Allerdings
bröckelt der Widerstand der Schweizer, die nun bereit sind, immer mehr mit dem deutschen Fiskus zu kooperieren. Die Hartnäckigkeit Deutschlands im Kampf um Steuergerechtigkeit hat sich, so scheint es, gelohnt.
Und ist ziemlich heuchlerisch.
Nach einem
Bericht der OECD nimmt Deutschland den Kampf gegen Geldwäsche nicht sonderlich ernst. Von 49 untersuchten Kriterien erfüllt Deutschland nur 29 - und ist damit nur knapp an der Aufnahme auf die Schwarze Liste der Geldwäscheländer vorbeigeschrammt.
Und wenn Steuerfahnder bei uns in Deutschland mal zu aggressiv werden - besonders in unionsregierten Ländern - dann werden die Beamten auch schon einmal als
psychisch krank eingestuft und aus dem Dienst entfernt, so wie dies vier Steuerfahndern Hessen passiert ist. Seitdem können die Manager der Großbanken Frankfurts wieder etwas ruhiger schlafen.
Ähnlich unternimmt auch Bayern bei der Steuerfahndung
keine großen Anstrengungen. Und wenn mal jemand auf illegale Vorgehensweisen hinweist, dann dient das allenfalls dazu, ihn ebenfalls als psychisch krank zu diagnostizieren und für Jahre in eine geschlossene Anstalt einzuweisen, so wie dies
Gustl Mollath passiert ist.
Die Bösen sind immer die Anderen. Aber vielleicht stinkt es im eigenen Nest mittlerweile auch so stark, dass niemand sich mehr traut, hier mal aufzuräumen.
P.H.
red horse am 18. Mai 13
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Ein kleiner Rechenfehler
Die harte Sparpolitik in Europa ist nötig, dies hört man immer wieder. Als Beleg dafür dient eine wissenschaftliche Arbeit, die Kenneth Rogoff und Carmen Reinhard
im Jahr 2010 vorgelegt haben. Kenneth Rogoff ist nicht irgendwer: Der Harvard-Professor war immerhin zwischen 2001 und 2003 Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, mithin eine Koryphäe auf seinem Gebiet.
Was sagt nun dieses Paper? Es belegt, dass eine hohe Verschuldung mit einem geringen wirtschaftlichen Wachstum einhergeht. Die Analyse zeigt, dass ab einem Verschuldungsgrad von 90% die Wirtschaft gar nicht mehr wächst, sondern vielmehr schrumpft. Also, so die Folgerung, darf man nicht zu viele Schulden machen, sonst gefährdet man das Wachstum. Oder umgekehrt: Macht keine Schulden mehr, dann wächst die Wirtschaft.
Diese Aussage widerspricht jeder Erfahrung, die man bisher hatte. So macht man die Sparpolitik des Reichskanzler Heinrich Brüning für die lange Rezession in den 1930er Jahren in Deutschland verantwortlich. Aber Rogoffs und Reinhards Aussage wurde willig von den Politikern aufgegriffen, die Südeuropa zum Sparen verpflichten wollten. Schließlich, so die Annahme, muss man dann weniger Geld zahlen.
Doch nun hat man die Arbeit der beiden Koryphäen noch einmal untersucht und kam zu dem Ergebnis:
Die beiden können nicht mit Excel umgehen. Mit diesem komplizierten Werkzeug hatten sie nämlich ihre Daten analysiert. Dabei sind ihnen wohl einige Fehler unterlaufen. Abgesehen davon, dass sie die Daten von Ländern, die nicht in ihre Aussage passten, gar nicht erst in die Analyse mit aufgenommen hatten.
Unter dem Strich gibt es keine Korrelation zwischen einem hohen Schuldenstand und einem geringen Wachstum. Die schöne 90%-Regel ist zum Teufel. Was aber unsere Politiker nicht daran hindern sollte, dennoch weiter die Krisenländer zum Sparen aufzufordern.
Denn auch ohne diese Aufdeckung der Rechenfehler war Rogoffs und Reinhards Arbeit nicht das Papier wert, auf dem sie veröffentlicht wurde. Was hatten die beiden Ökonomen getan? Sie hatten Wirtschaftsdaten von verschiedenen Ländern genommen und sie analysiert. Das ist erst einmal ein guter Ansatz, vor allem in der Ökonomie, wirft man dieser Wissenschaft doch vor, sie beschäftige sich mehr mit mathematischen Beweisen als mit der Wirklichkeit.
Bei dieser Analyse kam nun heraus, dass eine Verschuldung von 90% mit Phasen geringen Wachstums bzw. einer Rezession verbunden sind. Daraus zu schließen, dass eine hohe Verschuldung eine Rezession versursacht, ist jedoch nicht gerechtfertigt. Im Sommer ist es ja auch so, dass viele Männer mit kurzen Hosen herumlaufen. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass wir einen warmen Tag haben, weil Männer mit kurzen Hosen herumlaufen. Die Kausalkette dürfte eher andersherum lauten.
Ähnlich dürfte es in diesem Fall sein: Die Wirtschaft lahmt nicht, weil die Verschuldung hoch ist, sondern die Verschuldung steigt, weil die Wirtschaft lahmt und der Staat neue Schulden machen muss. Sparen hingegen schafft kein Wachstum. Und genau das beobachten wir auch in den Südländern: Die Länder sparen - und die Wirtschaft schrumpft in einem nie gekannten Tempo, während die Arbeitslosigkeit auf neue Rekordstände steigt. Letztlich wird man ihnen mit mehr Geld helfen müssen, als man ursprünglich wollte. Wo hatten wir das schon einmal gesehen? Stimmt, in Deutschland, unter Brüning. Doch "history will teach us nothing", wie Sting einmal sang. Und so fordern wir weitere Sparkurse. Schließlich unterstützen uns die Ökonomen dabei, die doch so gerne Wissenschaftler sein wollen.
Vielleicht sollten Ökonomen doch besser davon Abstand nehmen, sich in die Realität einzumischen...
J.E.
red horse am 04. Mai 13
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Wer hat, dem wird gegeben
Billiger Wohnraum ist knapp in Deutschland - und in Bayern wird er jetzt noch knapper. Die Bayerische Landesbank, die im Zuge der Finanzkrise an den Rand des Konkurs getrieben war und mit zehn Milliarden Euro vom Staat gerettet werden musste, hat Anfang April ihre Beteiligung an der Wohnungsbaugesellschaft
GBW an den Wohnungsbauinvestor Patrizia verkauft. Sie hat bei diesem Deal knapp 2,5 Milliarden Euro eingenommen.
Das klingt erst einmal nach einer stolzen Summe. Allerdings wurden dabei 32.000 Wohnungen verkauft, also knapp 76.600 Euro pro Wohnung, oder 1350 Euro pro Quadratmeter. So günstig ist der Quadratmeter in bayerischen Städten sonst nicht zu haben, ganz besonders nicht in München, wo gut ein Drittel der Wohnungen liegen. Für die Patrizia war der Kauf der GBW ein Schnäppchen. Mehr noch: Formal hat die Patrizia ja nicht die Wohnungen gekauft hat, sondern die Anteile der Landesbank an der GBW. Dazu gehören zwar die Wohnungen, da aber formal keine Wohnungen verkauft wurden, sondern nur Firmenanteile, bezahlt die Patrizia bei diesem Deal noch nicht einmal Grunderwerbsteuer, obwohl ihr nun 32.000 Wohnungen gehören. Wenn ein privater Investor schon Staatseigentum bekommt, dann soll es eben auch richtig billig sein.
Aber warum, so fragt man sich, hat die GBW ihre Wohnungen zu diesem Schnäppchenpreis nicht einfach den Mietern angeboten? So billig wären die doch nie an eigenen Wohnraum gekommen, bei heutigen Zinssätzen hätten Zinsen und Tilgung für einen Kredit weniger gekostet als die Miete!
Der Grund ist einfach: Bei diesem Verkauf hätte sich der Vorstand der GBW strafbar gemacht.
Nun ist man völlig verwirrt. Doch in unserem Rechtsstaat, der den Reichen gibt und den Armen nimmt, ist der Verkauf an die Patrizia legal, der Verkauf der Wohnungen an die Mieter zu denselben finanziellen Konditionen wäre jedoch illegal.
Wäre die GBW hingegangen und hätte die Wohnungen zu einem Preis an ihre Mieter verkauft, der deutlich unter dem Marktwert liegt, dann hätte die Firma
Vermögenswerte vernichtet. Jeder Firmenvorstand, der dies tut, macht sich strafbar. Der Verkauf der Wohnungen unter Marktwert wäre damit illegal.
Die Patrizia hingegen hat ja nicht die Wohnungen gekauft, sondern die Anteile der Landesbank an die GBW. Unter dem Strich erhält sie so auch Wohnungen, formal hat sie jedoch eine Firma unternommen. Und wie der Wert der Firma bestimmt wird, das bleibt den beteiligten Parteien überlassen. Wenn der Verkäufer deutlich zu wenig fordert, dann hat der Käufer halt Glück gehabt.
Denn wie es heißt es schon in der Bibel: Wer hat, dem wird gegeben.
J.E.
red horse am 20. April 13
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Deutschlands Erfolg: Ausbeutung
Kaum ein Land steht in Europa besser da als Deutschland. Hier brummt die Wirtschaft, die Export eilen von
Rekord zu Rekord und die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem historischen
Tiefstand.
Eigentlich sollten doch alle froh sein, dass Deutschland ein rettender Anker im zerrütteten Europa ist und den schwächelnden Euro mit seiner wirtschaftlichen Stärke am Leben hält. Doch was passiert? Alle sind sauer auf Deutschland, und die Investmentlegende George Soros fordert sogar, dass Deutschland den
Euro aufgeben solle, wenn das Land keinen Euro-Bonds zustimmt.
Doch gerade dies will die Bundesregierung nicht. Wieso sollen wir mit unserer starken Wirtschaft die faulen Südeuropäer unterstützen, die weit über ihre Verhältnisse gelebt haben?
Vielleicht sollten wir das nicht. Vielleicht brauchen wir das nicht. Was stört uns Europa? Aber wäre es nicht schön, wenn wir wenigstens innerhalb Deutschlands für ein bisschen mehr Gerechtigkeit sorgen würden?
In Deutschland stiegen die
Einkommen weniger stark als die Einnahmen aus Vermögen. Inflationsbereinigt verdient ein Arbeitnehmer heute weniger als im Jahr 2000. Diese Entwicklung ist einmalig in Europa. In allen anderen Ländern stiegen die Einkommen der Arbeitnehmer an - und damit auch die
Lohnstückkosten.
Zugleich kennen fast alle EU-Staaten
Mindestlöhne - wobei das reichste EU-Land, Luxemburg, mit 10.83 Euro auch den höchsten Mindestlohn hat. In Deutschland hingegen werden auch schon mal nur drei oder vier Euro in der Stunde gezahlt.
In Deutschland wird der Niedriglohnsektor ausgebaut, immer mehr Leute rutschen in die Armut. Die Schere zwischen reich und arm ist in Deutschland stark auseinander gegangen. Erhöhte man hier die Einkommen der Arbeitnehmer und verringerte den Reichtumszuwachs der Reichen, dann ginge die Schere wieder zusammen, dann hätte man mehr Gerechtigkeit in Deutschland - und Europas Probleme würden sich entschärfen.
Weil in Deutschland der Niedriglohnsektor wächst, wird Deutschland zum
China Europas, wie ein Bericht des ARD-Magazin "Monitor" von diesem Donnerstag gezeigt hat. So haben sich in Frankreich die Anbauflächen für Spargel und Erdbeeren fast halbiert, weil man dort den Arbeitern einen Mindestlohn zahlen muss (etwa 1500 Euro brutto im Monat), während die Flächen in Deutschland um 70% zunahmen, weil man hier die Arbeiter aus Osteuropa mit einem Hungerlohn abspeisen kann. Gussteile werden zur Weiterbearbeitung aus Belgien nach Deutschland gebracht, weil der deutsche Subunternehmer mit Werksverträgen und anderen Möglichkeiten der Lohnkostenreduzierung deutlich billiger sein kann als seine Konkurrenz aus Belgien.
Deutschland boomt, weil es einen Preiskampf auf dem europäischen Arbeitsmarkt entfacht hat. Doch davon haben auch die deutschen Arbeitnehmer nichts, deren Einkommen beständig sinken. Profiteure dieses Booms sind nur die oberen Zehntausend. Und damit es ihnen gut geht, geht Europa vor die Hunde.
Stellen wir uns so Europas Zukunft vor?
K.M.
red horse am 13. April 13
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Da war die Empörung groß
Am Donnerstag traten mehrere Medien, unter anderem die Süddeutsche Zeitung, mit einem Coup an die Öffentlichkeit: Man hatte Beweise, wie mehr als 130.000 Reiche weltweit ihr Geld
am Fiskus vorbei in Steueroasen geparkt hatten. Geahnt hatte man das ja schon immer - doch nun konnte man nachweisen, mit welch komplizierten Firmenkonstrukten die Reichen ihr Geld vor dem Staat verstecken. Die Empörung auf diesen Bericht war entsprechend groß.
Aber wenn man es doch gewusst hat: Wieso dann die große Empörung? Wieso
fordert das Finanzministerium jetzt ein "Steuer-FBI"? Ist man eingeschnappt, weil sich die Reichen haben erwischen lassen? Oder wollte man die Gerüchte, dass die Reichen ihren Reichtum einfach außer Landes haben, einfach nicht wahrhaben?
Rekapitulieren wir doch mal: Die Politik weltweit hatte in den letzten Jahren nur ein Ziel: Die Steuerlast für die Superreichen zu reduzieren. In Deutschland senkte man den Spitzensteuersatz von 53% auf 45% (für Einkommen ab 250.000 Euro). Doch für die ganz Reichen, diejenigen, die gar nicht mehr arbeiten, sondern ihr Geld für sich arbeiten lassen, reduzierte man den Steuersatz der Kapitalertragsteuer sogar auf 25% - auf weniger als die Hälfte.
Hatte man wirklich gehofft, dass die Reichen das Geschenk annehmen und ihr Geld nicht mehr ins Ausland schaffen, sondern nun im Inland zum Discount-Tarif versteuern?
Stattdessen fehlte den Staaten nun das Geld, und sie mussten Schulden machen, sollte der Staat weiterhin seine Aufgaben erfüllen und nicht zu einer Farce verkommen. Und woher kam das Geld, das sich die Staaten liehen?
Woher wohl. Die Staaten hatten es ja gerade erst den Reichen überlassen. Und so hatten die, die ihr Geld zumindest teilweise in Inland versteuert hatten, nun das Geld, um es großzügig dem Staat zu leihen. Gegen entsprechende Zinsen, versteht sich. Und so half der Staat auch noch, dass sich der Reichtum derjenigen, die man mit der Steuerreduzierung schon beschenkt hatte, weiter mehren konnte.
Da ist Empörung sicher angebracht. Doch nicht gegen die skrupellosen Reichen. Die verhalten sich heute so wie schon vor Jahren. Sondern wir sollten uns über die Politiker empören, die es den Reichen noch einfacher machten, ihren Reichtum zu behalten, zu mehren und sich aus der Solidargemeinschaft unseres Staates davonzustehlen.
J.E.
red horse am 05. April 13
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Wir retten die Falschen!
Nun also
Zypern. Wie zuvor schon Irland oder Griechenland, befindet sich nun Zypern am Rande eines Staatsbankrotts und muss von den anderen EU-Ländern gerettet werden. Schließlich will man den Euro retten. Doch wie auch schon bei den anderen Rettungsaktionen vorher geht es weniger um den Euro oder die Menschen der Ländern, sondern alleine darum, die Banken zu retten.
Mit unverantwortlichen Spekulationen und verantwortungslosem Management haben sich auch in Zypern die Banken an den Rand des Konkurses manövriert. Der Staat war mit Bürgschaften eingesprungen, um sie vor dem Bankrott zu bewahren. Gingen die Banken nun Pleite, dann wäre auch der Staat erledigt. Also tut der Staat alles, um die Banken am Leben zu halten. Wenn man seinem Gegenüber ein Messer an die Gurgel halten kann, verhandelt es sich halt leichter.
Doch warum mussten die Banken überhaupt gerettet werden? Kann man sie nicht einfach Pleite gehen lassen?
Die Frage scheint absurd. Schließlich haben wir im Fall der
Lehman-Pleite erlebt, was passiert, wenn eine große Bank Pleite geht: Auf einmel vermutet man bei jeder Bank große Risiken im Portfolio, also verleiht keiner Bank einer anderen mehr Geld. Der Interbankenmarkt trocknet aus, und in der Folge stehen auch der Realwirtschaft keine Kredite mehr zur Verfügung. Die Wirtschaft landet in der Rezession.
Also versucht man alles, um zu verhindern, dass sich Banken misstrauen könnten, und hält sie am Leben, wie groß ihre Verfehlungen auch sein mögen. Zusätzlich springt die Zentralbank ein, und stellt den Banken als "Lender of Last Resort", als "Kreditgeber der letzten Zuflucht" unbegrenzte Liquidität zur Verfügung, damit nur die Realwirtschaft nicht austrockne.
Die Idee einer Zentralbank als "Lender of Last Resort" geht auf den englischen Geschäftsmann
Walter Bagehot zurück, der sie 1873 in seinem Buch "Lombard Street: A Description of the Money Market" veröffentlichte. Allerdings sah
Bagehot vor, dass die Zentralbank im Fall einer Krise die Zinsen anheben solle, damit sich nur diejenigen Geld besorgen, die es wirklich brauchen, und dass die Zentralbank das Geld direkt an die produzierenden Unternehmen ausschütten sollte, damit diese weiterarbeiten können.
Heute reduziert die Zentralbank die Zinsen und schüttet das Geld an die Banken aus - die das billige Geld prompt nutzen, um weiter zu spekulieren und die Risiken ihrer Geschäfte noch weiter zu erhöhen. Anstatt den Opfern des Missmanagements der Banken zu helfen, stellt man den Tätern noch billiges Geld zur Verfügung, damit sie ihr Unwesen weiterhin profitabel betreiben können.
Es lohnt sich eben, wenn man die Regierungen der Welt mit seinem Geld und seinen Leuten unterwandert hat...
J.E.
red horse am 23. März 13
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Der Heilsbringer kommt
War das nicht eine aufregende Woche? Mit Spannung hatte man die Vorstellung erwartet, konnte nicht genug detaillierte Informationen bekommen, hatte schon Tage vorher spekuliert, was einen erwarten würde. Und dann endlich war das Geheimnis gelüftet wurden. Das neue
Samsung Galaxy S4 ist da, und selbst intellektuelle Blätter wie "Die Zeit" beschäftigen sich ausführlich mit diesem Spielzeug.
Einen größeren Hype hätte nur noch das neue iPhone erzeugen können.
Oder die Wahl eines neuen Papstes.
Stimmt ja: Da war noch etwas in dieser Woche. Nachdem Papst Benedikt XVI. wie jeder normale Arbeitnehmer seine Rente angetreten hatte, musste die katholische Kirche ja einen neuen Papst wählen. Getroffen hat es den Argentinier
Jose Bergoglio, der sich den Namen Franziskus gab. Und ebenso wie bei den High-End-Smartphones hatte es in den Tagen vorher große Spekulationen gegeben, wer der neue Papst denn sein könnte - und wofür er stehen würde.
Als Jesuit steht er für Armut, was einen merkwürdigen Gegensatz zum Reichtum der Kirche bildet. Aber zumindest ist er konservativ. Da weiß man, was ihn antreibt. Ebenso wie bei den Smartphones von Apple und Samsung.
Warum nur machen wir so einen Hype um einige Dinge? Keiner wundert sich tagelang, wie der neue Fernseher von Sony aussehen könnte, und keiner verfolgt die Wahl eines neuen Regierungschefs mit einer solchen Hingabe.
Ist es das Geheimnisvolle? Die Rituale, mit denen das Neue langsam angekündigt wird - eine Spekulation hier, ein unscharfes Foto dort, bis endlich weißer Rauch aufsteigt und alle Fragen beantwortet sind?
Zieht uns die Macht an? Die Marktmacht der Giganten Apple und Samsung - und die Macht der katholischen Kirche, die vorgibt, über 1,3 Milliarden Menschen zu herrschen, auch wenn die meisten Katholiken sich wundern, wieso sie diesem Verein, der eine Zufluchtsburg von Pädophilen zu sein scheint, überhaupt noch angehören?
Oder erhoffen wir uns wirklich eine bessere Welt? Eine Welt, in der die Technik für uns arbeitet, eine Welt, in der die christlichen Gebote wirklich gelten?
Wenn wir dabei nur nicht enttäuscht werden.
P.H.
red horse am 15. März 13
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Auch eine Art von Self-Service...
Es war eine Revolution auf dem Lebensmittelmarkt, als nach dem zweiten Weltkrieg das in den USA erfundene System der Selbstbedienung mit Läden wie Aldi auch in Deutschland Einzug hielt. Nun wurden die Kunden nicht mehr bedient, fleißige Hände wogen den Zucker ab oder füllten die Milch in mitgebrachte Behältnisse, sondern die Waren lagen fein säuberlich abgepackt in Regalen, und die Kunden brauchten sie nur noch in den Einkaufswagen zu legen. Der Einkauf wurde zeitlich optimiert, die Geschäfte brauchten weniger Personal - und die Waren wurden billiger.
Wie schaffen wir mit dieser Einleitung die Überleitung zu einer
Volksabstimmung, die an diesem Sonntag in der Schweiz stattfinden wird? Der Ausgangspunkt für diese Abstimmung sind exorbitant hohe Gehälter oder Abfindungen von Managern, wie der Bonus von 71 Millionen Schweizer Franken, die der Chef der Credit Suisse einstrich, oder die Abfindung von 72 Millionen Schweizer Franken, die der ehemalige Chef von Novartis bekam. Dagegen geht die Initiative "gegen die Abzockerei" mit ihrer Volksabstimmung vor. Und nun der Clou: Die Volksabstimmung will erreichen, dass die Gehälter und anderen Vergütungen der Top-Manager in der Hauptversammlung von den Aktionären beschlossen werden! Das muss man sich mal vorstellen: Die Eigentümer wollen doch tatsächlich darüber entscheiden, was ihre Angestellten verdienen sollen!
Kein Wunder, dass sich die Manager darüber aufregen; und so haben wir die Kurve zur Einleitung geschafft: Bisher konnten die Manager ihre Gehälter praktisch selber festlegen. Ein Job im Vorstand bedeutete Selbstbedienung an den Geldtrögen der Konzerne. Nur führte diese Art der Selbstbedienung erstaunlicherweise nicht zu einer Senkung der Kosten...
Natürlich war es nicht so, dass die Vorstände ihr Gehälter wirklich selber festlegen konnten. Sie müssen ihr Gehalt mit dem Aufsichtsrat aushandeln. In dem allerdings auch wieder Top-Manager sitzen, die mit ihrem Aufsichtsrat (wieder Top-Manager) ihre Gehälter aushandeln. Und damit verhandeln die Top-Manager mit sich selber - und sind dabei gar nicht so hart, als wenn sie mit Gewerkschaften verhandeln.
Etwas mehr Gerechtigkeit und etwas weniger Egoismus bei den Gehältern unserer Top-Manager, die ihre Firmen offensichtlich als Selbstbedienungsläden à la Aldi verstehen, schaden der Firma sicherlich nicht. Es hilft aber der Gesellschaft, die unter der aufgehenden Schere zwischen arm und reich zu zerbrechen droht. Hoffen wir also, dass die Schweizer sich richtig entscheiden - und der Rest der Welt seine Lehren daraus zieht.
J.E.
red horse am 02. März 13
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