Freitag, 7. Oktober 2016
Fröhlich in die Diktatur
Demokratie - was ist das eigentlich? Braucht man das noch oder kann das weg?

Auf der Straße bewegen sich gerade viele "Wutbürger", die immer wieder den Satz skandieren "Wir sind das Volk" und auf das Recht der freien Meinungsäußerung pochen. Und dann laut pfeifen und buhen, wenn jemand eine Meinung äußert, die nicht der ihren entspricht. Diese werden dann als "Volksverräter" diffamiert, so als dürfe das Volk nur eine Meinung haben.

Und die ist dann natürlich frei.

Doch die Demokratie wird nicht nur von denen missbraucht, die meinen, dass man "dies doch wohl sagen dürfe", sondern auch von Konzernen, die glauben, sie könnten machen, was sie wollen.

An vorderster Front stehen hier die Internetkonzerne. Nach deutschem Recht sind Hasskommentare, Kommentare, die zur Gewalt aufrufen oder rassistisch sind, verboten. Facebook und andere müssten sie eigentlich sofort löschen. Doch das geschieht nur sehr zäh, wenn sie überhaupt gelöscht werden. Schließlich widerspricht Hass nicht den Regeln von Facebook. Nur nackte Brüste tun dies - und die werden auch sofort gelöscht.

Google fing einfach mal an, alle Bücher der Welt zu scannen. In den USA bekamen sie nach jahrelangem Rechtsstreit vor dem Obersten Gericht recht, in Deutschland ist das nicht erlaubt. Google stört das nicht. Auch Inhalte Dritter werden von Google einfach mal präsentiert, mit der eigenen Werbung versehen und erzeugen so Gewinne für die eigene Tasche. Das Urheberrecht hilft eben dem, der das größte Internetportal besitzt.

Und "Share Economy" Konzerne wie Uber ignorieren laufend Gesetze zum Arbeitsschutz, zur Sicherheit, zur Bezahlung etc., womit sie riesige Gewinnen einfahren - die Verlierer sind jedoch die, die ihren Service regelkonform anbieten. Doch wer soll sich noch an die Regeln halten?

Das ist ja gerade das nette an der Demokratie: Eigentlich müsste sich jeder an die Regeln halten. Es gibt keine Aristokratie mehr, die sich ihre eigenen Regeln macht, um das Volk auszubeuten.

Doch die Internetkonzerne schaffen sich ihre eigene Aristokratie - und ersetzen nach und nach die Demokratie durch eine Diktatur nach ihren Regeln.
J.E.



Dienstag, 6. September 2016
Heuchler
Diesmal hat die AfD sich selber übertroffen. Mit ihren fremdenfeindlichen Parolen wurde sie in Mecklenburg-Vorpommern zur zweitstärksten Kraft, noch vor der CDU. Das kann die Union sich natürlich nicht gefallen lassen. Und schon ertönt aus der rechten Ecke der CDU, der CSU, die Forderung, dass man die Flüchtlingspolitik ändern müsse. Man könne sich von der AfD ja schließlich nicht rechts überholen lassen. Die Partei der Ausländerfeindlichkeit war doch schon immer die Union, wie sie vor Jahren mit Ihrer "Kinder statt Inder"-Kampagne gezeigt hatte.

Doch geht es wirklich um Ausländer und Flüchtlinge? Die AfD hat vor allem Nichtwähler mobilisiert, Menschen, die seit Jahren schon nicht mehr zur Wahl gegangen sind, weil sie sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlten. Und sie gingen schon nicht mehr zur Wahl, lange bevor die Flüchtlinge ein Thema wurden.

Doch warum gingen sie nicht mehr zur Wahl? Was führte bei vielen Menschen zur Ansicht, dass ihre Anliegen kein Gehör mehr finden? Mag es eine Politik gewesen sein, die den Reichen gibt und den Armen nimmt?

Denn was konnten wir in den Wochen vor der Wahl lesen? Da hat sich die Große Koalition dafür eingesetzt, dass Hartz-IV-Empfänger strenger bestraft werden, wenn sie betrügen oder fehlerhafte Angaben machen. Zugleich profiliert sich der bayerische Finanzminister Söder mit Aussage, dass die Steuernachforderungen an den Steuerbetrüger Apple, die die EU festgelegt hat, überzogen seien. Und er möchte davon auch nichts haben.

Die Politik verteilt einen Handkuss an reiche Verbrecher, die den Staat um Millionen und Milliarden betrügen, aber tritt denen in den Arsch, die den Staat um ein paar hundert Euro betrügen.

Und er glaubt auch noch, das sei gerecht?

Aber wenigstens hetzen die Heuchler von der CSU auch gegen Flüchtlinge. Das lenkt gut davon ab, dass sie die großen Steuerbetrüger ungeschoren davonkommen lassen wollen und die Kleinen hart herannehmen.
J.E.



Freitag, 26. August 2016
Liberty Schtonk
Er ist überall, der böse Islamist, der uns töten will. Er verbirgt sich unter uns, fällt nicht auf, bis er dann die Waffe ergreift und uns tötet.

Doch auch wenn er sich ansonsten verbirgt, so gibt es ein Zeichen, an dem wir den Islamisten erkennen können, den engstirnigen Mörder, der Andersgläubige und Frauen gleichermaßen unterdrücken will: An der Burka, dem Burkini oder anderen Verschleierungen, mit denen er die Frau quasi einsperrt und sie vor der Welt verbirgt, wie er auch die Welt vor ihr verbirgt.

Wir dürfen Lederhosen tragen, weiße Socken in Sandalen, mit Nadeln gespickte Kleidungen, nuttige Hotpants oder alles verbergende Mönchskutten. Aber Burka und Burkini: Das geht zu weit.

Einer Umfrag nach sprachen sich 81% der Deutschen für ein teilweises oder vollständiges Verschleierungsverbot aus. Die Freiheit mag immer auch die Freiheit des Andersdenkenden sein, aber das muss er doch nicht in aller Öffentlichkeit zeigen.

In Frankreich hat man versucht, den Burkini, den Badeanzog, der den Körper verdeckt, an vielen Badeorten verbieten zu lassen. Sie seien ein Ausdruck religiöser Überzeugung und deshalb in einem laizistischen Staat nicht erlaubt. Ein Kreuz an einem Kettchen darf man hingegen weiterhin tragen. Das oberste Verfassungsgericht hat diese Regeln vorerst für ungültig erklärt.

Natürlich sind Deutschland und Frankreich noch Demokratien, und jeder darf nach seiner Facon selig werden. Aber immer häufiger gilt das Credo, dass sich die Bürger doch lieber an der Mehrheitsmeinung ausrichten sollen, die man gerne als "christliche Werte" bezeichnet. Eine eigene Meinung kann man ja auch zu Hause haben.

Und das Volk applaudiert.

In Charlie Chaplins Film "Der große Diktator" gibt es eine Szene, in der der Diktator in die Menschenmenge ruft: "Liberty Schtonk! Die Freiheit ist abgeschafft."

Wir brauchen keinen Diktator mehr, der uns dazu zwingt, die Freiheit aufzugeben. Wir fordern es selber.
P.H.



Sonntag, 31. Juli 2016
Dreckspack
Am 22.07.16 herrschte Ausnahmezustand in München. Bis zu drei Attentäter sollten Schüsse auf Passanten am Olympiaeinkaufszentrum abgegeben haben und waren dann verschwunden. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt, Tausende Polizeikräfte durchsuchten die Stadt, aus allen Ecken wurden neue Vorkommnisse gemeldet, die sich dann als Falschmeldungen herausstellten, Hubschrauber suchten die Stadt mit Suchscheinerfern ab. Neun tödlich getroffene Opfer wurden schließlich gezählt.

Am Ende einer unruhigen Nacht stellte sich heraus, dass es nur einen Schützen gegeben hatte, einen Deutsch-Iraner, der sich ein paar Stunden nach der Tat selber erschossen hatte. Der Grund für die Tat war wohl kein islamistischer Hintergrund, sondern "nur" ein Amoklauf. Vielleicht hatte der Täter sogar rechtsextremistische Ansichten.

Doch die Tat eines Deutsch-Iraners passt so gut zu dem Axt-Angriff eines Asylbewerbers in Würzburg oder dem Bombenattentat eines anderen Asylbewerbers in Ansbach ein paar Tage später. In beiden Fällen starben die Täter, sonst gab es "nur" Verletzte. Die Ausländer kommen ins Land, um hier zu töten. Auch wenn die meisten Toten ein gebürtiger Deutscher zu verantworten hatte.

Und dann das: Bundeskanzlerin Merkel kommt extra aus den Sommerferien nach Berlin und gibt eine Pressekonferenz zu diesen Ereignissen. Und sie bekräftigt noch einmal: "Wir schaffen das!"

Da kocht bei der CSU sofort die Wut hoch. Ja sieht die Frau denn nicht, dass wir es nicht schaffen? Die Asylbewerber haben Menschen verletzt, wenn man den deutschen Amokläufer hinzuzählt, dann gab es sogar Tote!

Und wie kann ein friedliebendes Land wie Deutschland mit 80 Millionen Menschen eine Million Flüchtlinge aufnehmen, wenn ein kriegserprobtes Land wie der Libanon mit 6 Millionen Einwohnern nur 600.000 Flüchtlinge aufnimmt? Sieht die Frau denn nicht, dass unsere Belastungsgrenze erreicht ist?

Und wie sollen wir unsere christlichen Werte verteidigen, wenn immer mehr Muslime ins Land kommen? Wir wollen wir Heuchelei, Intoleranz und Rassismus leben, wenn man Menschlichkeit von uns verlangt? Ist die Frau noch ganz bei Trost?

Man kann der CSU nur zustimmen. Es gibt viel zu viel Dreckspack in unserem Land.
J.E.



Sonntag, 17. Juli 2016
Unter Beschuss
Wachte man Freitagmorgen auf, dann konnte man es kaum glauben: In der Nacht war bei den Feiern zum Nationalfeiertag in Nizza ein Terrorist mit einem LKW in eine Menschenmenge gefahren und hatte mindestens 84 Menschen getötet. Und einen Tag später wurde man mit der Nachricht überrascht, dass das Militär in der Türkei geputscht hatte. Der Putsch wurde niedergeschlagen, auch weil das Volk sich gegen die Putschisten gestellt hatte. Und man kann zwar eine Regierung stürzen, aber nicht das ganze Volk.

Die Armee hatte den Putsch angezettelt, weil sie die Demokratie in Gefahr sah - auch wenn sie selber nicht gerade demokratisch agiert. Doch Erdogan baut seine Macht immer weiter aus - und schert sich nicht um Gesetze. Kaum waren die Schüsse verhallt, da wurden auch schon 3000 Richter entlassen. Es gab doch tatsächlich immer noch Richter in der Türkei, die nicht im Sinne Erdogans urteilen.

Vorher schon hatte Erdogan den Staat nach seiner Facon gestrickt. Wer an türkischen Universitäten Meinungen vertritt, die Erdogan nicht gefallen, muss damit rechnen, seinen Job zu verlieren. "Normale" Bürger werden in diesem Fall wegen Beleidigung des Präsidenten angeklagt - allein 1845 Mal im letzten Jahr. Und Abgeordnete verlieren pauschal ihre Immunität - schließlich soll sich niemand erdreisten können, dem Sultan vom Bosporus zu widersprechen. Und wenn ein Gericht den protzigen Präsidentenpalast zu einem Schwarzbau erklärt, dann ficht das Erdogan nicht an - er steht schließlich über dem Gesetz.

Bei all diesen Verfehlungen des Präsidenten erscheint es verwunderlich, dass die Türken sich den Putschisten in den Weg gestellt haben. Hatten sie befürchtet, dass es noch schlimmer kommen könnte?

Oder leiden sie schon am Stockholm Syndrom, bei dem Opfer ein emotional positives Verhältnis zu den Tätern aufbauen?

Was auch immer der Ausgang des Putsches war - die Demokratie hat auf jeden Fall verloren.
J.E.



Freitag, 1. Juli 2016
Verdammt, wir haben gewonnen
Damit hatte ja niemand wirklich gerecht: In den Tagen vor der Abstimmung waren die Aktienkurse sogar wieder gestiegen, weil die Anleger einfach nicht glauben konnten, dass die Briten am 23. Juni wirklich für den Austritt aus der EU, den Brexit, stimmen würde.

Und dann haben sie es doch getan: Mit 51,9% stimmten sie für den Brexit.

Und nun? Anstatt enthusiastisch den Ausstieg zu erklären, verschwindet jeder politisch Verantwortliche. Der Premierminister Cameron wird zurücktreten, sein Nachfolger soll im Herbst gewählt werden. Boris Johnson war übers Wochenende abgetaucht, und schreibt dann am Wochenende in einer Zeitung, dass sich auch durch den Austritt eigentlich nicht viel ändern werden.

Vor allem werden die Ziele, die man damit erreichen wollten, gar nicht erreicht, will man verhindern, dass Großbritannien zum Armenhaus Europas verkommt. Denn den lebensnotwendigen Zugang zum Binnenmarkt wird es nur geben, wenn die Briten auch akzeptieren, dass EU-Bürger bei ihnen leben und arbeiten können. Aber gerade das wollte man ja verhindern. Und so wird auf einmal nicht nur das Großmaul Johnson merkwürdig schweigsam, sondern die Brexit-Befürworter müssen eingestehen, dass ihre Ziele vielleicht nicht ganz realistisch waren.

Und es mehren sich die Stimmen, dass Johnson und Kollegen vielleicht gar keinen Brexit wollten, sondern die Kampagne nur angezettelt hatten, um ihre Machtposition zu stärken. Das beste Ergebnis wäre eine knappe Niederlage gewesen: Großbritannien wäre in der EU geblieben, aber Johnson hätte sich als neuer Premierminister etablieren können, weil doch so viele hinter ihm stehen.

Nur muss man einmal bedenken, wie diese Kampagne geführt wurde: Es wurde vor allem Hass gegen Ausländer geschürt. Nur der persönlichen Machtspielchen wegen. Vielleicht ist das allgemein der Grund, weshalb rechte Kräfte so sehr den Hass auf Ausländer schüren: Sie erhoffen sich davon persönlichen Machtgewinn.

Nein, ein paar hartgesottene Rassisten werden auch unter ihnen sein.
P.H.



Samstag, 18. Juni 2016
Brexit: Die EU als Sündenbock
Nächste Woche können die Briten darüber abstimmen, ob sie weiter in der EU bleiben wollen, oder ob sie die EU verlassen wollen. Schon wieder. Denn 1975, zwei Jahre nach dem Beitritt, haben die Briten schon einmal darüber abgestimmt, ob sie in der EU bleiben wollen. Damals waren zwei Drittel dafür. Doch diesmal könnte es eine Mehrheit für einen Austritt geben.

Die Briten, immer dieser Briten. Thatcher hat schon Sonderkonditionen für die Insel ausgehandelt (I want my money back), und man usterstellt ihnen allgemein, dass sie es immer noch nicht überwunden haben, nicht mehr das Zentrum eines Weltreichs zu sein. Wie kann man da Mitglied eines Clubs werden?

Doch sind die Briten wirklich gegen Europa? Wenn man sich die Argumente der Gegner anschaut, dann fallen vor allem zwei ins Auge, die in verschiedenen Schattierungen gebetsmühlenartig weiderholt werden: Die vielen Zuwanderer sind zu teuer für Großbritannien, und die Kosten für die EU sind zu hoch.

Es geht also eigentlich nur ums Geld. Die Briten fühlen, dass es in ihrem Land zu wenig Geld für die sozialen Systeme gibt, für die Investitionen in die Infrastruktur oder für Investitionen in die Wirtschaft. Die Armut in Großbritannien ist schneller gestiegen als in allen anderen westlichen Ländern - mit Ausnahme der USA. Immer mehr Briten befinden sich auf dem absteigenden Ast. Aber ist die EU an dieser Entwicklung schuld?

War es nicht so, dass jede Regierung seit Thatcher, egal ob konservativ oder links, die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht hat? War es nicht so, dass jede dieser Regierungen gespart hat - auch damit sie die Banken unterstützen konnte, die in der Krise 2008 sonst reihenweise umgefallen wären? Ist es nicht so, dass die Probleme der Briten hausgemacht sind?

Doch die EU bietet sich natürlich als Sündenbock an. Besonders, wenn man selber keine weiße Weste hat. Die Abstimmung über den Verbleib in der EU ist tatsächlich eine Abstimmung über die asoziale Politik der britischen Regierungen in den vergangenen Jahrzehnten. Doch davon kann man nun wunderbar ablenken.

Doch wenn die Briten dann tatsächlich die EU verlassen sollten - wer dient dann in der Zukunft noch als Sündenbock für die eigenen Verfehlungen?
P.H.



Samstag, 4. Juni 2016
Stell dir vor es ist Aufschwung...
Was war das für ein Schock: In einer Umfrage landete die Große Koalition zum ersten Mal unter fünfzig Prozent. Die beiden Volksparteien SPD und CDU zusammen erreichen nicht einmal mehr die Hälfte der Bevölkerung.

Gut, wenn man alle Bürger betrachtet, dann war dies, eingedenk des großen Anteils der Nichtwähler, schon seit einigen Jahren der Fall. Doch diesmal will noch nicht einmal die Mehrheit der Wähler, noch für die ehemaligen Volksparteien stimmen.

Doch was ist der Grund? Geht es uns nicht prächtig? Wächst die Wirtschaft nicht, werden wir nicht alle reicher? Ist die Stimmung nicht wundervoll?

Hm. Irgendwie scheint das nicht der Fall zu sein. Als in den 1990er Jahren die Wirtschaft um die zwei Prozent wuchs, da war das ein Zeichen der Krise, und man führte die Agenda 2010 mit den Hartz-Gesetzen ein. Heute wächst die Wirtschaft um die zwei Prozent, und es ist ein Zeichen der Stärke?

Es ist vor allem ein Zeichen, dass vor allem die Wirtschaft bestimmt, wie die Stimmungslage eingeschätzt wird. In den 1990er Jahren waren ihr die Gesetze zu restriktiv, also wurde die Wirtschafskraft heruntergeredet und Deutschland zum Bankrott-Kandidaten erklärt. Doch in der Zwischenzeit wurden die Steuern für die Reichen gesenkt, der Niedriglohnsektor geschaffen und möglichst viel getan, um den Reichen das Geld in den Arsch zu schieben. Und siehe da: Mit einem Male ist die Stimmung im Lande bei gleicher Wirtschaftslage deutlich besser.

Doch warum sinkt dann die Zustimmung zur Regierung?

Weil die Stimmung eben nur im elitären Kreis der Reichen besser ist. Den Armen geht es trotz Wirtschaftsaufschwung immer schlechter. Die Zahl der Kinder, die von Hartz IV leben, wächst kontinuierlich, im letzten Jahr um 30.000 auf 1,54 Millionen. Damit lebt jedes siebte Kind in Deutschland von Hartz IV.

Zugleich steigt die Gesamtzahl derjenigen, die von Arbeitslosengeld oder Hartz IV leben - trotz Aufschwung und guter Wirtschaftszahlen. Heute sind es 6,91 Millionen Menschen - fast zweieinhalb Mal so viele Menschen wie vor 25 Jahren. Während sich die Regierung in Lobesreden über den Aufschwung übt, verarmen immer rößere Teile der Bevölkerung.

Stell dir vor, es ist Aufschwung, und kaum einer bekommt es mit.

Wen sollen die dann wählen...?



Freitag, 6. Mai 2016
In der Gewalt der Mafia
Endlich hat der Bundesverkehrsminister den Bericht zum Volkswagenskandal vorgelegt. Volkswagen hatte ja bei einigen Dieselmotoren eine Vorrichtung eingebaut, die erkannte, wann ein Wagen auf einer Testvorrichtung war, um dann die Abgase zu reinigen, während die Reinigung im Normalbetrieb praktisch abgeschaltet war. Die gute Nachricht ist: Kein anderer Hersteller benutzt dieselbe Täuschungsvorrichtung.

Die schlechte Nachricht: Kaum ein anderer Diesel kommt beim Normalbetrieb auch nur in die Nähe der Grenzwerte.

Wie kann das sein, wenn es keine Täuschungsvorrichtung gibt? Die Autoindustrie argumentierte ursprünglich damit, dass der Test halt nicht ganz realistisch sei, und so komme es schon einmal zu Abweichungen. Aber wieso kommt es auch zu Abweichungen, wenn der Testlauf identisch auf der Straße nachgefahren wird?

Nun wissen wir: Das "Thermofenster" ist schuld. Denn das Gesetz erlaubt, dass in Ausnahmefällen die Abgasreinigung ausgeschaltet werden darf, um den Motor zu schonen. Und wenn der Motor zu kalt wird, dann kann er bei eingeschalteter Abgasreinigung schon einmal Schaden nehmen. Und zu kalt, das ist in einem Land, in dem die jährliche Durschnittstemperatur bei 8,2°C liegt, schon eine Temperatur unter 10°C, bei Opel sogar unter 17°C - also fast immer. Und deswegen stinken die Autos auch immer, wenn sie fahren.

Juristen des Bundestages halten diese Praxis der quasi permanenten Ausnahmeregelung für illegal. Aber unseren Verkehrsminister stört das nicht. Ein paar Modelle nur, die sehr grob gegen die Grenzwerte verstoßen, und bei denen sich das Problem durch ein Software-Update beheben lässt, müssen zurückgerufen werden. Der Rest darf weiterfahren, als wäre nichts gewesen.

Sind Gesetzesbrecher nicht Kriminelle? Und bezeichnet man organisierte Kriminelle nicht als Mafia?

Dann scheint Deutschland sich in der Gewalt der Mafia zu befinden.
J.E.



Freitag, 22. April 2016
Umsonst ist der Tod
Menschen sind neugierig. Wir würden gerne alles über den anderen wissen. Doch niemand ist bereit, wirklich sein ganzes Leben in der Öffentlichkeit zu leben. Selbst die Narzissten, die sich bei Big Brother einsperren lassen, können sich für kurze Zeit zurückziehen. Der Mensch braucht seine Privatsphäre, denn sonst würde er nicht mehr sein Leben leben, sondern das anderer Menschen.

Auch der Staat ist neugierig. Er möchte gerne alles über seine Bürger wissen. Doch dieser Neugier hat das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorgeschoben: Das BKA-Gesetz, welches der Bundespolizei weitreichende Rechte bei der Überwachung der Bürger einräumte, ist nicht verfassungskonform. Die Privatsphäre muss geschützt werden.

Aber interessiert uns das noch? Dem Staat verbieten wir, unsere Privatsphäre zu durchleuchten, gegenüber Unternehmen, die kaum an Gesetze gebunden sind, haben wir damit jedoch kein Problem. Wann immer wir eine Webseite besuchen, wann immer wir eine Email schreiben, geben wir etwas über uns Preis; denn die E-mail-Dienst können unsere E-Mails mitlesen - und tun dies auch.

Wir glauben, wir würden etwas umsonst bekommen, und bezahlen dies mit dem Ende unserer Privatsphäre. Ähnlich es beim Fernsehen: Das Privatfernsehen kostet uns nichts. Wir zahlen nur die Werbung, die dort läuft. Aber wieviel wir so bezahlen, das wissen wir nicht; deswegen glauben wir ja, dass es umsonst sei. Dass hingegen die öffentlich-rechtlichen Geld kosten, dass sehen wir direkt. Und deswegen regen wir uns über diese "Zwangsabgabe" auf.

Im Internet agieren wir ähnlich: Wir sehen nicht, was uns die Nutzung der Dienste kostet. Das geschieht im Verborgenen. Wir haben keine Ahnung, was wir wirklich zahlen. Doch es scheint viel zu sein: Google verdient schließlich Milliarden.

Doch würde uns jemand denselben Dienst gegen eine monatliche Gebühr anzubieten, dafür aber unsere Daten zu schützen, dann würden wir dies für Abzocke halten

Dabei wissen wir doch: Umsonst ist nur der Tod.

Aber wer denkt schon gerne an den Tod.
K.M.