Freitag, 24. August 2018
Die Frechheit darf nicht siegen
Eine Demonstration der Pegida, der Vereinigung der Menschenhasser, hat es diese Woche mal wieder in die Schlagzeilen geschafft. Ein Demonstrant hat sich während der Demonstration in Dresden penetrant vor die Kamera eines ZDF-Teams gedrängt und die Journalisten dabei widersinnigerweise aufgefordert, sie nicht mehr zu filmen, das sei illegal. Dann rief er die Polizei, die die Journalisten 45 Minuten festhielten, ohne dafür eine Begründung geben zu können. Wahrscheinlich legte sie sich lieber mit friedfertigen Journalisten an als mit aggressiven Pegida-Demonstranten.

Diese Szene erinnert an eine Szene aus der Serie „Die Simpsons“. Der Rowdy Nelson packt einen schwächeren Schüler am Arm und bewegt den Arm so, dass der schwächere Schüler sich selber ins Gesicht schlägt. Dann fragt er: „Warum schlägst du dich selber?“ Schlag – Warum schlägst du dich selber?

Man hat den Eindruck, dass spätestens seit der Wahl Trumps zum Präsidenten die Rowdys in den Demokratien wieder Oberwasser bekommen. Sie faseln von „Recht und Ordnung“, doch sie meinen nur ihr Recht des Stärkeren. Und der Staat steht dem hilflos gegenüber. Er weiß, wie er mit Attentätern umgehen soll, mit Mördern, mit Vergewaltigern, mit Dieben. Mit all dem kennt er sich aus. Doch Menschen, die permanent lügen, die andere schikanieren und beleidigen, die keine moralischen Scham mehr kennen, diesen Menschen steht er wehrlos gegenüber. Wer moralisch völlig verkommen ist, wer mit einer gnadenlosen Frechheit vorgeht, so die Botschaft von Trump und aus Dresden, der kommt mit allem durch.

Doch überlässt man den Staat den Frechen, dann fällt er auseinander. So etwas überlebt keine Gesellschaft. Deshalb darf die Frechheit nicht siegen.
J.E.



Freitag, 10. August 2018
Proletarier, vereinigt euch!
Heute streiken die Piloten bei Ryanair. Es ist kein normaler Streik, um bessere Konditionen in einem Tarifvertrag zu erhalten; es ist ein Streik, um überhaupt erst einmal einen Tarifvertrag zu erhalten, wie ihn die Piloten der meisten Konkurrenten von Ryanair schon lange besitzen.

Das Ryanair Geschäftsmodell, so wird immer deutlicher, bestand nicht nur darin, möglichst billige Flüge anzubieten, weil man ein sehr gutes Management und clevere Ideen hatte. Ryanair hat die billigen Flüge vor allem deshalb anbieten können, weil sie ihre Mitarbeiter bis aufs Blut ausgebeutet haben. Viele Mitarbeiter sind gar keine Angestellten von Ryanair, sondern Selbstständige. Sie dürfen sich somit auch selber um ihre Sozialversicherungen kümmern, und wenn sie krank werden, dann verdienen sie eben nichts.

Außerdem beginnt die Arbeitszeit nicht, wenn man am Arbeitsplatz erscheint. Die Arbeitszeit beginnt erst, wenn er Flieger vom Gate ablegt. Musste von vorher noch etwas vorbereiten, dann war das ein privates Vergnügen. Gibt es eine Verzögerung beim Start, dann muss man dafür ja auch nicht bezahlt werden – schließlich arbeitet man ja nicht, man wartet nur darauf, dass man endlich arbeiten kann. Und wenn man schon so wenige Stunden arbeitet, dann braucht der Stundenlohn auch nicht hoch zu sein. Er muss gerade zum Überleben reichen. So kommt eine Stewardess im Monat nur auf 1000 Euro.

Geschichtsbewusste Leser wird das alles bekannt vorkommen: Auch zum Beginn der Industrialisierung, im Manchester Kapitalismus, wälzten die Unternehmer jedes Risiko auf die Arbeiter ab. Diese konnten von ihrem Einkommen dann kaum überleben. Ryanair lässt diese guten alten Zeiten wieder auferstehen.

So ist es wichtig und richtig, dass die Mitarbeiter sich zur Wehr setzen. Kein Unternehmen darf seine Mitarbeiter wie den letzten Dreck behandeln. Und so gilt heute für Ryanair-Mitarbeiter das, was für Arbeiter im Allgemeinen schon im 19. Jahrhundert galt: Proletarier, vereinigt euch!
P.H.



Samstag, 28. Juli 2018
Ja zum politischen Anstand
Am 22. Juli hatte die CSU einen schweren Tag. Mindestens 25.000 Demonstranten hatten sich in München unter dem Motto „#ausgehetzt“ eingefunden, um gegen Rechtspopulismus und vor allem die CSU zu demonstrieren. Die CSU hatte in den Wochen vorher eine unnachgiebige Linie gegen Flüchtlinge verfolgt, hatte Asylanten als Asyltouristen bezeichnet (als gleiche eine Flucht einem Flug zum Ballermann) und für hartes Durchgreifen an den Grenzen plädiert. Sie hatte im Streit mit der CDU sogar eine Frist gesetzt, wie ein dahergelaufener Erpresser.

Erstaunlicherweise fällt so viel Skrupellosigkeit einer christlichen Partei bei der Bevölkerung auf Unverständnis. Und die CSU regiert beleidigt. Sie ließ Plakate anbringen, auf denen sie forderte „Ja zum politischen Anstand, Nein zu ausgehetzt“, so als ließe die Demonstration gegen die heilige CSU nun jeden Anstand vermissen, obwohl die CSU schon seit Wochen bewies, dass ihr politische Anstand völlig egal ist. Wie man bei der AfD gerne sagt: Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Und die CSU lebte dies.

Sie wollte damit die Wähler zurückgewinnen, die zur AfD gelaufen waren. Doch die letzten Umfragen zeigen, dass dies nicht gelungen ist. Im Gegenteil: Wenn eine Partei, die eigentlich zu den staatstragenden gehört, nun genauso hetzt, wie die AfD dies seit Jahren tut, dann kann die AfD ja gar nicht so schlimm sein. Die CSU hat die Politik der AfD verharmlost – und die AfD damit wählbar gemacht. Politischer Anstand ist wichtig, gerade in Zeiten, wo der rechte Mob gewählte Politiker beleidigt, bedroht, beschimpft und sogar physisch angreift, und das nur, weil diese Politiker es wagen, sich menschlich zu verhalten, was für den rechten Mob eine nicht mehr vorstellbare Verhaltensweise ist. Doch die CSU hat jede Glaubwürdigkeit verspielt, sich als Bewahrerin des politischen Anstands zu präsentieren.
J.E.



Samstag, 14. Juli 2018
Die Fremden mögen wir nur in der Fremde
Sie wurden gerettet. Alle zwölf Jungen und ihr Trainer, die sich vor über zwei Wochen in einer Höhle in Thailand verlaufen hatten, konnten gerettet werden. Die Welt hat mitgefiebert, Spezialisten kamen aus aller Welt, um die Rettungskräften in Thailand zu unterstützen. Es dauerte Tage, bis man alle Jungen durch die über vier Kilometer Höhle an die Oberfläche gebracht hatte, aber schließlich war es geglückt. Alle Welt bejubelt die Retter.

Im ersten Halbjahr 2018 sind derweil über 1000 Flüchtlinge bei dem Versuch ertrunken, über das Mittelmeer Europa zu erreichen. Man muss diese Zahl aber schon suchen, wenn man sie finden will. Sie wird nicht wirklich an die große Glocke gehängt. Und die Zahl wird steigen. Denn die Mittelmeerländer verbieten den Rettungsschiffen der Hilfsorganisationen immer öfter, ihre Häfen anzulaufen, und wenn sie dies doch tun, dann werden die Schiffe beschlagnahmt.

Die Flüchtlinge sollen gefälligst zu Hause bleiben. Und wenn sie das nicht tun, dann können sie bei dem Versuch, Europa zu erreichen, auch ruhig ertrinken. Mit denen haben wir kein Mitleid. Im Gegenteil: Wir freuen uns, wenn sie endlich unser Land verlassen, wie Bundesinnenminister Seehofer, der sich freute, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden. Was für eine schöne Geste der Ausländerbehörden!

So ist das halt in einem christlichen Land. Wir sind mitfühlend, wir sind hilfsbereit, aber nur, wenn die Armen nicht auf die dumme Idee kommen, uns aufzusuchen, um unsere christliche Nächstenliebe zu testen; denn nur in der Fremde mögen wir die Fremden.
J.E.



Freitag, 29. Juni 2018
So sind wir Menschen
Der geniale und leider viel zu frühe verstorbene Autor Douglas Adams beschrieb in seinem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ eine Szene, die sich um Zaphod Beeblebrox dreht, einen Außerirdischen mit einem enormen Ego.

Beeblebrox war wegen einiger Verbrechen verurteilt worden, in den Total Perspective Vortex zu steigen, eine Maschine, die einem die unvorstellbare Größe des Alls zeigt. Diese Erfahrung bringt jedes Lebewesen um den Verstand. Beeblebrox stieg in den Vortex, sah das unendlich große Universum – und sich im Zentrum. Das All drehte sich nur um ihn. Gut gelaunt verließ er den Vortex wieder.

Das Internet sollte uns mit allen Menschen zusammenbringen. Die Welt würde zum Dorf, in dem die Menschen miteinander handeln, kooperieren, kommunizieren und sich letztlich immer besser verstehen. Doch man hat das Ego der Menschen unterschätzt. Sie sehen das Internet und all die Kommunikation, die um sie herum abläuft. Und anstatt sich als Teil eines großen Ganzen zu verstehen, glauben sie, im Zentrum der Welt zu stehen. Alles dreht sich nur um sie. Sie sind der König der Welt, und so können sie machen, was sie wollen.

Und so verhalten sich die Menschen immer öfter wie Arschlöcher.
P.H.



Freitag, 15. Juni 2018
Abscheuliche Politik
Das gab es noch nicht so oft: Die Unionsparteien bekämpfen sich bis aufs Messer. Die CSU möchte Flüchtlinge, die schon in einem anderen europäischen Land Asyl beantragt haben, an der Grenze zurückweisen. Das klingt doch erst einmal vernünftig: Warum sollte jemand zweimal Asyl beantragen dürfen?

Aber wir wissen: Wenn es von der CSU kommt, dass ist es selten vernünftig. Denn viele Asylsuchende kamen über Italien und Griechenland in die EU. Die beiden Länder sind mit den Flüchtlingen völlig überlastet. Und wir haben mit ihnen keine Grenze. Weisen wir sie an unserer Grenze ab, dann hätte ein Drittland das Problem. Aber die Probleme andere Leute haben die Christsozialen ja noch nie gestört.

In guter alter Trump-Manier („Was kümmern mich die anderen“) denkt die CSU erst einmal nur an sich. Vielleicht auch noch an das Land, aber das ist eher nur ein Nebeneffekt. Solidarität mit anderen ist der CSU ohnehin ein Fremdwort. Doch wenn wir schon von Trump mit Wirtschaftskriegen bedroht werden – ist es dann eine gute Idee, die anderen europäischen Länder gegen uns aufzubringen? Könnte es nicht eventuell sein, dass wir schon sehr, sehr bald ihre Solidarität brauchen?

Doch der CSU ist das egal. Sie will die nächste Landtagswahl gewinnen, und die Menschenhasser der AfD könnten ihr die absolute Mehrheit stehlen. Deshalb werden Kreuze in öffentlichen Gebäuden aufgehängt, um uns an die Höhepunkte der christlichen Zivilisation zu erinnern, wie Fremdenhass, Inquisition, Folter, Intoleranz und Kriege. Hauptsache die Misanthropen, die all das geil finden, fühlen sich in der CSU wieder zu Hause.

Christliche Werte symbolisiert die CSU mit dem Kreuz sicher nicht. Mit denen hat sie noch nie etwas anfangen können. Lieber hechelt sie den Trumps, Putins, Erdogans und Orbans dieser Welt nach, hetzt gegen Fremde und beschwört eine ausländische Bedrohung, um die eigene Macht zu sichern.

Abscheulicher kann man Politik nicht betreiben.
J.E.



Samstag, 2. Juni 2018
Der Zerrissene
Trump hat die Präsidentschaft in den USA mit dem Versprechen gewonnen, er werden den Sumpf trockenlegen „Drain the swamp“. Gemeint war das enge Verhältnis zwischen Politikern und Wirtschaftsbossen, die eine Politik zu ihrem eigenen Vorteil machen und sich nicht um die Belange der Bevölkerung kümmern.

Das dominierende Korruptionsnetzwerk in den USA haben die Koch-Brüder aufgebaut. Seit den 1970er Jahren gründen sie Think Tanks, die ihre neoliberale Meinung verbreiten sollen, unterstützen Institute an Universitäten, die diese Religion fördern, und waren einer der Hauptsponsoren der sogenannten „Tea-Party-Bewegung“, die dem Mythos nach ganz spontan von einfachen Bürgern gegründet worden war.

Trump war stolz darauf, dass er auf das Koch-Netzwerk nicht angewiesen war; er brüstete sich mit dieser Unabhängigkeit während des Wahlkampfes. Doch nun ist er Präsident – und alle wichtigen Posten in der Regierung sind von Mitstreitern des Koch-Netzwerks besetzt. Dazu gehört der Vizepräsident Pence ebenso wie der Außenminister Pompeo oder der Chef der Umweltbehörde EPA Pruitt. Mehr als ein Drittel aller Mitarbeiter der Trump-Regierung gehören dem Koch-Netzwerk an. Und das setzt nun seine Politik um, die Reichen reicher zu machen. Zwei große Meilensteine wurden erreicht: Die große Steuersenkung für Unternehmen Ende 2017 und das Zurückfahren von Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, wie das Aussetzen des Pariser Klimaabkommens. Davon profitieren im Wesentlichen die Reichen aus dem Koch Netzwerk, der einfacher Bürger hat nichts davon. Der Sumpf lebt.

Aber nun muss Trump zeigen, dass er auch etwas für die einfachen Bürger tut. Dafür wurde er schließlich gewählt. Die einfachen Bürger verlieren ihre Jobs und verdienen immer weniger. Also sperrt Trump die Konkurrenz aus, indem er Zölle erhöht, und hofft, dass davon die Arbeiter profitieren werden. Doch die Wirtschaft ist weltweit verzahnt. Durch seine Maßnahmen wird er auch die Produktion in den amerikanischen Betrieben verteuern. Unter dem Strich werden auch die Amerikaner leiden. Doch erst einmal sieht es so aus, als würde Trump nicht nur an Seinesgleichen denken.

Und auf den Schein kommt es in der Politik schließlich an.
K.M.



Samstag, 19. Mai 2018
Wir wollen Untertanen sein
Heute werden sie heiraten, Prinz Harry und seine Meghan. Millionen Zuschauer werden das Spektakel weltweit am Fernseher verfolgen, hunderte Reporter haben sich in die britische Hauptstadt aufgemacht, um davon zu berichten. Ein möglicher Krieg im Iran, Handelskrieg mit den USA, immer mehr Diktatoren in Europa? Egal, es wird geheiratet.

Es ist ja auch nicht irgendeine Hochzeit. Es ist eine Hochzeit bei den Royals. Der Adel gibt sich die Ehre. Und das darf man als einfacher Plebs schließlich nicht verpassen.

Wir scheinen sie zu vermissen, die Zeiten, als ein paar in Glanz und Glorie lebten, während der Rest des Volkes in Armut vegetierte. Aber der zählt ja auch nicht. Mit Recht hat Ludwig XIV. von Frankreich deshalb damals sagen können: „Der Staat bin ich.“

Und auch heute gibt es wieder einige, die von sich behaupten, sie seien das Volk. Doch das sind keine prächtigen Adeligen, sondern hasserfüllte Geiferer, die der Menschheit den Krieg erklärt haben. Und wieder gibt es einige, die sich ihnen unterwerfen wollen, die liebend gerne Untertan sind, wenn man ihnen nur sagt, wo es langgeht.

Ist uns unsere Freiheit wirklich so wenig wert?
P.H.



Sonntag, 6. Mai 2018
China wird fairer
China wird endlich fairer. Das meint natürlich nicht die politischen Verhältnisse. China ist und bleibt eine Diktatur, die ihre Bevölkerung unterdrückt. Aber das interessiert ja nicht wirklich. Doch der Markt wird für Ausländer fairer. Bisher mussten Ausländer sich mit einem chinesischen Partner zusammentun, wenn sie in Inland produzieren wollten. So blieben Teile der Gewinne im Land und Know-how wurde ins Land geholt. Diese Praxis wurde von westlichen Unternehmen als unfair empfunden. Die Chinesen spionieren uns aus, und bauen die Geräte dann selber, hieß es immer.

Doch das ist nun zum Teil vorbei. Der Zwang, Partnerschaften einzugehen, entfällt zumindest für einige Produkte. Endlich wird der Wettbewerb fair.

Natürlich ist es unfair, wenn chinesische Firmen sich ungehindert in westliche Firmen einkaufen können, umgekehrt ist dies aber nicht möglich. Doch was wäre gewesen, wenn China diese Restriktionen nicht eingeführt hätte? Hätte die chinesische Industrie im freien Wettbewerb mit der deutlich weiter entwickelten westlichen Industrie bestehen können? Sicher nicht. Mit dieser unfairen Praxis holte sich China das mit Gewalt, was die Industrieländer ärmeren Länder immer nur versprechen: Wirkliche Entwicklungshilfe.

Nun hat China eine eigenständige, in vielen Teilen wettbewerbsfähige Industrie. Länder, die schon früher „fairen“ Handel zugelassen haben, wie Afrika und Südamerika, sind immer noch arm. Denn was aus unserer Sicht fair sein mag, muss dies aus Sicht der anderen nicht unbedingt sein.

Man kann China noch nicht einmal einen großen Vorwurf machen: Das Land hat nur das getan, was wir früher auch getan haben. Wir, das meint alle europäischen Länder, die USA, Kanada, Japan, kurz das, was wir als „westliche Industrienationen“ bezeichnen. Diese haben ihre jungen Industrien auch abgeschottet, und sie haben kopiert, was die Maschinen hergaben.

Man nehme nur das Beispiel hochwertiger und kostengünstiger Messer. Diese wurden im 19. Jahrhundert in Sheffield entwickelt. Kurz darauf gab es Messer mit dem Gütesiegel „Sheffield made“ aber auch aus – Solingen. Erst später, als die Qualität stimmte, druckte man „Made in Solingen“ auf die Messer. Doch anstatt anderen Ländern diesen Weg ebenfalls zu erlauben, denunzieren wir ihn heute als „unfair“.

China mag in wirtschaftlichen Dingen nun fairer handeln. Es wird Zeit, dass wir das auch tun.
K.M.



Sonntag, 22. April 2018
Wir melden uns, wenn Sie krank werden können
Eigentlich erwartet man, dass Menschen geholfen wird, wenn sie krank sind. Dafür gibt es Ärzte im ganzen Land, sowie Kliniken und Krankenhäuser mit Notaufnahmen. Doch in München (und nicht nur hier) ist es seit einiger Zeit der Fall, dass Patienten nicht mehr in das nächstgelegene Krankenhaus eingeliefert werden können, weil dort keine Kapazitäten vorhanden sind. Zu Spitzenzeiten kommt es mittlerweile vor, dass sich alle Krankenhäuser in München abmelden, und die Patienten dann ins Umland gefahren werden müssen, bevor ihnen geholfen werden kann. Bald wird es soweit sein, dass sich die Krankenhäuser bei uns melden, wenn wir krank werden dürfen.

Der Grund ist nicht, dass es in den Krankenhäusern nicht genug Betten geben würde. Der Grund ist schlichtweg, dass es nicht mehr genug Pfleger und Pflegerinnen gibt, die sich um die Patienten kümmern könnten. In manch einem Krankenhaus ist eine voll ausgestattete Station komplett verwaist, weil es nicht genug Pfleger und Pflegerinnen gibt.

Der Grund? Man verdient in diesem Knochenjob nicht genug. Von dem Gehalt kann man in Städten wie München nicht mehr leben. Dabei geht es um die Gesundheit von Menschen, manchmal sogar um das Leben von Menschen.

Als Manager trötet man gerne, dass man so viel verdiene, weil man eine solche Verantwortung trage. Pfleger und Pflegerinnen tragen auch eine große Verantwortung, bekommen aber nur einen Hungerlohn. Die große Verantwortung kann also nicht der Grund für die hohen Löhne der Manager sein.

Doch das ist nicht das Thema: Will man eine bessere Versorgung bereitstellen, will man verhindern, dass Schwerkranke stundenlang durch die Gegend gefahren werden, bis die Ambulanz eine Klinik findet, die den Kranken aufnehmen kann, dann muss man die Pfleger und Pflegerinne besser bezahlen.

Doch wo, wird man fragen, soll das Geld herkommen?

Da gibt es eine gute Nachricht: Aufgrund der guten Konjunktur machen die Krankenkassen in Deutschland Überschüsse in Milliardenhöhe. Das Geld wäre da. Doch was hat unser Gesundheitsminister Jens Spahn vor? Er will das Geld an die Versicherten zurückgeben. Eine sinnvolle Anwendung sieht er dafür offensichtlich nicht.

Und es ist für die nächsten Wahlen immer besser, eine große Menschenmenge glücklich zu machen, als eine kleine. Auch wenn die sterben könnte.
P.H.