Donnerstag, 6. Oktober 2011
Die Euro-Rettung ... für die Banken
Wir haben in Europa ein riesiges Problem: Staaten wie Griechenland oder Portugal haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und sind nun so verschuldet, dass sie, wären sie ein Unternehmen, in die Insolvenz gehen müssten. Doch es scheint erklärter politischer Wille zu sein, kein Mitgliedsland des Euroraumes in die Insolvenz gehen zu lassen - der Euro hätte seinen Ruf als Pleitewährung weg und würde vielleicht nicht mehr richtig ernst genommen. Also gründet man Hilfsfond nach Hilfsfond und stockt momentan den Rettungsschirm für die armen Länder deutlich auf. Der deutsche Bundestag gab erst Ende September seine Zustimmung dazu.

Doch die Euro-Rettung, also die Hilfen für die überschuldeten Mitgliedsstaaten des Euro, hat noch einen zweiten Aspekt: Praktisch alle europäischen Großbanken (an die nicht-europäischen denken wir mal nicht) haben in der Vergangenheit Unmengen von Staatsanleihen von diesen überschuldeten Ländern gekauft - schließlich war die Rendite hoch. Diese Staatsanleihen verlieren aber nun an Wert - und sollte Griechenland oder ein anderes Land gar Pleite gehen, wären sie völlig wertlos. In diesem Fall würde auch die Bank, die ihr Geld dereinst großzügig in diesen Anleihen angelegt hat, nicht mehr lange leben.

Und so erleben wir gerade das gleiche Szenario wie nach der Lehman-Pleite: Die Banken unterstellen sich gegenseitig, dass sie zu viele schlechte Papiere im Portfolio haben, dass das Risiko eines Bankrotts zu groß ist - und deshalb leihen sie sich gegenseitig kein Geld mehr, sondern parken das Geld lieber bei der Zentralbank, die nun händeringend alles tut, um wieder Geld in den Finanzmarkt zu pumpen.

Eine beliebte Maßnahme dabei ist das schon seit geraumer Zeit laufende Anleihenkaufprogramm. Während die EZB und die diversen Rettungsschirme - also wir Steuerzahler - immer mehr Staatsanleihen der Krisenländer übernehmen, stoßen die Banken diese Papiere im großen Stil ab. So haben europäische Banken schon in der Vergangenheit im großen Stil griechische Anleihen verkauft, und sie entledigen sich auch allgemein, wie die deutschen Banken, der Anleihen aller potentiellen Krisenländer.

Während man den Bürgern also erzählt, dass mit den diversen Rettungsschirmen schon alles gut wird und niemand in die Insolvenz gehen muss, glauben die Banken eher, dass die Staatsanleihen der Krisenländer bald nichts mehr wert sein werden. Warum sonst sollten sie sich gegenseitig wegen des Staatsanleihen-Portfolios misstrauen und auf Teufel komm raus versuchen, die Staatsanleihen los zu werden?

Wir haben es hier wohl mit einem ziemlich hinterhältigen Spiel zu tun: Während die Politiker sich auf der Bühne um die Rettungsschirme streiten - die auf Dauer nichts retten werden, also keine Insolvenz vermeiden werden - doch mit ihrem Getöse für eine laute Ablenkung sorgen, schaffen die Banken hinter der Bühne ihren Müll zur Seite, den sie wieder einmal in der Hoffnung angehäuft haben, große Renditen mit ihm erwirtschaften zu können, ganz so, als handele es sich bei unseren Banken um Mitgliede der neapolitanischen Mafia.

Es ist also wieder das gleiche Spiel: Wenn Banken sich verspekulieren, dann muss der Steuerzahler eintreten. Nur hat man nach der letzten Finanzkrise gelernt, dass der Wähler es nicht goutiert, wenn man Banken das Geld direkt in den Hintern schiebt - also erlaubt man ihnen nun, sich das Geld heimlich zu holen, während man die Bevölkerung mit dem Trauerspiel "Wir retten den Euro" ablenkt.

Ist es nicht eine Ironie der Geschichte, dass wir dieses hinterhältige, undemokratische Vorgehen gerade jetzt erleben, wenn das Mutterland der Demokratie im Fokus steht?
J.E.