Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt
In diesen Tagen gehen zwei Meldungen durch die Presse, die uns mal wieder zweifeln lassen, ob wir in einem fortschrittlichen und aufgeklärten Land leben - oder doch eher in einer Bananenrepublik, wo Recht und Gesetz ganz im Auge des Betrachters liegen.
Da gab es vor einigen Monaten einen Entwurf zum neuen Armutsbericht der Bundesregierung, der sich recht kritisch mit der Tatsache auseinandersetzte, dass die Vermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt sind und die Einkommen zwischen den Reichen und dem Rest der Bevölkerung immer weiter auseinander gehen - vor allem deshalb, weil die Reichen immer reicher werden, während die Einkommen der anderen Arbeitnehmer stagnieren. Dieser Entwurf wurde nun unter Federführung des Bundeswirtschaftsministeriums (Philipp Rösler, FDP) überarbeitet, und diese
kritischen Passagen wurden entfernt. Nun ist von einer aufgehenden Schere zwischen arm und reich nicht länger die Rede. Nachher käme noch jemand darauf, dass die Reichen etwas von ihrem Reichtum abgeben sollen, um für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Das kann die FDP natürlich unmöglich zulassen.
Doch diese Streichungen waren keine Willkürentscheidung, wie der Bundeswirtschaftsminister in einem
Interview mit dem ARD/ZDF-Morgenmagazin erklärte. Sondern vielmehr sei es so, dass es heute viel mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftige gibt als noch vor Jahren, die Aussage des Berichts sei deshalb nicht korrekt gewesen.
Das stimmt auch. Nur verdienen die meisten einen Hungerlohn, weil der Niedriglohnsektor konsequent ausgebaut wurde. Die Tatsache, dass heute mehr Leute beschäftigt sind, ist kein Widerspruch zur Behauptung, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander geht. Aber das scheint Herrn Rösler und den Rest unserer Bundesregierung nicht zu stören. Sie leben halt nach dem Pipi Langstrumpf-Motto: "Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt."
Ähnlich ging die Politik und Justiz wohl auch im Fall Gustl Mollath vor. In einem schmutzigen Scheidungskrieg mit seiner früheren Frau hat Herr Mollath Anzeige gegen sie und ihren damaligen Arbeitgeber, die Hypo-Vereinsbank, wegen Schwarzgeldgeschäften gestellt. Dies erschien dem zuständigen Richter und einem Gutachter so absurd, dass Herr Mollath wegen
paranoider Wahnvorstellungen um einen Schwarzgeldkomplex vor sieben Jahren in die Psychatrie eingewiesen wurde. Und weil sich der Wahn nicht besserte, sitzt er da heute noch.
Erst als die Presse sich der Sache annahm und ein interner Revisionsbericht der Bank publik wurde, der Mollaths Behauptungen bestätigte, wurde der Druck auf die auch schon damals tätige Justizministerin Beate Merk (CSU) so groß, dass sie nun die
Staatsanwaltschaft Nürnberg anwies, den Fall neu aufzurollen. Zwar waren Frau Merk die Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Fall Mollath und der interne Bericht der Bank schon seit geraumer Zeit bekannt. Doch erst der massive öffentliche Druck hatte sie dazu bringen können, ihre ganz eigene Weltsicht der Realität anzupassen.
So unterhaltsam Pippi Langstrumpf mit ihrem Versuch ist, sich die Welt nach ihrer Vorstellung einzurichten - vielleicht sollte man angehende Politiker davon abhalten, diese Sendung zu sehen. Offensichtlich richtet sie bei diesen charakterlich nicht sonderlich gefestigten Menschen viel Schaden an.
K.M.
red horse am 30. November 12
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Der Selbstmord der privaten Altersvorsorge
Es ist ein Dauerbrenner: Die Rente in Deutschland. Konnte Norbert Blüm noch verkünden: "Die Rente ist sicher", so glaubt dies heute keiner mehr. Doch dies liegt weniger daran, dass Norbert Blüm in den 1980er Jahren Unsinn erzählt hat, sondern vielmehr daran, dass die Politik sich in den letzten zwei Jahrzehnten große Mühe gegeben hat, die Rente zu zerstören.
Einen Meilenstein dazu hat die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder gelegt, als sie beschloss, das Rentenniveau auf unter 50% des durchschnittlichen Nettoverdienstes zu senken. Ziel war es, einen Anstieg des Rentenbeitrags zu verhindern, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Stattdessen sollten die Arbeitnehmer sich privat absichern - denn daran müssen sich die Arbeitgeber ja nicht beteiligen. Die
Riester-Rente war geboren - und Lebensversicherungen wurden wieder attraktiver.
Doch die Umwandlung des umlagefinanzierten Rentensystems, bei dem die Beiträge der Arbeitnehmer direkt in den Taschen der Rentner wandern, die davon ihren Lebensunterhalt bestreiten, in ein kapitalgedecktes Rentensystem brachte neue Probleme mit sich: Auf einmal wurde das von den Arbeitnehmern angesparte Geld nicht mehr von den Rentnern für den Konsum ausgegeben, sondern es verschwand in riesigen Pensionsfonds, die weltweit nach Anlagemöglichkeiten suchen. Doch so, wie eine Ware, die es im Überfluss gibt, billiger wird, so wird auch Geld, das es im Überfluss gibt, billiger. Der Preis des Geldes sind die Zinsen. Und diese sanken in den letzten Jahren ins Bodenlose. Dieser Effekt wurde durch die Finanzkrise (auch hier suchten riesige Geldmengen nach Anlagemöglichkeiten und fanden sie in wertlosen Hypothekenderivaten) noch verstärkt.
Nur: Was erwirtschaftet eine Rentenversicherung, wenn die Zinsen ins Bodenlose stürzen? Richtig: Kaum noch Überschüsse. Und so sanken die
Garantiezinsen der Lebensversicherungen von 4% im Jahre 1994 auf heute 1,75%. Doch auch wenn der Garantiezins heute schon niedriger ist als die Inflationsrate (auch bei der Riester-Rente wird ja nur garantiert, dass das eingezahlte Geld wieder ausgezahlt wird - der Garantiezins beträgt also 0%) - und das angesparte Geld somit jedes Jahr weniger wert wird - besteht immer noch die Gefahr, dass viele Rentenversicherungen, die heute die hohen Garantiezinsen der Vergangenheit erwirtschaften müssen, in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Deshalb hat
der Staat den Versicherungsunternehmen erst erlaubt, eine Zinszusatzreserve zu bilden - und nun erlaubt er den Versicherern auch noch, die Bewertungsreserven nicht an an die Versicherten ausschütten zu müssen. Unter dem Strich bedeutet das weniger Geld für die Versicherten.
Mit diesen Maßnahmen kann die private Altersvorsorge zwar noch etwas länger überleben. Doch am Ergebnis führt kein Weg vorbei: Eine erfolgreiche private Altersvorsorge schaufelt so viel Geld in den Kapitalmarkt, dass die Renditen unter die Inflationsrate sinken. Eine kapitalgedeckte Altersvorsorge sorgt nur dafür, dass das angesparte Kapital langsam wegschmilzt.
Die private Altersversorgung begeht Selbstmord auf Raten. Da bis zu ihrem Tod einige Konzerne jedoch einen großen Reibach machen, wird die Politik wohl weiterhin die private Altersvorsorge bewerben. Denn wer Geld hat, bestimmt die Regeln - und die Bürger sind die Dummen.
J.E.
red horse am 17. November 12
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Die Scharia in Deutschland
Der Islam ist das schwarze Schaf der monotheistischen Religionen - zumindest wenn man vielen Konservativen glauben kann. Er ist eine Brutstätte von Terror und Gewalt, und ganz besonders muss man das islamische Recht, die Scharia, fürchten, schließlich hat dieses Recht rein gar nichts mit dem Recht zu tun, wie es eine demokratische Gesellschaft lebt.
Bei dieser Kritik an dem Islam vergisst man nur allzu gerne, dass es in Deutschland weite Bereiche der Gesellschaft gibt, in denen das staatliche, demokratische Recht ausgeklammert ist, und allein das Recht der Kirche gilt. Nämlich immer dort, wo auch nur im Entferntesten eine kirchliche Organisation als Arbeitgeber auftritt. Hier gilt plötzlich nicht mehr das Rechtssystem des Staates, sondern allein die Rechtsordnung der Kirche.
Dabei beruft sich die Kirche auf den
Artikel 140 des Grundgesetzes, der aus der Weimarer Verfassung übernommen wurde. Darin heißt es: "Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde." Diese Selbstverwaltung sieht zwar vor, dass die Kirche sich im Rahmen des demokratischen Rechts bewegen soll, doch oft genug ignoriert sie dies einfach mal und beruft sich allein darauf, dass sie ihre Angelegenheiten selbständig verwalten kann. Und der Staat lässt sie gewähren.
So gibt es zwar eine Antidiskriminierungsregelung in der EU, nach der kein Bürger wegen seiner religiösen und politischen Ansichten diskriminiert werden darf, doch
die Kirche hält sich nicht daran und stellt keine Menschen ein, die nicht ihrem Glauben anhängen, oder feuert sogar Menschen, die einen Lebenswandel führen, der den strengen Augen der kirchlichen Sittenwächter nicht genügt. Die Kirche macht sich ihr eigenes Recht - und pfeift auf das geltende staatliche Recht.
Unterstützung findet sie hierbei vor allem bei Politikern der Union, wie ein Beitrag des
ARD-Magazins Panorama zeigte. Wie sagte doch die Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Maria Flachsbarth: "Kirchen und Religionsgemeinschaften bestimmen selber darüber, selbstverantwortlich darüber, wie sie mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgehen." Deutlicher kann man nicht eingestehen, dass der Staat den Kirchen einen rechtsfreien Raum zugesteht.
Und hier schließt sich der Kreis und erklärt sich, wieso die Konservativen eine so große Angst vor dem Islam haben. Denn wenn die christlichen Kirchen ihr eigenes Recht, ihre eigene "Scharia" leben können, wieso dann nicht auch der Islam? Aber das ginge dann wohl doch etwas zu weit - und kann auch nicht gestattet werden, da ja nur die christliche Kirche die einzige Wahrheit verkündet.
Vielleicht sollten sich auch konservative, christliche Kreise endlich daran gewöhnen, dass wir in Deutschland in einem Rechtsstaat leben - und nicht in einem Kirchenstaat.
P.H.
red horse am 10. November 12
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Stiefkind Islamismus
Die Auer Dult im Herzen von München bot auch dieses Mal ein breites Angebot an Antiquitäten, Kurzwaren, Schmankerln und weiteren interessanten Dingen. Doch dieses Jahr gab eines eine weitere Attraktion: Die Besucher der Auer Dult wurden von Mitgliedern der Partei "Die Freiheit" aufgefordert, eine
Petition gegen ein geplantes Zentrum für Islam in Europa (Ziem) zu unterschreiben, das doch tatsächlich im Zentrum Münchens errichtet werden soll. Damit befände es sich in guter Nachbarschaft mit der christlichen Frauenkirche und des jüdischen Zentrums am Jakobsplatz. Doch während man keine Vorbehalte gegen diese beiden Religionen hat (oder es sich nicht traut, diese auszusprechen...) wird die Bevölkerung gegen das Ziem in Stellung gebracht.
Gegenüber dem Islam herrscht eine feindliche Stimmung, die man sonst nur dem Antichristen gegenüber zeigt. Dabei sind sich Christentum, Judentum und Islam mit ihrem Glauben an einen allmächtigen Gott ähnlicher als sonst zwei Religionen auf dieser Welt. Wie Lessing in seiner berühmten Ringparabel aus
Nathan der Weise beschrieb, sind sie so ähnlich, dass sie praktisch nicht voneinander zu unterscheiden sind. Dennoch scheint der Islam das schwarze Schaf dieses Drillingsgespanns zu sein.
Sicherlich machen gerade Moslems mit Gewalt von sich reden und scheinen nicht immer in der Moderne angekommen zu sein. Doch betrifft dies alle Moslems? Haben Christen und Juden etwa eine weiße Weste? Warum grenzt man den Islam dann aus?
Der Islam gehört zu Deutschland und Europa wie das Christentum und das Judentum. Hier hatte der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff
ausnahmsweise recht. Es war der Islam, der das
Wissen der Antike bewahrte und weiterentwickelte, während Europa im "Dunklen Mittelalter" versank. Dank des Islams konnte Europa zur Renaissance wieder erwachen und eine führende Rolle in Kultur und Technik übernehmen. Man möchte gar nicht nachdenken, wo Europa heute ohne den Islam wäre.
Und sucht man heute religiöse Fanatiker, die kulturelle und geistig im Mittelalter hängen geblieben sind, dann braucht man nicht erst zu den Moslems gehen. Die erzkonservativen amerikanischen Evangelikalen, die allein den Worten der Bibel glauben, haben schon
längst in Europa Fuß gefasst.
Doch der Islam bleibt das Stiefkind der monotheistischen Drillinge. Dabei wäre es doch gerade christlich, ihn endlich aufzunehmen. Aber leider hat's in Deutschland nur Katholiken und Protestanten...
P.H.
red horse am 03. November 12
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Bananenrepublik
Anfang Oktober hatten wir einen kleinen Beitrag darüber geschrieben, wie Firmen offensichtlich Gesetze zu ihrem Nutzen
bei der Bundesregierung bestellen können. Dachten wir damals noch, damit habe die Demokratie in Deutschland einen Tiefpunkt erreicht, dann wurden wir jetzt eines besseren belehrt.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete
am Mittwoch, dass der CSU-Sprecher Hans Michael Strepp in der heute-Redaktion des ZDF angerufen hatte, um einen Beitrag über den SPD-Landesparteitag zu verhindern, auf dem die SPD ihren Kandidaten für die Landtagswahl in Bayern nominierte. Erst soll das ganz nur ein Missverständnis gewesen sein, doch dann trat
Herr Strepp von seinem Posten zurück - und niemand in der CSU will geahnt haben, dass der Pressesprecher der CSU derart mit den freien Medien reden würde.
Heute sieht es aber nicht so aus, als sei das Vorgehen des CSU-Pressesprechers wirklich so einmalig gewesen. So wurde nun publik, dass der Bayerische Rundfunk einen für Herrn Söder (damals Umweltminister in Bayern) kritischen Bericht nach
einem Anruf seiner Sprecherin zurückgezogen hatte.
Wir wussten ja, dass unsere Presse nicht so frei ist, wie wir sie gerne hätten. Private Medien stehen unter der Vormundschaft großer Konzerne, deren Lenker gerne mal Politik machen - wenn sie denn nicht ganz darauf verzichten und die Bürger durch endlose Unterhaltungsshows gänzlich von der Politik entfremden. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk kommt regelmäßig unter Druck, auch wenn das Bundesverfassungsgericht die Scharfmacher der Parteien regelmäßig zurückpfeift und daran erinnert, dass wir in Deutschland eben kein Staatsfernsehen haben, so wie dies noch in der DDR der Fall war. Doch diese Versuche der direkten Einflussnahme auf das Programm - und offensichtlich teilweise sogar erfolgreich - hätten wir wohl doch nicht für möglich gehalten.
Wer einen Wagen fahren will, braucht einen Führerschein, wer Stromkabelverlegen will, muss eine Ausbildung zum Elektriker absolvieren. Doch wer politisch in unserem Lande tätig werden will, braucht wohl nur eine große Klappe. Vielleicht sollte man bei unseren Politikern einen Gesinnungstest machen, und sie daraufhin testen, ob sie die Grundregeln demokratischen Handelns überhaupt verstehen.
Aber vielleicht reicht es ja auch nur, wenn in Bayern die CSU mal eine Pause von der Macht nimmt. Sie scheint den Eindruck zu haben, ihr gehöre das Land und sie könnten sich alles erlauben - als sei Bayern eine Bananenrepublik. Warum sonst fallen gerade CSU-Granden mit einem derart demokratiefeindlichen Verhalten auf?
K.M.
red horse am 27. Oktober 12
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Der Friedensnobelpreis und die Hoffnung
Damit hatte nun wirklich keiner gerechnet. Eher, so dachte man, bekommen
Menschenrechtsgruppen aus Russland oder gar Helmut Kohl den Friedensnobelpreis, doch dann gab es am Freitag Vormittag die große Überraschung: Der
Friedensnobelpreis im Jahr 2012 wird an die Europäische Union verliehen.
Sicherlich hat die EU, haben die Mitgliedsländer der EU und ihre Bürger großes geleistet. Über 60 Jahre kein Krieg mehr in Mitteleuropa - dass hätte sich vor einiger Zeit niemand vorstellen können. Doch die Europäer haben das Unmögliche mögliche gemacht. Das egoistische Gegeneinander der Nationalstaaten wich einem Miteinander, verwurzelt in der grundlegenden Idee, dass alle Menschen gleich sind, und wenn schon nicht alle Menschen, dann doch zumindest die Europäer, die in ihrer Geschichte soviel Leid erfahren haben.
Zumindest schien dies die grundlegende Idee der EU zu sein. In den Zeiten der aktuellen Krise fragt man sich verwundert, was aus dem Miteinander der Europäer geworden ist. Vielleicht waren die heeren Ideen einer Union doch nicht mehr als leere Worte?
Allzusehr erinnert die Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an die Verleihung des Friedensnobelpreises an den damals frisch gewählten amerikanischen Präsidenten
Barack Obama im Jahr 2009. Dieser war angetreten, die unmoralische und aggressive Politik seines Amtsvorgängers George W. Bush zu beenden. Er wollte auf den Iran und Nord-Korea zugehen und das unsägliche, sich jenseits aller Gesetze befindliche Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba schließen. Alles schöne Wünsche, doch umgesetzt wurde kaum etwas.
Obama war als Tiger gestartet und ist als Bettvorleger gelandet. Hoffentlich ist dies kein Omen für die weiteren Leistungen der EU.
P.H.
red horse am 14. Oktober 12
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Gesetze auf eBay
Manchmal hat man den Eindruck, dass der Unterschied zwischen einer Bananenrepublik und der Bundesrepublik Deutschland nur darin besteht, dass eine Bananenrepublik in der Regel besseres Wetter hat. Wie sonst sollte man die immer wieder auftretenden, heimlichen Einflussnahmen von Unternehmen und Lobbyorganisationen auf die Gesetzgebung der Bunderegierung verstehen, die so gar nicht zum Verständnis einer Demokratie passen?
Der letzte bekanntgewordene Fall ist die kurzfristige Änderung des Geldwäschegesetzes. Dieses hatte
im Paragraf 16a vorgesehen, dass auch die Spielhallen besser überwacht werden sollten. Eine bessere Überwachung der Spielhallen mit ihren - wie man vermutet - teilweise im Graubereich liegenden Handlungen war jedoch nicht im Sinn der Automatenlobby, vor allem nicht des größten Herstellers von Spielautomaten, der Firmengruppe Gauselmann. Also schrieb diese kurz einen Beschwerdebrief, und von heute auf morgen wurde der kritische Paragraf 16a einfach ersatzlos gestrichen - ganz im Sinne des Automatenkonzerns, der schon seit längerer Zeit auf zahlreichen, dubiosen Wegen Geld in die Kassen der FDP leitete, welche zum Glück gerade den Wirtschaftsminister stellt.
Vor Jahren war bekannt geworden, dass Mitarbeiter von Unternehmen und ihren Verbänden in den Ministerien sitzen - das Programm war von der damaligen Bundesregierung unter Gerhard Schröder unter dem Titel "Seitenwechsel" sogar ganz offiziell gestartet worden - dort aber nicht nur, wie ursprünglich angedacht, die Arbeitswelt der Ministerialen kennenlernen, sondern ganz ungeniert
an Gesetzesentwürfen mitschreiben, die ihre eigene Branche betreffen. So haben Vertreter der Deutschen Börse AG und des Bundesverbandes der Deutschen Investmentgesellschaft
am Investmentmodernisierungsgesetz mitgeschrieben, mit dem letztlich Hedge Fonds in Deutschland legalisiert wurden.
Nun gut, niemanden wundert es, dass die Reichen und Mächtigen sich den Staat so einrichten, wie es ihnen gefällt. Schließlich glaubt ja niemand ernsthaft an diese alberne "Demokratie" und den Spruch "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus", wie es im
Artikel 20 des Grundgesetzes steht. Das Dreiklassenwahlrecht, bei dem die Bürger je nach Steueraufkommen mehr oder weniger Stimmen hatten, ist zwar offiziell abgeschafft, aber niemand stellt ernsthaft in Frage, dass es in den Hinternzimmern der Macht noch gelebt wird.
Warum dann diese Heimlichtuerei? Warum steht man nicht dazu, dass Geld die Welt regiert, und anderslautende Gesetze nur als "Opium fürs Volk" dienen? Warum versteigert man dann nicht ganz öffentlich Gesetzesvorlagen auf eBay und setzt die um, die das meiste Geld einbringt?
Dann könnte man sich wenigstens diese Heimlichtuerei und die peinliche Berührtheit im Fall der Entdeckung sparen.
K.M.
red horse am 06. Oktober 12
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Die Rente ist sicher
Dies hatte uns der langjährige Arbeits- und Sozialminister der Regierung Kohl,
Norbert Blüm, dereinst versprochen. Doch heute klingt diese Aussage wie Hohn. Zwar sind momentan nur etwa 2,5% der Bevölkerung von Altersarmut betroffen, doch im Jahr 2030 werden nach aktuellen Prognosen
ein Drittel der Menschen von Altersarmut betroffen sein. Deshalb widmen wir uns dem Thema Rente nun schon
zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen.
Weshalb ist die Rente nicht mehr sicher? Ökonomen sagen uns, das liege an der demographischen Entwicklung. Die Bevölkerung in Deutschland werde immer älter, also müsse sie mit immer weniger Geld auskommen. Diese Rechnung würde stimmen, wenn der Reichtum des Staates über die letzten Jahre und auch in die absehbare Zukunft nicht größer wird; denn bleibt der Kuchen gleich groß, doch mehr Menschen wollen essen, dann müssen die einzelnen Stücke kleiner werden.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Tatsächlich hat sich der Reichtum Deutschlands, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in den letzten Jahren vervielfacht, und es ist davon auszugehen, dass er auch in den nächsten Jahren weiter wächst. Der Kuchen wird also beständg größer. Und trotzdem sollen die Stücke, die jeder einzelne bekommt, kleiner werden?
Sie werden es. Nicht als Folge irgendwelcher Natur- oder Marktgesetze, sondern als Folge gewollte politischer Entscheidungen. Besonders zwei Entscheidungen erhöhen das Risiko für die Altersarmut drastisch.
Das ist zum einen die Entscheidung, dass das Rentenniveau von heute 51% auf
43% im Jahr 2030 sinken soll. So reduziert man den Kuchen, den man an die Hungrigen verteilen muss, deutlich.
Zum anderen wurde gerade in Deutschland der Niedriglohnsektor immens ausgebaut. Der
Prozentsatz der Beschäftigten, die in Deutschland in diesem Sektor arbeiten, stieg von 17,7 Prozent im Jahr 1995 auf 23,1 Prozent im Jahr 2010. Wer in diesem Sektor arbeitet, hat jedoch kaum genug Geld, um etwas für die Rente anzusparen. Der Kuchen schrumpft weiter.
Als Gegenmaßnahme entschied sich die Bundesregierung, die sogenannte Riester-Rente einzuführen. Mit ihr können die Leute, die ohnehin schon zu wenig haben, selber Geld für ihr Alter ansparen. Außerdem kann man so der Senkung des Rentenniveaus entgegen wirken - auch denn die private Versicherungswirtschaft für die immensen Aufwände, die sie mit den Riester-Renten hat, natürlich viel höhere Verwaltungsgebühren abziehen muss, als dies bei der staatlichen Rente nötig ist. Wären diese Entscheidungen nicht wirklich so getroffen worden, man könnte sie für die wirren Ideen eines durchgedrehten Kabarettisten halten.
Blüm hatte Recht: Die Rente ist sicher. Wir müssen nur aufhören, sie selber zu beschädigen.
K.M.
red horse am 29. September 12
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Sieg der Radikalen?
Es ist schon erstaunlich, wie wenig es heute braucht, um die Welt in Aufruhr zu versetzen. Ein dilettantisch hergestellter und auf Youtube verbreiteter Film unter dem Titel "Innocence of Muslims" erhitzt momentan die Gemüter zahlreicher Moslems, weil sie ihre Religion und ihren Religionsfüher Mohammed darin verunglimpft sehen. Der Film wird von radikalen Evangelikalen wie dem
Pfarrer und Islamhasser Terry Jones beworben und scheint seinen Ursprung in diesem radikal-religiösen Umfeld zu haben.
Wie soll die Gesellschaft nun auf diese gezielte Provokation einer ganzen Religionsgemeinschaft reagieren? Moslems protestieren weltweit gegen dieses Video - und nicht selten eskalieren die Proteste. Diesen Freitag starben bei solchen Protesten
über 10 Menschen in Pakistan, hunderte wurden verletzt. Vor zehn Tagen war der
US-Botschafter in Libyen von Demonstranten getötet worden.
Sollte man also den Film verbieten, damit nicht weiter Menschenleben gefährdet werden? Doch was wäre dann mit unserem Recht zur freien Meinungsäußerung? Das gilt auch dann, wenn die geäußerte Meinung ausgesprochen dämlich ist - so wie im Fall dieses Videos. Und es hat viele Jahrhunderte gedauert, bis die Menschen in der westlichen Welt die Menschenrechte wie ihr Recht zur freien Meinungsäußerung erkämpft hatten. Soll man diese mit einem Male aufgeben, so wie man schon zum Schutze der Menschen die Freiheit der Menschen nach den Anschlägen vom 9. September 2001 eingeschränkt hat? Sobald ein Radikaler hustet, zuckt der Staat zusammen und gibt die Menschenrechte Preis, die er doch bewahren soll?
Nein, das kann nicht die Lösung sein. Denn damit würden wir die unfreie Gesellschaft schaffen, die die radikalen Fanatiker sich wünschen, eine Gesellschaft, in der nur ihre Meinung gilt und alles andere ihrer Inquisition zum Opfer fällt.
Das mag nun pathetisch klingen, vielleicht sogar menschenverachtend eingedenkt des Leides, das die Opfer ertragen müssen: Aber beim Kampf für die Freiheit gab es immer Opfer und wird es immer Opfer geben. Und wenn wir diesen Kampf aufgeben, dann sind wir alle Opfer.
Die Radikalen müssen die Menschenrechte akzeptieren - und nicht wir ihre religiösen Dogmen, die Menschen zu Göttern erheben und andere Meinungen verdammen.
P.H.
red horse am 22. September 12
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Monetäres Methadon
Schon seit geraumer Zeit können Drogensüchtige vom Staat Methadon bekommen. Ihre Sucht verlieren sie dadurch nicht, allerdings reduziert das Programm die Schäden, die mit gewöhnlicher Drogensucht verbunden sind, wie Beschaffungskriminalität oder die Übertragung von ansteckenden Krankheiten bei der gleichzeitigen Benutzung von Spritzen. Gerade bei Heroinabhängigen haben die staatlichen Methadon-Programme große Erfolge zu verzeichnen. Die Abhängigen können ihre Sucht leben, ohne der Gesellschaft zu schaden.
Seit einigen Jahren gibt es auf den Weltmärkten jedoch eine weitere Drogen, die die immense Schäden anrichtet: Billiges Geld. Das Monster hat seinerzeit der FED-Guru Alan Greenspan in die Welt gesetzt, der blind den Märkten vertraute und offensichtlich der Ansicht war, dass es nicht genug billiges Geld geben könnte - immerhin erreichten die FED-Zinsen unter seiner Ägide ungeahnte Minimalrekorde.
Der Ausgang der Geschichte ist bekannt: Dank des billigen Geldes des Drogenbarons Greenspan bildeten sich mehrere Blasen in der Wirtschaft wie der Internethype und die Hypothekenblase in den USA. Letztere wird allgemein für die aktuelle Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht, obwohl ihr Grund eher in den endlosen Spekulationen zu suchen ist, die die weltweiten Banken mit den Hypotheken ihrer Kunden anzettelten.
Wie auch immer, die Junkies des leichten Geldes wurden von den meisten Staaten als systemrelevant eingestuft, die Staaten verschuldeten sich, damit diese ihre Geschäfte weiterführen konnten und um die von ihnen in den Abgrund getriebene Wirtschaft am Leben zu halten. Aus der Hypothekenkrise wurde die Schuldenkrise der Staaten - und die Junkies und Drogenhändler waren wieder einmal aus dem Schneider und taten so, als ginge sie diese besondere Art der Beschaffungskriminalität nichts an.
Als Rettung gegen die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld sehen die Politik und die Notenbanken ausgerechnet die Überflutung der Märkte mit leichtem Geld. So als würde der Drogensumpf austrocknen, wenn man ihn immer neu flutet. Anfangs waren vor allem die Notenbanken der USA und Großbritanniens hier aktiv, seit neustem mischt auch die EZB bei der Drogenausgabe kräftig mit. Der deutsche Bundesbankpräsident Weidmann warnt zwar davor, "dass Notenbank-Finanzierung süchtig machen kann wie eine Droge" (so in einem
Spiegel-Interview), doch welcher Süchtiger ist schon rationalen Argumenten zugänglich?
Viel lieber beschafft man immer mehr Drogen - und freut sich dann auch, als das Bundesverfassungsgericht die Drogenbeschaffung über den europäischen Stabilitätspakt nicht behinderte. Der Drogen und Aktienindex DAX schoß nach der
positiven Entscheidung des Gerichts zumindest deutlich in die Höhe.
Die Finanzwirtschaft lebt auf Droge. Und schadet damit der Realwirtschaft und unserer Gesellschaft.
Da können wir nur hoffen, dass wir bald ein monetäres Methadon finden, um die Schäden für unsere Gesellschaft zu reduzieren.
J.E.
red horse am 15. September 12
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