Mittwoch, 28. September 2011
Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit
Der Papst war mal wieder in Deutschland. Es war ein Ereignis erster Güter, selbst der Einbruch des Dax um mehrere Prozent, der sonst die Nachricht des Tages gewesen wäre, war nur noch eine Meldung unter vielen. John Lennon behauptete einmal, die Beatles seien größer als Jesus. Nun, der Papst ist es sicherlich.

Doch man jubelte dem Papst nicht nur zu, es gab auch kritische Stimmen. Der Tübinger Theologe Hans Küng kritisierte, dass der Papst zwar "ein offenes Ohr und ein hörendes Herz" versprochen habe, tatsächlich "habe das Oberhaupt der katholischen Kirche aber mit versteinertem Herz auf die Reformanliegen der meisten deutschen Christen reagiert". Der Vorsitzende der Kirchenleitung der Nordelbischen Kirche, Bischof Gerhard Ulrich, sagte, er sei "vom Ergebnis der Gespräche und der Ansprache Benedikts ernüchtert".

Der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, warf der Kirche vor, dass "innerkirchliche Kritik zu schnell als illoyal und ungehorsam hingestellt wird, statt zu sehen, dass sie aus Sorge erfolgt." Und Hans Küng fügte noch hinzu: "Wo dieser Papst ist, da ist Vergangenheit."

Offensichtlich hatten sich die protestantischen Kirchenfürsten und die katholischen Kritiker der Amtskirche mehr vom Papst zu den Themen Zölibat, Abendmahl oder Umgang mit Geschiedenen versprochen, als dieser dann bereit war zuzugestehen.

Aber mal ehrlich: Hatten diese Kritiker des Papstes wirklich erwartet, er würde sich bewegen? Verstehen die Kritiker des Papstes denn nicht, dass sie es nicht mit einem Politiker zu tun haben, sondern mit einem Kirchenfürsten?

Konrad Adenauer hatte das Glaubensbekenntnis des Politiker einmal so formuliert: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern." Denn ein Politiker vertritt nur Meinungen - und die ändert er schon mal wie eine Fahne im Wind, wenn er sich Vorteile davon verspricht.

Doch der Papst ist ein Kirchenfürst. Er ist der Nachfolger Petrus, der Fels, auf den die Kirche gebaut wurde, die selbst die Mächte der Unterwelt nicht überwältigen werden, wie es im Matthäus-Evangelium (16, 18) heißt. Er verkündet keine Meinungen, sondern die Wahrheit, wie sie in den heiligen Schriften offenbart wurden. Reduzierte er seine Wahrheiten zu einfachen Meinungen - ja, worauf sollten sich die Gläubigen denn dann noch verlassen können? Stimmt es dann wirklich, dass die Bösen in die Hölle und die Guten in den Himmel kommen? Gibt es überhaupt noch ein Leben nach dem Tod?

Der Papst muss darauf beharren, dass er die Wahrheit sagt und nichts als die Wahrheit, sonst versetzt er dem Glauben den Todesstoß. Er kann seine Aussagen deshalb nicht nach Moden ausrichten wie ein Politiker. Allen Kritikern, die in ihrer Naivität glauben, der Papst würde sich doch noch "bewegen", möchte man deshalb zurufen: "Verbringt Eure Zeit sinnvoller als darauf zu warten, dass der Fels zum Propheten kommen wird."
P.H.