Freitag, 31. Mai 2019
Straches Coming-Out
Die Rechtspopulisten haben eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht. Alle, tatsächlich alle, ob sie sich nun AfD, FPÖ oder Rassemblement National (früher: Front National) nennen, haben als neoliberale Parteien angefangen. Sie wollten den Staat stutzen, damit ein paar Superreiche und die Eliten machen können, was sie wollen.

Sie haben allerdings schnell erkannt, dass diese Politik keine Politik ist, mit der man Mehrheiten gewinnen kann. Und sie spielen sie nun den Populisten und behaupten, eine Politik für die Armen und Vergessenen machen zu wollen. Auf dem Weg dahin haben sie sich mit den Rechtsextremisten verbündet, die, man wundert sich nicht, natürlich auch den demokratischen Staat stutzen wollen.

Doch nun hatte Strache sein Coming-Out auf Ibiza. Er wurde dabei gefilmt, wie er einer vorgeblichen russischen Oligarchin Aufträge in Österreich versprach, wenn diese seiner Partei spendete und sie, z.B. durch den Kauf der Kronen-Zeitung, propagandistisch unterstützte, damit er an die Macht komme. Einmal an der Macht, wollte er sich offensichtlich nicht an die Regeln halten. Denn das ist den Rechtspopulisten immer noch ein Anliegen: Den Staat stutzen, damit man die eigenen Interessen und die von ein paar superreichen Kumpeln verfolgen kann, so wie dies Orban, Erdogan, Trump und andere schon zeigen, die ihre Buddys in verantwortungsvolle Positionen bringen und ihnen das Geld zuschieben.

Den Rechtspopulisten geht es nicht um das Wohl des Volkes, ihnen geht es nur um das eigene Wohl. Deswegen demontieren sie demokratische Strukturen, die sie daran hindern könnten. Strache hat auf Ibiza, als er sich unbeobachtet fühlte, die Maske fallen lassen.

Doch viele Österreicher wählten ihn dennoch ins EU-Parlament. Es sieht so aus, als bräuchten die Rechten keine Maske mehr tragen, sondern könnten, ihr persönliches „Mein Kampf“ in der Hand haltend, ohne Lug und Trug die Wahlen gewinnen. Das lässt nichts Gutes für die Zukunft ahnen.
P.H.



Freitag, 17. Mai 2019
Das bürokratische Monster
Es lauert wieder, das bürokratische Monster. Es wartet darauf, den armen, einfachen Bürger zu fangen und in seinen Windmühlen aus Sinnlosigkeit gefangen zu nehmen, damit er leidet. Denn einen anderen Sinn als den, überflüssige Arbeit zu schaffen und die Freiheit einzuschränken, hat ein bürokratisches Monster nicht, wie uns die tapferen Kämpfer gegen das Monster erklären.

Die Jäger des bürokratischen Monsters haben sich vor allem in der FDP zusammengeschlossen, doch man kann sie auch woanders finden. Und gerade in letzter Zeit haben die wackeren Jäger des bürokratischen Monsters wieder zwei Exemplare ausfindig machen können.

So hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter erfassen müssen. Denn nur so sei sicher gestellt, dass die Regeln zum Schutz der Arbeitnehmer nicht verletzt würden, dass die Pausen nicht zu kurz und die Arbeitszeiten nicht zu lang sind. Und da schrien sie wieder, die Jäger des bürokratischen Monsters. Wie soll dieser Aufwand zu leisten sein? Bei den Paketzustellern möchte die SPD für mehr Gerechtigkeit sorgen. Die großen Konzerne geben die Arbeit an Subunternehmer weiter, die jedoch ihre Mitarbeiter oft nicht fair entlohnen. Die großen Konzerne weisen jede Verantwortung von sich – freuen sich aber, dass die Subunternehmer so billig sein können. Die SPD möchte die großen Konzerne nun verantwortlich machen für die Entlohnung durch die Subunternehmer. Und wieder entdecken die Jäger des bürokratischen Monsters ein neues Exemplar dieser fiesen Gattung.

Wie können die Jäger die Monster so schnell aufspüren? Nun, sie kennen das Geheimnis ihrer Vermehrung: Wann immer der Staat die Rechte der Schwachen stärken und die Macht der Starken schwächen möchte, entsteht ein bürokratisches Monster. Und das muss man bekämpfen. Wo käme man schließlich hin, wenn tatsächlich alle Menschen vor dem Gesetz gleich wären?
P.H.



Samstag, 4. Mai 2019
Das Gesetz bin ich
In der Nacht vom 15. auf den 16. April 2019 brannte der Dachstuhl von Notre-Dame in Paris komplett aus. Das Wahrzeichen der Stadt, des ganzen Landes gar, ist nur noch eine Ruine. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern und sehr viel Geld kosten. Doch um Geld muss man sich keine Sorgen machen: Kaum war das Feuer gelöscht, da hatten Frankreichs Milliardäre schon hunderte Millionen zugesagt, um Notre-Dame wiederaufzubauen.

Diese Spendenbereitschaft stieß jedoch nicht nur auf Zuspruch: Kritiker wiesen darauf hin, dass diese Milliardäre einen Großteil ihres Vermögens durch Steuervermeidungstricks angehäuft haben. Während die Ärmsten des Landes deswegen nicht genug zum Überleben haben und der Staat sich verschulden muss, spielen die Milliardäre nun die großzügigen und selbstlosen Spender.

Doch so ist das Selbstverständnis vieler Eliten: Sie verstehen sich nicht als Teil der Gesellschaft, zu der gegenüber sie Rechte aber auch Pflichten haben, sondern sie verstehen sich als etwas Besseres; für sie haben eigene Regeln zu gelten. Während alle Steuern zahlen sollen, empfinden sie es als Raubzug des Staates, wenn sie Steuern zahlen sollen. Deswegen ist ihnen auch kein Trick zu gewagt, um Steuern zu vermeiden.

Die Eliten, die Leistungsträger, wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben, sie wollen nach ihren eigenen Regeln leben. Und Solidarität mit anderen zeigen sie nur, wenn sie es für angebracht halten. Alle Menschen mögen vor dem Gesetz gleich sein, doch sie sind gleicher und können ihre eigenen Regeln machen.

Und der Staat wehrt sich nicht. Gerade konservative Parteien – in Deutschland die FDP, die Union und auch die AfD – tun alles, um den Eliten noch mehr Geld zu geben. Schlägt man vor, den Ärmsten eine Mindestrente auszuzahlen, dann fordern sie eine Bedürftigkeitsprüfung. Doch den Solidarzuschlag für Reiche wollen sie auch ohne Bedürftigkeitsprüfung aufgeben.

Der britische Monarch Charles I. wurde von den Adeligen angeklagt, weil er sich nicht an die Gesetze hielt. Der Richter sah dies anders: Da der König das Gesetz sei, sei es doch unsinnig zu behaupten, er halte sich nicht an die Gesetze.

Dieses Urteil löste dann den britischen Bürgerkrieg aus und führte 1649 zur zeitweisen Abschaffung der Monarchie in England. Aber aus der Geschichte lernen wir ja nichts.
K.M.



Freitag, 19. April 2019
Die Kirche kann nicht irren
Diese Woche begeht die Kirche die Auferstehung Christi, wir haben die Osterwoche. Die Kirche kann sich, eingedenk der Leiden Jesu, als moralische Instanz darstellen, der das Leiden der Welt wirklich wichtig ist. Wahrscheinlich auch deshalb, weil sie es zumeist mitverursacht hat. Und damit müssen wir noch nicht einmal an die Inquisition und Religionskriege denken.

Seit Jahren vergeht mittlerweile kaum noch eine Woche, in der nicht irgendwelche kirchliche Würdenträger wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt werden oder neue Skandale publik werden. Doch wer trägt daran schuld? Ist es die Kirche, die sich mit göttlicher Macht brüstet, so dass sich ihre Vertreter alles herausnehmen können, auch den Missbrauch von Minderjährigen? Ist es die Kirche, die diese Untaten vertuschte, und die verantwortlichen Priester einfach nur versetzte, damit sie dann an einem anderen Ort ihre Untaten fortführen konnten, anstatt diese anzuzeigen und hinter Gittern zu bringen? Nein, der frühere Papst Benedikt XVI. hat die wahren Schuldigen ausfindig gemacht: Die 68er mit ihrer lockeren Sexualmoral und ihrem gottlosen Verhalten.

Wieso die oftmals ungläubigen 68er moralische Verfehlungen in der Kirche verursacht haben sollen, wir aus dem Pamphlet des Ex-Papstes nicht klar. Das ist aber auch nicht wichtig. Wichtig ist: Die Kirche hat keine Schuld. Sie kann auch keine Schuld haben, denn sie vertritt Gott auf Erden, sie kann deshalb nicht irren, sie kann deshalb nicht fehlen. Schuld müssen immer andere haben. Die Kirche sitzt per definitionem auf dem hohen Ross der Moralität, gibt es Verfehlungen, dann muss die Schuld bei anderen liegen. Das Weltbild der Kirche ist ebenso geschlossen wie widerspruchsfrei.

Man mag es für arrogant und weltfremd halten, doch das interessiert die Kirche nicht. Sie ist Gottes Vertretung auf Erden, sie ist auf Erden de facto Gott. Und als solcher kann sie keine Fehler begehen. Wer im Besitz der alleinigen Wahrheit ist, der muss natürlich auch intolerant gegenüber anderen sein; denn wäre er es nicht, würde er eingestehen, dass die anderen auch Recht haben könnten, dann würde er seinen eigenen Glauben, seine eigene Unfehlbarkeit und Allmacht verraten. Und weil Benedikt XVI. nicht nur ein strenggläubiger Katholik ist, sondern auch weiß, was er als Gott auf Erden zu tun hat, kann er die Schuld nicht in den Reihen der Kirche suchen, er muss sie bei anderen suchen.

Denn Gott kann nicht fehlen.
J.E.



Sonntag, 7. April 2019
Macht Euch Eure Zukunft doch selber…
…wir haben keine mehr. Das scheint das Motto zu sein, nach dem wir gerade agieren. Natürlich geben wir das nicht zu. Wir lieben doch unsere Kinder und würden alles für sie tun. Es darf halt nur nicht in Anstrengungen für uns ausarten.

So wissen wir, dass die Erde sich aufheizt. Wir wissen, dass es daran liegt, weil wir völlig bedenkenlos die fossilen Brennstoffe verheizen. Wir wissen, dass wir unser Verhalten verändern sollten, wenn die Erde in ein paar Jahrzehnten, wenn unsere Kinder groß sind, noch so aussehen soll wie heute. Und wir begrüßen die Streiks unter dem Titel „Fridays for Future“, die die Schwedin Greta Thunberg initiiert hat, um gegen den Klimawandel zu protestieren. Doch muss das wirklich bedeuten, dass wir zum nächsten Supermarkt nicht mehr im Wagen fahren? Dass wir in den Urlaub nicht mehr fliegen? Dass wir uns ein kleines Auto kaufen statt einem stattlich SUV? Sollen wir tatsächlich verzichten? Wir haben schließlich nicht mehr lang zu leben – und das Leben würden wir doch gerne genießen, und es uns so angenehm wie möglich machen.

Wir wissen auch, dass unsere Kinder eine gute Schulbildung brauchen, wenn sie später eine gutbezahlte Arbeit haben wollen. Wir wissen, dass gerade Kinder aus ärmeren Familien unsere Hilfe brauchen. Wir wissen, dass Schulgebäude verfallen, weil sie nicht mehr instandgehalten werden. Wir wissen, dass die Lehrer kaum noch zum Unterrichten kommen, weil sie immer mehr Kinder mit immer größeren sozialen und psychischen Problemen unterrichten müssen. Wir wissen, dass wir in das Schulsystem dringend investieren müssten – und wir schenken den Kindern Tablet-Computern statt wirklicher Hilfe, weil digitale Technik geil klingt. Und Hilfe muss vor allem gut klingen – und nicht unbedingt helfen. Und endlich gilt: Wirklich wichtig ist, dass unsere Rente stimmt und dass die Pflege bezahlbar ist. Wir haben schließlich nicht mehr lang zu leben – und das Leben würden wir doch gerne genießen, und es uns so angenehm wie möglich machen.

Die Kinder haben ja noch so viel Zeit, ihre Zukunft zu gestalten – oder sie genauso zu zerstören, wie wir das gerade tun.
K.M.



Freitag, 22. März 2019
Die rechte Internationale
Schon wieder schlug ein rechter Terrorist zu. Diesmal in Neuseeland in Christchurch, 50 Menschen starben, mehr als zwanzig liegen noch schwer verletzt im Krankenhaus. Schon wieder muss man sagen, weil die Liste der Attentate von rechten Terroristen immer länger wird. In Deutschland war der NSU tätig, in den USA verschickte ein Rechter Briefbomben an Kritiker Trumps, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Wenn man von Terroranschlägen hört, dann nur noch aus rechten Kreisen oder von Islamisten.

Doch die Reaktionen sind vollkommend unterschiedlich. Bei Anschlägen von Islamisten werden die konservativen Politiker sofort aktiv und fordern härtere Gesetze. Bei Anschlägen von Rechten frönen sie ihrem Tinnitus und scheinen nichts anderes zu hören. Wenn Rechte töten, so die implizite Botschaft, dann ist das nicht so schlimm. Sie töten ja (fast) nur Ausländer.

Und außerdem: Die Islamisten sind eine größere Gefahr, weil sie organisiert sind. Der Islam ist der Glauben, der sie alle miteinander verbindet. Sie sind quasi eine kriminell-terroristische Organisation. Die rechten Attentäter sind alles Einzelgänger, ausnahmslos. Gegen verwirrte Einzelgänger kann man aber kaum mit staatlichen Mitteln vorgehen, also brauchen wir es auch gar nicht erst zu versuchen.

Doch auch die Rechten eint ein Glaube. Der Glaube an die rassische Überlegenheit (obwohl das Unsinn ist, da es nur eine menschliche Rasse gibt). Doch diese Religion folgend, erfinden sie immer weitere Lehrsätze, wie die Behauptung, dass die überlegene weiße Rasse durch minderwertige Rassen ersetzt werden soll, oder dass es das Ziel der Politik sei, alle Menschen zu versklaven. Nur die Kämpfer für die weiße Sache können die Freiheit der Weißen garantieren. Allerdings sollten die Weißen bloß keine andere Meinung vertreten als die Kämpfer für die Freiheit. So groß ist die Freiheit dann doch nicht.

Die Rechten mögen keinen Geistlichen folgen, die ihnen wirre Gedanken in den Kopf setzen und behaupten, dass es gut ist, wenn Du dich in die Luft sprengst – als wenn ich mich selber in die Luft sprengen würde. Doch die Rechten sind weltweit über das Internet vernetzt und tauschen ihre kruden Ideen aus. Auch sie sind eine kriminell-terroristische Organisation, gegen die man vorgehen muss.

Denn sowohl Islamisten als auch Rechte sind Feinde der Demokratie. Und es gibt keine Diktatur, die besser wäre als die schlechteste Demokratie.
P.H.



Freitag, 8. März 2019
Schaumschläger
Donald Trump hatte großes vor in Hanoi: Er wollte mit Nordkorea einen Frieden schließen und die atomare Bedrohung durch das kleine Land beenden. Doch dann platzte der Gipfel, es gab noch nicht einmal ein nichtssagendes Abschluss-Communiqué.

Wie nun bekannt wurde, war allen schon vor dem Gipfel klar, dass der Gipfel kein Erfolg werden konnte. Die gegenseitigen Forderungen lagen auf dem Tisch und waren als inakzeptabel abgelehnt worden. Eine weitere Vorbereitung für den Gipfel hatte es nicht gegeben. Dennoch hatte man den Gipfel durchgeführt. Vielleicht trotz allem man auf einen Erfolg.

Doch hier soll es nicht um das Verhalten Trumps gehen. Mittlerweile sollte vielen klargeworden sein, dass es eigentlich nie um das Verhalten Trumps geht, sondern dass Trump nur für einen großen Teil der Eliten steht, die einen schönen Schein aufbauen, ohne dann tatsächlich etwas zu liefern. Die wichtigen Stellen aller Länder sind mittlerweile von Schaumschlägern besetzt, die keine Ahnung haben, wie sie Ergebnisse erzielen sollen, die aber sehr wohl wissen, wie sie den Eindruck vermitteln können, dass sie dennoch Ergebnisse erzielen. Trump ist der Meister dieser Kür, der sich auch nicht dafür zu schade ist, platte Lügen zu erzählen. Doch die Zahl der Schaumschläger, die sich wie Trump verhalten, nimmt zu.

Viele Manager sehen sich gerne als Unternehmer, doch während ein Unternehmer sein Produkt kennt, es in vielen Fällen sogar mitentwickelt hat, kommen die meisten Manager aus Beratungsfirmen. Sie kennen Excel-Sheets mit Gewinn- und Verlustrechnungen, doch sie haben keine Ahnung von den Produkten. Also beschränkt sich ihre Management-Arbeit darauf, wie ein Investor Produkte mit hoher Marge zu fördern – und die anderen einzustellen. Nur die Bilanz zählt, nicht die tatsächliche Wichtigkeit eines Produktes für das Unternehmen oder eine übergeordnete Strategie. Die Strategie beschränkt sich dann auch zumeist darauf vorherzusagen, dass man im Jahr x einen Umsatz von y und eine Marge von z machen werde. Das Vorgehen können Manager dann ebenso gut in der Elektrobranche wie in der Spielzeugbranche einsetzen. Einmal gelernt, kann man seine Plattitüden überall anwenden.

Doch irgendeinen unternehmerischen Geist braucht ein Unternehmen ja, das verstehen sogar die Manager. Und sie haben die Lösung: Die Mitarbeiter sollen die Unternehmer sein, wenn man es schon selber nicht schafft. Und so versprechen sie ein „empowerment“ der Mitarbeiter und fordern den „entrepreneurial spirit“ der Mitarbeiter. Sie selber sollte man mit solchen Petitessen jedoch lieber nicht behelligen.

Trump ist kein Unfall. Er zeigt jedoch, dass etwas in unserer Gesellschaft gehörig schiefläuft, wenn ein Inkompetenter nach oben kommt, nur weil er eine große Klappe hat.
J.E.



Freitag, 22. Februar 2019
Parallelgesellschaft
Wenn man von Parallelgesellschaften spricht, dann meint man damit dubiose oder verbrecherische Organisationen wie die Islamisten oder die Mafia, die die Gesetze des Staates nicht akzeptieren, sondern nach ihren eigenen Regeln leben.

Wen man dabei nicht im Blick hat, sind die selbsternannten Hüter der Moral in unserer Gesellschaft: Die christlichen Kirchen. Das christliche Weltbild wird uns von konservativen Politikern ja ans Herz gelegt, wenn sie versuchen, die Identität des Landes zu definieren. Dabei stehen die Kirchen nicht mitten im Staat, sondern sie leben parallel zum Staat.

Endlos ist die Liste an Missbrauchsskandalen, mit denen die Kirchen seit Jahren zu kämpfen haben. Die katholische Kirche hält gerade eine Konferenz zu diesem Thema in Rom ab. Doch das Schlimme sind weniger die Missbräuche, als die Tatsache, dass die Kirche entschieden hat, diese Verbrechen nach ihren eigenen Regeln zu lösen. Der Staat, der eigentlich Verbrechen bekämpfen soll, bei dem in unserer Gesellschaft das Gewaltmonopol liegt, wurde nicht einmal eingeweiht. Wie eine Mafiaorganisation, so hat die Kirche nach ihren eigenen Regeln gehandelt und ist nach ihren eigenen Regeln mit den Verbrechern umgegangen. Und wie bei der Mafia, so wurden von der Kirche die wirklich großen Kriminellen gar nicht belangt.

Auch im Arbeitsrecht nimmt sich die Kirche eigene Regeln heraus. Diskriminierungsverbote sollen für sie nicht gelten, und so wollte sie einem Arzt kündigen, der nach seiner Scheidung ein zweites Mal geheiratet hat. Der Bundesgerichtshof hat dies nun verboten. Aber auch hier zeigt die Kirche, dass sie keine demokratische Organisation ist, sondern die Regeln der Demokratie missachtet und lieber nach ihren eigenen, diktatorischen Regeln agiert.

Doch eine Parallelgesellschaft darf es in unserem Staat nicht geben – weder die der Mafia noch die der Kirche.
P.H.



Samstag, 9. Februar 2019
Bedürftigkeitsprüfung
Sozialminister Hubertus Heil macht gerade Furore mit seinem Vorschlag der Grundrente: Wer 35 Jahre gearbeitet hat, soll eine Mindestrente erhalten. Dabei soll nicht geprüft werden, wie bedürftig er ist. Anders als bei Hartz IV soll er nicht sein Vermögen offenlegen müssen und verpflichtet werden, dies fast komplett aufzubrauchen bevor er die Grundrente bekommt. Er bekommt sie, weil er gearbeitet hat, als Anerkennung seiner Leistung und nicht als Wohltat.

Das ruft natürlich Kritiker auf den Plan, allen voran die Partei der reichen Minderheit, die FDP. Parteichef Lindner sprach sich gegen diesen Plan aus. Und er hatte zwei überzeugende Gründe: Was soll den jemand denken, der 40 Jahre gearbeitet hat – und dann nur ein paar Euro mehr bekommt als jemand mit Grundrente? Und eine Bedürftigkeitsprüfung sei unbedingt nötig – sonst hätte ja jemand, der fünf Millionen geerbt hat, auch Anspruch auf die Grundrente.

Bemerkenswert ist: Dass viele Menschen, die heute 35 Jahre gearbeitet haben, nicht mehr Geld bekommen, als jemand der nicht gearbeitet hat – weil beide das Existenzminimum vom Staat erhalten – scheint den Moralisten Lindner nicht zu stören.

Und während er bei den Armen eine Bedürftigkeitsprüfung fordert, weil es sonst in ausgesuchten Sonderfällen vorkommen könnte, dass Menschen Geld vom Staat bekommen, obwohl sie es gar nicht bräuchten, hat die FDP keine Probleme damit, dass Reiche immer mehr Geld vom Staat bekommen, obwohl sie es sicher nicht brauchen.

So kämpft die FDP vehement für eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags, den vor allem Reiche zahlen müssen. Sie droht sogar damit, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte der Staat den Soli nicht bis 2020 abschaffen. Dass die FDP hier auch eine Bedürftigkeitsprüfung fordert und den Soli nur für die abschaffen will, die das Geld wirklich brauchen, wird nicht gemeldet. Denn anders als die Armen brauchen die Reichen ihr Geld immer. Eine Prüfung erübrigt sich also.
J.E.



Freitag, 25. Januar 2019
Prioritäten
Manchmal ist es nicht einfach, die vielen Aufgaben, für die man nun verantwortlich ist, auch zu priorisieren. Auch der Superminister Seehofer, der nun für das Innere, die Sicherheit, die Heimat und das Wohnen zuständig ist, hat zu viele Themen, als dass er sie alle angehen könnte. Er muss sie priorisieren. Und da gibt es klare Prioritäten.

So klagen in Deutschland Tausende Menschen, dass sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Ein Grund: Die Baukosten steigen immer mehr, weil es immer mehr Vorschriften für das sichere, ökologische und gesunde Zuhause gibt. Eine Kommission hat schon Ende 2015 Vorschläge vorgelegt, wie man diese Kosten reduzieren könnte. Geschehen ist bisher nichts. Denn zugleich fühlen sich immer mehr Menschen immer unwohler, weil es immer mehr Fremde im Lande gibt, insbesondere Illegale und Schmarotzer, die nur in unser Land kommen, weil sie auf unsere Kosten leben wollen. Deshalb hat Bayern mit Zustimmung des bayerischen Bundesinnenministers eine eigene Grenzpolizei vorgestellt, die die Grenze überwachen und sicherstellen soll, dass keine Illegalen mehr ins Land kommen. In den ersten sechs Monaten ihres Bestehens konnte sie fünf Illegale aufgreifen und an der Grenze zurückweisen. Fast einen pro Monat. Damit der Grenzpolizei nicht langweilig wird, kümmert sie sich nun auch um Verkehrsdelikte.

Auf der einen Seite hat man ein Problem, dass Tausende betrifft, auf der anderen Seite hat man ein Problem, das eigentlich nicht existiert, aber Millionen von potentiellen Wählern verunsichert. Da ist es natürlich keine Frage, um welches Problem man sich kümmert. Man will schließlich wiedergewählt werden. Und dafür reicht es, so zu tun, als tue man was. Man muss eben nur die richtigen Prioritäten setzen.
K.M.